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Haus der bösen Lust

Justin Collier, der durch seine eigene Fernsehsendung allgemein als Bierfürst bekannt ist, fährt nach Tennessee in eine Kleinstadt, wo es angeblich ein besonderes Bier gibt, das ihm zur Vollendung seines neuesten Buches noch fehlt. Dass er dabei seiner angehenden Exfrau für einige Zeit entkommt, ist ein willkommener Nebeneffekt. Er steigt im Hotel Branch Landing Inn von Mrs. Butler ab, die die Pension gemeinsam mit ihrer stummen Tochter Lottie und ihrem Sohn Jiff  betreibt. Doch warum findet Justin die über sechzigjährige Mrs. Butler so anziehend und attraktiv? Warum stellt ihm Lottie bei jeder Gelegenheit hinterher? Selbst vor den Avancen der Ehefrau eines weiteren Gastes ist Justin nicht sicher. Seit der Schriftsteller und Fernsehmoderator im Branch Landing Inn abgestiegen ist, kocht seine Libido geradezu über. Er kann an fast nichts anderes als an Sex zu denken. Doch warum ist das Zimmer Nummer 3 am Ende des Flurs permanent verschlossen? Wer ist die nackte Frau, die Justin durch das Schlüsselloch seines Zimmers beobachtet und die wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheint, als er nachschauen will? Nach und nach kommt Justin einem grausamen Geheimnis auf die Spur, das seinen Ursprung in der Vergangenheit hat. Genauer gesagt im neunzehnten Jahrhundert als ein Mann namens Gast die Stadt und ihre Umgebung terrorisiert hat. Und das Branch Landing Inn ist nichts anderes als das ehemalige Wohnhaus der Gasts, die auf brutale Art und Weise ums Leben kamen …

Edward Lee genießt als Autor in den USA Kultstatus, zumindest unter den Anhängern derber, geradlinig erzählter Horror-Literatur. In Deutschland sind bislang nur wenige seiner Werke erschienen. Umso erfreulicher, dass der Festa Verlag sich dieses Autors und vor allen Dingen seiner weniger gesellschaftsfähigen Texte angenommen hat, um sie nach und nach der Leserschaft zukommen zu lassen. Haus der bösen Lust ist dabei ein gelungener Auftakt, obwohl er gerade aufgrund der expliziten Warnung des Verlags unter dem Klappentext hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der Roman erzählt die Geschichte eines grausamen Mannes namens Gast, der durch seine Taten in der Vergangenheit die Gegenwart nachhaltig beeinflusst. Die überzogenen Darstellungen sexueller Gewalt, vor denen hier gewarnt wird, kommen vor allen Dingen in den Passagen aus der Vergangenheit zur Zeit des Bürgerkriegs zum Tragen, während die Ereignisse in der Gegenwart beinahe harmlos vor sich hinplätschern. Dass während der fast 400 Seiten trotzdem keine Langeweile aufkommt, ist dem minimalistischen, flüssigen Erzählstil des Autors zu verdanken. Die Charaktere des Romans sind sehr lebensnah gezeichnet, sodass man nach einigen Seiten einfach wissen will, wie es mit Justin Collier, Lottie und Jiff weitergeht. Allerdings werden gerade die Freunde des härteren Horrors den Band am Ende ein wenig enttäuscht zur Seite legen, denn das etwas zu glatte und einfältige Ende will so gar nicht zu der grausamen Geschichte von Mr. Gast passen und man wartet gespannt darauf, dass noch etwas Gravierendes oder Schockierendes passiert. Die geisterhafte Atmosphäre des Hauses wird jedoch sehr plastisch und intensiv beschrieben, sodass einem beim Lesen schon die eine oder andere Gänsehaut über den Rücken rieselt.

Besser und eindrücklicher hätte man den Titel optisch nicht darstellen können. Tina Marie Enos hat das perfekte Motiv gefunden, das augenblicklich die böse Lust am Buch weckt.

Fazit:
Viel Sex in düsterer Atmosphäre. Die überzogenen Darstellungen sexueller Gewalt, vor denen der Verlag warnt, kommen hauptsächlich in der Vergangenheit vor, während der Gegenwartsplot eher enttäuschend endet. Nichtsdestotrotz ein lesenswerter Horror-Roman.

Copyright © 2012 by Florian Hilleberg

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Edward Lee
Haus der bösen Lust
Horror TB, Band 42
The Black Train, USA 2009
Festa Verlag, Leipzig
Juni 2012
Taschenbuch, Horror
399 Seiten, 13,95 Euro
ISBN: 9783865521491
Aus dem Amerikanischen
von Michael Krug

www.festa-verlag.de