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Von Cosplay, Bentos und Animes – die Hanami in Ludwigshafen

Von Cosplay, Bentos und Animes – die Hanami in Ludwigshafen

Vorab: Alles, was ich jetzt schreibe, hat sich in nur drei Stunden zugetragen. Denn drei Stunden hatte ich Zeit, bevor ich nach Hause musste, um als freie Mitarbeiterin der Rheinpfalz einen (leider viel zu kurzen) Artikel über die Hanami für selbige zu schreiben. Akkreditiert war ich aber für zwei Tage. Und hätte ich nicht am zweiten Tag nochmals für die Rheinpfalz losgemusst, wäre ich mit Sicherheit wieder hingegangen – denn schon diese drei Stunden waren vollgepackt mit Eindrücken, Infos und der Gewissheit, sich im Dschungel der Angebote mit schöner Regelmäßigkeit zu verlaufen. Was ich dann auch getan habe.
Jetzt folgt der Artikel für den Geisterspiegel. Der viel länger ist als der für die Rheinpfalz. Viel Spaß beim Durchquälen! 😀

Beginnen wir von vorn. Der erste Eindruck vor dem Ludwigshafener Pfalzbau ist genau der, den ich erwartet habe: bunt, vielfältig, interessant und damit Cosplay (costume play). So bunt, dass die Fans, die sich im Stil ihrer Lieblings-Manga- und Animefiguren mit selbst hergestellten Kostümen gekleidet haben, schon fast wieder normal wirken. Im Außergewöhnlichen noch etwas Besonderes zu entdecken, fällt dann nicht gerade leicht. Aber dazu später.

Unvermeidlich schon vor den heiligen Hallen des Pfalzbaus waren auch die Händlerstände, die (fast) alles, was das Herz begehrt, an Merchandise zu Mangas, Animes und japanischen Konsolen- und Computerspielen anboten. Nur nicht das, was ich persönlich gesucht habe: Figuren, T-Shirts oder sonstiger Kram zu meiner Lieblingsserie Captain Tsubasa. Nicht dass ich Fußball besonders mag, aber Sportmangas und –animes finde ich toll. Vielleicht auch gerade deshalb, weil ich keine Sportskanone bin. Nun, jedenfalls ist die Serie mit ihren über 30 Jahren auf dem Buckel wohl schon zu alt, um die jüngere Generation der Fans anzusprechen. (Und damit auch für deutsche Händler uninteressant.) Obwohl sie in Japan den Fußball erst so richtig populär gemacht hat und viele der heutigen japanischen Profispieler sagen, dass Captain Tsubasa (in Deutschland als Anime bekannt unter dem Namen Die tollen Fußballstars und Super Kickers 2006 – Captain Tsubasa) sie erst zum Fußballspielen animiert habe. In der Folge der Serie entstanden Nachahmer wie Die Kickers (japanisch Ganbare! Kikkazu). Allerdings muss ich zugeben, dass ich kaum Zeit hatte, gründlicher nachzuschauen. Ich war schließlich nicht nur zum Vergnügen hier. Also ging ich an den schier endlosen Reihen der Stände innen und außen vorbei, denn ich musste mit den Organisatoren des Festes sprechen.

