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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der Welt-Detektiv Nr. 2 – 4. Kapitel

Der Welt-Detektiv Nr. 2
Die schwarze Schlange
Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst GmbH Berlin
4. Kapitel

Auf Schloss Carinpool

»Halten Sie sich rechts. Mr. Holmes«, flüsterte der Chauffeur. »Etwa hundertfünfzig Meter weiter be­ginnt die Parkmauer von Carinpool. Soll ich hier warten?«

Sherlock Holmes nickte. Von Jonny Buston ge­folgt, erreichte er bald die Mauer, die hier einen rechten Winkel bildete. Schritt man geradeaus wei­ter, erreichte man nach einigen Minuten das Portal. Daran war ihm nichts gelegen. Er schlug die andere Richtung ein, immer die Mauer zur Linken, bis er glaubte, den günstigsten Winkel zum Hinüberklettern gefunden zu haben. Die Mauer war drei Meter hoch, nicht gerade ein Pappenstiel.

»Wenn sie oben noch mit Glasscherben oder Sta­cheldraht verziert ist, werden wir unsere ganz beson­dere Freude haben«, sagte Holmes leise. »Willst du allein hinüberkommen?«

Jonny zeigte eine beleidigte Miene. Ohne ein Wort zu sprechen, enterte er hinauf, um schnurstracks jen­seits zu verschwinden. Im nämlichen Augenblick gab es aber ein merkwürdiges Geräusch, so etwa, als ob ein Stück Holz auf weichen Boden fällt.

Sherlock Holmes biss sich auf die Lippen. Im Nu voltigierte er hinauf und auf der anderen Seite wieder hinab, wo er mit sicherem Sprung, allerdings bis zu den Knöcheln im aufgeweichten Boden versinkend, landete.

Neben ihm richtete sich eine dunkle Gestalt auf. Es war Jonny. Er sprach jedoch kein Wort. Nicht darum, weil er fürchtete, gehört zu werden, sondern deswe­gen, weil er beim Hinabspringen abgerutscht war, sich mit seiner ganzen Breitseite in den Schlamm gelegt hatte und nun von Kopf bis Fuß wie ein Mann triefte, der soeben aus einem Moorbad kommt.

»Oho«, stieß Sherlock Holmes hervor und hatte Mühe, seine Heiterkeit zu verbergen. »Schätze, du willst dich ein wenig unkenntlich machen.«

Das peinliche Malheur verursacht einen kleinen Aufenthalt, dann aber ging es weiter. Mit dem ihm eigenen Spürsinn wusste Holmes die kleine Schlosskapelle in einem Winkel des Parks bald zu finden.

Und hier befand sich auch das Gewölbe, in dem die Carinpools seit Jahrhunderten ihre Toten zum ewigen Schlummer beisetzten. Noch ehe sie die Ka­pelle ganz erreicht hatten, hielt Sherlock Holmes plötzlich im Schritt inne. Und wirklich, sein feines Ohr betrog ihn nicht. Ganz deutlich hörte er, wie ein Automobil auf den Schlosshof fuhr. Die Entfernung war zu groß, um menschliche Stimmen vernehmen zu können. Immerhin stimmte ihn diese Entdeckung nachdenklich. Wer mochte soeben auf Carinpool eingetroffen sein? Dann aber wehrte er die Fülle der auf ihn einstürmenden Vermutungen von sich.

Schneller als zuvor schritt er aus, um die Kapelle zu erreichen. Am Ziel musste er erkennen, dass es keine leichte Arbeit war, das schwere Schloss zu öff­nen, ohne Spuren zu hinterlassen. Ein Eindringen durch die Fenster erschien nicht leichter, weil sie sämtlich starke Gitter aufwiesen.

Doch als er schweigend vor der Gruft stand, stieß ihn Jonny an.

»Da!«, flüsterte er. »Kommt dort nicht jemand?«

Sherlock Holmes fuhr herum. Er traute seinen Au­gen nicht, als er vom Schloss her eine Windlaterne heranschwanken sah.

Ohne Geräusche zu machen, verschwanden Hol­mes und Jonny Buston hinter dem Gesträuch der verwilderten Lebensbäume. Das Licht kam näher. Nun unterschieden sie deutlich zwei Gestalten, die zweier Männer. Der Kleinere von ihnen gehörte zu den Bediensteten des Schlosses, denn er trug die Liv­ree der Carinpools und schritt dem anderen leuchtend voran. Dieser war groß und schlank. Ein weiter Au­tomobilmantel umflatterte ihn. Er mochte etwa sechsundzwanzig Jahre zählen und befand sich offen­sichtlich in einem Zustand hoher Erregung.

