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Slatermans Westernkurier 09/2017

Auf ein Wort, Stranger, heute packen wir.

Mein Gott, wie banal, wird der eine oder andere jetzt denken. In unserer modernen Welt sind doch selbst so einfache Dinge wie Packen, Laden oder Ladesicherheit gesetzlich geregelt. Man muss nur Begriffe wie Antirutschmatte, Auffanggurt, Hebebänder und Spanngurte googeln und schon ist das Thema erklärt.

Das mag schon sein, aber wie war das eigentlich damals, bei den Indianern, Trappern, Mountain Men und Goldsuchern oder bei den Cowboys, als es solche Hilfsmittel noch nicht gab, geschweige denn irgendwelche Verordnungen darüber?

Der Westernkurier wollte es genau wissen und forschte nach. Herausgekommen ist dabei die Erkenntnis, dass es schon damals gewisse Regeln und Rituale für das Packen gab. Beide Dinge wurden im Lauf der Jahrzehnte so verfeinert, dass sie einen derartigen Grad an Perfektionismus erreichten, der selbst mit den modernsten Mitteln unserer heutigen Zeit nicht zu übertreffen ist.

Aber der Reihe nach. Beginnen wir mit den Anfängen, die uns bis in das Amerika des 15. Jahrhunderts zurückführen.

 

*

 

Bevor die spanischen Conquistadores Pferd, Maultier und Esel nach Amerika brachten, transportierten die Indianer all ihr Hab und Gut auf den Schultern ihrer Frauen, auf Hunderücken und sogenannten Travois (Stangenschleifen), die von den Hunden gezogen wurden.

Da Frauen und Hunde nur begrenzte Lasten tragen konnten, (Ironie an: Wieso eigentlich? Faule Bande. Ironie aus), ihr Vorankommen sehr langsam und die Zurücklegung weiter Entfernungen von der Häufigkeit des Wasservorkommens abhängig war, blieben vor dem Eintritt der spanischen Eroberer in die Geschichte Amerikas die weit gedehnten baum- und wasserlosen Steppen und südlichen Wüstengebiete unbewohnt.

Erst mit dem Erscheinen von Pferd, Muli und Esel gewann die Transportmöglichkeit auch schwerer Lasten eine ganz neue Dimension.

Der Dank aller Frauen und Hunde war ihnen gewiss.

Die Entfernungen schrumpften, ganze Völker kamen in Bewegung und eroberten die Prärien und Wüsten. Die Menschen benutzten die Vierbeiner, um auf die mannigfaltigste Art Lasten auf ihrem Rücken zu verschnüren und sie quer durch den Kontinent zu transportieren.

Die Utensilien zum Packen haben sich in all den Jahrhunderten so wenig geändert wie der Wechsel der Jahreszeiten.

Packtiere, Packsättel, -seile, -säcke, -taschen, -schlingen, -knoten und -tragegestelle blieben stets dieselben, nur der Mensch nicht.

Dieser wusste schon damals, dass das Beladen und Packen eines Packtieres sowie das Verschnüren der Last nicht sorgfältig genug vorgenommen werden konnte. Man musste darauf achten, dass die Last regelmäßig und gleichmäßig mit dem Hauptgewicht auf beiden Seiten verstaut wurde. Es durfte nichts wackeln oder gegeneinander schlagen und die Verschnürung durfte sich selbst bei größter Belastung nicht lockern.

Besonders beim Überqueren der Berge auf den schmalen Gebirgspfaden konnte die geringste Nachlässigkeit verheerende Folgen haben.

Das Verschnüren solcher Ladungen ist auch heute noch eine Wissenschaft für sich, denn die Packverbindungen richten sich individuell nach Form, Gewicht und Umfang der Ladung, vor allen Dingen auch nach der Art des verwendeten Packsattels.

Der Cowboy zum Beispiel schnürte eine Packbindung nicht, sondern »warf« sie und ihm genügte es vollauf, wenn er die sechs geläufigsten Arten davon kannte.

 

*

 

Die Einfachste, die Squawbindung, war für kleine und leichte Lasten. Hier genügte ein kurzes Packseil. Bei der W-Bindung warf man das Packseil so, dass es auf beiden Seiten der Ladung ein W formte, die S-Bindung hingegen wurde so über den Sattel hinweg angelegt, dass sich, von oben gesehen, ein S aus der Verschnürung ergab.

Bei der Steigbügelbindung warfen 2 Männer 2 Seile gegeneinander in elliptischen Längsschlaufen über den Rücken des Tieres und schlangen sie unter seinem Leib zusammen, wobei die Schlaufen so geknüpft wurden, dass sie sich jeder Bewegung federnd anpassten.

Diese Bindung wurde hauptsächlich für sehr schwere und umfangreiche Ladungen benutzt.

Von der Diamantbindung gibt es 6 verschiedene Arten, die aber letztendlich alle dazu führen, dass die Ladung seitlich jeweils von 3 Schnüren und oben von 6 festgehalten wird, wobei sich in der Mitte die charakteristische sechseckige Diamantform ergibt.

Die Schlingenbildung letztendlich läuft nicht durch Schlaufen, sondern durch Schlingen, die mit jeder Bewegung fester werden. Sie wird ausschließlich für Gebirgspfade bevorzugt.

Joe Back, ein Cowboy der alten Schule, sagte 1959 einmal:

»In den alten Tagen konnte man eine Packsattelverschnürung einige Male rund um den Erdball schicken, eher wäre das Packtier an Altersschwäche eingegangen und dem Cowboy wäre der Bart durch die Schuhe gewachsen, als dass sich auch nur ein Zoll der Verschnürung gelockert hätte. Heute sehe ich überall im Westen Packpferde herumstelzen, auf denen die Ladung wie Erbsen in einer Büchse herumhopst. Die Künstler, die dafür verantwortlich sind, und den Touristen gegenüber den waschechten Cowboy spielen, haben vom Packen so wenig Ahnung wie eine Kuh vom Sonntag.«

 

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So weit, so gut, um weiter in dieses Thema einzutauchen, sollte man sich noch mit Begriffen wie Packlade, Packsattel und Packtasche beschäftigen. Da aber all dies den Rahmen unserer kleinen Kolumne sprengen würde, beschäftigen wir uns mit diesen in einer zweiten Abhandlung, die zeitnah erscheinen wird.

Also seid dabei, wenn es schon bald heißt: Packen, Teil 2

Euer Slaterman

Quellenhinweis:

  • H. J. Stammel, Der Cowboy, Legende und Wirklichkeit, 1972 Bertelsmann Lexikon-Verlag