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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sir Henry Morgan – Der Bukanier 5

Kapitän Marryat
Sir Henry Morgan – Der Bukanier
Aus dem Englischen von Dr. Carl Kolb
Adolf Krabbe Verlag, Stuttgart 1845

Fünftes Kapitel

Unser Held wird in seiner Betörung schlimmer und schlimmer, begeht seltsame Ungereimtheiten und schließt damit, dass er zu früh eine Liebeserklärung macht, und wird demgemäß belohnt.

Henry Morgan hatte seinen Becher wie die Übrigen geleert, aber sein ungesprochenes Gebet führte ihn, wie wir fürchten, nicht himmelwärts. Die Gesellschaft erhob sich, um sich zu entfernen. Pater Gonsalvo hatte seinen lateinischen Segen gemurmelt und Lynia bereits ihren Vater zur guten Nacht geküsst, als Don Alonzo in die Mitte des altgotischen, halb möblierten Gemaches trat und in spanischer Sprache alle Anwesenden um eine kurze Aufmerksamkeit bat.

Henry bewachte seine Bewegungen wie ein Tiger, der auf seine Beute loszuspringen bereit ist, hielt sich aber fern von den Übrigen.

Mit der tiefen Betonung einer unterdrückenden Erregung begann der Spanier folgendermaßen: »Es tut mir wahrhaft leid, dass ich bis auf diesen Abend nie Gelegenheit fand, meinem jungen und braven Retter meine tiefe Dankbarkeit für den wichtigsten Dienst zu bezeugen, den ein menschliches Wesen dem anderen erweisen kann. Fern sei von mir die Ziererei, dass ich dem Tod Trotz biete oder das Leben verachte, denn Letzteres ist mir, seit es durch diesen heldenmütigen Jüngling erhalten wurde, unschätzbar teuer geworden.«

Er ergriff nun die nicht widerstrebende Hand Lynias, ihr mit der anmutigen Galanterie des Ausländers und mit der leidenschaftlichen Glut eines Liebhabers wiederholte Küsse aufdrückend – gewiss ein höchst glücklicher Einfall, sich den jungen Morgan zu versöhnen.

»Es hat mich sehr geschmerzt«, fuhr er fort, »dass sich dieser brave Jüngling uns allen so fernhielt und sich namentlich gegen mich so zurückhaltend benahm. Aber seine Kälte soll meinen Dank nicht ersticken und seine Abneigung meine Liebe nicht zurückscheuchen. Ich will ihn ehren und im Herzen tragen bis zum letzten Augenblick meines Daseins, mag es ihm nun genehm sein oder nicht. Edelmütiger junger Sir, wollt Ihr nicht mit uns allen nach Spanien ziehen und meine Habe teilen? Mein Vermögen ist noch immer groß und wird Euch glänzende Aussichten öffnen. Euer Vater wird mit Freuden einwilligen. Bei unserer Ankunft in Spanien soll Euch eines meiner schönsten Schiffe, das sich ebenso gut für den Handel als auch für den Krieg eignet, und die volle Hälfte meines gegenwärtigen Vermögens übermacht werden.«

Henry schüttelte finster den Kopf.

»Ihr zögert – Ihr setzt Zweifel in meine Aufrichtigkeit? Entschlagt Euch solcher Gedanken. Ein gesetzliches Dokument soll Euch die stolze Eldorado für immer sichern, und die Probefahrt eines einzigen Jahres wird Euch geeignet machen, ebenso gut ihr Kapitän als ihr Besitzer zu sein. Ihr seid bereits ein wackerer Seemann, und ich trage den Beweis davon in meinem erhaltenen Leben. Was sagt Ihr dazu, mein junger Freund?«

Don Alonzo hatte wohl die rechte Saite angeschlagen, aber seine Hand hätte es nicht tun sollen. Unserem Helden wurde so geboten, was sein heißester Herzenswunsch begehrte, obwohl es auch seine sanguinischsten Erwartungen überstieg. Er blickte mit einem Mal auf, seine Gestalt hob sich und seine Züge erglühten in Scharlach. Dann streckte er hastig seine rechte Hand aus und war im Begriff zu sprechen, als Lynia, ebenso erstaunt wie erfreut über die großmütige Dankbarkeit ihres Liebhabers, dessen Hand ergriff, sie küsste und dann ihr Haupt auf seine Schulter legte.

