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Jimmy Spider – Folge 37

Jimmy Spider und das Refugium der Magier – Teil 5 von 6

Wenn es irgendwo im Universum so etwas wie die absolute Leere gab, dann musste es sich um jenen Ort handeln, an dem ich mich gerade befand. Ich blickte nämlich nicht in irgendeine undurchdringliche Schwärze, ich sah einfach nichts. Ich roch nichts, ich spürte nichts, und wie ich gerade festgestellt hatte, atmete ich auch nicht. Zumindest mein Hirn hatte man mir aber gelassen.

Eigentlich hätte ich mich ja nun gemütlich zurücklehnen (wobei auch das in einem absoluten Nichts etwas kompliziert werden würde) und – wie man so schön sagt – die Seele baumeln lassen können, aber irgendwie hatte ich doch das Bedürfnis danach, dass etwas passierte.

Vorsichtig versuchte ich zu sprechen. »Hallo?«, rief ich in die Leere hinein. Zumindest sprechen konnte ich also noch, auch wenn ich nicht im Geringsten gefühlt hatte, dass sich meine Lippen bewegt hatten. Ganz zu schweigen davon, dass ich nicht einmal meine Lippen selbst gefühlt hatte.

»Jimmy? Bist du da?«, hallte es von irgendwoher in meine imaginären Gehörgänge. Sofort erkannte ich die Stimme – sie gehörte Ramesh Pukkat, meinem indischen Kollegen, der mich seit meiner Ankunft in Delhi begleitet hatte und wohl auch von diesem magischen Spiegel, dem ich diese wenig sehenswerte Reise zu verdanken hatte, aufgesogen worden war.

»Ob ich da bin, weiß ich nicht so genau. Aber ich bin, und das ist schon mal ein Anfang.«

»An dir scheint ein Philosoph verloren gegangen zu sein.«

Ich musste schmunzeln. Na ja, zumindest dachte ich, dass ich das jetzt eigentlich müsste. »Hast du vielleicht etwas Besseres zu tun, als die Zeit mit pseudophilosophischen Phrasen totzuschlagen?«

»Ja, da wüsste ich schon etwas«, erklang die Antwort des Inders aus dem Nichts.

»Und was?«, fragte ich.

»Du könntest mir verraten, mit welchem Trick dein Vater damals Vijay Brahma Singh in die Falle gelockt hat.«

Irgendwie hatte ich geahnt, dass Ramesh wieder darauf zu sprechen kommen würde. Aber diesmal würde ich mich wohl kaum herausreden können. »Erwähnte ich schon, dass du das gar nicht wissen willst?«, versuchte ich trotzdem, ihn abzuwimmeln.

»Ja«, erklang die knappe Antwort.

»Also gut, du hast es nicht anders gewollt. Mein Vater fand durch einen Informanten innerhalb von Singhs Organisation heraus, dass sein Erzfeind eine besondere sexuelle Vorliebe für hawaiianische Hula-Tänzerinnen hatte und er, wenn er die Möglichkeit dazu bekam, gerne gleich eine Handvoll von ihnen in seine Gemächer holte. Nun, mein Vater versorgte Singh über seinen Mittelsmann mit der Information, dass einer seiner Helfer in einer abgeschirmten Villa in Bombay mehrere jener Hula-Tänzerinnen ›bereitgestellt‹ hatte.

Als Singh davon erfuhr, verließ er tatsächlich den Schutz seiner Nebelinsel und reiste im Geheimen nach Bombay, um den Vorzügen hawaiianischer Privattänze zu frönen. Und damit tappte er meinem Vater direkt in die Falle, der Singh nach einem kurzen Feuergefecht mit den wenigen Dienern, die der Inder mitgebracht hatte, festnehmen konnte. Ende der Geschichte.«

Zunächst herrschte betretene Stille. Dann erklang doch noch eine Reaktion von Ramesh Pukkat. »Du hattest recht. Das wollte ich gar nicht wissen.«

»Tja, hättest du mal auf mich …« Ich brachte meinen Satz nicht zu Ende, denn plötzlich veränderte sich alles. Es schien, als würde ich wieder in meinen Körper zurückkehren. Ich spürte wieder meine Arme, meine Beine, den harten Boden unter meinen Füßen, meinen …

Moment – harter Boden?

Ich öffnete die Augen, und die Leere um mich herum verschwand. Dafür fand ich mich in einer völlig fremden Umgebung wieder.

Der Tempel der Singh-Bruderschaft war das mit Sicherheit nicht mehr. Im Gegenteil, ich war sogar davon überzeugt, dass ich mich nicht einmal mehr auf der Erde befand …

 

***

Wie von selbst flog die Pistole aus dem Halfter an seinem Gürtel in Commander Colts Hand. Blut spritzte in sein Gesicht, doch darum kümmerte er sich nicht. Dafür schoss er selbst.

Kugel auf Kugel jagte er aus dem Lauf. Der hünenhafte Inder, der soeben noch seinem Meister Vijay Brahma Singh zugenickt hatte, wurde voll getroffen. Sein Kopf wurde in den Nacken geschleudert, als eine Kugel ihm in die Stirn fuhr.

Colt schoss einfach weiter, auch als ihn eine Hand an der Schulter packte und mit sich riss.

Ein weiterer Soldat brach blutüberströmt zusammen, während Colt hinter eines der Militärfahrzeuge gezogen wurde.

»Wir müssen weg, Commander!«, schrie ihn Mister Gatling an. Auch der glatzköpfige Mann war von Blutspritzern im Gesicht getroffen worden.

»Da sagen Sie mir nichts Neues, Gatling«, antwortete der Commander, während er seine Pistole nachlud. »Wen hat es eigentlich erwischt?«

Während er auf eine Antwort wartete, prasselten weitere Kugeln auf ihre Deckung ein. Vorsichtig lugte Colt zwischen den Reifen des Fahrzeugs hindurch. Vier Beine näherten sich dem Wagen, also hatten sie es nur noch mit zwei Soldaten zu tun.

»Sauer ist tot«, flüsterte Mister Gatling ihm zu. »Eine Kugel traf ihn in den Hals.«

»Traurig, aber nicht zu ändern«, sagte Colt, während er abermals schoss. Seine Kugeln fuhren in die Beine seiner Gegner. Schreiend brachen die Soldaten zusammen, während der Commander weiter schoss. Und diesmal trafen seine Kugeln tödlich.

Sofort sprang Colt aus seiner Deckung hervor. Wenn er schnell genug war, konnte er auch Singh und Ramanuja erwischen und damit retten, was noch zu retten war.

Doch es war zu spät. Vijay Brahma Singh und der Mönch waren verschwunden.

Dafür erklangen plötzlich laute Schreie. Weitere Soldaten der Singh-Bruderschaft mussten durch die Schüsse aufgeschreckt worden sein.

»Und was jetzt?«, fragte Miss Beretta, die ebenfalls eine Pistole in den Händen hielt – nicht ganz zufällig eine italienische Waffe.

»Jetzt …«, antwortete Colt, während er an dem Militärfahrzeug vorbei ging, »… richten wir uns auf eine Treibjagd ein.«


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