Zum Orga-Büro begleitet mich Monika Rosenthal (56) – ihres Zeichens Mutter und Fan mit aufgesteckten Katzenöhrchen. Und einem tabletähnlichen Ding, auf dem sie wohl gerade ein PC-Spiel oder so gespielt hatte. Ich kenne mich da nicht so aus, weil ich kein Interesse für solche Spiele habe und technophob bin. Selbst mein Handy habe ich wieder abgeschafft. Wer mich erreichen will, darf ruhig das normale Telefon benutzen. Oder E-Mails. Die ich ganz konventionell am PC lese. Rosenthal erzählt mir, dass sie stolz darauf ist, »dass ich das machen kann. Die anderen akzeptieren mich, wie ich bin«. Diese Aussage höre ich später noch öfter. »Ich lebe nicht nach den Richtlinien der Gesellschaft«, meint sie. Allerdings schränkt sie ein, dass man 50% Realist sein muss, um in der realen Welt zu bestehen. »Die anderen 50% passen dazu aber überhaupt nicht«, sagt sie grinsend. Sie selbst hat neben einem realen Kind noch über 150 weitere Kinder – virtuell adoptiert. Die sehe sie immer wieder, denn sie kommen Rosenthal gern besuchen. »Ich habe ein Haus der offenen Türen.« Was die Jugendlichen brauchen, sei die Akzeptanz, dass sie so sein können, wie sie sind, beobachtet sie. »Und dass sie sich nicht für die Gesellschaft umformatieren müssen.« Dann regt sie sich über RTL auf. »Die lassen wir nicht mehr rein. Sie bringen so miese Berichte über uns, dass man sich fragt, ob die Leute sich jemals mit der Materie beschäftigt haben.« Denn die Cosplayer z.B. stecken nicht nur viel Arbeit in ihre selbstgeschneiderten Kostüme. »Sie müssen Maskenbildner, Schauspieler, Organisator, Schneider sein, um ihren Charakter so originalgetreu wie nur möglich zu gestalten.« Allerdings könne diese Detailverliebtheit manchmal schon krankhafte Züge annehmen. Aber: »In der Szene wird nicht gesoffen, keine Drogen genommen. Da ist just fun.« Den man definitiv auch ohne Drogen haben kann. Und ohne, dass man ständig vorm PC hängt. Der diene v.a. dazu, Verabredungen zu treffen, aber dann unterhält man sich von Person zu Person. »Das ist ein reger Austausch.« Sie beobachtet, dass viele Fans nur den kostenlosen Eingangsbereich des Pfalzbaus nutzen. Denn nicht jeder kann sich den Eintritt leisten. »Manche sparen ein ganzes Jahr für bestimmte Events. Davon gibt es mehrere große wie die LBM (Leipziger Buchmesse), die Hanami, die DoKoMi oder den Japantag in Düsseldorf, in Kassel die Connichi, die MMC (Mega Manga Convention) und die AniMaCo in Berlin«, zählt sie auf. (Ich ergänze für mich noch die AnimagiC in Bonn, denn da will ich schon seit Jahren hin.) Um sich das leisten zu können, greift das Zusammengehörigkeitsgefühl der Fans, denn wer sich keinen Schlafplatz leisten kann, übernachtet vielleicht bei einem anderen Fan, der in der Nähe der Con wohnt, weiß Rosenthal.

Nach diesem netten Gespräch stehe ich vor dem etwas versteckten Orga-Raum, zu dem ich ohne Hilfe nicht gefunden hätte. In dem werden mehr oder weniger hektisch Probleme besprochen und Lösungen gesucht. Mein Gespräch mit Hauptorganisator Roman Grabowski, Aktivenratsmitglied der Animexx (die zusammen mit der Ludwigshafener Lukom nach dem Umzug vom Haus in den Pfalzbau die Hanami seit vier Jahren stemmt), wird dementsprechend immer wieder unterbrochen. Die Hanami feiert dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum. Angefangen hat alles im Kulturzentrum Das Haus. Aber das wurde nach ein paar Jahren zu klein für den immer größer werdenden Besucherstrom. »Wir hatten schon angefangen, im hinteren Bereich Zelte aufzustellen.« Den Ursprung hatte die Hanami (welche in der Tradition des japanischen Kirschblütenfestes steht) in der Connichi. Aber gleich nach dem ersten Jahr sei die Location zu klein gewesen, weshalb Animexx die Connichi nach Kassel ausgelagert habe. Die Conneco gab es auch nicht mehr, sodass das Saarland und Rheinland-Pfalz auf die Idee kamen, etwas Eigenes zu schaffen – die Hanami unter der Schirmherrschaft von Animexx. »Wir hängen unseren Schweiß, unser Blut, unser Herz rein, um den Fans ein abwechslungsreiches Programm zu bieten«, sagt Grabowski. Händler bieten die gleiche Ware wie in Japan an und es treten japanische oder deutsch-japanische Bands auf wie Loverin Tamburin. »Ziel ist, die japanische Kultur nach Deutschland zu bringen.« Allerdings reicht das Budget der Hanami nicht aus, um auch japanische Anime-Regisseure oder Mangakas (Manga-Zeichner) einzufliegen, gibt er zu. »Die Flüge sind nicht billig und die Bands zahlen für sich selbst.«

