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20 Jahre Korean Hallyu

20 Jahre Korean Hallyu

Kaum zu glauben, aber wahr: Es ist schon 20 Jahre her, seitdem ein Land gehörig die Filmwelt im Speziellen und die Popkultur im Allgemeinen veränderte. Zwar wurden die Weichen dafür bereits früher gestellt, doch 1998 gilt sozusagen als der konkrete Wendepunkt, als Startpunkt der Korean Hallyu, der koreanischen Welle. Alles begann damals mit dem Horrorfilm Whispering Corridors, einer der vielen koreanischen Produktionen, die ihren Weg nicht bis nach Deutschland fanden, in der übrigen Welt dafür auf großem Beifall stießen.

Wie gesagt wurden die Weichen dafür ein paar Jahre früher gestellt. Anfang der 90er Jahre kam es zu einer Privatisierung der Filmwirtschaft, was wiederum die sogenannte Big Three zur Folge hatte. Gemeint sind die drei großen Filmproduktionsfirmen Cinema Service, Lotte Entertainment und Show Box. Alle drei teilen sich seitdem den koreanischen Markt auf. Allerdings nicht ganz, denn seit ca. 2015 nahm die Anzahl der koreanischen Indie-Produktionen rasant zu. Animiert durch den enormen Erfolg des Thrillers Hide and Seek kam es zu einer Reihe weiterer großartiger Produktionen, die nicht von den Großkonzernen stammten (die Big Three sind zugleich Tochterunternehmen der Chaebols, der koreanischen Familienkonzerne).

Offiziell trat der neue koreanische Film im Jahr 2001 auf die internationale Filmbühne. Das Soldatendrama JSA sorgte für erstaunte Augen bei den Filmkritikern, die bis dahin Südkorea nicht als Filmland wahrgenommen hatten. Aber nun auf einmal diese Hochglanzproduktion, diese exzellente Optik, diese packende Dramaturgie. Schnell wurde klar, dass sich da etwas tat. Und was sich da tat, veränderte letztendlich die internationale Popkultur.

Der neue koreanische Film wurde in seiner Heimat ein wahrer Kassenmagnet. Die Filme wurden so erfolgreich, dass sie die Produktionen aus Hollywood an den Rand drängten. Der koreanische Agententhriller Shiri machte dabei mehr Umsatz als Camerons Titanic, die beide zeitgleich in den Kinos liefen.

Von da an ging es praktisch Schlag auf Schlag. Die Filme wurden von Mal zu Mal besser und aufwendiger. Aber auch schlecht gemachte Filme fuhren in ihrem Produktionsland immer noch ansehnliche Gewinne ein.

Zahlreiche Filme, die zwischen 1998 und 2008 in die Kinos kamen, gelten heute bereits als Klassiker. So zum Beispiel das SF-Drama Il Mare, der Horrorfilm Memento Mori oder der eben erwähnte Thriller Shiri. Bisheriger Höhepunkt dieser Welle waren der SF-Film Snowpiercer sowie der Zombiefilm Train to Busan, die beide auch in ausländischen Kinos liefen, wobei Hollywood zurzeit ein Remake von Train to Busan plant.

Das besondere am koreanischen Film ist, dass wir es hier vor allem mit Autorenfilmen zu tun haben. Während man in Europa unter Autorenfilm das Gegenteil zum inhaltsleeren Blockbuster versteht, sieht man in Südkorea den Autorenfilm innerhalb weiterer Grenzen. Sowohl anspruchsvolle Filme wie von Kim Ki-Duk als auch Action- oder Horrorfilme werden dazu gezählt. Hollywood beginnt zurzeit diese spezielle Form der Großproduktion, also dass Regisseur gleichzeitig auch der Autor des Films ist, für seine überteuerten Produktionen zu übernehmen. Auch hier macht sich also die Korean Hallyu bemerkbar.

Parallel zu der Welle an Kinofilmen kam es auch zu einer Welle im Hinblick auf TV-Serien und Popmusik. Seit jeher sind in Korea die Dramen überaus beliebt. In der Regel besitzt jedes Drama ca. 12 Folgen und erzählt dabei eine durchgehende Geschichte, früher vor allem Liebesdramen – in denen jedoch nie geküsst werden durfte. Erst vor wenigen Jahren wurden die dortigen Zensurbestimmungen gelockert, was zur Folge hatte, dass Kussszenen seitdem auch im TV erlaubt sind. Aufgrund Youtube wurden diese Dramen auch international bekannt und beliebt. Die TV-Sender stellten manche Serie selbst mit englischen Untertiteln auf die jeweiligen Videoplattformen. Denn das Ziel war es, die koreanische Kultur mithilfe der Dramen international bekannt zu machen.

Durch die zunehmende Popularität weitete sich auch die Genrevielfalt der Dramen aus. Neben Liebesdramen wurden nun auch extrem aufwendige Historiendramen produziert, genauso wie Thriller und sogar Horrorserien.

Und schließlich war da noch das Phänomen K-Pop. Spätestens seit dem Hit Gangnam Style des Sängers Psy wissen auch Leute, die sich noch nie mit Südkorea beschäftigt haben, dass es so etwas wie K-Pop gibt. Ebenfalls durch Youtube wurde dieser Musikstil schnell international bekannt. Maßgebend hierfür waren vor allem die bunten und schrägen Musikvideos der Girl- und Boygroups, von denen in Korea beinahe wöchentlich neue entstehen, aber genauso schnell auch wieder verschwinden.

Der Erfolg führte dazu, dass Musikproduzenten aus den USA nach Korea reisten, um dort von ihren Kollegen die neuartigen Marketing- und Produktionsmethoden zu erlernen. Hatte K-Pop vor allem durch seinen Witz, seine Verrücktheit und seine Originalität beeindruckt, so ließen in den letzten paar Jahren jene Aspekte deutlich nach. Dies liegt an einer zunehmenden Sexualisierung vor allem der Girlbands (Boybands waren von Anfang an aufgrund der Anlehnung an Manga- und Hentaistilen sexualisiert). Anscheinend erhoffte man sich dadurch einen noch größeren internationalen Erfolg. Doch die Folge davon war eher, dass sich immer mehr Fans darüber aufregten. Inzwischen ist K-Pop jedenfalls nicht mehr das, was es anfangs noch war. Man könnte fast sagen, dass dieser Musikrichtung langsam die Puste ausgeht.

Was jedoch bleibt, ist die Beliebtheit der Dramen und der Kinofilme. Erst vergangenes Jahr hatte der koreanische Mysterythriller The Wailing für großes Aufsehen gesorgt und wurde mit Preisen im wahrsten Sinne des Wortes überhäuft. Tatsächlich nimmt die Qualität der Filme weiterhin zu. Es wird auf gute Storys und auf eine gute Machart geachtet. Inzwischen ist Korea das einzige Filmland, das Hollywood international ernsthaft Konkurrenz macht. In Korea selbst erzielen Filme aus Hollywood noch immer weniger Einnahmen als anderswo, was dazu geführt hat, dass Hollywoodfirmen versuchen, Gemeinschaftsproduktionen zu verwirklichen, um in Südkorea doch noch irgendwie Fuß fassen zu können. Man darf also gespannt sein, wie sich der koreanische Film in den nächsten 20 Jahren weiter entwickeln wird. Sicher ist nur, dass die Korean Hallyu, die koreanische Welle, noch lange nicht an Kraft verloren hat.

(mp)

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