Ein Blitzstrahl hätte das Äußere Henrys nicht plötzlicher umwandeln können. Seine Lippen schlossen sich, sein ausgestreckter Arm sank schwer nieder und sein Gesicht erblasste. Sein Kopf senkte sich, und er zog sich mit einem Schauder des Widerwillens noch weiter zurück.

»Das ist sonderbar«, sagte der Spanier, »und ebenso grausam wie sonderbar. Warum will der Jüngling seine Wohltat in eine Qual umwandeln? Doch was ich tun kann, soll geschehen. Herr Poet, gebt mir jenen Koffer herüber.«

Don Alonzo goss sodann den Inhalt auf den starken Eichentisch und teilte die glänzenden Dublonen so nahe zu in zwei gleiche Haufen, als es ohne wirkliches Zählen geschehen konnte, worauf er fortfuhr: »Billigermaßen sollte nicht nur das Ganze, sondern auch ich selbst ganz zur Verfügung meines jungen Retters stehen. Aber als er mich so ritterlich und wunderbar rettete, hat er mir auch andere Segnungen und mit ihnen andere Ansprüche, die außer mir liegen, geschenkt. Die Hälfte des hier liegenden Schatzes wird nötig sein, um diese achtbare Familie mit dem Prunk und der Gemächlichkeit, welche ihre Stellung verlangt, nach Barcelona bringen. Das Ganze gehört Euch, Sir Morgan. Aber nehmt einstweilen mit der Hälfte vorlieb, und ich verpachte mich, die andere Euch oder Eurem Vater zugehen zu lassen, sobald ich in Spanien angelangt bin.«

»Edel gesprochen, Signor!«, rief Sir George Glenllyn.

»Wackerer Alonzo!«, murmelte Lynia.

»Der glückliche Wasserhund«, brummte der Poet.

»Denke an die Ansprüche der Kirche«, sagte Pater Gonsalvo. »Mein Sohn, in der Todesgefahr unter den zürnenden Wellen musst du notwendig der göttlichen Jungfrau und den Heiligen ein Opfer gelobt haben. Du nimmst keine Rücksicht auf meine Gebete, die ich gen Himmel sandte, als ich deinen Notstand bemerkte. In ihnen lag die Wirksamkeit, in diesem rohen Zungen nur das Instrument. Nicht das Werkzeug, sondern die Geschicklichkeit dessen, der es gebraucht, solltest du belohnen.«

»Guter Vater, auch für Euch und für die Kirche soll Sorge getragen werden. Nehmt das Geld hin, mein guter junger Sir, und mit ihm auch meine dankbare Freundschaft.«

Der glänzende Goldhaufen übte eine größere, viel größere Wirkung auf den Knaben als die glänzenden Versprechungen des Spaniers aus. Die beginnende Habsucht stierte aus seinen funkelnden Augen, und seine Finger krallten sich krampfhaft zusammen. Er hatte nie zuvor einen solchen Schatz gesehen oder auch nur davon geträumt, und das dreimal königliche Gepräge war so neu, so funkelnd. Er warf seine Verschämtheit ab, wie der Meuchelmörder seinen Mantel zurückschlägt, um desto sicherer den verhängnisvollen Stoß führen zu können. Der künftige Seeräuber stand nun offen da. Mit stolzem hastigem Schritt trat er an den Tisch. Seine Hände spielten schwelgend in beiden Goldhaufen, deren Stücke durch seine Finger glitten, und er lauschte entzückt auf das Klimpern, das in seinen Ohren so neu und so musikalisch klang.

Seine Hände wühlten in den verlockenden Haufen. Dann streckte er seinen Hals über den Tisch, sah Alonzo mild in die Augen und sagte: »Spanier, ich werde nichts von dem Gold nehmen, weil ich nichts mit Eurer Freundschaft zu schaffen haben will.«

»Nimm deinen Anteil, nimm ihn, Henry, um meinetwillen«, sagte Lynia überredend.

»Ich nähme das Ganze«, versetzte Morgan finster, »wenn ich zu gleicher Zeit den Eigentümer auf den Kopf schlagen könnte.«

»Der junge Wilde!«, rief Sir George.

