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Fantômas, die Wurzel des Bösen

Fantômas, die Wurzel des Bösen

Vor gut einem Jahrhundert triumphierte Fantômas in einer Reihe von 32 Bänden zu 65 Centimes. Seit den erfolgreichen Jahren – insbesondere den Jahren, in denen er wieder auf der Leinwand auftauchte – und einigen Perioden, in denen sich sein böser Schatten zurückzog, hat die Figur nie aufgehört, im kollektiven Gedächtnis herumzuspuken, bis hin zum Untertauchen unter der Vielzahl von neuen Geschichten, Adaptionen und Neuauflagen des ursprünglichen Fantômas. Es ist an der Zeit, die schrecklichen Taten eines der dunkelsten und verstörenden Volkshelden des frühen 20. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Version als deutsche Veröffentlichung noch einmal aufzuschlagen.

Durch Romane, Gedichte, Gemälde, Dramen, Hörspiele, Comics und sogar Romanzen hat Fantômas die Fantasie mit verschiedenen Erscheinungsformen genährt, weist aber immer wieder auf das monströse Versagen einer bedrohlichen Moderne hin. Fantômas war einer der ersten großen Kinoerfolge unter der Regie von Louis Feuillade und faszinierte literarische und künstlerische Avantgarden, die unter der Federführung von Marcel Allain 1925 bis 1928 oder in den Collagen von Julio Cortázar 1975 erneut auftauchen. Vor allem bis in die 1960er Jahre kehrte er regelmäßig in die Dunkelkammer zurück. Seitdem sind es die Wiederholungen der Trilogie von André Hunebelle in den Jahren 1964 bis 1967, welche von Louis de Funès getragen werden und die trotz neuer Fernsehanpassungen ihre Popularität in der Öffentlichkeit erhalten haben. Sicherlich trugen diese verschiedenen, mehr oder weniger repräsentativen Erweiterungen dazu bei, die Charaktere zu bereichern. Aber es war die umfangreiche Serie von Pierre Souvestre und Marcel Allain, die zwischen 1911 und 1913 ihre Eigenschaften definierte und die Zeitgenossen beeindruckte, indem beide Autoren Kapitel für Kapitel den schrecklichen Einfallsreichtum des Mannes, welchen sie als das Genie des Verbrechens, den Folterknecht, den finsteren Schauspieler und den Unfassbaren bezeichnen, in Szene setzten.

Umso erstaunlicher ist es, dass das Werk von Anfang an nie vollständig neu aufgelegt wurde und dass es sich in der Regel auf gekürzte, überarbeitete und neu geschriebene Versionen beschränkte – das typische Schicksal von Pulp-Fiction. Es ist daher an der Zeit, zum Ursprung der Texte zurückzukehren, um zu verstehen, was die Vorstellungen der Leser vom vergangenen Jahrhundert mit solcher Intensität getroffen hat. Sicherlich liegt die Macht von Fantômas sowohl in den 32 Bänden, die durch Arthème Fayard veröffentlicht wurden, als auch in den Tiefen der Vorstellungen, die im Laufe der Arbeiten durch die Vielzahl der Ausdrucksformen und Medien und durch die Vielfalt der Interpretationen, die die Figur zu erzeugen vermochte, entstanden sind. Die Rückkehr zu den Romanen von Pierre Souvestre und Marcel Allain bedeutet aber auch, das Werk in seiner ursprünglichen Form von den unzähligen Wiederholungen zu unterscheiden.

Der Vergleich der bereits aus dem Englischen übersetzten Version mit dem Originaltext in französischer Sprache hat aufgezeigt, dass die englische Ausgabe gekürzt wurde und die bereits erwähnten Tatsachen beweist. Ziel dieses Projekts ist es, auf der Grundlage der französischen Ausgabe eine deutsche Übersetzung der Gesamtausgabe von Fantômas in Angriff zu nehmen und diese zu veröffentlichen. Diese Geschichten mit dem Inspektor Juve, dem Reporter Jérôme Fandor und dem Angst verbreitenden Fantômas werden neue Leser bezaubern. Ich bin überzeugt, dass diese wiederum vom unglaublichen Charme der größten Krimi-Saga ihrer Zeit ergriffen werden, die sich auf etwa zehntausend Seiten, die übersetzt sein wollen, auf das Leid, den Glanz und den Fantasien der Belle Époque konzentrierte.

Im nächsten Bericht wird es mit einigen Betrachtungen über die kollektive Entstehung des Fortsetzungsromans von Fantômas weitergehen.