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Hexengeschichten – Teufelsbuhlschaft

Ludwig Bechstein
Hexengeschichten
Halle, C. E. Pfeffer. 1854

Teufelsbuhlschaft
Nach einer ausführlichen gleichzeitigen handschriftlichen Berichterstattung im Hennebergischen Gesamtarchiv zu Meinigen

Es war am Vorabend des Festes Mariä Verkündigung im Jahre des Herrn 1533, als sich nach und nach die Schankstube des Rat- und Schlundhauses zu Schiltach im Schwabenland von Zechgästen leerte und der wohlbeleibte Schankwirt, zugleich Schultheiß des Städtleins, jedem scheidenden Gast eine ebenso geruhsame Nacht wünschte, wie er für sich selbst eine hoffte.

Das Städtchen Schiltach liegt in Baden, aber der württembergischen Grenze ganz nahe, im Landgericht Hornberg. Ein gleichnamiges Bergwasser fließt munter hindurch und seine Wellen der Kinzig zu.

Ehrn Vollrad, der Ratswirt, war seit kurzem Witwer und führte seine Wirtschaft mithilfe einer Dienstmagd, die hübsch, tüchtig und fleißig war. Bei dieser schlief, drüben über der Flur, das einzige Kind, ein Töchterchen von vier Jahren, welches des Wirtes verstorbene Frau diesem hinterlassen hatte. Sein eigenes Schlafgemach stieß dicht an die Wohn- und Schankstube.

Das Kind schlief bereits. Die junge Magd war noch auf, doch ziemlich schläfrig.

Draußen vor dem Rathaus stieß der Nachtwächter mächtig in das Horn, tutete die elfte Stunde an und sang mit grölender Stimme:

Christ, der du bist das Licht und Tag,
Die Finsternis der Nacht verjag!
Wir glauben dich des Lichtes Schein,
das du verkündet hast zu sein.
Wir bitten, Herr, dein heilig Güt’,
dass sie uns diese Nacht behüt’.
Sei uns Ruh in der Macht,
Verleih uns eine ruhige Nacht!
‘S hat elf geschlagen!
Lobet Gott den Herrn!

Durch die Nacht brauste der Frühlingswind. Es war um die Zeit des Äquinoktiums, ein Montagabend, der März. Große Tropfen schlugen an die Fenster und durch rasch ziehende schwarze Wolken warf der Mond oft einen gespenstigen Schein auf Häuser und Straßen. Bald hüllte sich alles wieder in tiefes Dunkel, schier unheimlich.

Vollrad nahm eine Ampel in die Hand und trat aus dem Zimmer, in die geräumige Hausflur leuchtend, die voll Tonnen stand , in der die Ratswaage hing, in der mehrere Säcke standen, eine Tracht Felle lag, darin sich auch einige Tische befanden nebst Bänken, an denen an Markttagen die Bauern zechten. Oben am dunkelbraun geräucherten, mit den zartesten Vorhängen, von Spinnen gewebt, verzierten Deckengetäfel hingen die neu vom Stadtrat angeschafften Feuereimer, an jedem das Wappen des Städtleins, drei rote Schildlein im silbernen Feld, sauber angemalt, eine wahre Pracht.

Vollrad warf einen Blick hinauf zu diesen Eimern und murmelte: »Gott behüte uns, dass wir euch nicht brauchen!« Dann sprach er zu der Magd: » Schließe das Haus, Kathrin, und lege dich schlafen!«

In diesem Augenblick erscholl eine Stimme: »Ja Maid! Lege dich, ich komme auch gleich und lege mich!«

Das Mädchen kreischte erschrocken laut auf, den Schultheiß durchfuhr ein Schauer, doch dachte er, es möge sich etwa ein loser Geselle hinter ein Fass versteckt haben und Possen treiben wollen oder Schlimmeres. Er leuchtete daher sorglich umher im ganzen Flur, fand und erblickte nichts, worauf er zornig ausrief: »Lieg am Galgen, wer du auch bist!« und der Köchin gebot: »Schließe deine Kammer wohl zu und lege dich nieder!«

Die Dienerin gehorchte diesem Befehl ohne Säumen, aber in demselben Augenblick rief dieselbe Stimme, die vorhin sich hatte hören lassen: »Ich werde schon den Riegel halten!«

Vollrad hörte indes, wie jene ihr Türschloss zuschnappte und von innen die Tür verriegelte. Er ging nun selbst zur Haustür und tat an dieser das nämliche. Er schnappte das mächtige, mit vieler Kunst gearbeitete Schloss ab und warf die zwei großen Riegel vor, dann ging er mit raschem Schritt in seine Bettkammer, denn es kam ihn ein Grausen und ein Gruseln an. Mit ungewohnter Schnelle entledigte er sich der Kleider, warf sich in das Bett, zog die Decke über sich, nachdem er sich bekreuzigt und gesegnet hatte, und betete sein Ave Maria und sein Vaterunser, in der Hoffnung, durch diese geistlichen Waffen geschützt zu sein und unangefochten zu bleiben.

Der Ratsherr, Stadtschultheiß und Ratswirt zu Schiltach, Ehrn Vollrad, sollte in dieser Nacht keine geruhsame Nacht haben. Zuerst konnte er nicht einschlafen, das war schon schlimm und ganz gegen seine Gewohnheit. Sodann ging die Tür, welche von der Flur in die Wohnstube führte, und welche Vollrad seines Wissens verriegelt hatte, auf und wieder zu. Hierauf ging auch die Kammertür, die ebenfalls in gleicher Weise verriegelt worden war, auf und wieder zu, und zwar nicht etwa nur einmal, sondern fortwährend, klipp – klapp – auf und zu – klipp – klapp – auf und zu, sodass es dem tapferen Schultheiß im Bett unerträglich und zumal auch unerträglich heiß vor Angst wurde, und fuhr heraus, rasch in die Kleider, schlug Funken in den Zunderkasten und entzündete eilig die Lampe, riss den über dem Bett hängenden Stoßdegen von der Wand und eröffnete gegen den unsichtbaren Feind einen Feldzug, wie weiland seine Ahnen, die sieben Schwaben, abenteuerlichen Andenkens, gegen den Seehasen, ungeheuerlichen Andenkens. Aber der Feind, gegen den der tapfere Stadtschultheiß seinen mitternächtlichen Feldzug begann, war leider ein viel Schlimmerer als der Seehase. Es war der böse Feind in höchsteigener Person oder mindestens ein Abgesandter desselben, der sein Kreditiv bald genug abgab. Der Stadtschultheiß führte einige Lufthiebe kreuz und quer, erst in der Bettkammer, dann in der Wohnstube.

Da plötzlich trommelte es und zum Trommelschlag scholl die Pickelpfeife, hell und deutlich, als nahe eine Söldnerschar – aber nicht draußen, sondern auf dem Ofen, der einen nicht geringen Teil der Stube einnahm und mit gar schönem Bildwerk auf den braun glasierten Kacheln verziert war. Kaiser Karl der Große mit dem Reichsapfel, König Saul mit dem Spieß, König David mit der Harfe, Frau Justitia mit Waage, Schwert und Binde waren an diesem Prachtexemplar eines Ofens zu erblicken. Ft!, zischte ein Schwerthieb Vollrads hinauf zum Gesims des Ofens, das aus aneinandergereihten geflügelten, pausbäckigen Engelköpfen gebildet war, und schlug einen Engelkopf entzwei.

