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Interview mit Caren Benedikt

Geisterspiegel: Frau Benedikt, besten Dank, dass Sie sich für ein Interview mit dem Onlinemagazin Geisterspiegel zur Verfügung stellen.

Caren Benedikt: Sehr gern! Ich freue mich, dass sich Ihre Leserinnen und Leser für mich interessieren.

Geisterspiegel: Am Anfang stand die Tat! Was war für Sie der Impuls, sich der schreibenden Zunft anzuschließen?

Caren Benedikt: Meine Kinder! Zwar habe ich selbst als Kind schon Geschichten ersponnen und diese zu Papier gebracht. Doch als ich älter wurde, hörte ich irgendwann damit auf. Als ich dann selbst Mutter wurde und meinen Kindern abends vor dem Schlafen noch Geschichten vorlas, fand ich diese immer zu lang. So begann ich, täglich so zwei oder drei Seiten Geschichten zu schreiben, oft mit meinen Kindern als Helden. Dann wurden die Texte länger, und irgendwann überredete mich meine Familie, bei einem Verlag vorstellig zu werden. So ging es los.

Geisterspiegel: Geschichtliche Ereignisse gehören sicherlich nicht zu Haupttätigkeitsbereichen einer gelernten Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten und freien Journalistin. Was ist für Sie so faszinierend an historischen Themen?

Caren Benedikt: Ich glaube, da muss ich einen riesigen Dank an meinen früheren Geschichtslehrer aussprechen. Der hatte so eine Art an sich, historische Ereignisse zu beschreiben, dass man ihm stundenlang gebannt zuhören mochte.  Ich denke, da ging alles los.

Geisterspiegel: In Ihrem Roman Die Feinde der Tuchhändlerin ist Constanze Hohenau die Hauptperson. Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Roman gekommen?

Caren Benedikt: Irgendwann war Constanze in meinem Kopf und weigerte sich beharrlich, dieses Plätzchen wieder aufzugeben. Ich sah sie quasi vor mir, mit all ihren Sorgen und Hoffnungen. Und vor allem auch mit ihrem Kampfgeist. Ich finde, die Figur hat einfach was. So wurde mir nach und nach die Geschichte immer klarer, bis ich sie am Ende aufschrieb.

Geisterspiegel: Viele historische Romane haben ein konkretes historisches Ereignis als zentralen Bezugspunkt. Die Feinde der Tuchhändlerin spielt in einer Zeit, in welcher auf einem Hoftag zu Worms im Jahre 1231 weltliche und geistliche Fürsten gemeinsam das statutem in favorem principum von Heinrich VII. erzwangen. Was hat Sie dazu bewogen, die Storyline nicht einem solchen Bezugspunkt zuzuordnen?

Caren Benedikt: Ich denke, der Hauptgrund war, dass ich nicht von meiner Constanze ablenken wollte. Sie hatte einfach selbst ihre Schwierigkeiten und damit kaum Zeit, sich mit dem so wichtigen Hoftag und den daraus resultierenden Folgen zu beschäftigen. Manchmal, so finde ich, kann auch zu viel eingebautes, historisches Wissen, von der Hauptgeschichte ablenken.

Geisterspiegel: In Ihrem Debütroman spielt die Tuchhändlerin Constanze eine Rolle, die ein sehr schweres Schicksal zu tragen hat und daran zu zerbrechen scheint. Was zeichnet gerade Ihre Protagonistin gegenüber den weiblichen Figuren anderer Autorenkolleginnen aus?

Caren Benedikt: Wahrscheinlich ist meine Constanze sogar ein bisschen zu modern. Doch die Umstände lassen ihr keine Wahl. Es ist ja nicht so, dass sie sich darum reißt, all die Verantwortung zu tragen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es schon immer durchsetzungsfähige Frauen gegeben hat. Nur mussten sie sehr genau aufpassen, was sie sich wirklich erlauben konnten. Ich denke, meine Constanze findet da einen ganz guten Mittelweg. Allerdings vertraut sie ja auch an mancher Stelle dem Falschen.

Geisterspiegel: Ihre Geschichte spielt Mitte des 13. Jahrhunderts. Sie charakterisieren die Stellung der Frau mit den weiblichen Protagonisten Constanze, Hemma, der Hure und der Gräfin sehr unterschiedlich. Wie intensiv haben Sie sich mit der Rolle der Frau in dieser Zeit auseinandergesetzt?

Caren Benedikt: Sehr intensiv. Ich glaube, gerade die Vielschichtigkeit der Charaktere gibt der Geschichte den nötigen Pfiff. Es ist alles dabei, aber eben nicht nur in schwarz und weiß. Hinter jeder Figur steht auch ein Schicksal und ein gelebtes Leben. Das ist der Punkt, auf den ich von meinen Leserinnen und Lesern am meisten angesprochen wurde.  Nicht jeder, der im ersten Moment gut oder böse erscheint, kann am Ende dem nach außen getragenen Bild noch entsprechen.

Geisterspiegel: Constanze vereint in sich viele Vorzüge. Sie ist nicht nur klug, sondern auch ehrgeizig und eine erfahrene Händlerin, die ihr Handwerk versteht. Andererseits bereitet ihr vieles Sorgen. Ist Constanze eine perfekte Frau ihrer Zeit?

Caren Benedikt: Sagen wir mal, so perfekt wie man eben sein kann. Ich finde, Protagonisten sollten auch so einiges durchmachen müssen. Man sollte mit ihnen kämpfen und leiden, zittern und hoffen. Und meine Constanze hat einen Vorzug, den ich sowohl bei Figuren wie auch im richtigen Leben an Menschen schätze: Wieder aufzustehen, wenn man gestürzt ist.

