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Die Fahrten und Abenteuer des kleinen Jacob Fingerlang 8

Die Fahrten und Abenteuer des kleinen Jacob Fingerlang
Ein Märchen von Gotthold Kurz
Nürnberg, bei Gottlieb Bäumler 1837

Achtes Kapitel

Wie Jacob sich verirrt hat und von einem Edelfräulein nach Hause getragen wird

Da lag der furchtbare Feind nun mit ausgestreckten Gliedern tot vor ihm. Er selbst aber sank auch, vom harten Kampf erschöpft, auf der Stelle, wo er war, in tiefen Schlaf, und es mochten mehrere Stunden vergangen sein, als er erwachte, und an den Rückweg dachte.

Allein wie sollte er diesen finden? Nach allen Seiten dehnte sich der unermessliche Halmenwald vor ihm aus, und die Sonne stand schon tief am Himmel! Er ging indessen auf geradewohl fort und wanderte lange, bis er endlich aus dem Dickicht heraus auf eine Wiese kam, die von den letzten Strahlen der Sonne vergoldet und von einem klaren Bächlein bewässert war. In einer Bucht desselben beschaute er sein Bild, mit Staub und Blut besudelt, und dies bewog ihn, das Wasser zu benutzen, um seine Kleider zu reinigen und sich durch ein frisches Bad zu erquicken. Dann setzte er seinen Weg am Ufer fort, in tiefen Gedanken, was jetzt mit ihm werden sollte. Denn trotz des erfochtenen glorreichen Sieges war seine Lage weder erfreulich noch gesichert! Die Sonne sank hinab, der Abendwind strich über die Fluren, die ferne Dorfglocke läutete dem Tag zur Ruhe. Schwirrende Käfer prallten unversehens an ihn an, dass er taumelte, Heuschrecken sprangen wie fliegende Drachen über ihn hinweg. In einem Engpass zwischen zwei Feldsteinen vertrat ihm sogar eine garstige Kröte, groß wie ein Ochse, den Weg. Ein jagender Igel trabte mit seinem Stachelpanzer gleich einem Rhinozeros an ihm vorüber. Mit welchen Gefahren drohte ihm die hereinbrechende Nacht, ihm, dem nicht nur alles, was wir groß, sondern auch, was wir klein zu nennen pflegen, gefährlich werden konnte, und der von einer Ratte nicht Minderes zu fürchten hatte, als wir von einem Wolf? Von Sorge getrieben, beflügelte er seine Schritte, um wieder zu Menschen zu kommen. Es währte lange, endlich hörte er einen anmutigen Gesang. Er kletterte auf einen Pfahl und erblickte von da aus zu seiner großen Freude nicht weit von sich ein liebliches Mädchen von etwa sechs Jahren, das singend hin und her hüpfte und Blumen pflückte. Dicht bei ihm im Gras gewahrte er auch ein Armkörbchen und vermutete, dass es das ihre sei. Er besann sich nicht lange. Flugs stieg er hinein und versteckte sich so gut es gehen mochte unter die aufgesammelten Blumen. Kaum war dies geschehen, so rief die Mutter, und die Kleine sprang herbei, nahm ihr Körbchen auf und ging dahin. So fühlte sich nun der kleine Schelm als blinder Passagier eine gute Weile sanft geschaukelt, fortgetragen und endlich emporgehoben. Erhörte den Verschlag einer Kutsche zuwerfen und diese fortrollen.

Nach einer Stunde hielt sie an, das Körbchen wurde wieder aufgenommen und in einem Zimmer beiseite gestellt. Als sich nun Jacob allein glaubte, öffnete er seine Zelle, machte sich, weil es schon dunkelte, und müde, wie er war, ein Lager auf den Blumen zurecht und schlief bald ein, unbesorgt, was weiter mit ihm geschehen werde. Marianne aber, so hieß das Kind, kam bald darauf mit einem Licht herbei, um die gesammelten Blumen in frisches Wasser zu setzen. Da fiel ihr erster Blick auf die schöne kleine Gestalt, die mitten im Korb lag und schlummerte.

Welch süßes Erstaunen! Sie traute ihren Augen kaum, sie wagte noch weniger, das holde Püppchen zu berühren. Sie nahm das Körbchen, wie es war, und ging damit zu ihren Eltern zurück.

Dort gab es gleiche Überraschung und Bewunderung. Man drängte sich herbei und konnte sich an den Anblick des niedlichen Schläfers nicht genug ergötzen. Endlich wurde über die vorläufige Versorgung des kleinen Findlings Rat gehalten und alsbald ein Bettchen aus dem Spielvorrat des Kindes herbeigeschafft und er selbst behutsam hineingehoben. Das glückliche Kind trug ihn dann leise wieder in ihr Zimmer, setzte ihn ganz dicht bei ihrem Bett nieder und legte sich zur Ruhe.