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Die Geschichte von »Das – und weiß nicht was«

Joh. Christ

Die Geschichte von »Das – und weiß nicht was«

Es war einmal ein junger Jägersmann. Der ging des Morgens früh in den Wald. Da sah er drei wilde Schwäne fliegen, die hatten goldene Krönlein auf ihren Köpfen. Er ging ihrem Flug nach und kam an einen stillen See. Darin badeten drei schöne Jungfräulein, und ihre weißen Kleider lagen am Ufer. Die Erste hatte schwarze Haare und schwarze Augen, die Zweite hatte braune Haare und braune Augen, die Dritte aber war die Jüngste und Schönste. Die hatte Augen so blau wie der liebe Himmel und Haare so glänzend wie Gold. Da lief der junge Jäger hinzu. Die Jungfrauen aber eilten aus dem Wasser. Zwei von ihnen nahmen schnell ihre Kleider und flogen als Schwäne davon; die Jüngste aber kam zu spät. Da hüllte sie sich in ihre langen Haare und bat weinend den Jäger, er möchte ihr doch ihre Kleider wiedergeben, dass sie auch davonfliegen könnte.

Der Jäger aber sagte: »Wenn du mir einen Kuss gibst, so sollst du die Kleider haben; sonst aber nicht.«

Da sagte das Mädchen: »Das kann nicht sein! Wir sind drei Schwestern und haben große Macht. Alle Jahre einmal baden wir in diesem See und bleiben dann immer gleich jung. Wenn wir aber einem Mann einen Kuss geben, verlieren wir unsere Macht und müssen sein wie ein gewöhnlicher Mensch.«

Aber der junge Jägersmann bat sie so recht von Herzen, dass sie bei ihm bleiben und seine Braut werden möge. Da gewann sie ihn lieb und gab ihm den Kuss und wurde seine Braut.

Als sie zusammen durch den Wald gingen, kam der König mit seinem Gefolge angeritten. Der sah die schöne Jungfrau. Als er vom Jäger hörte, dass dieser sie im Wald gefunden habe, sagte er: »Sie ist mein Eigentum, denn der Wald gehört mir, und alles, was darinnen ist, ist mein.«

So sehr der Jäger auch bat, der König nahm ihm die Jungfrau mit Gewalt fort und führte sie auf sein Schloss. Denn er gedachte sie zu seiner Königin zu machen, weil sie so schön war. Aber die Jungfrau war traurig und wollte nur dem Jägersmann angehören, dem sie sich verlobt hatte. Sie sah den König mit keinen Blick an und sprach kein Wort zu ihm, so sehr er sie auch darum bat.

Da ließ der König den Jäger rufen und sagte: »Ich will dir eine Aufgabe geben. Wenn du die in dreimal sieben Tagen lösen kannst, sollst du deine Braut haben, sonst aber muss sie meine Frau werden.«

Damit musste der Jäger zufrieden sein. Da ließ der König seine Räte zusammenrufen. Die mussten die schwersten Aufgaben ausdenken, die möglich waren – aber dem König waren sie noch immer nicht schwer genug.

Zuletzt kam die Mutter des Königs, die war eine sehr listige Frau. Die sagte: »Ich will ihm eine Aufgabe aufgeben, die er nicht lösen kann. Sage ihm, er soll suchen Das – und weiß nicht was

Darüber war der König sehr froh. Der Jäger aber nahm traurig Abschied von seiner Braut.

Die aber tröstete ihn und gab ihm ein Ringlein und sprach: »Drehst du das Ringlein an deinen Finger dreimal um und sprichst dabei: Eins, zwei, drei, steh mir bei, dann wird jedes Tier in Feld und Wald, in der Luft und im Wasser, das du ansprichst, dir beistehen.«

Da zog der Jäger von dannen und kam in einen finsteren Wald. Mit einen Mal hörte er ein Brummen, und ein mächtiger Bär kam auf ihn zu. Zuerst bekam der Jäger einen Schreck, dann aber gedachte er des Ringleins. Er drehte es dreimal und sprach: »Eins, zwei, drei, Bär, steh mir bei!«

Da kam der Bär ganz freundlich heran und fragte, was er wolle. Der Jäger erzählte ihm alles, und der Bär sagte: »Ich will dich zu unserer Königin bringen, die wird helfen, wenn einer helfen kann.«

Er ließ den Jäger sich auf seinen Rücken setzten und lief wie der Wind davon. Endlich kamen sie an einen Berg. Auf dem stand ein prächtiges Schloss, rings umher aber waren allerlei vierfüßige Tiere: Löwen und Wölfe, Hirsche und Füchse, Hunde und noch viele andere Tiere. Die waren zuerst sehr wild und wollten sich auf den Jäger stürzen. Als sie aber den Ring an seinem Finger sahen, ließen sie ihn ruhig durch, und der Bär brachte ihn vor einen goldenen Thron mitten im Schloss. Auf dem Thron saß die Königin der Tiere. Die war sehr schön; sie hatte ganz schwarze Haare und schwarze Augen und eine goldene Krone auf dem Haupt. Da sah der Jägersmann, dass es die Älteste der drei Schwestern war, und er erzählte ihr alles.