Immer näher kamen sie: Ihr Ziel war die Kapelle. Sherlock Holmes kniff die Lippen zusammen. Wer war der Mann im Automantel? Er kannte ihn nicht, zweifelte aber keinen Augenblick daran, dass dieser es war, der soeben im Kraftwagen auf Carinpool eingetroffen war. Hm … ein Fremder also. Und führte ihn ein Diener des Schlosses zu dieser späten Stunde zur Kapelle, zur Gruft! Was hatte das zu bedeuten? Inzwischen waren beide so nahe heran­gekommen, dass Sherlock Holmes ihre Unterhaltung mit anhören konnte.

Schon die ersten Worte klärten alles restlos über die Persönlichkeit des Mannes im Automantel auf. Der Diener redete ihn nämlich mit Sir Carinpool an. Folglich konnte es sich nur um Douglas, den jünge­ren Bruder des augenblicklichen Schlossherrn han­deln! Sherlock Holmes entsann sich, dass das Ver­hältnis der beiden Brüder nicht das Beste war.

Während Archibald, der Ältere, zu den ruhigen, ernsten Menschen zählte und mit seiner jungen, nun verstorbenen Gattin sehr zurückgezogen lebte, be­wegte sich Douglas, der Jüngere, in Kreisen, die sich nicht immer eines guten Rufes erfreuten.

Mehr als einmal war der Name des jüngsten Spross der Familie Carinpool auch anlässlich gewisser Skandalaffären, die in der Londoner Gesellschaft Aufsehen erregt hatten, genannt worden. Und dies war wohl auch der Anlass gewesen, dass sich zwi­schen den beiden so verschiedenen Brüdern ein Zwist herausgebildet hatte.

Ganz deutlich sah Sherlock Holmes die vor Erre­gung glühenden Augen des jungen Carinpool – eben­so wie er feststellte, dass der Bedienstete ein scheues und bedrücktes Wesen zur Schau trug. Augenblick­lich berichtete er leise, dass der Schlossherr es nach der heute Morgen erfolgten Beisetzung seiner Gattin auf dem Schloss nicht mehr ausgehalten und sich nach London begeben habe, um dort einige Zeit in der Stadtwohnung zuzubringen.

»O, das werde ich ihm nicht vergessen!«, keuchte Sir Caringpool. »Durch die Zeitung muss ich den Tod meiner Schwägerin erfahren! Mein Bruder hält es nicht für nötig, mich zu verständigen!«

»Seine Lordschaft wird es vergessen haben … die Aufregungen … sein Schmerz …«

Der Diener war sichtlich bestrebt, den Aufgeregten zu beruhigen. Aber es gelang ihm nicht!

»Nein, nein!«, rief der junge Caringpool »Kränken wollte er mich! Er wollte nicht, dass ich hierherkam! Ach, John. Sie ahnen nicht, wie er mich hasst!«

Der Diener senkte den Blick. Offenbar war es ihm peinlich, solche Worte mit anzuhören.

Er schritt hastiger aus und erreichte gleich darauf als Erster die eisenbeschlagene Tür, die den Zutritt zur Kapelle verwehrte. Er schloss sie auf und schaltete drinnen das elektrische Licht an. Ohne Zaudern folg­te Douglas ihm nach. Sherlock Holmes verließ sein Versteck und huschte zu einem der vergitterten Fens­ter, durch das er in das Innere der Kapelle blicken konnte.

Er hatte seinen Lauscherplatz gut gewählt. Drinnen stand der mit John angeredete Diener in sichtlicher Ratlosigkeit und schaute Sir Carinpool nach, der schnurstracks die kleine Halle durchmaß und auf die Wendeltreppe zuschritt, die zur Gruft hinabführte.

Unwillkürlich wollte er ihm folgen, aber eine herri­sche Stimme wies ihn zurück.

»Lassen Sie mich einige Minuten mit meiner toten Schwägerin allein!«, sprach er.

John verneigte sich stumm. Gleich darauf war der nächtliche Besucher verschwunden.