Da rasselte es wie von zehn Trommelfellen unter dem Tisch. Bidi bum, bidi bum, bidi bumbumbum.

Ft!, ein Hieb unter den Tisch, dass sich die Klinge um das Bein bog, welches sie hart und tief getroffen hatte.

Rrrrrr! Tumderumdumdum, tumderumdumdum,  rasaunte es zu hellem Querpfeifenklang mit dem alten Fünfschlag der Trommler draußen in der Küche.

Zornvoll rannte der Stadtschultheiß hinaus, stellte die Lampe auf ein Fass in der Flur und wütete in die Küche hinein, wo er Krügen, Tellern, Kannen und Töpfen eine schreckliche Niederlage beibrachte. Das krachte und prasselte wie ein Platzregen von Scherben, aber zu gleicher Zeit erhob sich ein noch ärgeres Rasseln und Prasseln, mit dem lärmendsten Trommeln und Pfeifen gemischt, in der Esse. Es war gerade, als ob das wütende Heer hindurchziehe, und dann war es draußen auf dem Dach, das Kriegsgetümmel, und schreckte die Nachbarschaft aus dem Schlaf. Das währte so lange, bis die zwölfte Stunde sich schloss und der heilige Jungfrauentag anfing. Da verstummte plötzlich der Lärm, und der Nachtwächter trat wiederum auf den Markt, stieß ins Horn und sang, dass alle Hunde in der Nachbarschaft dazu laut aufheulten:

Dass nit ein schwerer Traum zufall’
noch uns begreif’ des Feindes Schall!
Dass nit das Fleisch verwillig ihm
und uns Schuldigen schaff dein’n Grimm!
Unser Augen der Schlaf begreif’,
dass Herz wach zu dir allzeit steif,
dein recht’ Hand will beschirmen Herr,
dein’ Diener, die dich lieben sehr!
‘S hat zwölfe geschlagen!
Lobet Gott den Herrn!

Mit Zittern und Zagen kroch der Stadtschultheiß wieder in seine Kissen, nachdem er nochmals die Türen zu Stube und Schlafkammer sorglich verriegelt hatte, und

blieb in dieser Nacht ferner unangefochten.

Spät und in Schweiß gebadet erwachte Ehrn Vollrad. Er hielt das gestern zur Nacht Erlebte für einen bösen Traum, dieweil er vielleicht ein Trünklein von dem vorjährigen nachbarlichen Seewein, der noch halb Most war, übern Durst getan hatte, und der sich sehr schön zu bauen verhieß. Der Kopf war ihm wüst und es lag ihm bleischwer in den Gliedern. Er enthob sich ächzend der Lagerstatt, stieß den Fensterladen auf. Das Glöcklein, das zur Frühmette des Marientages rief, bimmelte schon. Als er die Stube geöffnet hatte, erblickte er die junge Magd bereits im schmucken Anzug, und nur auf das Öffnen seiner Tür harrend, ihm das Morgensüpplein zu bringen.

Doch sah auch Kathrin etwas verstört aus und sprach gleich nach dem Morgengruß: »Schaut, Herr, in der Küche, da hat einer schöne Arbeit gemacht. Vier Apostelkrüge, auch der mit dem heiligen Gotteslamm sind zerschlagen. Zwei Schüsseln und fünf Teller, und noch dazu die schönsten, mit den bunten Bildern aus Wälschland, die Ihr erst vor Kurzen gekauft habt – dort liegen sie in Scherben. In meiner kupfernen Wasserbutte ist mitten durch das Bild der Verkündigung Mariä eine Scharte gehauen. Was soll das sein und bedeuten, Herr?«

»Maid! Der böse Feind, dein Buhle mag das wissen, ich nicht!«, entgegnete im Unmut der Ratswirt. »Hast du nichts gehört gestern Nacht?«

»Ich habe meinen Psalm gesprochen und meinen Segen, und habe nichts gehört – und Ihr dürft mich kein Teufelsbuhle schelten, Herr, dass Ihr es wisst!«

Ein leises Klopfen an der Rathaustür unterbrach dieses Gespräch, zugleich rief aus der Schlafstube Kathrins drüben über der Flur das erwachte Töchterlein des Wirtes nach der Pflegerin, und Kathrin eilte hinüber zum Kind, während Ehrn Vollrad die Haustür öffnete. Der Einlass Begehrende war der Ratsdiener Ulrich, eine alte Spießbürgergestalt, kurz, stämmig, ausgedient, bewehrt mit rostiger Wehr, welcher kam, nach Befehlen zum Wohle des Städtleins zu fragen.

»Ulrich, gehe doch sogleich zu den sämtlichen Beisitzern eines hochedlen Magistrates allhier zu Schiltach. Ich lasse die hochweisen Herren bitten, nach der Frühmette sich zu einer Sitzung bei mir einzufinden. Es ist eine Sache von Wichtigkeit, es darf keiner fehlen.«

Der Bote humpelte schlurfenden Ganges von dannen. »Ulrich!«, rief ihn die Stimme des Stadtschultheiß zurück. »Sobald du die Herren entboten hast, und sobald die Morgenkirche aus ist, gehst du hin zum Pfarrherrn Decius, ich lass ihn auch entbieten. Die Sache ist gar zu wichtig.«

Wieder wandte der Stadtbote den Schritt so eilend, wie ihm sein Alter und seine Säbelbeine erlaubten.

»Ulrich!«, scholl es abermals hinter ihm her. Etwas mürrisch schaute der Gerufene sich um und blieb stehen.

»Hierher!«, gebot Ehrn Vollrad. »Soll ich etwa, was ich zu befehlen habe, über den ganzen Markt schreien?«

Ulrich kam.

»Wenn du den Pfarrherrn entboten hast, so gehst du hinaus nach Schenkenzell zum Pfarrherrn Pater Ericus, meinem Gevattersmann, und richtest meinen schönsten Gruß aus. Er möchte seine Predigt heute kurzfassen, und gleich nach der Kirche herunter zu mir ins Rathaus kommen. Ich hätte ihm gar was Wichtiges mitzuteilen – bei einem Schöpplein vom Besten, das vergiss nicht, Ulrich. Sage ihm ja bei einem Schöpplein vom Besten, sonst kommt er nit, denn selbiger Pfaff ist ein Schlemmer.«

Ulrich enthumpelte abermals und murmelte etwas Unwirsches durch den Überrest seiner Zähne, worauf er sich in die Gassen des Städtleins verlor, die Siebener zu bescheiden, welche als Stadtälteste den Gemeinderat zu Schiltach bildeten.

Indessen waltete Ehrn Vollrad in seinem Haus mehr als Wirt denn als Oberhaupt, und doch auch wieder als solches vorsorgend und vorbereitend. Er schnitt in der Speisekammer einen Schinken und eine große Wurst ab, nahm gleich einen großen Laib Brot mit, trug alles in die Wohnstube, legte Messer und Gabeln auf den blank gescheuerten Eichentisch, stellte Salz und Pfeffer auf, und rief der Maid, sie möge zehn Becher bringen, worauf er sich mit einem Licht versah und aus der Tiefe des Ratskellers einen großen Steinkrug duftigen Weines ans Tageslicht beförderte.