In Deutschland sind zumindest die Animes schon seit langen bekannt – wenn auch nicht unbedingt bekannt ist, dass manche Zeichentrick-Produktionen aus Japan stammen. Wie Heidi, Wickie, Biene Maja oder Captain Future zum Beispiel. Die große Welle sei mit dem Nachmittagsprogramm der Privatsender gekommen, erzählt Grabowski. Und durch Mangas und Animes wie Dragonball, Sailor Moon und Pokémon, die zum Teil auch heute noch Bestand haben. Auf der Hanami zum Beispiel läuft in diesem Jahr ein Sailor Moon Tribute Concert und Spiele zu Pokémon gebe es immer noch. Der Manga- und Animemarkt sei trotz dieser Entwicklung aber immer noch ein Nischenprodukt. »Aber im Internet bekommt man alles. Momentan unterstützen Streemingportale mit günstigen Preisen die Fans.« Er selbst sei eigentlich kein Manga- und Animefan, aber er liebt das japanische Schach. »So habe ich die Szene reingefunden.« Über Vorurteile meint er: »Ich selbst komme aus einer kirchlichen Organisation.« Und die Fans gehen miteinander tolerant um. Diese Freundlichkeit werde auch nach außen transportiert. »Die Hautfarbe ist egal, man kann sich anziehen, wie man will, wer, wie was, wo er will.« Tatsächlich sehe ich immer mal wieder Cosplayerinnen mit dunkler Hautfarbe. Und die Szenen mischen sich. Metal-Fans in voller Montur und langen Haaren laufen an mir ebenso vorbei wie Jungs in South-Park-T-Shirts, X-Men-Kostümen oder Mädchen in japanischen Kimonos. Sogar dunkelhäutige Hip-Hopper vermeine ich zu sehen. Insgesamt ist, verteilt auf zwei Tage, Platz für bis zu 6000 Fans, sagt Grabowski. Der Altersdurchschnitt liegt bei 14 bis 26 Jahren.

Absolut nicht in diesen Altersdurchschnitt und auch sonst in keine Schablone passt der verheiratete Cosplayer Rudolf Arnold (60) aus Ulm, zu dem ich wie magisch angezogen direkt nach dem Gespräch mit Grabowski hinlatsche. Da merke man, dass ich von der Presse sei, meint er. Denn die sucht – im Gegensatz zum Beispiel zu den Amateurfotografen – immer das Besondere in einem Event. Und eben nicht die jungen, knapp bekleideten Cosplayerinnen. Er mache sich schon gar nicht mehr die Mühe, die Presse anzusprechen. »Die kommt von selbst.« Der Cosplayer mit Pony und schulterlangen Haaren steckt in einem selbst gebauten Kostüm aus der Serie Battle Angel Alita. Er verkörpert die Figur Sieben, zu der er selbst nach Recherche wenig gefunden hat. Kreative Spielwiese für ihn, aber seine Version passe zur Serie. Rund 120 Stunden Arbeit hat er in das mechanisch-futuristische Kostüm gesteckt. Die Mechanik, um die Flügel auszufahren,  ist selbstredend Eigenproduktion. Der Ulmer ist im realen Leben Mathe-Lehrer. Und durch Mathe kam er auch zu den Mangas. Oder besser gesagt durch Schülerinnen, die 2005 in seinem Unterricht zum Thema Bruchrechnen  nichts anderes zu tun hatten als Mangas zu lesen. Neugierig geworden fragte er, was das sei. »Mangas«, kam die Antwort. »Sailor Moon.« Nach der Bitte, das Zeug wegzulegen und erst wieder im Deutschunterricht auszupacken, war Arnold mit dem Manga-Virus infiziert. Das zweite große Ereignis war eine Dienstfahrt nach Stuttgart. »Die Bahn hatte Verspätung, also beschloss ich, mir zur Überbrückung einen Manga zu kaufen.« Und vergaß übers Lesen fast, in Stuttgart auszusteigen. »Ich fand die Bildsprache so faszinierend. Seitdem habe ich mich mehr mit der Materie befasst.« Und er fing unter anderem an, in seinem freien Radio Free FM eine Reportage über Mangas zu machen. Ein weiteres Erlebnis war die Connichi. »Die Verkleidungen dort waren völlig neu für mich.« Nach Gesprächen mit den Cosplayern war er überzeugt davon, dass das »eine nette und offene Szene« sei. Kreativ und tolerant. »Niemand wird ausgegrenzt.« Zurück im Hotel beschloss er, ebenfalls Cosplayer zu werden. »Mir war es egal, dass 80% der Cosplayer weiblich sind.« Mittlerweile schaut er bei der Herstellung seiner mechanischen Kostüme nicht mehr auf Zeit oder Geld. »In meinem Fall sind sie durch die Motoren und das Metall teuer.« Und er musste sich speziell für sein Alter entsprechende Charas aussuchen. »Wenn man über 50 ist, fällt es schwer, einen 18-Jährigen nachzumachen.« Er habe erst »einiges an Alu-Schrott« produziert, bevor die Motoren zu seinen Kostümen funktionierten. Auch Nähen musste er erst einmal lernen. Die 29-jährige Tochter – selbst kein Fan – half ihm bei der Herstellung seiner Kostüme. In die Schule lässt er sein Hobby mittlerweile vorsichtig einfließen, denn Informatik allein fand er öde als Leckerbissen für das Schuljubiläum seiner Schule. Rudolf bietet jetzt also einen Kurs an, in dem man Mode mit einem Mikroprozessor herstellen kann. »Den besuchen überwiegend Schülerinnen.« Das sei »ein wahnsinniger Spaß, denn die Mode leuchtet in allen Regenbogenfarben. In dieser Richtung will ich weitergehen«, meint er begeistert. Denn Kostüme, die Klänge und durch LEDs Licht erzeugen, seien toll. »Ich versuche innovativ zu sein. Damit kann ich punkten, denn mein Alter lässt sich nicht wegdiskutieren.«

