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Timetraveller – Episode 25

Die Trommeln von Makumba

Prolog

Der alte Mann lag im Sterben.

Seine Finger hatten sich in die bunt gewebte Decke seines Lagers gekrallt, sein Atem ging nur noch stoßweise und die glasigen Augen waren bereits vom nahenden Tod umschattet.
Schweißperlen glitzerten auf seinem Gesicht.

Ria, seine Tochter, kniete weinend am Fuß des Lagers. An ihrer Seite stand Yahi, ein Mitglied der Priesterkaste, und hinter ihnen zwei Männer der Palastwache, die den Sterbenden mit ausdruckslosen Gesichtern musterten. Unvermittelt begann Yahi zu singen. Dabei sprang er ungelenk von einem Bein aufs andere und wiegte den Oberkörper im Takt seines monotonen Gesangs, während er mit einem kleinen Stock ständig auf eine fellbespannte Handtrommel schlug.

Als Ria die Sterbelieder ihres Volkes vernahm, wurde ihr schlagartig bewusst, dass nun auch die heiligen Männer ihren Vater aufgegeben hatten. Schniefend zog sie die Nase hoch und wischte sich mit einer knappen Bewegung des Handrückens den Rotz mitsamt ihren Tränen aus dem Gesicht.

Mit einem verächtlichen Blick musterte sie den kahlköpfigen Priester, während ihre dunklen Augen voller Wut funkelten.

»Ihr und eure verdammten Trommeln, zusammen seid ihr so nützlich wie ein Haufen getrockneter Ziegenscheiße. Mein Vater stirbt und keiner aus eurer Kaste kann ihm helfen, weil ihr unfähig seid zu wissen, woran er stirbt. Ich frage mich so langsam, mit welcher Berechtigung ihr eigentlich in diesem Dorf weilt. Ihr lebt hier wie die Maden im Speck. Gebete herunterleiern und Trommeln schlagen kann ich auch, dafür brauche ich keine haarlosen Kuttenträger.«

Abrupt verstummte Yahis Sprechgesang und sein würdevoller Gesichtsausdruck verwandelte sich unvermittelt in eine wütende Fratze. Sein Kopf ruckte herum und die dunklen Augen begannen förmlich zu glühen, als er die junge Frau ärgerlich musterte.

»Wie kannst du es wagen, so über die Priesterschaft zu reden? Entnehme ich deinen Worten etwa, dass du nicht nur an unserer Kaste zweifelst, sondern auch an unserem Glauben und somit an den Göttern? Du weißt hoffentlich, was das bedeutet?«

»Das ist nicht wahr!«, schrie Ria und sprang mit einem Satz auf die Beine. »Ich zweifle weder an unserem Glauben noch an den Göttern, woran ich aber zweifle, ist an eurer Kaste. Ihre angebliche Heilkunst hat uns noch kein Stück weitergebracht, im Gegenteil, meinem Vater geht es immer schlechter. Hätte ich doch nur auf den Rat meiner Dienerschaft gehört und gleich eine Kräuterfrau um Hilfe gebeten, wer weiß, vielleicht würde mein Vater jetzt nicht im Sterben liegen.«

»Das ist Blasphemie!«, ereiferte sich der Priester, dessen Gesicht vor Wut allmählich immer dunkler wurde. »Du hast es nur deiner Herkunft und dem Umstand, dass dein Vater im Sterben liegt, zu verdanken, dass ich dich nicht augenblicklich vor den Hohepriester zerre. Aber wenn du nicht sofort mit diesen ketzerischen Reden aufhörst, werde ich Karok noch heute davon berichten. Und glaube mir, wenn er von diesen Worten erfahren sollte, wird er nicht davor zurückschrecken, auch königliches Blut fließen zu lassen.«

Bevor die junge Frau darauf etwas erwidern konnte, begann ihr Vater unvermittelt laut zu stöhnen. Zuckungen durchliefen seinen hageren Körper, während ihm rosafarbener Speichel aus den Mundwinkeln rann. Trotzdem drehte er den Kopf und blickte seine Tochter an. Seine glasigen Augen waren plötzlich klar, als er sie mit einer kraftlosen Bewegung heranwinkte. Mit einem Schritt war Ria bei ihrem Vater und nahm seine Hände in die ihren.

»Die Trommeln«, keuchte er mit leiser, schmerzerfüllter Stimme. »Hüte dich vor Karok und den Trommeln. Ich …«

Ein plötzlicher Hustenanfall ließ ihn verstummen und er spuckte blutigen Auswurf. Ria nahm ein Stück Leinen und wollte ihm den Mund abwischen, aber als sie ihren Vater damit berührte, erstarrte der alte Mann. Sein Körper wurde schlaff und das Leben in seinen Augen erlosch wie eine Kerze im Sommerwind.

Während sich Ria mit dem Oberkörper über ihren toten Vater warf, eilte der Priester aus dem Zimmer. Er drückte die Wachen, die ihm im Weg standen, zur Seite und lief davon. Dabei hatte er Mühe, sein schadenfrohes Grinsen zu unterdrücken. So schnell er konnte, rannte er mit weit ausgreifenden Schritten durch die halbdunklen Gassen des Dorfes, bis er Karoks Hütte erreicht hatte. Einen Moment lang blieb er unschlüssig vor dem Eingang stehen, dann strafften sich seine Schultern. Hastig riss er die hölzerne Tür auf und stürzte förmlich über die Schwelle in die Hütte des Hohepriesters hinein.