Nach dieser Arbeit putzte sich der wackere Stadtschultheiß feiertäglich und empfing die Aufwartung seines lieblichen Töchterleins, das schon zum Kirchgang bereit und von Kathrin geschmückt war.

Jetzt kamen nacheinander die Geladenen, wurden begrüßt, und jeder wollte ernsthaft die breite Treppe hinauf zur Sitzungsstube des hochedlen Rates schreiten, allein jedem wurde in die Wohnstube gewinkt, und jeder gewahrte nicht ohne einige Freude, dass es auf eine Frühstückssitzung, nicht auf eine trockene Stadtratsitzung für heute gemünzt war.

Da saßen sie nun die edlen Herren im Festtagstaat, stattlich reichsbürgerlich angetan, jeder mit Barett und Pelzschaube, gepufftem Wams, gesticktem Koller, mancher um den Hals eine schwere goldene Kette oder doch ein Goldstück an schlichter Schnur, jeder die stattliche Wehr an der Seite, und jeder mit so wichtiger Amtsmiene, als gälte es, des Heiligen Römischen Reichs Wohlfahrt zu entscheiden oder mindestens einen Kaiser zu küren. Zumal ihrer sieben waren, die beliebte Schwabenzahl, kamen sie sich vor wie Kurfürsten.

Der Stattlichste, auch Klügste war Klas Mollner, Besitzer der Mühle an der Schiltach, ein Mann, nicht minder klug wie der Allgäuer mannlichen Andenkens und absonderlich herzhaft. Er war der Reichste und galt daher als Vorsitzender des Siebenerrates. Nach ihm folgte Märten Bäck, der Erste Bäcker des Städtleins, berühmt durch die Güte seiner Ware und seines Weines, denn er hielt eine Schankstube, durch die er dem Ratswirt manchen Abbruch tat. Es folgte Ehrn Asmann, Kauf- und Handelsherr, welcher in langen und kurzen Waren machte, was irgendeiner brauchte, vom Lebkuchen bis zur Zwiebel, vom Rechen bis zum Quirl, von der Zitrone bis zum Senfkorn, vom Hampelmann bis zum Stehaufmännchen aus Hollundermark, vom Stockfisch bis zur Sardelle, vom Schleier bis zum Facinettlein, von der Sense bis zum Federmesser, von der Ofengabel bis zur Stecknadel. War gar ein gewichtiger Mann, dabei fein und schlau. Groß und breit erschien der Dritte, Johann Rink, ein Brauherr und Schankwirt, Ehrn Vollrads, des Ratsbrauers und Ratsschankwirts ärgster Rivale im Geschäft, ernsthaft und gravitätisch. Ihm auf dem Fuß folgte Meister Cyrillus Birkhahn, des Städtleins wohlhabendster und kunstreicher Huf- und Waffenschmied. Nach diesem stolzierte Ehrn Hippenpfeifer, Obermeister der ehrsamen Metzgerzunft des Städtleins, in das Rathaus, ein Mann von stolzer und vornehmer Haltung, der sich in der Welt umgesehen hatte und als Wandergeselle bis nach München und Innsbruck gekommen war.

Den Abschluss machte ein Studierter, Doktor Praxedes Apollinaris Staubwedel, die größte Geistessonne von Schiltach, Erster Arzt und zugleich Apotheker, Ratsherr und zugleich Stadtschreiber, Chirurg und zugleich Bader, ein kundiges Alles in allem, Besitzer einer Badestube und Zwaganstalt, eines stattlichen Hauses und vieler Ländereien.

Als diese würdigen Männer nach gegenseitigen Begrüßungen und nach Rang und Stand Platz genommen hatten und dem Morgenimbiss auf die Nötigungen des Stadtschultheißen tapfer zusprachen, teilte ihnen dieser das seltsame Abenteuer der vergangenen Nacht mit. Diese Mitteilung wurde mit großem Erstaunen vernommen und schier unglaublich befunden.

»Möget Euch schön gefürchtet haben, Herr Stadtschultheiß! Mir wäre sotanes nicht begegnet!«, höhnte Mollner.

Märten Bäck sprach gar nichts zu dem bedenklichen Fall, er kaute.

Asmann schüttelte den Kopf zu wiederholten Malen und murmelte: »Ich meinesteils kann mir aus selbigem Kasus nichts zusammenaddieren, es geht über die vier Spezies hinaus.«

Johann Rink lächelte skoptisch vor sich hin, und stichelte: »Wie viel Maß habt Ihr denn gestern Abend zu Euch genommen, Herr Stadtschultheiß?«

Cyrillus Birkhahn schnitt ein Faunengesicht und witzelte: »Die Maid ist nicht übel, das gibt eine Eifersucht. Habt acht, es ist ein Spuk, der Fleisch und Beine hat!«

»Fleisch und Knochen, das sage ich auch«, sprach der Metzgermeister Hippenpfeifer, »ganz gewiss, ein paar Pfund junges Kalbfleisch mit Zulage.«

»Stimme nicht bei, stimme nicht bei«, näselte mit einer fistulierenden Stimme Doktor Staubwedel, der in der heiligen Taufe eigentlich die Namen Johann Adam erhalten, aber sich selbst Praxedes benamset hatte, um dadurch auf seine Praxis hinzudeuten, und Apollinaris, weil der heidnische Apollo der Gott der Ärzte und der edlen Heilkunst gewesen sei. Als einen Sohn und Jünger sotanen Gottes wollte Staubwedel sich betrachtet wissen, hatte auch seinen nicht eben vom Sonnen- und Poetengott abstammenden deutschen Namen Staubwedel in das Griechische verkehrt und nannte sich Doktor Konirhipis.

»Stimme nicht bei!«, wiederholte der Doktor mit wichtiger Miene: »Glaube vielmehr, dass hier ein Casus magicus, wo nicht diabolicus vorliegt. Möchte wohl ein Geplärr des leidigen Satans sein, dürfte etwa ein Hausteufel, Kobold oder sonstiges Teufelsspektrum seinen Sitz im hiesigen Rathaus suchen und Ärgernis zu geben, sich gemüßigt finden.«

Dieser Rede des Doktors folgte vonseiten seiner Zuhörer manches »hm, hm« – von dem nicht abzunehmen war, ob es Zustimmung oder Verneinung ausdrücken sollte.

Jetzt erschien auch Magister Decius, des Städtleins wohlbestallter Pfarrherr. Ehrfurchtsvoll öffnete ihm Ulrich, der sich in dem Hausflur von Kathrin mit einem Morgenimbiss vergnügen ließ, nachdem er seine sämtlichen Sendungen vollzogen hatte. Decius trat schmunzelnd in die Gesellschaft ein, worauf ihm sogleich alles Nötige zur Erquickung dargeboten und der absonderliche Fall vorgetragen wurde. Der Pfarrer erschrak fast sehr und ließ Messer und Gabel fallen. Er sprach nur das eine Wort: »Exorzismus!« Dann setzte er sein unterbrochenes Geschäft fort, und als er sich gehörig gestärkt und erquickt hatte, entsandte er Ulrich zum Messner, dass dieser mit Weihwasserkessel, Aspergillum und dem Messbuch, darin die Formeln des Exorzismus enthalten waren, sich ohne Säumen ebenfalls zur Stelle verfüge.