»Das ist schrecklich, sehr schrecklich«, entgegnete Miss Glenllyn. »Aber du weißt nicht, was du sagst, Henry.«

»Kaum, kaum«, erwiderte der Jüngling wieder in den scheuen Knaben umgewandelt. »In der Tat, ich meinte nichts Schlimmes – ich meinte einen ehrlichen Kampf. Nein, Fräulein, so arm und unwissend ich auch bin, möchte ich doch niemanden sein Geld abnehmen, es sei denn als eine ehrliche Beute. Aber ich fühle mich nicht wohl und weiß nicht, was ich sage. Der Anblick so vielen Goldes machte mich lüstern. Schafft es aus meinen Augen; es quält mich.«

»Nimm deinen Anteil, Henry, der dir so freimütig und edel geboten wird.«

Mit diesen Worten brachte die junge Dame die eine Hälfte des Schatzes wieder in den mit Eisen beschlagenen Koffer, während sie den anderen in starkes Tuch einschlug und dem Knaben hinhielt.

»Gott sei Dank, ich sehe es nicht mehr! Es hat mich beunruhigt. Jetzt weiß ich wieder, wer ich bin, was ich sage und was ich tue. Miss Glenllyn, ich lasse mich nicht so ablohnen. Das Geld war im Grunde nicht viel, aber mit Geld bin ich nicht zu bezahlen«, sagte Henry.

»Aber wie willst du denn belohnt sein?«

»Ich will es Euch sagen, wenn mir miteinander allein sind.«

»Tue das – du bist wieder mein lieber Junge. Komm morgen.«

»Nein, jetzt – jetzt oder nie!«, rief der ungeduldige Knabe.

»Gut, so sei es darum.«

»So komm mit mir.«

Anfangs trugen sowohl Lynia als auch ihre Freunde einiges Bedenken, das Mädchen mit dem aufgeregten Knaben allein zu lassen. Aber sie lächelte die Besorgnisse weg und ließ sich von ihm zur Plattform des Turmes führen, die sich unmittelbar über ihrem eigenen Gemach befand.

Kaum kann man sich etwas Wilderes, Feierlicheres, Romantischeres denken, als die Landschaft, die sich von dem verfallenen Turm aus vor dem jungen Paar entfaltete. Aber die Seelen der beiden standen nicht im Einklang mit der ruhigen, erhabenen Schönheit ihrer Umgebung.

Die Dame hatte eine unbestimmte Angst vor irgendeinem bevorstehenden Unglück, der Jüngling aber war aufgeregt und halb wahnsinnig infolge von Gefühlen, die er nicht verstehen konnte. Mit einer Behutsamkeit, deren sie sich zwar schämte, die sie aber beibehielt, blieb Lynia in der Mitte der Plattform stehen, während sich Henry unbekümmert gegen eine der zerbröckelnden Zinnen lehnte.

»Nicht dort«, rief Miss Glenllyn. »Die Steine werden weichen.«

»Nun, was liegt daran?«, versetzte Henry düster, indem er sich zugleich noch verzweifelter gegen die Brüstung vorlehnte.

Ein paar Steine wichen, polterten an den Seiten des alten Turmes herunter und erdröhnten schwerfällig unten auf dem gepflasterten Hof. Aufgrund dieser plötzlichen Störung schrien die erschreckten Eulen laut auf, die Fledermäuse schwirrten durch die Staubwolke und die Hunde heulten kläglich. Lynia war im Nu an seinen Füßen, ergriff ihn an seinen Knien und versicherte sich so, dass er nicht mit den Trümmern hinuntergefallen war.

»Komm hierher! Komm hierher!«, rief sie außer sich, indem sie sich bemühte, ihn weiter zurückzuziehen.