Inzwischen hatte auch Buston sein Versteck ver­lassen, um an des Meisters Seite die Szene in der Ka­pelle zu belauschen.

»Was hat er denn dort unten zu suchen?«, zischelte er. »Wollen wir ihm nachschleichen?«

»Wir haben Zeit«, gab Sherlock Holmes zurück.

Zwei, drei Minuten verstrichen. Dann aber gellte ein wilder Schrei durch die Nacht. Niemand anderer als Carinpool konnte ihn ausgestoßen haben.

Im nämlichen Augenblick erschien er auch schon wieder auf der Treppe. Sein Haar hing ihm wirr in die Stirn.

Sein Körper schlotterte.

»John!«, schrie er. »John! Der Metallsarg, der die sterbliche Hülle meiner Schwägerin birgt, er … er ist aufgebrochen … beraubt worden!«

John erbleichte bis unter die Haarwurzeln, aber ehe er etwas erwidern konnte, geschah etwas Uner­wartetes. Eine hohe, breitschultrige Männergestalt erschien auf der Schwelle, durchmaß die Halle mit wenigen Schritten und blieb ruckartig vor dem über­raschten zurückweichenden jüngeren Carinpool ste­hen.

Es war Sherlock Holmes.

»Was behaupten Sie da?«, fragte er scharf. Sein Gesicht lag in undurchdringlichen Falten. Seine Au­gen blickten scharf und kalt.

Douglas Carinpool fasste sich mühsam. »Wer … sind … Sie?«, stammelte er. »Und wo kommen Sie her?«

Sherlock Holmes nannte kurz seinen Namen.

»Mr. Holmes?«, wiederholte Carinpool tonlos und jäh die Farbe wechselnd. »Ich … verstehe nicht, wie Sie … wie Sie hier so plötzlich …«

Ein sarkastisches Lächeln spielte sekundenlang um des berühmten Detektivs Lippen.

»Ich bin immer dort, wo dunkle Dinge vor sich gehen«, erwiderte er. »Aber … aber woher können Sie wissen, was hier geschah?«, murmelte Douglas Ca­rinpool. Sein Gesicht hatte sich mit einer grauen Far­be überzogen. Ewas wie Entsetzen flackerte in sei­nen dunklen Augen.

»Ich weiß manches, was andere nicht wissen«, ent­gegnete Sherlock Holmes dunkel, »aber halten wir uns nicht mit unnützen Reden auf. Der Sarg, in dem man Ihre Schwägerin, die Gattin Ihres Bruders Archibald heute Morgen beisetzte, ist aufgebrochen und beraubt worden, sagten Sie?«

Carinpool nickte erregt.

»Woher wissen Sie, dass der Sarg gewaltsam aufgebrochen wurde?«

»Weil ich mich eben mit eigenen Augen von dem Ungeheuerlichen überzeugte«, rief Sir Douglas, der sich allmählich zu erholen schien. »Der Sargdeckel liegt abgeschraubt und umgestürzt am Boden, und dicht dabei erblickte ich einen Meißel und einen Hammer.«

Sherlock Holmes nickte.

»Allright. Aber Sie sagen auch, der Sarg sei be­raubt worden! Warum? Enthielt er Ihre Wissens ir­gendwelche Kostbarkeiten?«

»Ich wohnte der Bestattung nicht bei«, erwiderte Douglas schnell, »aber nach alter Familientradition bekommt jeder Carinpool die Juwelen ins Grab mit, die er zu Lebzeiten trug. Und so ist es auch heute geschehen. Niederträchtige Verbrecher müssen da­von gehört haben und …«

Sherlock Holmes betrat die Wendeltreppe und stieg in die Gruft hinab. Das elektrische Licht be­leuchtete die Särge, in denen die Vorfahren der alt­eingesessenen Familie der Carinpools schlummerten. Den erst heute beigesetzten Sarg zu finden, war nicht schwer.

Zehn Minuten blieb der Detektiv in der Gruft. Dann ging er wieder nach oben. »Sie haben recht«, wandte er sich an den hier seiner wartenden Sie Douglas. »Es ist ganz so, wie Sie sagen. Der Sarg wurde gewaltsam aufgebrochen und seiner Pretiosen beraubt.«

»O, diese Schurken!«, rief Carinpool und ballte die Hand zur Faust. »Helfen Sie mir, Mr. Holmes, diese unbekannten Grabschänder zu entlarven!«

»Unbekannte Grabschänder?«, wiederholte Sher­lock Holmes mit einem ironischen Lächeln. »Wer sagt, dass sie unbekannt sind?«

»Sie … Sie wissen bereits …?«

Carinpool starrte den Kriminalisten entgeistert an.

