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Der Welt-Detektiv Band 6

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Atlantis Teil 33

Das Linienflugzeug Mineapolis-Timbuktu landete. Rouse ging über den Flugplatz, winkte seinem Chauffeur.

»Zum Hotel. Schnellste Fahrt!«

Er warf sich in den Wagen, blickte auf die Uhr. Eine knappe Stunde, dann hatte er Audienz beim Kaiser, Abschiedsaudienz. Am nächsten Morgen wollte er zurück nach den USA. Noch einmal hatte er das Bild der Riesenfeuersbrunst in sich aufgenommen.

Der brennende Augustusschacht war die Weltsensation, das Weltgespräch, der unerschöpfliche Stoff für die Weltpresse. Wie Heuschreckenschwärme kamen die Flugzeuge von den größten Passagierflugzeugen bis hinab zur kleinen Privatmaschine. Zehn Meilen vom Schacht begann die Gefahrenzone. Ein Schwarm von Patrouillenflugzeugen, Tag und Nacht kreisend, hielt die allzu Neugierigen zurück. Der Zyklon, geboren aus der Riesenbrunst des Feuers, drohte jeden, der näher kam, in den Flammentod zu ziehen. In den ersten Tagen des Brandes, ehe man den Patrouillendienst einrichtete, war es manchem Flugzeug wie der Motte, die um das Licht kreist und stirbt, ergangen.

Der Schacht brannte. Die Riesenfackel, heute wie am ersten Tag, spottete aller Versuche, ihrer Herr zu werden. Alle Geister der Welt brachten Vorschläge … einer so unmöglich wie der andere. Den Wasserzufluss dämmen! Wäre es möglich, der einzige Weg wäre es. Ein Heer von Geologen, Bohringenieuren, Technikern war zusammengeholt worden, Untersuchungen anzustellen. Von allen Ecken kamen Rutengänger, um zu helfen.

Alles vergeblich! Keine Rettung. Der unterirdische Strom, der den Schacht bedrohte, wies keinen geschlossenen Lauf auf. Ein Netz von Quelladern, das sich erst kurz vor dem Schacht vereinigte, wo die ungeheure strahlende Hitze des Riesenbrandes jede Arbeit unmöglich machte. Wäre es anders gewesen, so hätte vielleicht die Möglichkeit bestanden, Gefrierrohre bis in den unterirdischen Strom zu schlagen, das Wasser durch Frost zu bannen. So blieb es – vorausgesetzt, dass die geologischen Angaben selbst stimmten, eine Riesenarbeit mit zweifelhaftem Erfolg, ganz abgesehen von den ungeheuren Kosten – die Quelladern gingen teilweise in größte Tiefen hinab –, Kosten, die aufzubringen selbst dem Kaiser Augustus schwer werden mussten.

Es war nicht allein der brennende Schacht, die verlorene Energie. Fast ganz Mineapolis war zerstört, die Riesenindustrieanlagen, mit ungeheuren Kosten erbaut, jetzt ein wüstes Ruinenfeld. Gruben, Hüttenanlagen, teilweise weit im Landesinneren, eingestellt auf die Energie vom Tschadseeschacht, waren jetzt zum Stillliegen verurteilt.

Das feste Gefüge des Großafrikanischen Reiches zitterte, wankte unter den Wirkungen der Katastrophe.

»Glück oder Unglück?« Guy Rouse hatte die Worte gemurmelt, als er mit einem letzten Blick auf die riesige Feuersäule, die von der Erde bis zum Himmel reichte, zum Flugzeug schritt.

»Ein Trümmerhaufen, die Hoffnungen des Kaisers! Die meinen? Der Schacht musste brennen … weiter … weiter … Jahre … Jahrzehnte … Jahrhunderte vielleicht. Unangreifbar, unlöschbar die Feuergluten für Menschenhand – bis vielleicht die Natur aus sich selbst heraus vollbrachte, was Menschengeist, Menschenarm unmöglich war. Meine Forderungen an Seine Majestät werden in der nächsten Zeit schwer realisierbar sein. Er wird gar bald mit neuen Wünschen an mich herantreten. Wahrscheinlich heute schon, wenn ich mich verabschiede. Er wird mich bitten … bitten! Er, der Kaiser Augustus Salvator.« Er schloss sekundenlang die Augen. Ein Zug der Genugtuung, Befriedigung lag um seinen Mund, als koste er schon den Genuss der Szene.

Das Flugzeug hatte sich vom Boden gehoben, umkreiste nach Süden hin die Stadt, den brennenden Schacht. Die Augen Rouses hafteten daran, bis das Flugzeug unter die Kimme tauchte, bis nur noch der Feuerschein am Himmel zeigte, wo der Sitz des Feuers lag.

Er wandte sich um. Sein Fuß stampfte heftig den Boden.

