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Romantruhe-Western Band 18

Alfred Bekker
Romantruhe-Western Band 18
Der lange Schatten des Jake McCann

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, September 2017, 70 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Firuz Askin
www.romantruhe.de
Kurzinhalt:
  US-Marshal Brent Hayes ist im Auftrag des Gouverneurs unterwegs, um Jake McCann festzunehmen. Seinen Marshalstern trägt Hayes in der Westentasche, denn in New Mexico kann der ihm nicht helfen. Wird er es überhaupt schaffen, bis zu McCann vorzudringen, denn der hat seine Helfer überall …

Leseprobe

1

US-Marshal Brent Hayes wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und blickte nach Süden – dorthin, wo irgendwo das Hauptquartier von Jake McCann sein musste – jenem Mann, dem er das Handwerk legen sollte. Seinen Stern trug Hayes nicht, schon um länger am Leben zu bleiben. Denn das Land, das vor ihm lag, war das Land, in dem Jake McCann regierte und nicht das Gesetz. Sobald irgendjemand erfuhr, dass er im Auftrag des Gouverneurs hier war, um McCann zu entmachten, würde er eine Zielscheibe sein. Hayes war den ganzen Tag geritten und inzwischen war die Sonne bereits milchig geworden. Vor ihm befand sich eine karge, trockene Einöde, soweit das Auge reichte.

Ein Geräusch ließ Hayes dann abrupt hochfahren. Seine Rechte fuhr instinktiv in Richtung Hüfte, wo ein Revolvergriff aus dem Holster ragte.

Schüsse peitschten.

 

2

Hayes blickte sich nach allen Seiten um, aber zunächst war nirgends etwas zu sehen.

Die Schüsse krachten irgendwo hinter der nächsten Hügelkette gen Süden und mittlerweile war die Sache zu einer ausgewachsenen Schießerei geworden. Ziemlich heftig musste es da hin und her gehen.

Das Geräusch galoppierender Pferde war zu hören. Es wurde zu donnerndem Hufschlag. Ein Reiter, der sich dicht am Rücken seines Gauls hielt, preschte über die Hügel. Er klammerte sich an den Hals seines Schecken. Der Mann war verletzt. Sein Hemdrücken rot. Ein Wunder, dass er sich noch in den Steigbügeln halten konnte.

Der Kerl ritt direkt auf Hayes zu.

Dann kam ein zweiter Reiter über den Hügel. In einem mörderischen Galopp hetzte er mit einem 45er in der Rechten hinter dem Verletzten her. Der Verfolger zielte kurz und feuerte.

Der Flüchtende hatte keine Chance. Die Kugel traf ihn am Hinterkopf. Ein Ruck ließ ihn vorn über den Hals des Pferdes zu Boden fallen. Der Gaul stoppte, stellte sich auf die Hinterbeine und wieherte durchdringend. Der Körper des Getroffenen kam mit einem dumpfen Laut auf dem ausgetrockneten Boden auf.

Hayes’ Hand war indessen zur Hüfte gegangen.

Der US-Marshal hatte keine Ahnung, worum es hier ging und was der Hintergrund dieser Fehde war. Eine grausige Mischung aus gellenden Todesschreien und peitschenden Schüssen drang unterdessen über die Hügelkette.

Der fremde Reiter sah Hayes für den Bruchteil eines Augenblicks mit schmalen Augen an. Ein kantiges, brutales Gesicht mit einem gemeinen Grinsen spielte um den dünnlippigen Mund. Seine Nase sah aus, als wäre sie mal gebrochen gewesen.

Der Kerl riss die Waffe hoch und feuerte. Rot züngelte es aus dem langen Lauf des Peacemakers heraus.

Aber Hayes war schnell.

Blitzartig riss er die Waffe aus dem tief geschnallten Holster heraus und drückte ab. Schüsse fielen beinahe gleichzeitig.

Hayes erwischte sein Gegenüber an der Schulter. Der Kerl wurde durch die Wucht des Geschosses nach hinten gerissen. Sein eigener Schuss ging haarscharf an Hayes’ Hutkrempe vorbei.

Der fremde Reiter riss sein Pferd herum. Er versuchte, noch einmal auf Hayes zu schießen, riss die Waffe hoch und drückte ab.

Hayes duckte sich und schoss um den Bruchteil einer Sekunde früher. Der Kerl hatte ihm keine Wahl gelassen.

Sein Gegner stöhnte auf. Das Pferd preschte davon, während der Reiter schlaff im Sattel hing.

Hayes folgte ihm.

Der Reiter rutschte einen Augenblick später aus dem Sattel und blieb regungslos liegen.

Hayes blickte kurz zu dem Mann hinunter, der im Staub lag.