»Nicht doch«, rief der junge Wagehals. »Was kümmere ich mich jetzt darum, ob das alte Schloss in einen Staubhaufen zusammenfällt!« Nach einer Pause fügte er mit wehmütiger Innigkeit bei. »Ihr wollt also fort?«

»Und warum nicht, lieber Heinrich? Warum sollten wir hier bleiben in Armut, Not und Demütigung?«

»Ich weiß es nicht. Es wäre denn um meinetwillen, dass ich Euch daraus ziehen könnte.«

»Du, Henry, du?«

»Ja. Wisst Ihr, wie alt ich bin? Mehr als sechzehn, Miss Glenllyn. Beurteilt meine Mannheit nicht nach meinen Geburtstagen. Ich habe mich schon längst fast als ein Mann gefühlt, und seit acht Tagen, von der Zeit an, als der Knabe tat, wessen sich aus tausend Männern nicht einer unterfing, will ich kein Knabe mehr sein – das heißt, wenn ich es ändern kann.«

»Gut, Sir, ich werde gewiss in Zukunft weit mehr Achtung haben. Wenn ich Euch irrtümlich für einen sehr tapferen, kühnen, vorschnellen Knaben nahm, so habe ich mir gegen Eure Mannheit eine Freiheit erlaubt, wegen der ich Euch demütig um Verzeihung bitte. Aber, Sir, da ich das Glück habe, mit einer Person von so reifen Jahren mich zu besprechen, darf ich Euch in aller Bescheidenheit andeuten, dass mein Vater wohl ein wenig unruhig sein dürfte, wenn ich mich länger allein mit einem solchen Gentleman unterhalte?«

»Ihr macht es immer schlimmer und schlimmer. Nein, höhnt mich nicht. Ihr, das einzige Wesen, das ich je geliebt habe. Was sind meine Gefühle gegen meinen Vater, meine Brüder und gegen meine ganze Verwandtschaft imVergleich mit der Zuneigung, die ich zu Euch trage? Wenn mein Geist gefoltert und mein Körper erschöpft ist, schmachte ich danach, mich an Euren Busen zu schmiegen, mich wieder als Kind zu fühlen und da Ruhe zu holen, wie mich meine liebe teure Mutter in Schlummer zu wiegen pflegte. Wenn ich mir aber vorstelle, dass Euch jemand ein Leid antun könnte, wenn ich nur an Euch und an nichts als an Euch denken muss, dann werde ich zwanzigfach zum Mann, knirsche mit den Zähnen und stampfe. Ihr müsst nicht fortgehen von hier, meine einzige Freundin. Was bin ich ohne Euch gewesen? Alles, was ich weiß, habt Ihr mich gelehrt – nein, Ihr müsst nicht gehen – dürft nicht gehen, Lynia.«

»Ihr macht von Eurer Mannheit einen etwas schmerzlichen Gebrauch. Sagt mir, worin besteht Euer Anliegen, damit wir dieser Szene ein Ende machen können.«

»Ja, ich sehe, wie es steht. Ihr liebt diesen schwärzlichen Spanier mehr als mich – mich, der in den letzten fünf Jahren Euer getreuer, Euer Euch zärtlich liebender Spielgefährte gewesen bin. Kam mir je ein Fels als zu gefährlich vor, wenn es galt, hinaufzuklettern, um Euch eine seltene Blume zu holen? Welcher Baum war mir zu hoch? Wann war mir je die Sonne zu heiß oder der schneidende Wind zu kalt, um mich zu hindern, dass ich mich nicht Tage und Nächte lang abmühte, um Euch eine kleine Freude zu machen? Ich habe meines Vaters Herz oft gegen Euch besänftigt, und durch mich nährte er Euch und die Euren in ihrem Stolz und Müßiggang. Ja, Lynia, er nährte nicht nur ihn, sondern auch seinen heuchlerischen Priester und seinen schändlichen Liederkrämer. Ich war die Ursache, dass mein Vater von Eurer Verfolgung abstand. Ihr weint? – Ja, weint nur – so gefällt es mir.«

»Ich weine, junger Sir, wegen Eures Mangels an Edelmut.«

»Dessen ermangelt Ihr, nicht ich. Was hat dieser schmutzig aussehende Spanier für Euch getan? Er brachte Euch einiges Gold. Doch wie mag ich nur von ihm reden, von diesem armen, mutlosen Hund? Ich war es, der es Euch brachte, um Euch gegen mich zu bestechen – gegen alle meine Entwürfe. Ihr fragt, was ich verlange? Lasst diesen kläglichen Spanier seinen Geschäften nachgehen und sein Gold mit sich nehmen, wenn er es behalten kann. Vertraut auf mich. Nach sehr wenigen Jahren werdet sogar Ihr in mir die Mannheit anerkennen, die ich jetzt fühle. Euer winselnder Vater wird dann tot sein!«