Unterdessen wurde der bedenkliche Fall noch reiflichst durchsprochen und erwogen, und nebenbei wurde auch die große Kanne, die voll Wein gewesen war, leer, sodass Ehrn Vollrad sich gemüßigt fand, nochmals hinab in den Kellerraum zu steigen und selbige frisch zu füllen.

Mit dem Messner von Schiltach traf an der Tür der Pfarrer Ericus von Schenkenzell zusammen, und beide traten gleichzeitig in das Rathaus.

»Nun, nun, nun, was soll es denn geben am lieben Feiertag?«, fragte Ericus, in der Flur den soeben die Treppe heraufsteigenden und keuchenden Ratswirt der Stadt. »Was habt Ihr denn so Wichtiges, Ehrn Vollrad?«

»Ach, Herr Pfarrer!«, ächzte Vollrad, »der Beelzebub, Gott sei bei uns, ist los! Kommt nur herein, Ihr werdet sogleich mehr davon hören!«

Pater Ericus trat ein, grüßte, wurde begrüßt, nahm seinen Sitz ein und vernahm den Handel oder vielmehr die Sache, um die es sich handelte. Er legte weniger Schreck an den Tag als der Pfarrer Decius, vielmehr ungemein viel Zuversicht, es mit allen Kobolden und Teufelsgespenstern aufzunehmen.

Der Messner an der Pfarrkirche zu Schiltach erschien jetzt mit allem, was ihm herbeizubringen anbefohlen war, und brachte auch das priesterliche Gewand mit, ohne welches der Pfarrer nicht wohl eine öffentliche Amtsverrichtung vornehmen konnte. Statt der Sakristei diente jetzt des Ratswirts Bettkammer, in welcher der Messner seinen Pfarrer mit der Alba, mit Stole, Cingulum und Humerale bekleidete, die Planeta ihm über- und den Manipulus ihm über den linken Vorderarm hing.

Nach diesen Vorbereitungen erhob sich die ganze Gesellschaft und trat, an der Spitze der Pfarrer Decius gefolgt von seinem Amtsbruder und dem Messner, dann die Herren des Rates in das Vorhaus, wo sie sich aufstellten.

Der Pfarrer schlug im Messbuch das Gebet gegen Anfechtungen auf, las Collecta, Secreta und Complenda. Dann begann er: Exorcisco te, creatura diabolica per deum † vivum, per deum † verum, per deum † sanctum – uw., schlug die Kreuze, tauchte den Wedel in das geweihte Nass, sprengte hierhin, sprengte dorthin – da ging es »wiswiswiswiswiswissumsumsumsumsumsumsumsum, ihm wispernd und sumsummend immer um den Kopf herum, bald an einem Ohr, bald am anderen. Das war dem Pfarrer sehr störend und er merkte wohl, mit wem er es zu tun habe. Er nahm daher zu einer stärkeren Bannformel seine Zuflucht und beschwor den Teufel bei der Kraft und dem Wort des allmächtigen Gottes, dass er sich laut redend solle vernehmen lassen: »Und sage mir, wer du bist, und welches dein Begehren ist, armer unseliger Geist, und womit dir kann geholfen werden durch Eli Sabaoth Kyrie Tetragrammaton.«

Dem Teufel mochte bei dem Worte Tetragrammaton sein, als werde er zermörselt, denn mit einem Mal brüllte eine Stimme überlaut: »Mordio! Mordio! Du Schandlästerpfaff«, dass alle Hörer sich entsetzten.

Der Pfarrer erzürnte sich über diesen unhöflichen Gruß äußerst und fragte mit aller Strenge: »Wer bist du, unsauberer Geist?«

»Der Teufel bin ich, und nicht um ein Härlein unsauberer wie du, Pfaff!«, scholl die schreckliche Antwort.

»Was tust du hier? Was suchst und was begehrst du?«, fragte im Amtseifer Magister Decius.

»Nichts tue ich hier! Es gefällt mir hier, darum bin ich da! Dem Schultheiß will ich das Haus überm Kopf anbrennen, das ist mein Begehr!«

Dem Schultheiß schlotterten die Knie; mit Entsetzen hörten alle diese Rede.

»Warum willst du solches tun?«, fragte standhaft der Pfarrer weiter.

»Weil der Schultheiß mir mein Maidlein vorenthält, meine liebste Buhle!«, scholl die Antwort.

»Wer ist diese deine liebste Buhle?«

»Die Maid im Haus, du Schandpfaff!«

Jeder männiglich entsetzte sich, denn die Köchin galt für eine unbescholtene und sittsame Jungfer, und nur diese konnte gemeint sein, denn des Wirtes Töchterlein war ja noch ein Kind.

Der Pfarrer gab jetzt seinem Teufelsexamen eine andere Wendung. Er dachte: Wer weiß, wenn dir wieder einmal ein Teufel Rede steht, zumal dir noch nie einer Rede gestanden, und begann den Teufel mit seltsamen Gewissensfragen zu behelligen.

»Kannst du auch beten, Teufel?«

»Wenn du mir es vorplapperst, Plapperpfaff, so kann ich es wohl nachplappern, kann dir auch was pfeifen!«

Jetzt begann der Pfarrer das heilige Vaterunser zu beten – und der Teufel sprach es tapfer nach, bis zu der Bitte: Vergib uns, wie wir vergeben – da pfiff der Teufel.

Dann mutete Magister Decius, einmal im Zuge, dem Teufel zu, auch ein Ave Maria und das Credo nachzusprechen. Der Teufel sprach auch in der Tat nach, aber wo es ihm nicht gefiel, nachzusprechen, da pfiff er und verhöhnte damit den Pfarrer, das Gebet und den Glauben zu gleicher Zeit.

Während dies im Rathausflur vorging, war durch des Stadtdieners Ulrich Zunge im Städtlein Schiltach ruchbar geworden, dass etwas ganz Außerordentliches sich im Rathaus begeben müsse, dieweil alle Siebener und zwei Pfarrer dorthin entboten seien, und sei doch niemand krank, müsse was Absonderliches auf sich haben. Es drängten sich Leute herein, die Tür blieb geöffnet, und bald stand es draußen Kopf an Kopf, dicht gedrängt, allerlei gaffendes Volk, ehrsame Spießbürger, alte und junge Weiber und die liebe Jugend in hellen Haufen.

Der Stadtschultheiß winkte Ulrich, die Tür zu schließen, allein dies ging schon nicht, die Leute wichen nicht und wankten nicht, sie hörten zu und standen mauerfest, Keil an Keil. Sie standen mit offenen Mäulern und hörten dem Teufel aufmerksamer zu als den Sermonen des Pfarrers in der Kirche.

Endlich fragte der Pfarrer Decius: »Sage Teufel, wie lange ist das Maidlein deine Buhle – und wer erlaubt dir das?«

Gleich kam die Antwort mit gellender und schmetternder Stimme: »Sage du Schandlästerpfaff, wie lange ist deine Köchin deine Buhle, und wer erlaubt dir das?« Rings erscholl Gelächter, und der Pfarrer Decius rannte zornrot in die Stube zurück, wollte nicht weiter dem losen, argen, tückischen Teufel fragen, nichts weiter mit ihm zu schaffen haben.