Dem konnte keiner mehr helfen.

Bevor Hayes seinem Gaul die Sporen gab, langte er noch hinunter zum Scabbard, riss das Winchester-Gewehr heraus und lud die Waffe mit einer energischen Bewegung durch.

Dann preschte er vorwärts – dorthin, wo geschossen wurde.

Hayes hatte nicht die leiseste Ahnung, um was es hier ging oder was ihn hinter der nächsten Hügelkette erwarten würde. Er sah jetzt hinter den Hügeln eine schwarze Rauchsäule in den strahlend blauen Himmel hinaufsteigen.

Unbarmherzig trieb er den Braunen vorwärts und hetzte ihn schließlich einen flachen Hang hinauf. Oben, auf dem Hügelkamm angekommen blickte er sich auf der anderen Seite um.

Noch immer wurde wild hin und her geschossen.

Hier war ohne Zweifel ein erbarmungsloser Kampf im Gange.

Hayes sah eine mittelgroße Ranch, deren Wohnhaus in hellen Flammen stand.

Flammen schlugen bereits auch aus der Scheune und dem Pferdestall.

Einzig und allein ein etwas abseits gelegenes Gebäude, dass wohl als Unterkunft für die Cowboys diente, war bislang noch vom Feuer verschont geblieben, aber wenn es nach den Angreifern ging, dann würde sich auch das bald ändern.

Etwa ein Dutzend Männer schossen wie wild auf die Ranch und dabei vor allem auf die Unterkunftsbaracke, denn dort schien sich der letzte Widerstand zu halten.

Aus zweien der Fenster konnte man in steter Regelmäßigkeit Mündungsblitze zucken sehen, aber was war das schon gegen die Flut der Angreifer?

Hayes sah einige Leichen im braunen, trockenen Gras und beim nahe gelegenen Pferdecorral.

Es war nicht zu sehen, welcher Seite sie angehörten, aber sie zeugten davon, mit was für einer Verbissenheit hier gekämpft worden war.

Die Sache schien klar.

Ein Rancher und seine Leute verteidigten sich hier mit dem Mut der Verzweiflung gegen eine Bande von Gesindel. Aber ihre Chancen standen schlecht.

Hayes’ Augen wurden schmal.

Er wartete einen Moment und ließ seinen Braunen den Hang hinunterstürmen, wobei er Schuss um Schuss aus seiner Winchester krachen ließ.

Schon mit den ersten Kugel holte er zwei der Kerle aus ihrer Deckung heraus.

Hayes konnte nicht genau sagen, wie schwer er sie erwischt hatte. Er hörte nur ihre Schreie. Die Bande wurde jetzt auf den fremden Reiter aufmerksam, der aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien und sich da so unerwarteter weise eingemischt hatte.

Man hörte sie wild durcheinander rufen und dann pfiffen Hayes die ersten Kugeln um die Ohren, sodass er den Kopf einziehen musste.

Hayes ließ den Braunen einen Haken schlagen und hängte sich seitwärts an den Sattel, sodass der Gaul den größten Teil seines Körpers deckte.

Im vollen Galopp ließ Hayes noch ein paar Mal seine Winchester krachen.

Einer der Kerle schrie auf und stürzte nieder. Es musste ihn schwer erwischt haben, denn er blieb reglos am Boden liegen.

Vermutlich war er tot.

Zur gleichen Zeit kam aber von der anderen Seite ein Schrei. Einer der letzten beiden Verteidiger war getroffen worden, denn fortan wurden nur noch aus einem Fenster Schüsse abgegeben.

Ein Bandit machte sich von hinten an die Baracke heran und legte Feuer.

Bald schon fraßen sich die Flammen empor und begannen hell aufzulodern.

Alle Ranchgebäude waren aus Holz. Wochenlang hatte die Sonne brennend heiß vom Himmel geschienen und das Holz pulvertrocken werden lassen.

Nun brannte es wie Zunder.

Ganz gleich, was jetzt auch noch geschehen mochte: Von der Ranch würde kaum mehr bleiben als verkohlte Ruinen.

Plötzlich spürte Hayes, wie ein Ruck durch den kräftigen Körper des Braunen ging.

Das Tier ließ ein markerschütterndes Wiehern hören und Hayes ahnte, was das zu bedeuten hatte.

Es hatte den Braunen erwischt.

Ein paar Pferdelängen strauchelte der Gaul noch voran, bevor er dann zu Boden kam.

Hayes warf sich gerade noch rechtzeitig aus dem Sattel, um nicht unter dem massigen Tierkörper begraben zu werden. Geschickt rollte er sich am Boden ab, während links und rechts von ihm Sand von den einschlagenden Geschossen zu kleinen Staubfontänen aufgewirbelt wurde.

