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Interessante Abenteuer unter den Indianern 56 Teil 1

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Bobasheela
Teil 1

Herr Catlin gibt folgende Erzählung eines ergreifenden Abenteuers, welches sich zutrug, als er eine Abteilung von Iowa-Indianern in seinen Ausstellungssälen in London zeigte.

Der Abend dieses merkwürdigen Tages war als der Letzte angezeigt, an welchem die Indianer in der ägyptischen Halle zu sehen sein würden, da ich Anstalten getroffen hatte, sie einige Tage in den Baurhall-Gärten zur Schau zu stellen, ehe ich London mit ihnen verließ, um sie in einigen Provinzialstädten zu zeigen. Diese Anzeige brachte natürlich eine große Menschenmasse in die Halle, worunter sich, wie gewöhnlich, viele meiner eigenen Freunde befanden, um die Indianer zum letzten Male zu sehen.

Die Belustigungen gingen diesen Abend wie bei den früheren Gelegenheiten vor sich, als eine plötzliche Aufregung auf die folgende Weise entstand.

In der Mitte einer ihrer lärmenden Tänze, warf sich der Kriegshäuptling mit einem heftigen Sprung und einen Ausruf des gellenden Kriegsgeschreis zur Ecke der Plattform, woselbst er in halb gebückter Lage auf seinen Füßen hockte, während seine Augen und einer seiner Zeigefinger auf etwas gerichtet waren, was seine ganze Aufmerksamkeit in einem entfernten Teil der Menge an sich zog. Der Tanz hielt inne, die Augen aller Indianer und die des größten Teils der Versammlung richteten sich auf den nämlichen Punkt. Die Augen des alten Kriegshäuptlings standen offen und sprühten Feuer auf den Gegenstand vor ihm, welcher, ihrem Ausdruck nach zu urteilen, nichts Geringeres sein konnte, als ein ungeheurer Panther oder grauer Bär, der im Begriff stand, auf ihn zu springen. Nachdem er eine Zeit lang vor sich hingestarrt hatte, warf er das Gewicht seines Körpers auf das andere Bein, nahm sich einen Augenblick Zeit zum Blinzeln, um seinen Augen zu Hilfe zu kommen, und begann von Neuem durchdringende Blicke auf den Gegenstand der Versammlung vor ihm zu werfen.

Er gab sich nun einige Minuten einem völligen Stillschweigen hin, um die Begebenheiten von zwanzig oder dreißig Jahren in seinem Gedächtnis vorbeiziehen zu lassen. Jetzt richtete er sich langsam in die Höhe, nahm eine dreistere Stellung ein, während seine Augen sich erheiterten, aber immer noch auf ihren Gegenstand gerichtet waren, und sprach mit nachdrücklichem und ergreifendem Ton das unverständliche Wort Bobasheela aus. Und er wiederholte Bobasheela?

»Ja, ich bin Bobasheela, mein guter, alter Freund! Ich kannte deine Stimme, sobald du sprachst, obwohl du noch nicht Englisch verstehst. Chee-au-mung-ta-wangish-kee, Bobasheela. Meine Freunde, wollen Sie mir erlauben, mich zu diesem guten, alten Jungen zu begeben? Er kennt mich.«

Hierauf stieß der alte Häuptling, nicht von hundert, aber von vielen Schlachten einen Schrei aus, sprang von der Plattform, schloss seinen treuen Freund Bobasheela in die Arme und hatte nach dreißig Jahren das Vergnügen, seine Wange an der eines seiner ältesten und teuersten Freunde zu erwärmen – eines Freundes, dessen Herz, wie wir seither erfahren haben, häufig erprobt wurde, dem man Vertrauen schenkte und mitten in den dichten und entfernten Wildnissen an den Ufern des Mississippi und Missouri ebenso oft belohnte. Indem dieses außerordentliche Zusammentreffen vor sich ging, wurden für den Augenblick alle Gedanken an den Tanz beiseitegesetzt. Während diese Veteranen sich rasch und gegenseitig die Erlebnisse verflossener Tage in Amerika mitteilten, wurde von allen Teilen des Saales die gleichzeitige Forderung gestellt, man möge ihre Unterhaltung übersetzen, was ich, soweit ich dieselbe verstehen konnte, und so weit sie bis dahin vor sich gegangen war, auf folgende Weise tat.

