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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 8. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegel kriecht in einen großen Bienenkorb, schläft darin ein und wird von den Dieben weggetragen.

s begab sich einmal, dass Eulenspiegel mit seiner alten Mutter auf ein Dorf zum Kirmesfest geladen wurde. Dies war für Eulenspiegel etwas Erwünschtes. Er ließ sich’s wohlschmecken und konnte als junger Mensch die Kehle tüchtig spülen. Als er nun gänzlich berauscht war, ging er taumelnd in den Hof, um sich in ein Eckchen zu setzen und auszuschlafen. Hier kam er zu einem Haufen großer Bienenkörbe, welche leer waren, und in einen derselben kroch Eulenspiegel hinein. (Es ist zu bemerken, dass man in jener Zeit noch nicht die jetzige Einrichtung mit den Bienenkörben hatte, sondern sie waren ungemein groß.) Als er nun hier eingeschlafen war, kamen in der stockfinsteren Nacht zwei Diebe, um einen Bienenkorb zu stehlen. Die Diebe beredeten sich untereinander, welcher wohl der Beste sein möchte, und einer sprach zum anderen: Der am schwersten ist, der ist am
besten, und so erwischten sie den, worin Eulenspiegel schlief. Diesen nahmen sie, setzten ihn auf ihre Trage und gingen schnell damit weg. Indem sie nun fortgingen, erwachte Eulenspiegel. Er fühlte, dass er getragen wurde, hob den oberen Teil des Korbes etwas auf, der einem aufgelegten Deckel glich, bemerkte, dass es stockfinster war, und hörte seine Träger leise miteinander reden. Jetzt, dachte er, ist es Zeit, einen Spaß zu machen, und streckte seine Hand aus dem Korb, um zu fühlen, ob er einen seiner Träger greifen könnte, und er kam dem Vordersten an den Kopf und riss ihn recht derb an den Haaren. Dieser sah sich um, glaubte, sein Kamerad hätte ihn so an den Haaren gezogen, und wurde sehr zornig auf diesen.

Der hintere Träger sagte: »Träumt dir und gehst du im Schlaf?«

»Wie kann ich dich bei den Haaren fassen, da ich kaum den Bienenstock mit den Händen halten kann.«

Eulenspiegel lachte heimlich und dachte: Der Spaß wird gut werden.

Als sie wieder einige Schritte weiter gegangen waren, streckte er behutsam die Hand auch nach dem hintersten Träger aus und gab ihm schnell eine Ohrfeige.

Dieser ward noch zorniger und sprach: »Ich trage, dass mir der Hals knackt, und dennoch schlägst du mich!«

»Du Schalk! Wie kann ich dich schlagen, da ich den Weg kaum sehen, noch
weniger dich von hinten erreichen kann.«

Als sich der Zank gelegt hatte, riss Eulenspiegel den vorderen Träger wieder
an den Haaren, doch diesmal so derb, dass er mit dem Kopf an den Bienenkorb stieß. Da ward dieser Träger so zornig, dass er die Trage mitsamt dem Bienenkorb fallen ließ, und auf den hintern Träger zusprang, um ihm mit Schlägen dafür zu lohnen. Also fielen beide übereinander her, zausten sich recht derb, bis endlich einer den anderen im Finsteren verlor, und keiner mehr wusste, wo der andere in der dunklen Nacht geblieben war. Der Bienenkorb blieb nun liegen, denn beide Diebe liefen aus Furcht einer vor den anderen nach Hause.
Als Eulenspiegel merkte, dass sie weg waren, hob er den Deckel auf und wollte sehen, ob es im Osten noch nicht Tag würde. Da er aber bemerkte, dass es noch Nacht war, setzte er sich wieder hin und schlief ein. Am anderen Morgen, als er erwachte, kroch er aus dem Bienenkorb heraus, wusste aber nicht, wo er war. Er ging also einen vor ihm hinlaufenden Weg nach, bis er zu einer alten Burg kam. Hier wohnte damals einer von den Rittern, welche sich durch Krieg und Plünderungen berüchtigt gemacht hatten. Bei diesem verdingte er sich als Bedienter.