Sofort stieg ihm ein widerlich süßlicher Rauch in die Nase, der den ganzen Raum erfüllte.

Yahi blieb keuchend am Eingang stehen und wartete, bis er sich an den Rauch gewöhnt hatte. Während er sich dabei suchend umblickte, konnte er nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken.

Das Innere der Hütte bestand aus einem einzigen, großen Raum, der wie das Gebäude selber sehr lang und verhältnismäßig niedrig war. Der kargen Einrichtung nach zu urteilen, schien der Hohepriester im Gegensatz zu den feudal eingerichteten Tempelanlagen in seinen Privatgemächern keinen Wert auf Prunk oder Luxus zu legen. Es gab lediglich ein schmales Regal an der Nordseite mit allerlei Gefäßen und Tiegeln, eine kleine Sitzbank und ein Bett aus Palmenholz. In der Mitte der Hütte steckte ein hölzernes Gestell im Boden, von dem getrocknete Vogelbälge, Tierfelle und gebleichte Knochen hingen, und die Wände waren mit federgeschmückten Fetischen und Handtrommeln verziert, von denen Yahi wusste, dass die meisten von ihnen mit Menschenhaut bespannt waren. Ein paar schmale Teppiche am Boden, auf denen einfache Stickereien die Sonne und den Mond darstellten, vervollständigten das gesamte Inventar.

Als sich seine Augen an den wabernden Rauch gewöhnt hatten, trat er mit dem Absatz die Tür hinter sich ins Schloss. Erst jetzt vernahm er ein Stöhnen, wie es eindeutiger nicht hätte sein können, und danach Karoks wütende Stimme.

»Du Ausgeburt einer trächtigen Ziege, kannst du vorher nicht anklopfen?«

Als er den Kopf drehte und sein Blick auf das Schlaflager fiel, erkannte Yahi, dass er und der Hohepriester nicht allein in dem Raum waren.

Obwohl das Innere der Hütte nur von der Glut einer Feuerschale erhellt wurde, die neben dem Bett auf einem eisernen Dreibein ruhte, erkannte Yahi die Situation sofort. Ungläubig sah er mit an, wie sich Karok von einem dieser zerbrechlich wirkenden Lustknaben wälzte, die längst ein fester Bestandteil der Priesterkaste waren, und dabei keuchend sein erigiertes Glied aus dessen Anus zog. Mit seiner Anwesenheit war Karok offensichtlich die Lust auf eine Fortsetzung seines Liebesspiels vergangen. Während der Hohepriester aus dem Bett stieg und mit einem wütenden Murmeln seine auf dem Boden verstreuten Kleider einsammelte, legte sich der Junge wieder seinen Lendenschurz um. Dabei starrte er den Priester die ganze Zeit über herausfordernd an und wischte sich ständig mit einer lasziven Bewegung seiner Zunge über die schmalen Lippen.

»Geh jetzt«, sagte Karok, nachdem er sich wieder angezogen hatte.

Der Junge wandte sich mit einem Grinsen ab und schien es sichtlich zu genießen, als Karok seine Hand noch einmal über seinen eingeölten Körper gleiten ließ.

»Wir sehen uns dann nachher wieder.«

Als er den Raum verlassen hatte, atmete der Priester erleichtert auf. Die unübersehbaren Gesten des Jungen hatten inzwischen auch in ihm etwas ausgelöst, das ohne seine weit geschnittene Kutte deutlich zu sehen gewesen wäre. Alleine schon der Gedanke an die feuchte Zunge ließ seinen Schaft pulsieren.

»Was willst du?«

Die Stimme des Hohepriesters riss ihn jäh aus seinen schwülstigen Träumen. Karoks keifendes Organ ließ die Bilder von willigen Knaben und heißen Öffnungen so schnell vor seinem geistigen Auge verschwinden, wie ein Vogel im Flug seine Flügel bewegte.

»Er ist tot«, sagte der Priester ohne jegliche Regung.

Karok zuckte zusammen. Gier flackerte in seinen Augen auf, während sich seine Lippen zu einem lautlosen Lachen formten.

»Na also, dann ging es ja doch schneller, als ich gedacht hatte. Sind unsere Brüder bereits eingeweiht?«

Yahi schüttelte den Kopf.

»Noch nicht, ich dachte, dass der Hohepriester diese gute Nachricht als Erster erfahren sollte.«

»Das war ein kluger Gedanke von dir. Aber jetzt geh und rufe die Priesterschaft zusammen, es gibt noch viel zu tun, wenn wir ab morgen die Herrschaft über Makumba übernehmen wollen.«

»Das wird aber nicht so einfach sein.«

Karoks Augen verengten sich. »Was willst du damit sagen?«

»Der König ist zwar tot, aber seine Tochter lebt noch. Entweder zeigt das Gift, das wir ihnen unter das Essen gemischt haben, bei ihr keine Wirkung, oder aber, und das vermute ich eher, nimmt Ria keine Speisen zu sich, die aus der königlichen Küche stammen. Wie jeder weiß, ist die einzige Tochter des Königs beim Abendmahl mehr im Gesindehaus anzutreffen als im Palast. Sie ist nicht nur eine erbitterte Gegnerin unserer Kaste, sondern dazu noch beim Volk sehr beliebt. Sie könnte uns erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass die Sache so einfach sein wird.«

Unwillkürlich zuckten Karoks Lippen.

»Narr, weißt du eigentlich, was für uns alles auf dem Spiel steht? Du wirst doch wohl nicht glauben, dass ich mich jetzt noch von einer Fotze aufhalten lasse?«


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