Da jedoch die Sache trotz all ihrer Grauslichkeit und Unheimlichkeit jetzt begonnen hatte, einen heiteren Charakter anzunehmen, so drängte es den herzhaften Müller, den Spaß fortzusetzen, und er warf die kecke Frage auf: »He Teufel, kannst du auch singen gleich einer Nachtigall?«

Gleich hob die unsichtbare Stimme an, sich singend und plärrend vernehmen zu lassen, dass sich schier jedermann wunderte. Der Teufel sang damals im Volk lebende Schlumperliedlein, wie:

Dass der Winter nit stät will sein,
Das klagen die Maidlein sehre usw.

und: Es ist das allerbösest Weib usw.
und: Ich weiß mir ein’ Frau Fischerin, Fischerin –
Wann sie fuhr über Meer;
Mit ihrem kleinen Schiffelein, Schiffelein,
Nach Fischen stand ihr Begehr usw.

und singend: Die Brünnlein die da fließen
Die soll man trinken.
Und der eine stäte Buhle hat …

sprechend: (vierzehn Jahre: wie der Pfarrer zu Schiltach.)
singend: Der soll ihr winken,
Ja winken mit den Augen,
Und treten auf den Fuß.
Es ist ein harter Orden …

sprechend: (Die Pfarrer von Schiltach und Schenkenzell sind nit in selbigem!)
singend: Harter Orden,
Der seinen Buhlen meiden muss.

So etwas war noch nicht erhört worden weder zu Schiltach, noch sonst wo – der Pfarrer von Schenkenzell lief seinem Konfrater nach in die Stube – und es währte gar nicht lange, so hatte jeder der Ratsherren seinen Teil an Schimpf und Spott empfangen, und wollte nichts mehr hören. Endlich schwieg auch der Poltergeist und das Volk verlief sich, und trug die Wundermär in alle Häuser des Städtleins.

Der Ratswirtund Stadtschultheiß war durch alle diese Vorgänge also sehr in Furcht und Schrecken gesetzt, dass er die Männer allzumal bat, teils über Mittag bei ihm zu speisen, teils wiederzukommen und die Nacht über bei ihm zu bleiben, denn allein wollte er um keinen Preis schlafen, gab auch sogleich Befehl, in seiner Schlafkammer für mehr Betten und frische Bettgewande zu sorgen. Es brachte jedoch die Mehrzahl der Ratsverwandten Entschuldigungen vor, diesen Wunsch Ehrn Vollrads nicht erfüllen zu können. Auch der Pfarrer des Städtleins gab vor, Abhaltung zu haben.

Der Köchin wurde bei ihrem Ab- und Zugehen von den Gästen manche anzügliche Frage zuteil, die ihr das Blut in die Wangen trieb, sie rot, aber auch ärgerlich machte. Sie gab den Fragern manche schnippische, aber auch manche kecke und trotzige Antwort zurück.

Beim Stadtschultheiß blieben zur Nacht bloß der Pfarrer Ericus von Schenkenzell, der tapfere Müller und Meister Cyrillus, der Waffenschmied. Ulrich, der Stadtknecht musste mit dem Spieß auf der Stufe der kurzen Steintreppe sitzen, die aus der Rathausflur zur Stube Ehrn Vollrads heraufführte.

Als zehn Uhr vorüber war, tutete wieder der Nachtwächter und sang gar schrecklich schön:

O Sünder, tracht’ mit Fleiß, wie dein Erlösung sei,
Ang’fangen nach der Speis’ und Hymnus Melodei.
Do Christus wollt den Preis selb b’halten, machen frei
 Den Menschen von Sathanas Gewalt.
 ’S hat zehn geschlagen!
 Lobet Gott den Herrn.

»Rücke zu, Mollner, ich will bei dir liegen!«, sprach plötzlich eine Stimme zu Clas, dem Müller.

»Lieg am Galgen!«, fuhr der herzhafte Müller grob heraus.

»Nein, bei dir will ich liegen!«, war die Antwort. »Will dich drücken, zwicken, ersticken!«

»Hoho! Wenn es Gottes Wille ist!«, rief der Müller mutig. »Komm her du Schalk, du Erzschalk, im Namen Gottes und der Heiligen Jungfrau! Liege zu mir!«

»Ich tue dir was aufs Maul, Mollner!«, rief die Teufelsstimme zornig aus, und es fuhr ein Stecken über die Köpfe der in ihren Betten ruhenden, der die Glatze des Schenkenzeller Pfarrherrn streifte, dass dieser Zetermordio schrie.

»Teufel, von wannen kommt dir die Macht, zu sprechen, zu singen und zu tückebolden? Und hast doch weder Fleisch noch Blut!«, fragte der Müller.

Da ging es »wiswiswiswiswiswis« vor dem Ohr des Müllers, und der Teufel wisperte ihm etwas zu und mit so eiskaltem Odem in das Ohr hinein, dass dem Müller ein Schauer, wie der Schauer des Todes vom Wirbel bis zur Zehe drang und er gänzlich verstummte, ein Kreuz schlug und alle Stoßseufzer betete, die er konnte und wusste und keine Frage wieder tat.

Und darauf blieb es still.

Nach einer Zeit sang wieder draußen der Nachtwächter:

Christ sprach: mein’ Seel’ betrübt das bittre Sterben mein
Das dann von eurer Lieb nahet und kommt herein,
 Sitzt hie bei diesem Ort Gethsemane gemein,
 Ich gang zu beten also bald.
 ’S hat eilf geschlagen!
 Lobet Gott den Herrn!

Kaum dass dieser Vers eines alten Passionsliedes verklungen war, und des Nachtwächters schlurfender Schritt sich in eine Straße verloren hatte, so vernahm man vom Hochhaus des Rathauses, das ist der Söller oder Balkon, daraus die Stadtpfeifer bei festlichen Tagen ihr Spiel erschallen ließen, ein lustiges Pfeifen und Trommeln, Soldatenmärsche und allerlei Weisen fort und fort, dass keiner im Rathaus ein Auge zutun konnte. Das währte so lange, bis der Wächter wieder auf den Markt kam und vor das Rathaus trat, und zu singen anhob – da verstummte plötzlich die Musik des Nachtvirtuosen. Der Wächter sang:

Mit ihm nahm er drei, Petrum, Jacob, Joan,
Drum er auch war erschien’n am Berg Tabor mit wan.
Stieg an Oelberg mit ihn’n, sprach: sitzt, wacht, bet’t voran,
Dass euch der Feind nit ganz verführ!
’S hat zwölf geschlagen!
Lobet Gott den Herrn!

Und von da an blieb es still.

Am anderen Tage aber war der Teufel wiederum los im Rathause zu Schiltach. Vom Hochhaus aus erneute sich das Geplärr, Getön und Gelärm, es war schier ein Spukwesen, wie Anno 1848, da das Volk zu Versammlungen zusammenrannte, um manchen Teufel schwatzen zu hören, und hinterdrein zu sehen, dass nichts dahinter. Immerfort Getümmel und Getrümmel und Pfeifen und Katzenmusik, ein Gratiskonzert zum Besten der Armen mit Reveille und Zapfenstreich, alles wie nach Noten und doch ohne Noten.

Die Männer des Rates standen jetzt auch außerhalb des Hauses und blickten mit der übrigen Menge hinauf nach dem Söller, von wo die Teufelsmusik erscholl, und war doch droben keine Seele sichtbar.