Geisterspiegel: Was hat Sie dazu bewogen, die Freie Stadt Worms als Handlungsort Ihres Debütromans zu wählen?

Caren Benedikt: Das ist fast schon banal: Ich liebe diese Stadt! Vielleicht liegt es daran, dass ich als Kind mit meinen Eltern dort war und mich das Flair einfach faszinierte. Ich finde, dass man dort in den Gassen und Gängen die Geschichte geradezu fühlen kann. Auch heute noch.  

Geisterspiegel: Würden Sie selbst in der Zeit leben wollen, wenn es die Möglichkeit dazu gäbe, um Ihre Figuren hautnah agieren zu sehen?

Caren Benedikt: Ganz klar: Nein! Um Himmels willen! Ich glaube, jemand mit meinen Ansichten über die Rolle der Frau, würde in einer solchen Zeit nicht lange den Kopf auf dem Rumpf behalten.

Geisterspiegel: Die Pro- und Antagonisten wie auch die Story selbst sind sehr feinfühlig gezeichnet worden, selbst jene, die eher nicht zu den Sympathieträgern zählen. Wie nahe kamen Ihnen Ihre Handlungsträger beim Schreiben?

Caren Benedikt: Dankeschön! Es freut mich, dass Sie das so empfinden! Und Sie treffen mit Ihrer Frage den Nagel auf den Kopf: Mir sind alle meine Figuren sehr nah, selbst die, die ich gar nicht leiden kann. Es ist das ewige Spiel zwischen Gut und Böse.  Doch: Sind immer alle Guten nur gut und die anderen von Grund auf böse? Ich glaube nicht. Ich finde es wichtig, Figuren so nah an sich heranzulassen, damit es gelingen kann, deren Motivation auf den Punkt genau glaubhaft zu vermitteln.

Geisterspiegel: Nach der gebundenen Ausgabe im Club Bertelsmann gibt es Die Feinde der Tuchhändlerin als Taschenbuch beim Piper Verlag. Was war dazu der Anlass?

Caren Benedikt: Nun, nicht alle Leser mögen Hardcover. Im Club Bertelsmann ein Erstlingswerk erscheinen lassen zu können, war für mich ein Segen. Und zwar ganz abgesehen von der Hilfe und Unterstützung, die mir seitens des Bertelsmann-Teams zuteilwurde. Es war ein sehr freundliches Miteinander und es war auch der Verlag, der die Taschenbuchrechte an Piper verkauft hat. So bekommt das Buch eine noch breitere Leserschaft, worüber ich mich natürlich sehr freue.

Geisterspiegel: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, Ihr Erstlingswerk bei einem Verlag unterzubringen? Auf welche Hindernisse sind Sie dabei gestoßen?

Caren Benedikt: Ich glaube, da weichen meine Erfahrungen ganz erheblich von denen anderer Kollegen ab. Zum Glück, muss ich sagen. Da ich ja berufstätig bin und mich eben nicht hauptsächlich dem Schreiben widmen kann, war für mich von Anfang an klar, dass ich mit einer Literaturagentur arbeiten wollte, die mir die Vorstellung bei Verlagen abnimmt. Das Angebot, meinen Erstling beim Club Bertelsmann zu veröffentlichen, kam recht schnell. Natürlich habe ich mich riesig darüber gefreut. Doch ein anderes Manuskript, das ich zuvor geschrieben habe, liegt bis heute in einer Schublade. Ich denke, das geht vielen Kollegen so. Es ist nicht leicht für neue Autoren, einen der begehrten Plätze bei einem renommierten Verlag zu ergattern.

Geisterspiegel: Auf Lesungen und Internetportalen hat man direkten beziehungsweise indirekten Kontakt zu seinen Lesern. Wie gehen Sie mit deren Kritik um?

Caren Benedikt: Nun, zum Glück haben sich bisher nur Leser an mich gewandt, denen mein Buch gefallen hat. Es kam beispielsweise mal ein Hinweis, dass ruhig noch mehr Historisches in das Buch gepasst hätte. Aber eben nett. Oder aber eine andere Leserin meinte, ich solle nächstes Mal auf jeden Fall mehr schreiben.  Sie hätte das Buch viel zu schnell durchgehabt.  Solche Dinge. Da fällt es leicht, mit der Kritik umzugehen. Ich glaube auch, selbst wenn mir jemand sagen würde, dass ihm mein Werk überhaupt nicht zugesagt hätte, wäre das kein Problem für mich. Schließlich kann man nicht jeden Geschmack treffen.

Geisterspiegel: Welche Projekte wird es als Nächstes von Ihnen geben?

Caren Benedikt: Am 27.07.2012 erscheint Die Duftnäherin als Premiere bei Weltbild, im nächsten Jahr dann als Taschenbuch bei Droemer Knaur. Ich weiß, dass viele Leserinnen und Leser bereits darauf warten und freue mich schon über deren Meinungen. Ich selbst mag das Buch sehr und bin total glücklich mit dem Ergebnis, aber das muss man als Autor wohl von seinem Werk denken. Nur einen Monat später, im August 2012, kommt dann der Gemeinschaftsroman Die vierte Zeugin heraus, ein Buch, das ich mit elf anderen Autorenkollegen zusammen geschrieben habe. Es basiert auf einer realen Urkunde, die beim Einsturz des Stadtarchivs in Köln seinerzeit schwer beschädigt wurde. Das Schriftstück konnte mithilfe von Spendengeldern restauriert werden. Zum Glück und dank fleißiger Autoren. Und auch im nächsten Jahr wird es neue Romane von mir geben, über die ich aber noch nichts verraten darf.

Geisterspiegel: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen weitere interessante Themen für spannende Romane und eine treue Leserschaft.

Das Interview wurde durch Wolfgang Brandt per E-Mail geführt.

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