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Schwäbische Sagen 59

Schwäbische-Sagen

Zweites Buch

Geschichtliche Sagen

Der schwäbische Riese Einheer

Zu Zeiten Karls des Großen lebte ein gewaltiger Riese, so unter dem Kaiser zu Pferd diente und Einheer (oder Einotheer) hieß, welcher Name einen bezeichnet, der allein so viel ist wie ein ganzes Heer. Sonst war dieser Riese aus dem Thurgau am Bodensee, einem Landstrich, der ehedem zu Schwaben gehörte. Durch Flüsse, über die keine Brücken geschlagen waren, watete er zu Fuß, zog sein Pferd hinter sich her, und wenn es ihm nicht nach wollte, sagte er wohl im Scherz: »So wahr mir Gott helfe! Gesell, du musst mir folgen auch wider deinen Willen.«

In den Kriegen Karls des Großen wider die Wenden und Hunnen mähte er mit seinem Degen die Leute wie Gras nieder, hing sie an seinen Spieß und trug sie wie kleine Vögel auf seiner Schulter. Und wenn ihn dann, als er heimgekehrt war, die Leute nach ihrer Gewohnheit fragten, was doch die Feinde für Leute seien und was man im Krieg wider sie ausgerichtet hatte, so sagte er voll Unwillen: »Was soll ich von den Fröschlein sagen? Ich habe oft ihrer sieben, bisweilen auch mehrere an meinen Spieß als an einen Bratspieß gesteckt und auf der Schulter getragen, dass sie quakten, weiß nicht wie. Es war nicht der Mühe wert, dass unser Kaiser mit so großen Unkosten wider solche Würmlein einen Feldzug unternommen hat. Man hätte das viel leichter und billiger ausmachen können.«


Sankt Meinrads Raben

Der Graf Verthold im Sülchgau an der Donau war lange kinderlos und hatte gelobt, dass wenn ihn Gott mit einem Sohn beglücken würde, er denselben der Kirche weihen wolle. Da gebar ihm seine Gemahlin ein Söhnlein, das den Namen Meginhard oder Meinrad erhielt und im Kloster Reichenau seine geistliche Laufbahn antrat. Später entwich Meinrad in ein entferntes Alptal, baute sich daselbst eine Zelle und Kapelle, wodurch er den Grundstein zum berühmten Kloster und Wallfahrtsort Einsiedeln legte.

In dieser Einsiedelei wurde er im Jahre 861 am 21. Januar von zwei Mördern, welche Geld und Kostbarkeiten bei ihm zu finden hofften, umgebracht. Bevor er aber seinen Geist aufgab, flogen Raben über ihn hin, von denen der heilige Mann sagte, dass sie seinen Tod offenbaren würden. Die Mörder aber kümmerten sich wenig darum.

Als sie jedoch später einmal miteinander in Zürich vor einem Wirtshaus saßen und einige Raben vorbeiflogen, sagte der eine lächelnd zu seinem Kameraden: »Sieh, des Meinrads Raben!« Das hörte jemand, der vorüberging, und zeigte es dem Gericht an, worauf die beiden eingezogen und des Verbrechens als schuldig befunden und bestraft wurden. Daher entstand auch im Deutschen das Sprichwort: »Sankt Meinrads Raben«, d. h., kein Mord bleibt verschwiegen.


Die zwei Brüder auf der Burg Lichtenberg

Dem Wunnestein gegenüber, nahe bei Oberstenfeld, liegt auf dem Gipfel des Lichtenbergs die gleichnamige alte Burg Lichtenberg, um deren Besitz sich einst zwei Brüder gestritten haben sollen. Sie zogen gegeneinander ins Feld und bei dem Sauferhof vor der Burg kam es zur Schlacht. Da ließ der eine Bruder dem anderen sagen, er werde ihn Hungers sterben lassen, wenn er ihn in seine Gewalt bekomme.

Worauf der andere zur Antwort gab: »Und ich werde ihn verdursten lassen!«

Der Letztere siegte, nahm den Bruder gefangen, warf ihn ins Burgverlies und gab ihm, wie er gedroht hatte, nur trockenes Brot ohne alles Getränk. Der Gefangene aber stillte seinen Durst mit der Feuchtigkeit, die aus der steinernen Mauer schwitzte, sodass der Bruder nicht begreifen konnte, wodurch er so lange sein Leben er­halten mochte. Deshalb schickte er unter dem Vorwand des Nacht­mahls seinen Burgpfaffen zu dem Gefangenen hinab, und der wusste durch die Drohung der Absolutionsverweigerung ihm das Geheimnis zu entlocken, und hinterbrachte es seinem Herrn, worauf dieser das Gefängnis mit Brettern ausschlagen ließ.

Als nun der Eingekerkerte wirklich vor Durst starb und des Bruders Rachsucht befriedigt war, fühlte dieser Reue und heftige Gewissensbisse. Da ließ er den Burgpfaffen kommen, führte ihn auf die Zinne des Turms, warf ihn hinunter und stürzte sich selbst hinter ihm her.