Da stieß Cyrillus den Müller an, und flüsterte: »Frag ihn doch, wie es beschaffen sei um die Lehre Lutheri

Diese Frage konnte im Jahr 1533, da Doktor Lutherus noch lebte und lehrte, in einem südländischen Schwarzwaldstädtlein, dahin Lutheri Lehre noch keineswegs gedrungen war, gar wohl aufgeworfen werden und von großer Wichtigkeit erscheinen; denn billigte sie der Teufel, so war sie vom Teufel, und verwarf sie der Teufel, so taugte sie erst recht, nach dem Sprichwort, dem Teufel nichts.

Nun hatte der beherzte Müller, so sehr er in voriger Nacht sich gegrauelt, doch seinen Mut trotz dem Allgäuer, am hellen Tage wieder gefunden, fürchtete sich selbst vor dem Teufel nicht und tat die verfängliche Frage mit lauter Stimme.

Alles wurde tief still und lauschte.

Plötzlich wetterte die Antwort vom Hochhaus herunter: »Ei, pfui dich an! Du lutherischer Schelm! Um diese Lehre ist es also beschaffen, dass Schelme wie du einer bist, vermeinen, sie dürften in der Fasten Fleisch essen, wie du in der ersten Fastenwoche am Cinertag (Aschermittwoch) zu Basel getan hast!«

Clas Mollner stand wie vom Donner gerührt. Aller Blicke richteten sich zornig und vorwurfsvoll auf ihn.

»Ist’s wahr? Tatet Ihr das? Ei, das ist ja fein und löblich!«, wurden Stimmen laut, und es hoben sich Fäuste in bedrohlicher Weise.

»Ja, ich tat’s!«, bekannte der Müller frei und wandte sich zum Heimgehen. »Aber ich tu’s nimmer wieder. Und der Teufel mag den Teufel wieder fragen!«

Kaum war Clas Mollner durch das Volksgedränge entwichen, als es dem Pfarrer von Schenkenzell, der sich bisher ganz schweigsam verhalten hatte, doch auch drängte, mit dem Teufel anzubinden. Gedachte an ihm sein Mütlein zu kühlen und ihn in die Enge zu treiben, hatte sich im Stillen schon mehrere verfängliche Fragen ausgesonnen, und rief zum Söller hinauf: »Teufel, was schenkst du deiner Buhlschaft?«

Plärrend scholl die Antwort herunter: »Schalksnarr, Schandpfaff, was fragst du mich? Hast du doch in Schenkenzell der Buhlschaften sieben um dein Haus herum; die Metzen Greth, die Kättners Lies’, die Trutschels Vronel, die Bäcken-Ev’, die Kärbles Kätter, die Trachtlers Annsibyll’, die Schulzen Mareibärbele! Was schenkst du diesen, Lästerpfaff?«

Ein überlautes Hallound Gelächter flog über den Markt, der Pfarrer Ericus aber war wie von Eiswasser übergossen, und ehe sich einer umsah, war er vom Markt hinweg und wurde nicht mehr gesehen zu Schiltach.

Darauf hat der Teufel noch eine lange Weile oben fort geplärrt und geplappert, allerlei tolles, wunderseltsames Zeug durcheinander, dass den Zuhörern endlich die Haare zu Berge stiegen und die Haut schauderte, und sie mählich ein großes Grausen ankam, und auf alle eine Angst fiel und ein unerklärliches Bangen.

Der Stadtschultheiß aber eilte auch in das Rathaus zurück und sprach zu seiner Köchin: »Jetzt trollst du dich also bald aus dem Haus, du Teufelsbuhlschaft, die den ganzen schnöden Spuk uns zuwege bringt, der die besten Männer schändet. Hebe dich alsobald von dannen, oder der Ulrich soll dir die Wege weisen!«

Da hob die Dirne an, laut zu heulen und zu schreien, und schalt tapfer wieder, wo sie gescholten wurde, ganz dem Christentum entgegen: »Dass Euch Gottes Marter schände, dass Euch Sankt Veits Tanz anstoße, darum, dass Ihr mich eine Teufelsbuhle scheltet! Froh sein will ich, aus Eurer Teufelswirtschaft fortzukommen, und die Leute sollen von Euch erfahren, mehr als Euch lieb ist, darauf verlasst Euch! Ich habe noch ein Heim, wer weiß wie lange Ihr noch ein Heim habt! Und wenn ich eine Teufelsbuhle sein soll, so soll’s Euch der Teufel gedenken, dass ich eine bin, und Ihr sollt an mich denken, Ihr schandbarer Mann!«

Unter diesen schier schrecklichen Reden, vor denen der Stadtschultheiß ganz erstarrte und sprachlos stand, denn so hatte noch kein Mensch auf der Welt zu ihm zu sprechen gewagt, hatte die Magd drüben in ihrer Kammer in Hast und unter Heulen das Nötigste ihrer Fahrnis in ein Tuch gebunden, trat damit wieder heraus, sprach zu Ulrich: »Leb’ wohl, alte Eule, alter Schubut, und lass nur meine Lade heint noch nachfahren gen Oberndorf, allwo ich daheim bin, und lass dir von dem alten Schalk und Talk meinen Lohn zahlen, und schick’ ihn mir eben auch mit!«

Und damit ging die Maid festen und kecken Schrittes, das Gesicht rot und von Tränen überströmt, zum Rathaus hinaus, durch die Menge.

Scheu wichen vor ihr die Leute alle zur Seite, gaben ihr willig Raum – fürchteten, von ihrem Rock berührt zu werden, schauten ihr befangen und mit Bangen nach.

Die Maid schritt zum Städtlein hinaus und wandelte gleich einen Fußpfad hinan, der nach Hinter-Auhalden führt, und droben blieb sie stehen.

Sie drehte sich, sie wandte sich, sie streckte den Arm aus gegen das Städtlein, sie schien jetzt ein riesengroßes Weib zu sein.

Und siehe neben ihr wurde erblickt die Gestalt eines großen, langen, hageren Mannes, dunkelfarbig, sodass nichts von ihm erkennbar war, und dann verschwand dieser Mann mit ihr hinter der Höhe.

Der Köchin Weg führte von Auhalden über Waldnössingen zu dem schwäbischen Städtlein Oberndorf, am Neckar, im Schwarzwaldkreis gelegen, schier so groß wie Schiltach, und etwa drei Stunden weit davon. Von dem Augenblick an, in welchem die Maid aus dem Rathaus zu Schiltach geschritten war, blieb es still auf dem Rathaus, erfolgte auf keine Frage mehr eine Antwort. Der Teufel schien hinweggeschwunden, war zuletzt gar der lange dunkle Mann auf der Berghöhe überm Städtlein gewesen und hatte seiner liebsten Buhle das Geleit gegeben.