Voll ins Altersschema dagegen passt Melina Schmidt (16). Sie stellt Will of Abyss aus Pandora Hearts dar. »Mit Pausen brauche ich 1 ½ Jahre für ein Kostüm«, erzählt sie. »Dieses werde ich öfter verwenden – es war so aufwendig zu nähen, dass es sich für einmal nicht lohnt.« Knapp 180 Euro musste sie für den Stoff und das Korsett hinblättern. Das Korsett ist allerdings nicht selbst hergestellt. Für die Stoffrüschen allein benötigte sie 80 Meter Stoff. »Das zu rüschen, macht keinen Spaß«, meint sie kritisch. Heraus kamen 30 Meter Rüschen, hübsch verteilt auf ein Kleid mit langer, langer Schleppe. Momentan sitzt sie an ihrem zehnten Kostüm. Jeden Abend näht sie. »Das geht, weil ich auf wenig Cons gehe. Das sind so drei im Jahr.«

Kostümiert sind auch die weiblichen und männlichen Bedienungen im Maid-Café. Leiterin Jennifer Köhl erzählt, dass sie ein Kostüm an einem einzigen Tag nähen kann. Sie hat durch ihre Erfahrung am Theater inzwischen Übung und da geht das sehr schnell. Zusammen mit zwei weiteren Schneiderinnen musste sie für das Maid-Café 28 adrette Dienstmädchenkostüme anfertigen. Die Vorbereitungen für das Café laufen schon im Januar an. »Deko, Einkäufe planen, Merchandise, Kartengestaltung, Kuchenwettbewerb«, zählt sie einige Punkte auf, die beachtet werden müssen. Und die Zeichnerin für das Maskottchen Nehoki (Nehoki steht für Katze und Café) muss beauftragt werden. Da klingelt es bei mir. Gab es nicht einmal einen Anime namens Cats Eye, deren weibliche Hauptfiguren tagsüber ein Café betrieben und nachts auf Diebeszug gingen? Egal, die männlichen und weiblichen Bedienungen im Maid-Café sind jedenfalls größtenteils Sahneschnitten. So soll es auch sein in einem Café, in dem sich die Besucher auch etwas anderes angucken wollen als »nur« hübsche Torten und bunte Cocktails.

Lecker geht es auch in Angelina Paustians Workshop »Bento! Japanische Lebensfreude in der Box« zu. Da lernen die Teilnehmer, wie sie aus Möhren, Äpfel und Würstchen dekorative Figuren für eine japanische Lunchbox schnitzen und braten. Sie sucht sich ihre Anregungen aus Mangas und Animes und verbindet das mit ihren Erfahrungen, die sie in Japan gesammelt hat. Daraus entstanden auch schon zwei Bücher: Koch dich japanisch! und aktuell Manga Kochbuch japanisch. Zweiteres halte ich oben an ihrem Stand in den Händen und denke mir, dass das verdammt viel Arbeit gekostet hat. »Es hat über ein Jahr gedauert von der Planung bis zum Endprodukt«, erzählt Paustian. Die Rezepte mussten kreiert, gekocht, fotografiert, gelayoutet werden. Für das Layout hat sie Manga Hamburg engagiert. »Ich habe ihnen die Entwürfe geschickt und sie haben sie richtig gut umgesetzt.« Für ihr erstes Kochbuch ergatterte sie sogar den Gourmand World Cookbook Award 2013. Ihre Workshops sind bei den Organisatoren der Cons gefragt, denn das sei etwas anderes als die üblichen Manga-Zeichenkurse. Und die Kochwilligen sind nicht nur von ihren Kostümen her bunt gemischt. »Frauen und Männer halten sich die Waage«, beobachtet Paustian. »Wobei die Männer meist kreativer und mutiger als die Frauen sind. Sie bauen Rosen mit Stil.«