»Und das alles durch die Hand dieses Schurken! … Tredrup! Der Mensch muss vom Erdboden verschwinden. So oder so! Die Rache des Kaisers … Wie ich den kenne, wäre es möglich, dass er sie verschmähte. Nationale Tat! Es wäre nicht ausgeschlossen, dass er so dächte. Mag er! Wo bliebe ich, nähme er seine Rache vorweg. Hat doch nur jeder Mensch ein Leben. Ich will meine Rache an dem Burschen haben. Sein Konto ist abgeschlossen. Ich werde hinter ihm her sein, wie der Jäger hinter dem Wild, und ginge es bis ans Ende der Welt! Meine Hunde – eine stattliche Meute ist es –, die werden ihn hetzen, bis ich ihn habe.

Der … und der andere! Die Würfel sind gefallen. Tredrup und Smith!«

Er blickte durch das Fenster der Kabine. Vor ihm tauchten die Türme von Timbuktu auf.

»Smith ist wieder hier, wie mir der Agent vor ein paar Stunden meldete. Seine Nachforschungen in Irwinga waren erfolglos.«

Rouses Hand griff mechanisch in die Rocktasche, fühlte das kurze, kalte Metall.

»Du wirst es wohl sein, das den Knoten zerhaut. Er ist zu schade für die Meute!«

Juanita … Der Name drängte sich ihm auf. War es nicht ihre Schuld, dass er diese beiden Männer zu gefährlichen Feinden hatte? Sie war in Santa Barbara glücklich angekommen, würde vielleicht dort sterben. Der Arzt in Irwinga hatte wenig Hoffnungen gemacht. Sterben! Das junge, schöne Geschöpf …

Rouses Gedanken flogen zurück, zum Kanal … Montegna … Das erste Glied der Kette, an die sich die anderen schlossen … Welches würde das letzte sein?

Rouse stand vor dem Kaiser. Die Audienz war sehr kurz gewesen. Nichts von dem, was er erwartete, war geschehen. Keine Bitte, kein Wort des Bedauerns über seine Abreise. Gleichmütig, kühl hatte ihn der Kaiser empfangen. Ein paar belanglose Worte gesprochen. Ihm gezeigt, dass die Audienz zu Ende sei. Er stand, konnte es nicht fassen. Eine Niederlage, schwer … unvermutet.

Der Adjutant, der eintrat, ihn hinausgeleitete, brachte es ihm erst voll zu Bewusstsein, dass er entlassen war. Er stieg in den Wagen, der ihn zum Flugplatz bringen sollte.

Alles andere war vergessen. Der Kaiser … der Kaiser … Was war nur mit ihm? Er schloss die Augen … saß … und sann.

Der Wagen hielt mit kurzem Ruck. Der Chauffeur riss die Tür auf. Rouse saß noch in Gedanken versunken.

So mag es sein …

Er stieg aus dem Wagen, ging zum Flugzeug.

Der Kaiser ist klüger, als ich dachte. Das Spiel wurde ihm zu hoch. Kein Krieg! Er resigniert, wartet auf bessere Zeiten. Klug! … Du Kaiser. Kein Freund könnte dir einen besseren Rat geben. Krieg! Va banque wäre es! Er ist kein Hasardeur. Er sieht die Grenzen und hütet sich, darüber hinauszugehen. Die Südafrikanische Union wird jubeln. Ihr diplomatischer Sieg ist sicher … so sicher, wie ihre Niederlage gewesen wäre, wenn nicht Tredrup … er allein ist schuld, dass alles so anders kam, als ich gehofft hatte. Der Steinwurf im Schacht … Diese Ungeschickten! Hätte ich einen von meinen Leuten hier gehabt, der hätte es besser gemacht. Doch gedulde dich, nicht lange sollst du den Ruhm genießen, Nationalheld zu sein!

Er saß in seiner Kabine. Der Funk gab den New Yorker Börsenbericht durch. Er hörte. Da kam es … Die Aktien der New Canal Cy. um zehn Punkte gestiegen. Der dritte Tag war es, dass sie sprunghaft in die Höhe gingen. Vor drei Tagen hatte es die amerikanische Presse ihren Lesern mitgeteilt, dass Mr. Rouse, von seiner Krankheit völlig genesen, in die Staaten zurückkehrte und die Leitung der New Canal Company wieder in die eigene Hand nehmen würde.

Er lachte. Zehn Punkte! Gut! Noch weiter drei Tage so! Dann würde er die Gegenminen springen lassen.

Dann wieder, durch seine Agenten, verstreut in den Großstädten der Welt, kaufen lassen …

Die Enge der Kabine bedrückte ihn. Seine Hände umklammerten die Armlehnen. Die hohe, magere Gestalt zitterte wie im Fieberschauer. Geld! Macht! Die einzige Leidenschaft, die er kannte – mit furchtbarer Gewalt hatte sie ihn ergriffen, jede Faser seines Leibes sich Untertan gemacht.

Der Körper des Mannes bebte unter dieser Leidenschaft wie der Sklave unter der Peitsche des Herrn.