Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Sammlung bergmännischer Sagen Teil 9

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


II. Abteilung: Sagen vom Berggeist

16.

Der Bergmönch sagte einem Weilarbeiter, er solle nicht eher arbeiten, als drei Tage vor der Abnahme. Da wolle er selbst kommen und das Gedinge richtig machen; es dürfe aber niemand etwas davon wissen. Er wolle ihm auch Öl auf die Lampe schütten, das solle so lange brennen, wie der Bergmann lebe, wenn er seinen Mund hielt. Der Bergmönch machte nun stets die Arbeit für den Weilarbeiter. Als dieser aber beim Trunk die Sachen erzählte, verlosch das Licht, und der Bergmönch kam nicht wieder.


17.

Es ist einmal ein Bergmann gekommen, der suchte Arbeit. Es wurde ihm solche angewiesen, aber an einer Stelle, wo es sehr schwer war, das Erz loszuhauen. Als er nun an die Arbeit gehen sollte, sagte er zu seinem Kameraden, der schon längere Zeit hier anfuhr: »Lass du mich nur schaffen. Jetzt wollen wir uns noch eine Zeit lang draußen verweilen, dann aber gehe ich hinein und besorge die Arbeit allein.« Dazu versteht sich der Bergmann endlich, und so hat der Fremde die Arbeit lange Zeit allein besorgt. Zuletzt plagte den Bergmann die Neugierde so sehr, dass er sich nach dem Gang schlich, wo sein Kamerad vermeintlich arbeitete. Da sah er denn, wie dieser ruhig am Gestein lehnte und der Bergmönch aus Leibeskräften für ihn schaffte. Dann schlich er sich wieder fort. Sein Kamerad aber kam ihm sofort nach und gab ihm eine tüchtige Ohrfeige, und von der Zeit an musste er wieder selbst arbeiten.


18.

Es war einmal ein recht armer Bergmann, dessen Frau kam mit dem siebten Kind nieder. Das machte ihm neue große Sorgen, denn er hatte schlechte Strosse, und deshalb wollte der Lohn nicht reichen. Eines Abends saß er trübselig neben seiner Frau, als es an die Tür klopfte und der Bergmönch hereintrat. Er reichte beiden die Hand und sprach: »Ihr seid ehrliche Leute, ich weiß es, darum will ich euch aus der Not helfen.« Damit gab er der Frau einen Pack Flachs, dem Mann ein Stück Unschlitt. Der Flachs hat aber nicht abgenommen und der Unschlitt ist nicht verbrannt.


19.

Zwei Nachtschichtler standen vor Ort, aber der Bohrer wollte nicht vorwärts, und es war, als bohrten sie auf lauter Hornstein.

Am nämlichen Abend machten ihre guten Freunde sich lustig, und da beschwatzte der eine den anderen, dass sie ausfahren sollten. Als sie aber durch den Stollen waren, kehrte auf einmal der Vordermann um und schrie: »Alle guten Geister loben Gott den Herrn!« Er machte, dass er bei seinem Kameraden vorbei kam. Da sah dieser den Bergmönch, der stand vor dem Stollen und hatte ein silbernes Grubenlicht in der Hand, so groß wie ein Scheffel, und die Flamme ging bis an die Stollenkappe. Seine Augen waren so groß wie Wagenräder und seine Beine so dünn wie Spinnengewebe. Und wie er seine Hand ausstreckte, um den beiden den Hals umzudrehen, da stürzten sie fort und fuhren zurück. Der Bergmönch lachte aus vollem Hals. Die Nachtschichtler versuchten nun im Schacht auszufahren, aber als sie nur noch eine Fahrt hatten, da stand der Bergmönch quer über dem Fahrloch. Wie der Erste den Kopf hinausstreckte, klemmte ihn der Bergmönch zwischen seine Beine, zog ihn aus dem Fahrloch heraus und drehte ihm den Hals um. Wie der andere Nachtschichtler das sah, fuhr er wieder hinein, aber der Bergmönch folgte immer nach.

Da dachte er: Willst nur gleich wieder an deine Arbeit gehen, vielleicht tut er dir nichts. Er fuhr zurück vor seinen Ort und fing wieder zu hämmern an. Aber er hatte so harte Strosse, dass das Feuer aus dem Bohrloch sprühte. Der Bergmönch stand neben ihm. Wie der Hauer fast nicht mehr den Fäustel regieren konnte und dachte, er wolle sich einen Augenblick erholen, da hob der Bergmönch die Hand auf, um ihm eine Ohrfeige zu geben. Da musste der Mann wohl oder übel weiter hämmern, bis er sein Loch nieder hatte, und der Bergmönch lachte dabei, dass es in der ganzen Strecke schallte. Wie das Loch fertig war, blieb der Bergmönch immer noch stehen, der Bergmann musste auch noch schießen. Da warf es denn einen Haufen herein, dass es was Ungeheures war. Der Bergmönch aber wollte immer noch nicht gehen, und es konnte alles nichts helfen, der Hauer musste auch noch aufräumen. Wenn er jedoch eine Masse Berge aufgemauert hatte, lag ebenso viel noch auf dem Haufen wie vorher und das Aufgemauerte war verschwunden, und der Haufen wurde nicht kleiner. Zuletzt konnte er nicht mehr, es wurde ihm schwarz vor den Augen und er sank in Ohnmacht. Da ging der Bergmönch ins Feste. Wie der Nachtschichtler aufwachte, war alles aufgemauert und alle Arbeit getan.


20.

Auch in St. Andreasberg ist der Bergmönch bekannt. Er war ein wirklicher Mönch und wollte die Bergwerke einrichten, brachte es aber nicht zustande. Den Rehberger Graben fing er an zu bauen, der die ganzen Wasser zum Betrieb des Bergbaues zum Andreasberg bringt. Als er fast damit zu Ende war, wurde er bankrott. Nach seinem Tod ließ er sich nun, weil ihn der Gedanke an den Bergbau nicht ruhen ließ, sehen: im Wäschgrund, vor dem Treibholz, am Dammbach, und da, wo die Grube Samson steht. Überall aber, wo er gegangen ist, haben sie nachher Erz gefunden, und daher rühren die reichen Andreasberger Bergwerke, die reichsten imm Harz.

Der Bergmönch ist von Geburt ein Graf gewesen. Als er sich als Geist sehen ließ, trug er Puffjacke, Hinterleder und Licht. Das Licht ist nicht ausgegangen, selbst wenn der Wind so stark wehte, dass es Bäume entwurzelte.