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Schwäbische Sagen 55

Schwäbische-Sagen

Bestrafter Meineid

1.

In der Gegend von Ilanz am Rhein in Graubünden geht die Sage: Ein Mann hatte einst Streit wegen eines Alpstückes und tat auf der Stelle den Schwur, dass er daselbst auf eigenem Grund und Boden stehe. Er hatte nämlich Erde aus seinem Garten in die Schuhe gestreut und gewann auf die Art das Grundstück. Dafür streckte er aber auch nach seinem Tod drei Finger zum Grabe heraus.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Waltensburg

Zwei Gemeinden stritten über ein Stück Alp. Da beschwor es endlich der älteste Mann der einen Gemeinde, der ein Kapuziner war, dass die Alp seiner Gemeinde zugehöre. Weil er aber falsch geschworen hatte, so soll er nach einigen plötzlich in die Erde gesunken sein; nach anderen wurde er in Stein verwandelt. Man zeigt noch jetzt einen Stein, der zwischen den beiden Dörfern liegt, mit der eingedrückten Fußspur des Mannes.


Das verwunschene Fräulein
Eine mündliche Überlieferung aus Bühl bei Tübingen

Der alte Mannus (Magnus) Seile aus Bühl diente in seiner Jugend bei einer Herrschaft im Sigmaringischen, in Bittelschieß, und mit ihm diente daselbst noch ein anderer Knecht. Dieser erzählte dem Mannus eines Tages, dass ihn schon zweimal auf dem Feld ein wunderschönes Fräulein besucht habe, das singe so lieblich wie die Engel im Himmel und verspreche ihm viel, wenn er es erlösen wolle. Er wisse gar nicht mehr, was er tun solle; Mannus möge ihm doch raten.

Mannus sprach: »Ich glaube, das ist göttlich. Du solltest einmal mit ihr gehen!«

Dazu war der Knecht denn auch entschlossen, und als das Fräulein zum dritten Mal wiederkam, so folgte er ihm. Da führte es ihn in eine Bergschlucht durch zwei Türen hindurch, die geöffnet waren; eine dritte Tür aber öffnete es selbst. Da stand vor seinen Augen alles, was nur Herr­liches und Schönes in der Welt gesehen werden konnte: Gold, Silber und Kostbarkeiten aller Art.

Darauf sprach das Fräulein zu ihm: »Sieh, dies alles ist dein, wenn du mich dreimal küssen willst. Ich werde dir in drei Gestalten erscheinen. So komme ich das erste Mal als Krott (Kröte), das zweite Mal als Frosch, das dritte Mal als feuriger Drache, und jedes Mal musst du mich küssen. Sei nur ohne Furcht! Vorher aber ist es nötig, dass du eine Generalbeichte ablegst.«

Da versprach der Knecht dies alles genau so zu tun und legte die Beichte auch wirklich ab.

Mittags um 12 Uhr hörte man die Jungfrau oft mit heller Stimme singen. Sie besuchte dann den Knecht, während er auf dem Acker war, und brachte ihm in silbernem Geschirr allerlei Gutes zu essen und zu trinken.

Wie sie dann zu der bestimmten Zeit ihm als Krott und darauf als Frosch erschien und sprach: »So komm ich !«, da küsste er sie jedes Mal. Wie sie aber in ihrer dritten Gestalt als feuriger Drache kam, da wurde es ihm Angst und Bange ums Herz und er vermochte sie nicht zu küssen, sondern lief davon.

Da rief sie jammervoll: »Jetzt bin ich ewig verloren!« Sie rannte ihm nach und lief nach Bittelschieß. Hier stürzte sie sich so heftig an die kleine Kirchentür, dass sie sich verwundete, wobei an die Tür einige Blutstropfen spritzten, die dort noch immer zu sehen sind und nicht verschwinden wollen.


Der Geist auf Andeck

1.

Auf dem Farrenberg bei dem alten Schloss Andeck, von dem nur wenige Spuren noch zu sehen sind, befindet sich eine Vertiefung, in welcher ein Geist bei großen Schätzen wachen soll. Einst ging ein armer Mann aus Thalheim hinauf, klagte dem Geist seine Not und bat ihn um Geld. Da fühlte er plötzlich sich gepackt und wurde so heftig gegen die Erde geworfen, dass er glaubte, er werde nie wieder aufstehen, und nahm sich vor, den Geist nicht wieder um Geld zu bitten.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Mössingen

Zu einer Frau in Mössingen kam ein Mann in der Kleidung eines reformierten Geistlichen mit weißem Kragen am Hals und sagte ihr, dass sie ihn erlösen könne. Sie solle auf den Farrenberg gehen zu der Ruine und dort den Pudel, der auf einer Geldkiste sitze, wegjagen. Sie müsse aber jedenfalls sterben. So kam er 14 Tage lang und wiederholte seine Bitte. Da starb die Frau aus Angst, ohne den Geist erlöst zu haben.

Andere haben diesen Geist in der Kleidung eines Maurers mit einem Schurz und lederner Mütze gesehen.


Der Brennnesselmann
Eine mündliche Überlieferung aus Endingen

Auf dem Hirschberg bei Balingen, da wo früher das alte Schloss gestanden hat, wächst an einer bestimmten Stelle alljährlich ein Brennnesselmann mit ausgestreckten Armen und Beinen. Man hat die Nesseln schon mehrmals ausgerottet; allein es wachsen dann jedes Mal Neue und bilden immer dieselbe Figur. Was an jener Stelle geschehen sein mag, weiß niemand mehr anzugeben.


Unverweste Leichen

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Balingen

Auf dem Balinger Kirchhof ist schon dreimal ein und derselbe Leichnam eines Mannes unverwest wieder ausgegraben worden. Er streckte drei Finger in die Höhe wie beim Schwören. Diese drei Finger aber waren schwarz und hatten lange Nägel. Man hat schon versucht, die Hand in eine andere Lage zu bringen und hat deshalb den Leichnam umgekehrt; allein er dreht sich immer wieder herum und hebt die drei Finger in die Höhe. Vor einigen Jahren hat man ihn zum dritten Mal begraben und zwar in einem Winkel, wo ihn weder Sonne noch Mond bescheinen kann. Übrigens spricht man nicht gern von dieser Geschichte.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Ehningen

Auf dem alten Ehninger Kirchhof hat man schon dreimal einen unverwesten Mann ausgegraben. Er hatte einen Bart, der wenigstens sechs Ellen lang war, und hielt einen Finger in die Höhe. Man vermutet, dass er einen falschen Eid geschworen hatte.