Sie aber sagte: »Weil meine jüngste Schwester dich liebgewonnen hat und deine Braut geworden ist, will ich dir helfen, soweit ich kann.« Und sie rief alle ihre Tiere zusammen und sprach zu ihnen:

Ihr meine Tiere,
Lauft alle aus!
Sucht mir, ›Das –
Und weiß nicht was‹,
Und über sieben Tage
Kommt wieder nach Haus.

Da liefen die Tiere auseinander. Der Jägersmann aber blieb bei der Königin.

Als die sieben Tage um waren, kamen die Tiere wieder, aber keins von ihnen hatte gefunden, was das ist: »Das- und weiß nicht was.« Zuletzt waren sie alle da, nur ein kleines Hündchen fehlte noch. Da, als die Sonne schon unterging, kam es angelaufen. Es war ganz erschöpft und hinkte, und die Zunge hing ihm heraus. Und es sagte zur Königin: »Ich weiß, was das ist: ›Das- und weiß nicht was‹. Ich lief zu dem Schloss des Königs. Da ich so gute Kunststücke machen konnte, nahm mich die alte Königin und machte mich zu ihrem Schoßhündchen. Und vorgestern kam der König zu seiner Mutter und sagte: ›Mutter, wenn der Jäger aber nun doch findet: ›Das- und weiß nicht was‹!’ ›Da sagte sie: Sei nur ruhig mein Sohn, das ist ganz unmöglich. Selbst wenn er es wüsste, könnte er es nicht herbeischaffen. Ganz hinten im Norden, am Ende der Welt, liegt ein Land, das heißt Eisland. Da scheint die Sonne nur einen Tag im Jahr, und die Berge sind so hoch und glatt, dass niemand hinauf kann. Mitten im Land liegt ein See, der ist unendlich tief. Da unten auf dem Grund liegt ein Zauberspiegel, den ein großer Drache bewacht. Mit dem Spiegel kann man jeden Menschen in dasjenige Tier verwandeln, dem der Mensch am ähnlichsten ist. Und den Spiegel soll er bringen! Als ich das gehört hatte«, sagte das Hündchen, »bin ich schnell aus dem Fenster gesprungen, das gerade offen war, und bin immerzu gelaufen bis hierher.«

Da bedankte sich der Jägersmann bei dem Hündchen.

Die Königin der Tiere aber sprach: »Weiter kann ich dir nicht helfen, denn ich weiß nicht, wo das Eisland liegt, und meine Tiere können nicht hinaufkommen. Da muss meine Schwester helfen, die ist Königin über alle Vögel.«

Sie befahl dem Bären, dass er den Jägersmann sogleich zu der Königin der Vögel bringen sollte. Da lief der Bär hin so schnell wie der Wind und hatte den Jäger auf dem Rücken. Endlich kam er wieder an einen Berg, auf dem ein schönes Schloss stand. Rings umher waren allerlei Vögel: Falken und Eulen, Krähen und Sperlinge und noch viele andere Vögel. Die machten einen großen Lärm und wollten sich zuerst auf den Jäger stürzen. Als sie aber den Ring an seinem Finger sahen, ließen sie ihn ruhig durch, und der Bär brachte ihn vor einen goldenen Thron mitten im Schloss. Darauf saß die Königin der Vögel. Die war sehr schön und hatte braune Haare und braune Augen und eine goldene Krone auf dem Haupt. Da sah der Jägersmann, dass es die Zweite der Schwestern war. Er erzählte ihr alles und bat, sie sollte ihm sagen, wo das Eisland wäre.

Die Königin sagte: »Um meiner jüngsten Schwester willen werde ich dir helfen, soweit ich kann.« Und sie rief alle Vögel zusammen und fragte, wer im Eisland gewesen wäre. Aber kein Vogel war dort gewesen, und keiner konnte sagen, wo es läge und wie man hinkäme.