»Heilige Muttergottes, welch ein Herz habe ich in dem meinen getragen!«, rief die erschütterte Dame. »Er spekuliert auf den Tod meines Vaters so ruhig wie auf den eines Mastochsen!«

»Schaut um Euch her, Miss Glenllyn. So weit Euer Auge auf dieser Seite reichen kann und weit hinauf bis zu den fernsten Bergen wird alles mein Eigentum sein. Ich habe Pläne entworfen, auch die andere Seite mir zuzueignen. Es sind keine knabenhaften Träume. Ich will mich abmühen, will fechten – sogar Schlimmes tun. Aber ich will dann dieses Schloss wieder aufbauen und in Herrlichkeit hier sitzen. Wünscht Ihr, dass ich alles dies tue, so sagt es – so jung ich auch bin, so fühle ich doch, dass die Macht dazu mir innewohnt. Ich freie nicht um Euch – jetzt nicht, aber wenn Ihr mir es nicht seiner Zeit, sobald ich alt genug bin, gestatten wollt, so soll gar bald diese Ruine nur noch ein Haufen Schutt, ein Hügel von Staub und Steinen, ein Bett für die Nessel und die Distel, eine Heimat für kein besseres lebendes Wesen als für die Eidechse und die Kröte sein.«

»Wahnsinniger, grausamer Knabe! Bis jetzt erkenne ich in dir nichts von dem Mann, als seine ungezügelte Wildheit, desto mehr aber von der Torheit des Knaben. Doch höre mich noch einmal an, wie mein Zögling Henry. Höre mir ruhig zu. Du bist von sehr romantischem Wesen und stellst in Aussicht, ein Sklave der mildesten Leidenschaften zu werden. Ich bin zu lange an Armut und Entbehrungen gewohnt gewesen, um sie zu verachten. Aber gesetzt auch, du stündest mir im Rang gleich, hast du nicht an den Unterschied unseres Alters, unserer Religionen, unseres Temperaments und fast aller unserer Ideen gedacht? Aber ich würdige mich herab, indem ich so mit einem bloßen Kind spreche. Mir eine Liebeserklärung zu machen – für die Zukunft – in der

Tat, es ist höchst lächerlich, und ich könnte mich darüber lustig machen, wenn du dabei nicht ein so selbstsüchtiges, schwarzes Herz verraten hättest. Die künftige Gattin von Henry Morgan, dem Sohn des Yeoman von Penabock!«

»Vielleicht noch etwas Schlimmeres«, murmelte der Knabe boshaft. »Aber was denke, was sag ich? Kann ich je vergessen, wie gütig sie gegen mich gewesen ist? Miss Glenllyn, habt Erbarmen mit mir – antwortet mir auf eine einzige Frage, gnädiges Fräulein – seid Ihr, wie es die Leute nennen, in diesen Spanier verliebt?«

»Nehmen wir an, junger Sir, dass ich Euch unverhohlen mit Ja antwortete?«

»Dann will ich Euch ebenso unverhohlen darauf antworten und nicht durch eine andere Frage. Ich bin nur der Knabe Henry Morgan, auf alle Fälle aber ein Geschöpf, das sich ebenso sehr um sein Glück kümmert wie er. Hier hat er kein Recht. Ich liebte meine Mutter, die jetzt hoffentlich im Himmel ist. Sie und Euch allein von allen Erdgeschöpfen habe ich geliebt. Hätte eine Viper sie totgestochen und wähnte sich diese Viper in einer glühenden Esse, so würde ich sie lieber auf die Gefahr hin, diesen jungen rechten Arm zu versengen, herausgezogen, als diesen Spanier von dem Riff gerettet haben, wenn Ihr, Lynia Glenllyn, Euch untersteht – so sehr Ihr mich auch für einen Knaben halten mögt, so sage ich doch, wenn Ihr Euch untersteht – ihn zu lieben.«

»Barmherziger Himmel! Welch einen sechzehnjährigen Tyrannen haben mir da! Vielleicht habt Ihr die Güte, mir noch einige andere heilsame Einschärfungen aufzuerlegen?«

