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Felsenherz der Trapper – Teil 19.2

Felsenherz der Trapper
Selbst Erlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 19
Das Geheimnis des Zuni
Zweites Kapitel

Apachen auf der Büffeljagd

Felsenherz legte ihn auf seinen Fuchs, stieg in den Sattel und ritt, neben sich den Comanchen und den Knaben, im Schritt jener Schlucht zu, die die Auswanderer inzwischen schon erreicht hatten.

Als die beiden Westmänner und Edward mit dem bewusstlosen Zuni bei den Wagen angelangt waren, wurden ein paar Feuer angezündet, da man jetzt wusste, dass kaum irgendwelche feindlichen Rothäute in der Nähe waren.

Frau Smitson reichte aus einem der Wagen Verbandzeug heraus, und Chokariga erneuerte nun die Verbände, legte auf die Wunden zerquetschte heilkräftige Kräuter und mischte auch einen Trank, um das Wundfieber niederzuhalten.

Die Rettung des Zuni bildete dann an den Lagerfeuern der Reisenden das allgemeine Gesprächsthema. Selbst Felsenherz und der Comanche konnten sich nicht erklären, wer den Medizinmann in so grausamer Weise hatte töten wollen und wie dieser, da doch die Zuni weit nördlich an den Quellflüssen des Colorado ihre Dörfer hatten, so weit nach Süden mitten in das Gebiet der Apachen gelangt sein könnte.

Als der Zuni gegen elf Uhr abends erwachte, waren die Auswanderer bereits zur Ruhe gegangen. Die beiden Biberjäger und der alte Smitson hatten die erste Wache bis Mitternacht übernommen und patrouillierten vor dem Lager und vor der Schlucht auf und ab.

Felsenherz und der Schwarze Panther waren als Einzige noch an ihrem kleinen Feuer sitzen geblieben, neben dem sie dem Medizinmann ein weiches Moosbett hergerichtet hatten.

Der Zuni regte sich und schlug die Augen auf, die im Feuer eines heftigen Wundfiebers übergroß erglänzten.

»Wasser!«, stöhnte er. »Wasser!«

Felsenherz gab ihm zu trinken.

Eine Weile lag der Medizinmann still da und stierte zum düsteren, gewitterschweren Nachthimmel empor.

Dann verwirrte das Fieber seine Sinne, und in halben Sätzen begann er allerlei Erinnerungen an seine letzten grauenvollen Erlebnisse vor sich hin zu murmeln.

Schweigend und regungslos hörten die beiden Jäger zu.

»Bill Jeffries ist ein Verräter«, lispelte der Fiebernde mit verzerrtem Gesicht. »Ich schenkte ihm Vertrauen. Er wollte mit mir den Berg der Schlangen besuchen. Dann hat er zusammen mit seinem Freund Jonny mich niedergeschlagen, als ich mich weigerte, ihnen alles zu verraten. Sie haben mich gemartert, haben mich dann auf meinen Mustang gefesselt. Alle Blassgesichter sind Verräter. Wie die Kojoten hinter mir hertraben, wie sie heulen und an dem Mustang hochspringen. Jeffries soll sterben. Mein Messer wird ihn fressen …«

Dann schnellte er hoch, blickte wild um sich, starrte Felsenherz mit wutverzerrtem Gesicht an und röchelte: »Bill Jeffries, du bist ein Schurke! Stirb … stirb …!«

Er wollte den Trapper, den er mit seinem Feind verwechselte, packen.

Nur mit Mühe konnte Chokariga ihn auf das Mooslager zurückdrücken.

Das Fieber steigerte sich. Vergebens erneuerte der Comanche nochmals die Verbände. Gerade als die ersten krachenden Donnerschläge des nahenden Gewitters in vielfachem Echo in den Schluchten widerhallten, starb der Zuni. Wenige Sekunden, bevor er seinen Geist aufgab, kehrte ihm die klare Besinnung zurück.