Zu allerletzt kam ein alter Adler. Der sprach: »Mein Großvater hat mir erzählt, dass er einmal das Eisland von Weitem gesehen hat. Es liegt am Ende der Welt, ganz hinten im Norden, über ein weites Meer hin. Das ganze Jahr hindurch ist dort dunkle Nacht. Nur an einem Tag, wenn die Sonne im Sommer am höchsten steht, ist es dort hell, und man kann hinfliegen. Das ist aber erst in zweimal sieben Tagen.«

Das war aber der letzte Tag, an dem der Jäger zum König zurückkehren musste. Deshalb war er sehr besorgt, aber es half ihm nichts, er musste so lange warten. Als die Zeit um war, nahm er Abschied von der Königin der Vögel und setzte sich, als die Morgenröte anbrach, auf den Rücken des Adlers. Der flog mit ihm über Berg und Tal und über ein weites, weites Meer. Zur Mittagszeit kam er zu dem Eisland und brachte ihn an den See, der mitten darin lag. Da setzte sich der Jäger an das Ufer und war sehr betrübt, denn der See war sehr tief, und die Sonne fing schon an sich zu senken. Mit einem Mal sah er einen großen Walfisch auftauchen. Da fiel ihm sein Ringlein ein. Er drehte dreimal und sagte: »Eins, zwei, drei, Walfisch, steh mir bei!«

Da kam der Walfisch herangeschwommen und fragte, was er wolle.

Der Jäger sagte: »Unten auf dem Grund des Sees liegt ein Zauberspiegel, den hütet ein Drache. Den Spiegel sollst du mir heraufbringen.«

Da schüttelte der Walfisch bedenklich seinen dicken Kopf und sagte: »Das wird Arbeit machen. Denn der Drache dort unten ist ein tüchtiger Bursche, der sich wehren wird. Aber du hast den Ring unserer Königin, die über alle Fische herrscht, und ihr zuliebe will ich es gern tun.« Und er tauchte unter.

Das Wasser fing an zu wallen und zu brausen und färbte sich blutrot, dass dem Jäger ganz angst und bange ward. Aber nach einer Weile kam der Walfisch und brachte den Spiegel in seinem Rachen. Der Spiegel war ein Handspiegel, ganz rund und eingefasst mit purem Golde und lauter Perlen. Da bedankte sich der Jäger bei dem Walfisch und setzte sich wieder auf den Rücken des Adlers. Der brachte ihn gleich nach Hause zum Schloss des Königs. Als er dort ankam, war die Sonne gerade im Untergehen.

Nun aber war die Zeit abgelaufen, in der der Jägersmann zurückkommen sollte. Darum machte der König ein großes Fest und wollte seine Hochzeit mit der Jungfrau feiern. Er saß an einer langen Tafel im Saal mit seiner Mutter und allen seinen Räten und dem ganzen Hofstaat, Herren und Damen, und neben ihm saß die Jungfrau. Aber ihre Wangen waren ganz blass und ihre Augen voll Tränen.

Da tat sich die Tür des Saales auf und herein trat der junge Jägersmann. Da wurde die Jungfrau rosenrot vor Freude.

Der Jäger sagte: »Ich habe die Aufgabe gelöst! Hier ist Das- und weiß nicht was.« Dabei zeigte er den Spiegel.

Die alte Frau Königin aber log und sagte: »Das war es ja gar nicht, was du bringen solltest!« Der König und alle Höflinge schrien gegen den Jägersmann.

Da hielt dieser den Spiegel hoch und sprach: »Eins, zwei, drei, vier, seid verwandelt in ein Tier!«

Da wurde die Königin eine alte, gelbe Katze, der König ein Ziegenbock mit zwei langen Hörnern, sein erster Minister ein Esel, seine Höflinge Affen und Füchse, einige auch Bulldoggen, ein paar sogar Schweine. Die Hofdamen aber wurden Gänse, Hühner und Pfauen, etliche aber auch Puten. Der König meckerte, die Königin miaute, die Höflinge kreischten, bellten und grunzten, die Hofdamen gackerten und glucksten, der Erste Minister aber schrie immerzu: »I-a, I-a.«

Da sagte der Jäger zum König: »Wenn du mir meine Braut nicht gibst, so musst du zeitlebens ein Ziegenbock bleiben, und dein ganzer Hofstaat bleibt so, wie er ist. Willst du sie mir nun geben oder nicht?«

Der König sah seinen ersten Minister an, was der dazu meinte. Der schrie aber immerzu nur, »I-a, I-a!« Da sagte der König auch: »Ja.«

Der Jägersmann nahm seine Braut und zog mit ihr weit weg in einen schönen, grünen Wald. Da lebten sie glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch.

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