Niemand war mehr froh als der Stadtschultheiß und Ratswirth zu Schiltach, Ehrn Vollrad, als er den Teufel und Letzterer nicht mehr bei ihm los war. Er feierte noch selben Abend den Abzug des höllischen Trommlers und Kilbepfeifers, nachdem er andere Bedienung angenommen hatte, mit einem guten Essen nebst dito Trinken, und es war in der Tat zu bedauern, dass weder der Pfarrer zu Schiltach noch jener von Schenkenzell, noch auch der beherzte Clas Mollner daran Anteil nahmen. Es kamen ruhige Tage, alles ging seinen gewohnten Gang. Die Teufelei, welche im ganzen Kinziger und Schwarzwaldkreis ungemein viel Redens verursacht hatte, wurde allgemach weniger besprochen, und so waren vierzehn Tage vergangen, und der Gründonnerstag herbeigekommen, an welchem gewöhnlich viele Landleute aus den nachbarlichen Waldorten herab nach Schiltach kamen, dort dem Gottesdienst beiwohnten, beichteten, und in Ehren nach der Kirche in öffentlichen Häusern sich auch mit Trank und Speise erquickten, absonderlich im Schlundhaus, wo an solchen Tagen in der Flur eine Bäckerin mit frischen Wecken und Hörnlein feil hielt, auch mit Bretzeln und Mürbem, welches gut schmeckt zum Malvasier, ja selbst zum Seewein.

Es fiel dieser Gründonnerstag im Jahre 1533 auf den 10. April. Ehrn Vollrad war mit seinem Töchterlein auch in der Kirche gewesen,und geruhig heimgekehrt. Ihm auf dem Fuße folgten viele Gäste, und er versah sich nichts Argem. Da – wie er in den Flur trat, hörte er oben an der Decke ein klappendes Geräusch und sah, wie die neuen Feuereimer aneinander anschlugen, als bewege sie ein Sturmwind, und hörte es droben fellrasseln: Rrrrrrr – dumderumdum dumdum! dumderumdum! –

Zum Tode erschrak Ehrn Vollrad. Da war er wieder, der höllische Regimentstambur und Querpfeifer in einer Person von seiner Majestät, Luzifers Leibgarde – da war er, und wie es den Anschein hatte, weit minder bei Laune, wie vor vierzehn Tagen. Vielmehr schien des Polterteufels zuvor wahrgenommener heiterer und schalkhafter Humor, obschon Letzterer etwas stark mit Lauge und dem Schwefel der Unsauberkeit gewürzt gewesen, gänzlich von ihm gewichen und zeigte heute eine Miene voll bösen Ernstes; denn er pfiff wie der Sturmwind und schlug Generalmarsch mit dem Geroll des Donners.

»Teufel, was willst du wieder?«, rief mit zornerstickter Stimme der Stadtschultheiß zum Gebälk hinauf.

»Dich abbrennen will ich, samt dem ganzen Nest!«, brüllte eine Donnerstimme. »Dieweil du meine liebste Buhle aus dem Hause getrieben hast! Packe ein, packe auch ein, und hebe dich so eilend von dannen, wie mein Maidlein sich hat von dannen heben müssen!«

Und nach diesen Worten ging ein Brausen und Sausen los, wie ein Seesturm, dass alles zusammenlief, einige aus dem Haus, andere in das Haus. Alles wollte den Spuk hören. Die Bänke füllten sich mit Zechgästen, es war nach Wecken und Hörnlein, nach Mürbem, als auch nach Malvasier und Seewein starke Nachfrage und viel Begehr.

Mit einmal erscholl eine schreckliche Stimme: »He – Ihr Männer und Leute aus den Tälern von Kirnbach und Lauterbach, von Moswald und Mariazell und wo ihr sonst herkommt – seid verwarnt! Hebet euch auf und sputet euch, denn lange werdet ihr nicht mehr zechen! Ehe denn eine Stunde vergeht, wird hier nicht mehr sein weder Tisch noch Bank, weder Schank noch Trank, weder Weck noch Wein, weder Wurst noch Durst! Danach achtet euch!«

Aber die Leute achteten nicht darauf und fürchteten sich nicht. Sie hatten gebeichtet, waren entsündigt und hatten den heiligen Leib des Heilandes empfangen – was konnte ihnen der Teufel tun und anhaben? Nichts, und wenn er noch so sehr plärrte und noch so wild sich stellte.

Ebenso der Wirt; er half die Gäste bedienen und nahm sich vor, sich den Teufel nichts um den Teufel zu bekümmern, denn sein Gewissen war rein, und auch ihn konnte jener so eigentlich nichts anhaben.

Da sah er zufällig, und auch mehrere Zechgäste gewahrten es, und nach und nach alle, dass die Leute draußen auf dem Markt stehen blieben, zusammentraten und hinauf zum Schlossberg deuteten, hinter dem eine seltsame, schwefelgelb gefärbte Wolke aufstieg. Und auf dieser hellen Wolke schnitten sich vier dunkle Gestalten ab, und zwar die eines langen hageren Mannes und dreier Weiber. Obwohl die Entfernung vom Marktplatz zu Schiltach bis hinauf zum Schlossberggipfel keine ganz geringe war, so glaubten einige doch, die Weibspersonen zu kennen.

Es wurden Stimmen laut, welche riefen: »Kathrin, die Ratswirtsköchin!«

»Marlies, die Pfarrköchin!«

»Metzen-Greth, die Pfarrköchin von Schenkenzell!«

Jetzt gaben die vier droben sich einander die Hände und begannen einen Ringelreigen zu drehen, und immer höher stieg die schwefelgelbe Wolke.

Und des Volkes, das zusammenlief und gaffte und einander zu schrie, die Gestalt des Teufels lasse sich sehen droben auf dem Schlossberge, wurde mehr und mehr.

Da zuckte es wie ein jäher Blitz in der Wolke, und die vier Tänzer waren hinweg.

Und jetzt wandte sich das Volk um und schaute zum Rathaus, und noch einmal zuckte es flammend über den Markt, aber gar nicht wie ein rechter Blitz. Auch folgte kein Donner – aber eine Rauchwolke wälzte sich schwarz hinter dem Rathausdach empor, vom Hintergebäude, worauf des Stadtschultheißen Heuboden war. Es züngelten Flammen hinein, und der Ruf erscholl von hundert Stimmen: »Feuer! Feuer! Feuerio!«

Der Wächter stieß ins Lärmhorn und die Glocken läuteten Sturm, die Männer drängten ins Rathau und langten zum ersten Mal die neuen Feuereimer herunter. Andere liefen zu den Leitern, zu den Haken, aber schneller als alle lief das Feuer. Das schlug lichterloh empor und spottete des Wassers. In ganzen Ballen rollte es vom Rathausdach auf die Nachbardächer. Bald erhob sich heulend der Sturm und fachte die Lohe und gab ihr Flügel. Mit Windsbrautschnelle flog sie von Haus zu Haus rings um den Markt. Bald waren Feuereimer und Spritzen nicht mehr brauchbar, denn die Flamme zündete hier, zündete dort auf den Schindeldächern des Schwarzwaldstädtleins und ließ sich nicht Einhalt tun. Ehe eine Stunde verging, waren das Rathaus und sechsundzwanzig andere Häuser niedergebrannt bis fast zum Grund, die Schönsten des Ortes, rings um den ganzen Markt. Die schwarzen Feuermauern starrten nur noch empor. Gar wenig hatte aus den brennenden Häusern gerettet werden können, denn allzu schnell war das Flugfeuer gewesen. Es war nun ein großer gewaltiger Jammer in dem ohnehin armen Städtlein, dessen Herz ausgebrannt und zu Staub und Asche verkohlt war.