Es war verdammt knapp.

Hayes drehte sich blitzartig um die eigene Achse, riss den Lauf der Winchester hoch und feuerte. Sein Schuss traf einen Mann, der sich bei der brennenden Scheune verschanzt und gerade auf den fremden Reiter angelegt hatte.

Der Kerl klappte zusammen wie ein Taschenmesser und blieb regungslos liegen, während Hayes wieder hochgeschnellt war.

Eine Bleikugel riss ihm den Hut vom Kopf, während Hayes sich vor dem aufbrausenden Geschosshagel hinter eine Pferdetränke rettete.

Das Blei der Banditen schlug innerhalb weniger Sekunden ein gutes Dutzend Löcher in die Tränke, aus denen das Wasser herauslief.

Hayes presste sich auf den Boden und nutzte die Gelegenheit, um neue Patronen in das Magazin seiner Winchester hinein zu schieben.

Dann wartete er ab, bis das wütende Geballere etwas abgeebbt war, bevor er sich schließlich wieder aufrichtete und hinter der Tränke hervortauchte.

In schneller Folge schoss er sein Winchester-Gewehr ab und aus dem Barackenfester bekam er Unterstützung.

Zwei der Kerle wurden tödlich getroffen, einen Dritten erwischte es an der Hand, sodass er fluchend seine Waffe fallen ließ.

„Los, weg hier, Männer!«, hörte man eine kehlige Stimme.

Die überlebenden Banditen rannten in Richtung ihrer Pferde, wobei sie weiter sporadisch in Hayes’ Richtung ballerten.

Dann schwangen sich die Ersten von ihnen in die Sättel und preschten davon.

Hayes jagte ihnen noch ein paar Kugeln hinterher, aber sie waren bald schon außerhalb seiner Schussweite. Hayes richtete sich nun zu voller Größe auf und legte sich den Lauf der Winchester über die Schulter.

Es war so, wie er vermutete hatte.

Diese Kerle hatten offenbar mit wenig Gegenwehr gerechnet und sich bei ihrem Überfall dementsprechend sicher gefühlt.

Aber in dem Moment, in dem ihnen jemand entschlossen gegenübertrat, liefen sie davon wie die Hasen.

Hayes ging ein paar Schritte zurück und nahm seinen Hut vom Boden auf. Dann wandte er den Blick zu der Cowboy-Baracke hin, deren Dach nun hell in Flammen stand.

In diesem Moment trat eine junge Frau durch die Tür, in deren zarten Händen sich eine Winchester befand. Sie war wohl die letzte überlebende Verteidigerin dieser Ranch, von der kaum etwas bleiben würde, als das Land selbst.

Ihr eigenes Leben war mit Mühe und Not gerettet worden, aber das war auch schon alles.

Sie trug Männerkleidung, die ihr viel zu groß war und ihre Figur sicherlich nicht betonte.

Aber selbst das Wenige, das die grobe Drillich-Hose und das karierte, sehr weit geschnittene Hemd davon preisgaben, ließ Hayes unwillkürlich schlucken.

Sie war eine aufregende Schönheit.

Ihr Haar war dick und blond und fiel ihr in einem mächtigen Schopf bis weit über die Schultern. Die Züge ihres Gesichts waren fein geschnitten und stolz, während die vollen Lippen ihr etwas Sinnliches gaben.

Sie kam näher heran und dann sah Hayes in ihre meergrünen Augen, in denen ein wildes Feuer loderte.

»Ich danke dir, Fremder!«, brachte sie heraus und atmete tief durch. »Wie heißt du?«

»Mein Name ist Hayes.«

»Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt wohl auch tot – so wie meine Cowboys!«, sagte sie und in ihrem Tonfall schwangen Bitterkeit und Wut mit.

Hayes sah es in ihren Augen glitzern. Sie weinte still vor sich hin. So stark sie auch zuvor gewesen sein mochte, als ihr die Kugeln nur so um die Ohren geflogen waren, jetzt brachen die Gefühle ungehemmt ihr heraus.

Hayes trat zu ihr, und sie blickte zu dem hochgewachsenen Mann auf. Dann legte er ihr den Arm um die Schultern, und sie schmiegte sich an seine breite Brust.

»Es war furchtbar«, flüsterte sie.

Hayes nickte verständnisvoll.

»Ich weiß«, murmelte er. »Aber jetzt ist alles vorbei!«

Eine ganze Weile lang standen sie einfach nur so da, ohne ein Wort zu sagen.

Sie stand wohl unter einer Art Schock und brauchte ein bisschen Zeit, um sich zu erholen und wieder zu sich zu kommen.

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung des Verlages