»Und glaubt Ihr trotz alles Euren unfreundlichen Hohns, Lady, dass er diese Küste, ja nur dieses Schloss in Sicherheit verlassen und sein Geld und Euch mit fortnehmen soll – Euch meine Freundin, die Öffnerin meines jungen Herzens – sie, die mich so viel Gutes, Angenehmes, Geheimnisvolles und Großartiges gelehrt hat? Habt Mitleid mit mir! Er ist ein Ausländer – ein bloßer Spanier – einer von denen, die von Natur aus stets Feinde der Engländer sind. Es ist ebenso wenig Mord, ihn zu töten, als ob ich einen Wolf erschlüge. Ihr bringt ihm den Tod, Lynia – mit Eurer Liebe. Ihr fahrt zusammen, seid ergriffen? Meine Hand ist noch rein, und mein Herz bebt zurück vor dem Gedanken an Blutvergießen, obwohl ich in der letzten Zeit mit der alten Arkebuse selten auf hundert Schritte mein Ziel verfehlte. Ich will mich mit einigen von meines Vaters erprobten alten Hirten beraten. Es könnte doch eine Gewissenssache sein, den Fremden aus dem Weg zu schaffen.«

»Um Himmels willen, Henry Morgan, sprecht nicht von so schwarzen Dingen. Jetzt seid Ihr in der Tat ganz ein Mann.

Ihn zu beschädigen, wäre ein schweres Verbrechen. Die Gesetze der Gastfreundschaft würden verletzt. Es wäre Millionen Mal schlimmer als ein einfacher Mord. Denkt an Eure frühere herrliche Handlung, indem Ihr diesen armen Fremden gerettet, an die Schande, die Ihr auf das Haupt Eures Vaters gehäuft habt, denkt an all dies, Henry.«

»Wer denkt an mich?«, versetzte der Knabe düster.

»Ich tue es oft und in der Tat mit großer Innigkeit, aber ich scherzte nur, als ich sagte, dass ich diesen Gentleman liebe. Ich wollte dich nur quälen, weil du dich so in die Brust warfst. Wie sollte ich ihn auch lieben, da ich ihn nur so kurze Zeit kenne.«

»Lynia Glenllyn, seid Ihr aufrichtig?«

»Warum sollte ich nicht?«

»Dann«, fuhr er geheimnisvoll flüsternd fort, »soll das alte Schloss nur um so früher wieder aufgebaut werden. Überlasst es mir. Sagt nur, in welchem Zimmer er wohnt und wo er sein Gold verborgen hat.«

»Pfui, junges Ungeheuer!«

»Sagt mir es immerhin. Das Schloss soll wieder in seiner ganzen Herrlichkeit hergestellt werden.«

»Lasst mich los – Ihr macht mich wahnsinnig!«

»Euer Vater soll wieder in eine fürstliche Lage kommen.«

»Abscheulicher unreifer Geier!«

»Oh, auch ich scherze nur – schont mich nicht, Lynia. Ich will so gut, so gehorsam sein. Um meinetwillen mag der brave Spanier sicher an der Hochstraße schlafen.«

»Ich traue Euch nicht mehr, Herr Morgan?

Sie stieg die gewundene Treppe hinab und überließ ihn seiner neu erwachten Leidenschaft.

Eine Weile stand Morgan da, erstaunt über seine Worte und kleine Gebärden. Es schien ihm, als stehe er unter einem doppelten Einfluss, als habe er eine zweifache Natur. Vergebens versuchte er, zu seinen sorglosen knabenhaften Gefühlen zurückzukehren. Der Teufel schien von ihm Besitz genommen zu haben. Um dessen Drängen zu befriedigen, begann er die morschen Zinnen in den Hof hinunterzustoßen.

Dies veranlasste ein betäubendes Getöse. Der Priester und der Barde gingen hinauf, um ihn herunterzuholen, aber er trieb sie mit Steinwürfen hinab. So blieb er allein stehen, bis er völlig ermüdet war. Um welche Stunde er sein Zerstörungswerk aufgab und das Schloss verließ, ist nicht bekannt. Aber aus der Ruine, die er geschaffen hatte, war zu entnehmen, dass er lange und eifrig gearbeitet haben musste.

Don Alonzo wechselte in selbiger Nacht sein Schlafgemach – eine Nacht, deren größeren Teil Lynia in Weinen verbrachte.