Dankbar drückte er mit letzter Kraft dem blonden Trapper die Hand und flüsterte, nur für Felsenherz verständlich: »Der berühmte Jäger mag nach dem Berg der Schlangen am Rio Pecos reiten. Dort steht am Ostabhang eine uralte Eiche. Wenn Felsenherz sie erklettert, kann er …«

Dann verließen ihn seine Kräfte. Er konnte den begonnenen Satz nicht vollenden. So starb er, nachdem er seinem Retter sein Geheimnis nur halb anvertraut hatte.

Am Morgen begrub man ihn in der Schlucht in sitzender Stellung, das Gesicht nach Osten gewendet, schichtete einen Hügel von schweren Steinen um die Leiche auf und bedeckte den Hügel mit mehreren Felsplatten.

Nun setzte sich der Wagenzug wieder in Bewegung. Abermals ritten Felsenherz, der Comanche und Edward Smitson als Späher weit voraus.

Bisher hatten die beiden Westmänner über Guazavas Geheimnis noch nicht ihre Ansichten ausgetauscht.

Nun sagte Chokariga unvermittelt: »Wenn wir eine etwas nördlichere Richtung einschlagen, werden wir auf den Berg der Schlangen stoßen.«

Felsenherz, der soeben in weiter Ferne eine Büffelherde beobachtet hatte, die plötzlich im Galopp nach Osten davonjagte, fragte zerstreut: »Mein roter Bruder kennt den Berg der Schlangen?«

»Chokariga war zweimal dort. Es ist ein kahler Felskegel, steil und unzugänglich, mit zahlreichen Spalten und Rissen, kleinen Höhlen und Löchern. Es hausen dort ungezählte Klapperschlangen, die nur nachts in die Prärie hinabkriechen und den Wühlmäusen nachstellen. Die Apachen nennen den Berg anders: Pawa Katschi, heißen Berg, weil es dort auch drei heiße Quellen gibt, deren Wasser in den Pecos abfließt.«

Felsenherz hatte auf die letzten Worte kaum hingehört. Er riss seinen Fuchs zurück, rief gleichzeitig: »Schnell – hinab in das Tal! Apachen auf der Büffeljagd!«

Auch der Comanche bemerkte eine lange Kette dunkler, beweglicher Punkte drüben im Nordosten.

Es konnten nur Apachen sein, und da sie in einer so weit auseinandergezogenen Linie ritten, waren sie fraglos auf der Büffeljagd und suchten eine Herde zu einem bestimmten Punkt hinzudrängen.

Im Moment waren nun die beiden Westmänner und der Knabe in das nächste Tal hinabgesprengt, wo sie nicht gesehen werden konnten. Im Galopp jagten sie zu dem Wagenzug zurück, den John Box bereits ebenfalls in eine flache Mulde hineingelenkt hatte, da das Verhalten der beiden Jäger ihn irgendeine Gefahr hatte vorausahnen lassen.

Die Wagen wurden rasch zum Viereck zusammengeschoben, nachdem man die Deichseln herausgenommen hatte. In der Mitte der Wagenburg brachte man die Pferde unter.

Alles kam nun darauf an, dass die Apachen die Auswanderer nicht gewahr wurden. Um sie nach Möglichkeit von der Talmulde fernzuhalten, erboten Felsenherz und Chokariga sich, den Apachen im Bogen von Osten her entgegenzureiten. Sie durften dies im Vertrauen auf die Schnelligkeit ihrer Pferde getrost wagen, denn mit des blonden Trappers Fuchs und des Häuptlings Rappen nahm es kein Indianermustang auf.

Für alle Fälle vereinbarten die beiden Westmänner mit den Biberjägern noch ganz genau, wie die Auswanderer nachher ihren Weg fortsetzen sollten und wo man sich treffen wollte.

Dann bestiegen sie ihre Pferde und trabten nach kurzem Abschied nach Osten zu der Talmulde entlang, bogen in das nächste Tal ein, gelangten an ein paar kahle Hügel, die ihnen Deckung gegen Sicht boten, und verfolgten nun ein steiniges, ausgetrocknetes Flussbett, in dem sie ihren Tieren die ledernen Hufschuhe unterschnallten, um keine Fährten zurückzulassen.

