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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die verbannten Nachtigallen

Vom frischen Quell
Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel
Jung und Alt in neuer Fassung dargeboten von Rektor Jos. Schiffels
Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912
Zweites Bändchen

Die verbannten Nachtigallen

Das Kloster zu Himmerod wurde sehr reich. Der Reichtum schadete aber der klösterlichen Frömmigkeit und Strenge. Der heilige Bernhard kam selbst nach Himmerod, um die Mönche zur Umkehr zu bewegen. Predigten aber schienen erfolglos zu bleiben. Das schmerzte den frommen Gottesmann sehr. Er zog sich in die fernste Klosterzelle zurück und betete zu Gott um Erleuchtung und Hilfe. Es war ein schöner Maienabend, und süßer Duft drang durch das offene Fenster in die Zelle herein. Da begann eine Nachtigall in dem nahen Klostergarten ihr ergreifendes Lied, und bald tönte ein vielstimmiger Chor der nächtlichen Sängerinnen an sein Ohr. In Wonne versunken, vergaß er sich selbst. Er lauschte wie gebannt stundenlang den weichen, lockenden Melodien und überhörte das Vesperglöcklein. Der verführerische Zauber der herrlichen Weisen hatte sein Herz betört. Endlich weckte ihn der Chorgesang der Mönche aus seinen süßen Träumen. Da war es ihm klar, wer die Sinnesänderung der Brüder verschuldet hatte. Er stellte sich an das offene Fenster und beschwor mit ernsten Worten die verlockenden Sänger der Nacht, von dannen zu fliegen und fürderhin nicht mehr die Sinne der Mönche frevelnd zu berauschen. Erschreckt flogen sie davon bis über den Rhein nach Honnef, wo ein schattiger Wald ihre neue Heimat wurde. Dort singen die Nachtigallen noch heute, und ihre schmelzenden Lieder steigen vereint mit den Klängen der Glocken und den Gesängen der Nonnen aus dem nahen Inselkloster Nonnenwerth zum Preisen ihres Schöpfers gen Himmel.