»Sie … kennen schon … die Täter?«

»O, etwas nur«, gab Sherlock Holmes zurück. »Drei Männer führten das Verbrechen aus. Aber las­sen wir das jetzt. Wir wollen ins Schloss hinüberge­hen. Ich möchte einige Fragen an die Dienerschaft stellen und auch Scotland Yard verständigen  «

Zehn Minuten darauf war das gesamte Personal des Schlosses in der großen Empfangshalle des vor vier Jahrhunderten erbauten Schlosses versammelt. Jeden Einzelnen der Bediensteten maß Sherlock Holmes mit kühlen Blicken, während er nach diesen und jenen Dingen fragte.

Besonders schien ihn der Punkt zu interessieren, wer beim Tod der jungen Schlossherrin anwesend gewesen war. Darüber wusste die Beschließerin Aus­kunft zu geben.

»Seine Lordschaft«, sagte sie, »sodann Schwester Ellen und Dr. Autchin, sonst niemand.«

»Dr. Autchin?«, wiederholte Holmes. »Wer ist das?«

»Der Arzt, der die gnädige Frau behandelte.«

»Wie?«, rief da Douglas Carinpool dazwischen. »Autchin war als Arzt hier?«

Erstaunt wandte sich Sherlock Holmes dem Spre­cher zu.

»Kennen Sie diesen Autchin?«

»Und ob ich ihn kenne!«, erwiderte Douglas erregt. »Es ist ein junger Mensch, den mein Bruder einmal irgendwo auf seinen Reisen kennengelernt hat und dem er seitdem sein ganzes Vertrauen schenkt. Ich aber weiß, dass Autchin ein berufsmäßiger Glück­spieler ist. O, und einen solchen Menschen hat mein Bruder das Leben seiner Gattin in die Hand gege­ben!«

Sherlock Holmes sagte kein Wort. Er schloss nur sekundenlang die Augen. Nichts verriet, was für schwere Gedanken hinter seiner Stirn arbeiteten. Als er die Lider wieder aufschlug, blickte sein graues Augenpaar kalt wie zuvor in die Runde.

»Führen Sie mich zum Telefon«, wandte er sich an den Diener John, der ihm am nächsten stand. Die­ser beeilte sich, dem Wunsch nachzukommen.

Gleich im Nebenraum befand sich ein Apparat. Natürlich war – ganz wie Sherlock Holmes erwartet hatte – kein Anschluss zu bekommen. Er untersuchte die Leitung und stellte bald fest, dass die Drähte zer­schnitten worden waren. Das wundere ihn nicht. Auch dieser Umstand fügte sich ganz genau in den Aufbau seiner Kombination.

Als er in die Halle zurückkehrte, hatte sich die Die­nerschaft zerstreut. Auch Sir Douglas war nicht mehr zu sehen. Er kam jedoch nach einigen Minuten zum Vorschein und sagte: »Eben erfahre ich von John, dass der Telefonap­parat beschädigt worden ist.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab, als er fortfuhr: «Sieht das nicht ganz genau so aus, als ob die Verbrecher hier auf dem Schloss Helfer besitzen?«

»Allerdings«, erwiderte Holmes trocken und knackte mit den Fingerknöcheln.

»Ich bitte Sie herzlichst, sich des Falles anzunehmen«, fuhr Sir Douglas fort. »Falls Sie meine Unter­stützung benötigen, stehe ich Ihnen vollkommen zur Verfügung.«

»Sehr liebenswürdig«, erwiderte Sherlock Holmes. »aber ich werde Sie kaum zu bemühen brauchen.«

»Was gedenken Sie fürs Erste zu unternehmen?«

»Nun«, entgegnete der Detektiv, »ich werde mich noch ein halbes Stündchen hier aufhalten und dann nach London zurückfahren.«

»Mein Wagen steht Ihnen zur Verfügung!«, sprach Douglas schnell. »Der Chauffeur ist ein zuverlässiger Mann. Er fährt wie der Teufel.«

»Ich nehme dankend an. Vielleicht veranlassen Sie ihn, sich bereitzuhalten.«

Sir Douglas eilte davon, während Sherlock Holmes durch die Räume schlenderte. Wie zufällig betrat er fünf Minuten später den Gang, der aus dem Schloss hinaus zum Park führte.