Als sie nach einer Viertelstunde den Pferden diese ledernen Hüllen wieder abnahmen und nun in die offene Prärie hinausritten, war selbst von der Spitze des nächsten Hügels aus von den Apachen nichts mehr zu sehen.

Die Freunde mochten hier von der Wagenburg der Auswanderer etwa eine Meile entfernt sein. Da die Jagd sich vorhin offenbar in südöstlicher Richtung hingezogen hatte, konnte man kaum annehmen, dass die Rothäute auf die Nähe der Reisenden bereits aufmerksam geworden sein sollten.

Das Verschwinden der Apachen fand dann eine ebenso plötzliche wie überraschende Aufklärung.

Der von Norden kommende Wind trug den beiden Jägern mit einem Male den Knall mehrerer Schüsse zu.

Gleich darauf tauchten kaum zweitausend Meter vor ihnen zwei Reiter auf, die in voller Karriere den fernen Uferbergen des Rio Pecos zusprengten.

Felsenherz und der Schwarze Panther waren sofort aus dem Sattel geglitten, hatten ihre Pferde, die indianische Dressur besaßen, sich niederlegen lassen und warfen sich neben den Tieren in das hohe Gras, das sie völlig verbarg.

Dann erschienen auch die Apachen, gegen siebzig Krieger, die am besten Berittenen ein Stück voraus.

Die beiden Flüchtlinge waren Europäer und trugen die üblichen Lederanzüge der Fallensteller, hatten ihre Büchsen quer über den Sattel gelegt und saßen weit vorgebeugt im Sattel, um ihren fraglos schon recht ermüdeten Tieren die Last zu erleichtern.

Die Jagd zog sich unweit des Verstecks der Freunde nach Osten zu hin. Weder die Verfolgten noch die Verfolger ahnten, dass sie beobachtet wurden.

Jetzt verschwanden die Flüchtlinge hinter einer Anhöhe.

Die in blindem Eifer nachsetzenden Apachen sollten nur zu bald belehrt werden, dass sie es hier mit erfahrenen Savannenläufern zu tun hatten.

Plötzlich zwei Schüsse – abermals zwei Schüsse.

Die ersten vier Apachen sanken aus dem Sattel.

Die Verfolgten hatten kehrt gemacht, sich auf die Anhöhe geschlichen und die Rothäute mit Kugeln empfangen.

Die Apachen fluteten zurück, berieten sich kurz, teilten sich und umritten die Anhöhe.

Inzwischen hatten die beiden Fallensteller sich schon wieder auf ihre Pferde geworfen, waren weitergeritten und gewannen so einen Vorsprung, der ihnen vielleicht das Entrinnen ermöglicht hätte, wenn ihre Pferde frischer gewesen wären.

Mit ihren bereits stark abgehetzten Tieren konnten sie den Vorsprung jedoch nicht beibehalten.

Felsenherz, der sich halb aufgerichtet hatte, erkannt sehr bald, dass die Apachen den Flüchtlingen wieder näherrückten.

»Wir müssen hinter ihnen her«, sagte er hastig zu dem Comanchen. »Die beiden Männer sind verloren, wenn wir ihnen nicht Hilfe bringen.«

Der Häuptling erhob sich gleichfalls. »Mein weißer Bruder mag an den Medizinmann der Zunis denken«, meinte er. »Zwei Blassgesichter handelten wie Verräter an ihm, und der Berg der Schlangen ist in der Nähe.«

»Ah – Chokariga glaubt, die beiden Verfolgten könnten jener Jeffries und jener Jonny sein, von denen der Zuni in seinen Fieberfantasien sprach?«

»Der Schwarze Panther hat ihre Gesichter nur flüchtig gesehen. Es waren keine guten Gesichter. Wir werden die Männer trotzdem schützen und sie dann heimlich ausforschen.«

Er schwang sich in den Sattel. Auch Felsenherz sprang auf, und im Galopp ging es den Apachen nach.