Der alte Sachem, während er seinen Lieblingskriegstanz aufführte, heftete seine Augen plötzlich auf ein Gesicht in der Versammlung, welches er augenblicklich erkannte. Nachdem er es einige Minuten angesehen hatte, war er überzeugt, dass es das wohlbekannte Gesicht eines alten Freundes sei, mit welchem er viele glückliche Tage in seiner Jugend an den Ufern der Mississippi- und Missouri-Flüsse in Amerika zugebracht hatte. Der alte Häuptling brachte dadurch, dass er jenen Herrn mit einem bekannten, indianischen Beinamen Bobasheela ansprach, einen augenscheinlichen Beweis von der Richtigkeit seines Wiedererkennens hervor. Während er ihn bei beiden Händen hielt, um den Beweis doppelt starkzumachen, erregte er viel Fröhlichkeit bei der indianischen Gesellschaft, als er ihn fragte, ob er jemals einen Teil des großen Mississippi in der Nacht hinabgeflößt sei, auf zwei ungeheuren Baumstämmen reitend, während seine Beine im Wasser hingen. Hierauf erwiderte Bobasheela augenblicklich bejahend.

Nachdem dieses und verschiedene medizinische Phrasen und Freimauer ähnliche Griffe und Zeichen zwischen ihnen vorgefallen waren, begann der Tanz wieder. Der Rest der Geschichte, ebenso andere Anekdoten aus dem Leben dieser außerordentlichen Personen, sind auf eine passende Zeit verschoben, wo der Leser überzeugt sein kann, sie zu hören.

Nachdem die Vorstellung vorüber war, wurde Bobasheela mit den Indianern zu ihrer Wohnung genommen, um eine Pfeife mit ihnen zu rauchen. Da ich die Neugierde hatte, mit von der Partie zu sein, so war ich imstande, die folgenden weiteren Nachrichten zu sammeln. Dieser Bobasheela, (Herr J. H. gebürtig von Cornwall), welcher gegenwärtig den letzten Teil eines sehr unabhängigen Junggesellenlebens unter seinen Freunden in London zubringt, verließ sein Vaterland schon im Jahre 1805. Indem er sich gleich vielen anderen kühnen Abenteuern einen Weg über die Alleghaey Mountains in Amerika bahnte, stieg er in das große und beinahe unendliche Tal des Mississippi hinab, in der Hoffnung, durch seinen unermüdlichen Fleiß und seinen waghalsigen Unternehmungsgeist einen Teil an den Erzeugnissen zu gewinnen, welche ihren Weg von jenem fruchtbaren Tal der Wildnis nach der zivilisierten Welt finden müssen. Bei diesem mühsamen und gefährlichen Streben fuhr er wiederholt in seinem Rindenkanu, seiner Piroge oder seinem Mackinaw-Boot die Flüsse Ohio, Muskingum, Cumberland, Tennessee, Arkansas, Missouri und Mississippi hinauf und herunter. Unter den zahlreichen spaßhaften und belustigenden Begebenheiten während der dreißig Jahre, die er bei dieser Art Leben zubrachte, war die Anekdote, auf welche sich der Kriegshäuptling bei der unerwarteten Zusammenkunft mit seinem alten Freund in meinem Ausstellungssaal bezog und welche mir beide Parteien während unseres Zusammenseins an jenem Abend ausführlicher erzählten. Der gutmütige Herr H. sagte mir, dass die Erzählung eine wahre sei, und dass er wirklich in die unbequeme Lage versetzt gewesen wäre, von welcher der alte Kriegshäuptling sprach, zu der Zeit, wo die Bekanntschaft mit diesem seinem guten Freund ihren Anfang nahm.

Obwohl die Vorstellung uns bis zu einer späten Stunde aufgehalten hatte, so waren doch die Begrüßungen und angenehmen Rückerinnerungen, welche diese beiden wiedergefundenen Freunde und wie sie sich nannten, Brüder des fernen Westens, bei wiederholt mit Kinnekenick (eine Art Tabak) gestopften Pfeifen, miteinander zu besprechen hatten, so unterhaltend, dass wir lange über die gewöhnliche Stunde in der Nacht aufblieben. Als der Häuptling unter seinen rasch gestellten Fragen an Bobasheela zu wissen verlangte, ob er sein She-she-quoin aufbewahrt habe, so kam dies dem Gedächtnis seines Freundes augenblicklich zu Hilfe, welcher im Verlauf der Zeit und durch die Veränderung der Gesellschaft den Beinamen des Häuptlings She-she-quoi-me-gon vergessen hatte. Diesen Namen hatte ihm Bobasheela selbst beigelegt, und zwar aus dem Grund, weil ihn der Häuptling mit einem She-she-quoin (oder einer geheimnisvollen Klapper) beschenkt hatte, dem gewöhnlichen Kennzeichen, welches jedem zuerkannt wird, der zum Rang eines Doktors oder Bruders erhoben wird.