»Wenn Jonny seine Augen aufgehalten hat«, mur­melte er vor sich hin, »dürfte er in der Zwischenzeit manches bemerkt und mir Nachricht gegeben ha­ben.«

Er verließ das Schloss, wandte sich dann nach rechts und machte erst halt, als er den Springbrunnen er­reichte. Das war der Ort, an dem Jonny etwaige Beo­bachtungen schriftlich niederlegen wollte. Wirklich fand Sherlock Holmes ein Zettelchen, das die Bot­schaft barg: Sir Douglas soeben im Flüstergespräch mit drei unbekannten Männern, die im Park verborgen waren und sich nach der Unterredung mit D. voller Eile der Landstraße zu entfernten. Ich folge ihnen. Jonny.

Der Zettel trug auch eine Zeitangabe: 10 Uhr 22 Minuten. Nun war es, wie sich Sherlock Holmes überzeugte, 10 Uhr 24 Minuten. Jonny hatte den Zet­tel also vor knapp zwei Minuten hier niedergelegt.

Sherlock Holmes kehrte ins Schloss zurück, ließ sich in das Sterbezimmer der Schlossherrin führen und verweilte hier längere Zeit. Als er wieder er­schien, war seine Miene undurchdringlich wie zuvor, obwohl er soeben den letzten Beweis für seinen schweren Verdacht in die Hand bekommen hatte.

Er verabschiedete sich von Dir Douglas, der seine Erregung kaum zu verbergen verstand, bestieg den Kraftwagen und lehnte sich bequem im Polster zu­rück. Der Chauffeur wandte sich um und fragte höf­lich, wohin der Herr gebracht zu werden wünsche.

Es war ein dunkelhaariger Mann, in dessen hage­rem, fahlem Gesicht zwei Augen unstet flackerten.

»Zu Scotland Yard«, entgegnete Sherlock Hol­mes freundlich, »und es wäre mir lieb, wenn Sie sich ein wenig beeilen wollten.«

Der Motor sprang an. Lautlos glitt der Wagen durch das Parktor auf die offene Landstraße hinaus. Sekunden später wurde bereits der dunkle Feldweg gekreuzt, wo jener Kraftwagen im Verborgenen stand, der Sherlock Holmes nach Carinpool gebracht hatte. Im sausenden Tempo ging es dahin. Wahrhaf­tig, der Kerl fuhr wie der Teufel. Und plötzlich bremste der Wagen. So jäh, dass Sherlock Holmes durcheinandergeschüttelt wurde.

Gleich darauf erkannte er den Grund: Im Licht der grellen Scheinwerfer tauche eine Bahnschranke auf, die den Weg versperrte. Drei Meter vor dieser stand der Wagen. In derselben Sekunde wurde aber auch schon recht und links der Schlag aufgerissen. Zwei dunkle Gestalten standen auf den Trittbrettern.

Gleichzeitig blickte der Welt-Detektiv in zwei drohend auf ihn gerichtete Revolvermündungen. Wie der Chauffeur sich umwandte, hielt auch er einen Browning in der Hand.

»Sie tun gut daran, Mr. Holmes, keinen Widerstand zu leisten«, sagte er kalt, »denn wir würden Sie bei der geringsten Bewegung niederschießen.«

»Das würde ich abscheulich finden«, gab Sherlock Holmes kaltblütig zurück. »Erklären Sie mir lieber, was Sie von mir wünschen.«

»Das werden Sie sogleich erfahren«, stieß der Chauffeur hervor. »Vor allen Dingen verlassen Sie jetzt sofort mit erhobenen Armen den Wagen.«

»Bitte, ganz wie Sie wünschen«, sprach der Welt- Detektiv und betrat die Straße. Im gleichen Augen­blick verspürte er einen heftigen Schmerz am Hinterkopf, die Folge eines heimtückisch geführten Schlages mit einem schweren Gummiknüppel. Tau­send bunte Sterne tanzten vor seinen Augen.

Alles ringsumher fing an, sich wie toll um sich selbst zu drehen.

»Halunken!«, knirschte er noch – dann schwand ihm die Besinnung. Sherlock Holmes Schicksal schien besiegelt.

Fortsetzung folgt …