Maid-Café und Kochkurs haben mich hungrig gemacht. Aber dafür ist keine Zeit. Um einen Gesamteindruck zu bekommen, sollte ich wenigstens noch in die Konzert- und Videoräume reinschauen. Ich erwische in einem der Konzertsäle den Programmpunkt »Suika« mit einer Sängerin, die tatsächlich prima singen, tanzen und ein Publikum animieren kann. Die Sängerin ist eine Youtuberin, die deutsche Cover zu bekannten Anime-, Vokaloid- und J-Pop-Songs macht. Youtuber »the Skyliner« unterstützt seine Kollegin tatkräftig. Für mich ein besonders Goodie: Suika singt auch über das Fansein und die Probleme, die das mit sich bringen kann. Das erinnert mich wieder an die diversen Aussagen über die Offenheit der Szene. Ich denke, dass das im Großen und Ganzen stimmt. Allerdings gibt es auch in dieser Szene Puristen, die auf die anderen Fans herabschauen, weil diese sich z.B. ihre Animes nicht im japanischen Original ohne Übersetzung anschauen. Oder sich einzig und allein die japanischen Original-Mangas kaufen. Den Aufschrei solcher Fans konnte man bestimmt bis zum anderen Ende des Universums hören, als Sailor Moon 1999 die ersten Fans in die Szene brachten, die bis dato eben nur diese eine Serie kannten und sich nicht ihre Mangas aus Japan bestellen, sondern die deutsche Übersetzung lesen wollten. Vorbei mit dem exklusiven Dasein der Puristen, denn ab Dragonball, Sailor Moon und Pokémon brach auch im Comic-Entwicklungsland Deutschland die Manga- und Animewelle los, die eine Menge Mainstream-Fans in die Szene spülten und damit auch für allerlei deutsche Übersetzungen der Mangas und Animes sorgten, sodass man sich das Zeug nicht mehr teuer in Frankreich, Amerika oder Japan bestellen musste. Gottseidank. Und neue Fans bringen frischen Wind und damit Weiterentwicklung. Diese Puristen gibt es aber in jeder Szene; ich erinnere mich an ein Blind Guardian-Konzert 2006, zu dem ich es gewagt hatte, mich rosa zu kleiden. Shitstorm pur.

Egal, weiter zu den Anime-Vorführungen. Es läuft gerade Assassination Classroom (OmU), ein Anime, in dem es darum geht, den ungeliebten, außerirdischen Klassenlehrer umzubringen. Den kannte ich bis dato nicht. Und nach dem, was ich gesehen habe, bleibt er meiner Anime-Sammlung fern. Zuviel geballter Schwachsinn. Wie drückte das eine Figur im Film aus? »Seltsam, dass man hier über das Morden spricht, als wäre das eine ganz normale Sache. Und dabei sind die Schüler so gelöst, fröhlich und lebendig wie selten.« Ich kenne ja nicht den ganzen Film, aber von dem, was ich gesehen habe, scheint er wenig kritisch mit Gewalt umzugehen. Und ein bisschen Tiefgang darf es bei mir schon sein. Die Videoclips, die danach folgen, reißen mich auch nicht vom Hocker. Sie bedienen v.a. männliche Fantasien mit dementsprechend flachen, aber nicht flachbrüstigen Frauenfiguren. Jetzt bin ich bedient, ich verlasse den Videoraum. Und orientiere mich Richtung Heimat. Da schreibe ich meine Artikel und ziehe mir danach als Belohnung eine Portion Captain Tsubasa rein. Ausgleich muss sein.

Tja, das war der Einblick in drei Stunden Hanami. Was ich wohl alles geschrieben hätte, hätte ich die vollen 15 Stunden am ersten Tag und die neun Stunden am zweiten Tag dort verbracht? Denn es gab viel, sehr viel zu sehen, zu hören, auszuprobieren. Einen Vortrag über das japanische Lachen zum Beispiel. Oder Workshops wie »Petticoats und Reifröcke«, »Materialkunde für Cosplayer«, »Audio-Workshop«, »Spaß am Schreiben«, »Cosplay-Fotografie für Anfänger«, »Crash Dub Synchro Workshop«, »Yaoi-Workshop«, »Kalligraphie DJG«, »Deftig kräftig – Dangos nähen«, »LEDs im Cosplay«. Um nur einige zu nennen. Außerdem eine Cosplay-Meisterschaft, sowie Anime-Vorführungen und Konzertauftritte noch und nöcher… Wäre ich eine Manga-Figur, hätte ich jetzt Spiral-Augen – so verwirrt und kaputt wäre ich. Aber im positiven Sinn. So bleibt mir nur noch zu sagen: »Arigato« für den Einblick in die Con und »Sayounara«!

Im Netz: www.hanami-ludwigshafen.de

(ud)

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