Menschenleben war nicht dabei verloren gegangen, aber vieler Menschen Hab und Gut, die dadurch gänzlich verarmten, denn damals gab es noch keine Brandversicherungsanstalten. Es stand den Abgebrannten nur frei, nach der Zeitsitte unter dem Namen der »armen verbrannten Leute« mit vom Magistrat ausgestellten und besiegelten Brand- und Bettelbriefen durchs Land zu fahren und von der Hand der Milde, wo diese sich auftun mochte, Gaben zu erheischen zum Wiederaufbau ihrer eingeäscherten Häuser.

Schrecklich war das Unglück, und aller Zorn wandte sich gegen das Werkzeug des Teufels, seine liebste Buhle, denn dass diese und niemand anderes, des Brandes Ursache, dieser Glaube stand baumfest.

Als daher nach Beseitigung des Notwendigsten und Dringendsten zur Linderung des Elendes des gänzlich hilflos gewordenen Teiles der abgebrannten Einwohner Schiltachs der Stadtrat in einem verschont gebliebenen Haus unter dem Vorsitz des tief bekümmerten und hart geschädigten Schultheißen seine erste Sitzung hielt, wurde ein Schreiben entworfen an den großgünstigen, wohlachtbaren, ehrsamen und fürsichtigen, freundnachbarlichen Rat des Städtleins Oberndorf und demselben darin der ausführliche Bericht des erlittenen Unglücks mitgeteilt sowie derselbe auch nach der Hand noch an andere Städte und Städtlein, nicht minder an die Grafen von Württemberg und Baden und andere im deutschen Reich mitgeteilt wurde. Absonderlich aber ward jene Oberndorfer Maid der Teufelsbuhlschaft im ersten Bericht ausdrücklich bezüchtigt. Da griff der Rat zu Oberndorf zu und ließ die Maid gefangen nehmen. Natürlich leugnete sie rundweg jedes Einverständnis mit dem bösen Feind. Aber da schritt der Rat zur scharfen Frage. Sotane Frage pflegte stets dem Gedächtnis auf eine furchtbare Weise zu Hilfe zu kommen.

Die arme Kathrine wurde viel, viel mehr gefragt, als sie wusste, denn eigentlich wusste sie über das, was sie gefragt wurde, gar nichts, aber was man haben wollte, das sie wissen sollte, das lehrte ihr die scharfe Frage. Die legte ihr Antworten und Aussagen in den Mund zum Haarsträuben.

Als sie geschnürt worden war, die Haarseile ihr die Handgelenke wundgerieben hatten, und die Daumenschrauben ihr das Blut unter den Fingernägeln hervorgepresst hatten, als sie auf die Leiter gespannt worden, der gespickte Hase ihr nach dem Henkerrecht dreimal über den Rücken hinauf und hinabgelaufen war, als die Züge sie so gedehnt und gereckt hatten, dass sie fast selbst in den letzten Zügen lag, da hatte man ein ganz vollständiges Bekenntnis von der vormaligen Ratswirtsköchin zu Schiltach, das lautete in kurzer Aufeinanderfolge so: »Ja, ich bin eine Teufelsbuhle, ja ich habe dem Herrn Christum verschworen und mich dem Satan verlobt. Ja, ich habe des Öfteren des Teufels Besuche angenommen, ich habe aber niemand was zuleide tun wollen. Darum ist der böse Feind mir feind worden und hat mir das Unglück angerichtet. Von Oberndorf war ich zu Rottweil auf Besuch bei einer Muhme, dort bin ich am Gründonnerstag früh in die Kirche gegangen, habe aber nicht gebeichtet, darauf nach der Kirche habe ich ein Morgensüpplein gegessen, darauf habe ich mich auf eine Ofengabel gesetzt, weil mein Buhle mir das so befohlen hatte, und bin unsichtbar durch die Lüfte gen Schiltach gefahren, und zwar in meines vormaligen Herrn, des Schultheißen Haus, zu oberst auf den Heuboden. Dort habe ich mit meinem Buhlen und den zwei Pfarrköchinnen von Schiltach und Schenkenzell, die auch des Teufels liebste Buhlen sind, gezecht und haben als wohl oder bös denn die anderen Gäste drunten im Haus gelebt, haben Malvasier getrunken und Wecken hineingebrockt. Da nun unsere Zeche zu Ende war und die Kirche dann aus, so brachte der Teufel uns dreien einen Topf oder Hafen, stellte den vor uns hin und sprach: ›Wenn ich hinauf aufs Dach fahre, so stürzt den Hafen um, und hebt euch flugs von dannen, und wenn ihr droben am Schloss vorbei kommt, so tut euch nieder, da werdet ihr mich finden, und da schaut euch um, was alsdann geschehen wird.‹ Darauf fuhr der Teufel erst hinab in den Hausflur und schreckte den Wirt mit Gelärm und Gepolter, und warnte die Gäste, dass wir seine Stimme droben auf dem Boden hörten. Bald darauf fuhr er herauf gar schrecklich und hinaus aufs Dach, und stürzten wir drei den Hafen um und fuhren auf unsern Gabeln von dannen, taten uns nieder, wie uns von unserem Buhlen geboten war, und wurden sichtbar. Da winkte er, dass wir einander die Hände gaben, und gab auch uns die Hände. Da tanzten wir, und wie wir uns im Tanz so wandten, dass wir herab nach Schiltach sahen, da gewahrten wir aus dem Dach des Heubodens Rauch und Flammen schlagen – da fuhren wir von dannen in eine gelbe Wolke hinein und verschwanden. Ich kam wieder nach Oberndorf und bin abends wieder in die Vesper gegangen.«

Auf solches Bekenntnis wurden die beiden Pfarrköchinnen zu Schiltach und Schenkenzell auch alsbald eingezogen, welches ihren Herren sehr störend war und wurden nun auch erst in der Güte, dann ebenfalls scharf befragt, und zwar so lange, bis ihre Aussagen mit denen jener Kathrine genau übereinstimmten. Dann wurden sie auf ihre Bekenntnisse hin als Teufelsbuhlen alle drei zum Scheiterhaufen verurteilt und auf selbigem lebendig verbrannt. Von Rechtswegen. Schade, dass aus ihrer Asche die eingeäscherten Häuser von Schiltach nicht wieder aufgebaut werden konnten.

Hernachmals ist der abgebrannte Teil von Schiltach doch allmählich wieder aufgebaut worden, auch das Rathaus schöner denn zuvor, und ist das Städtlein zu merklichen Flor gekommen. Die Geschichte aber kam weit und breit in der Welt herum und hat sogar der hochgelehrte Erasmus Roterodamus ihrer gedacht, indem er in einem Brief an Damian von Goes davon Meldung tat, doch hat er es anderen nachgeschrieben. Ebenso dürftig wird auch in Remigii Dämonolatria (Hamburg 1693) S. 126 und 127 die Geschichte erzählt, daraus sie in die deutschen Sagen der Gebrüder Grimm 1. S. 282 und 283 übergegangen, wo aber Schiltach irrig ein Städtlein im Schweizerland genannt ist.

An das neue Rathaus ließ der Stadtrat nach einem Beschluss ein Wahrzeichen als Gedenktafel mit einer kurzen kernigen Inschrift anbringen, welches zu deutsch lautete: Am zehnten April 1533 hat der Teufel dieses Städtlein abgebrannt, und so aussah:

IV IDVS APRILIS CONFLAGRAVIT

OPPIDVM DIABOLVS.

MDXXXIII.