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Die Hexe von Neuerburg

Vom frischen Quell
Sagen, Legenden und Geschichten aus der Eifel
Jung und Alt in neuer Fassung dargeboten von Rektor Jos. Schiffels
Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912
Zweites Bändchen

Die Hexe von Neuerburg

Im Winter des Jahres 1613 hielt sich auf dem Schloss zu Neuerburg (im Kreis Bitburg) die junge Gräfin Claudia von Leuchtenberg auf. Sie starb daselbst, ohne vorher krank gewesen zu sein, eines plötzlichen Todes. In der Nacht, in der die Gräfin ihr junges Leben aushauchte, wütete ein furchtbarer Sturm in dem Tal, und die Tür am Schlafgemach des Fräuleins öffnete sich wiederholt auf unerklärliche Weise. Ferner erklärte der hinzugezogene Ortsdoktor unter Eid, in dem Leichnam finde sich Gift. Da vermutete man, die Gräfin sei heimlich vergiftet worden. Der Verdacht, dies getan zu haben, lenkte sich auf ein Weib, das als Hexe galt. Sofort wurde es vor das Hochgericht gestellt, das über Leben und Tod zu entscheiden hatte.

Dort legte die Beklagte folgendes Geständnis ab: »Vor ungefähr vier Jahren ist im nahen Mühlenwald ein fremder, schwarz gekleideter Mann zu mir gekommen. Er hat mich beredet, Gott ab- und ihm zuzuschwören, und mir reichen Lohn und alle Freuden des Lebens versprochen. Ich ließ mich überreden. Jeden Donnerstag ist er zu mir gekommen und hat mich auf einem schwarzen Bock zum Schornstein hinaus zur Hexenversammlung geführt. In der Nacht auf den 23. Januar wurde auf einer solchen Versammlung beschlossen, das gräfliche Fräulein zu töten. Wir haben auf dem Kirchhof ein ganz junges, noch ungetauftes Kind ausgegraben und daraus den giftigen Trank bereitet. Die ganze Gesellschaft der Hexen ist dann auf schwarzen Böcken zum Schloss gefahren. Während ein Teil auf dem Gang zum Schlafgemach der Gräfin verblieb, begab sich der andere in das Schlafzimmer und brachte dem Fräulein den tödlichen Trank in einem großen schwarzen Becher bei.«

Die Zuhörer gruselte es bei dieser Rede. Man ergriff die Hexe und überantwortete sie dem lodernden Scheiterhaufen.