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Der Welt-Detektiv Band 6

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Schwäbische Sagen 42

Schwäbische-Sagen

Neuntes Kapitel
Steine

Donnersteine

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Bei jedem Blitz fährt ein Donnerstein oder Strahlstein herab, der alles zerschmettert, was er trifft und dann tief in die Erde eindringt. Sehr oft schlägt er gleich in die Erde, ohne vorher einen besondern Gegenstand zu treffen. Jeder Donnerstein aber kommt allmählich wieder in die Höhe. Er gebraucht dazu gerade sieben Jahre, sieben Tage und sieben Stunden und steigt dann bis an die Oberfläche der Erde; kommt aber von selbst nie ganz heraus, sondern nähert sich der Erdoberfläche nur so weit, »dass ein Hahn ihn herausscharren könnte.« Wenn man ihn dann nicht findet und nimmt, so geht er in die Erde zurück und erscheint darauf nicht wieder. Wer aber im Besitz eines solchen Donnersteins ist und ihn bei sich trägt, wird von keinem Blitz getroffen. Ebenso schützt er das Haus vor dem Wetter.

Wenn man ferner nur ein ganz feines Stückchen von diesem Stein abschlägt und sich dasselbe in die Hand unter die Haut steckt, dann mit der Hand jemanden schlägt oder nur berührt und dabei spricht »Treff dich der Strahl!«, so fällt der Getroffene augenblicklich tot zur Erde.

Der Stein ist dreieckig und läuft spitz zu. Auch an Bäumen und sonst, wo er eingeschlagen ist, kann man diese Form erkennen.

Wenn das Wetter irgendwo einschlägt, so schreibt man das häufig bei Tag und Stunde genau an und gräbt alsdann nach Verlauf der bestimmten Zeit an dem Ort, findet aber den Donnerstein sehr selten, und meist zufällig. Er sieht gräulich aus und ist äußerst hart. Ein Bauer in Dußlingen besitzt einen.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Owen

In Owen besitzt ein Mann einen Strahlstein, den er durch eine »beschworene weiße Wegwart« erhalten hat. Der Stein ist nicht größer als eine Haselnuss. Steht ein Wetter am Himmel, so bewegt er sich hin und her.


Sonnensteine

Man findet an gewissen Stellen auf Bergen runde, gewundene Steine, die aussehen wie ein strahlendes Gesicht und die man Sonnensteine nennt (eine Art von Ammoniten). Zuweilen sind sie auch länglich, aber das runde strahlende Gesicht fehlt nie. Man sagt, die Sonne habe ihr eigenes Bild diesen Steinen eingebrannt. Sie sollen Gold enthalten, weshalb man sie häufig zerschlägt.

In Schlat nennt man diese Steine mit dem Bild eines Menschengesichts Sonne oder Mond. Sie haben oft goldgelbe Augen, die man als »Goldmucken« bezeichnet.

In Owen erzählt man, die Sonnensteine seien dadurch entstanden, dass ein Riese seinen »Kopf« darauf hingestoßen habe.


Schlangensteine

Über den Schlangenstein, der auf dem Land bei Schwäbisch-Hall gefunden worden war, hat man durch Gerücht und Hörensagen von glaubwürdigen Personen Folgendes vernommen: Es hat sich vor unsrer Väter Gedenken zugetragen, dass ein Mann von altberühmter Treue, der aus dem ansehnlichen Geschlecht der Gräter herstammte, zu den Tempeln einiger Heiligen wallfahrten wollte und in den Diepacher Tälern, durch welche zwischen den Dörfern Kreftelbach und Geißlingen der Fluss Biler hinfließt, auf dem Weg ein unerhörtes Geräusch und Gezisch gehört hatte, welchem er mit Fleiß nachgegangen und einen unglaublich großen Haufen von Schlangen, Wasserschlangen, Waldschlangen, Ottern und Feuerschlangen, die sich so ineinander verflochten, angetroffen, nach dessen Anblick er einen abgehauenen Baum, so nicht weit davon entfernt war, auf diesen Haufen geworfen und sie auseinandergetrieben hatte. Was er vermochte, hatte er umgebracht, und endlich an eben diesem Ort einen Schlangenstein, den er erblickte, aufgehoben. Dieser Stein, dem der Name von einer Feuerschlange gegeben worden war, war von Caspar Gräter, einem Ratsherrn zu Halle, feierlich und gleichsam heilig als eine großväterliche Beilage der Gräterschen Nachkommenschaft anvertraut und anbefohlen worden, mit der Verordnung, das hinfüro, so lang die Sonne mit ihrem hell glänzenden Licht die Erde beleuchten wird, er in der Freundschaft sollte aufbehalten werden, und zwar von einem, der ein Bürger zu Halle und der Älteste unter den Grätern wäre, welches auch viele Jahre fleißig beobachtet worden ist.

Der Nutzen dieses Steins (soviel man sich davon erkundigt hat) ist sowohl in bösen, ja vergifteten Geschwulsten, Geschwüren, Entzündungen, beides, der Menschen und Tiere, welche durch vielfältiges Anrühren demselben geheilt werden, als auch in vergifteten Bissen, da er, wenn er angelegt wird, das Gift abtreibt. Welche auch bei ansteckenden pestilenzialischen Krankheiten zu geschehen pflegt, wenn sich äußerlich Blattern zeigen.

Die Schwere des Steins ist vier gemeine Pfund, weniger drei Lot. Die Gestalt ist länglich rund. Man hörte von anderen Leuten, dass die Frauen diesen Stein in schweren Geburten gebrauchen, und helfe ihnen auch, dass sie bald und glücklich gebären. Aber man leihe ihn niemand, wo man nicht eine gewisse Summe Geldes zum Unterpfand gebe. Insbesondere müsse man eine größere Summe geben, wenn er jemanden außerhalb der Stadt geschickt werde.


Herrgottssteine

In Flussbetten und auf Feldern findet man häufig weiße Steinchen, die zuweilen mit roten Tupfen oder mit rötlichen Streifen versehen sind. Man nennt sie »Herrgottssteine« und glaubt, dass sie vom Himmel gefallen seien. (Es sind abgeriebene und abgespülte Stücke von Quarz.) Wer einen solchen Herrgottsstein in der Tasche trägt, der fällt nicht, oder wenn er dennoch zu Fall kommen sollte, so nimmt er keinen Schaden. Deshalb lesen Kinder und alte Leute diese Steine gern auf und führen sie bei sich.

In Bühl und sonst wo legen die Kinder solche Steinchen auch für die Muttergottes in Bildstöcke hinein. Außerdem hat man im Haus gern einen Herrgottsstein, weil er Glück bringt und den Blitz vom Haus abhält.