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Felsenherz der Trapper – Teil 13.3

Felsenherz der Trapper
Selbst Erlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 13
Das Vermächtnis des Buschkleppers
Drittes Kapitel

Jobb bewährt sich

Inzwischen hatten die vier Gefährten ihre Waffen an einem der Feuer auf den Boden gelegt und sich an demselben Feuer niedergelassen.

»Nun wird die Bande sich gleich über uns hermachen und uns fesseln!«, brummte der dicke Jobb. »Na, ein Trost ist so dabei: Die roten Halunken werden uns hier nicht sofort abtun, sondern damit fein warten, bis sie am Grab des Großen Bären das Siegesfest mit der Hauptprogrammnummer ›Felsenherz, Chokariga und die beiden Trumms am Marterpfahl‹ feiern! Aha – da schleichen die Rotfelle schon herbei. Sie trauen uns nicht. Und dabei liegen unsere Waffen …«

Der kleine, wohlbeleibte Jobb musste hier seiner Zunge vorläufig Schweigen gebieten, da die Apachen jetzt wie die Teufel mit einem geradezu wahnwitzigen Geheul herbeigestürmt kamen.

Im Nu hatten sie dann die vier aufs Brutalste mit Lederriemen gefesselt.

Nicht minder rasch war der Schnelle Büffel über die beiden Leichen Fred Summers und des langen Hilpray hergefallen und hatte sie gegen die Vereinbarung skalpiert, ließ sie nun in die Blockhütte werfen, ließ auch den toten Falben hineinzerren und schleuderte nun den ersten Feuerbrand in das niedrige Blockhaus.

Bald lohten hohe Flammen gen Himmel.

So fand der Greis in derselben Hütte, in der er viele Jahre einsam zugebracht hatte, für immer eine Ruhestätte unter dem zusammenstürzenden Gebälk.

Als Jobb diese Schändlichkeit und Wortbrüchigkeit der Apachen aus nächster Nähe mit ansehen musste, konnte er nicht länger an sich halten und rief dem Schnellen Büffel zu: »Lügnerischer Hund! Ehrst du so tapfere Krieger? Hast du nicht versprochen, die beiden unskalpiert begraben zu lassen? Elender Pimo1, du bist ein …«

Der Oberhäuptling war schon zugesprungen und hatte den kleinen Trapper mit der Faust ins Gesicht geschlagen, spie ihn nun noch an und brüllte schäumend vor Wut: »Der kleine Jäger wird als Letzter am Marterpfahl sterben, wird vorher zuschauen, wie die drei anderen jammernd um ihr Leben flehen!«

Jobbs Nase war durch den Schlag ganz in die Breite gegangen. Blut lief ihn über das Kinn hinab. Und doch sagte er jetzt, indem er ebenfalls nach dem Apachen spie: »Der Schnelle Büffel stinkt vor Feigheit! Nimm mir die Fesseln ab, dann will ich dir schon zeigen, dass ich dich nicht fürchte, ich, der Unbewaffnete! Aber … der schnelle Büffel hat nur Mut, wenn er einen Wehrlosen vor sich hat!«

Ein dichter Kreis von Apachen war Zeuge dieser Szene.

Jobbs Kühnheit schien ihnen doch zu gefallen. Ein Beifallsmurmeln durchlief den Kreis.

Der Schnelle Büffel glaubte bei der augenblicklichen Stimmung seiner Krieger sein Ansehen dadurch zu erhöhen, dass er auf des kleinen Trappers Herausforderung zum Zweikampf einging.

»Man binde das Blassgesicht los«, sagte er verächtlich. »Gebt ihm sein Messer. Auch der Schnelle Büffel wird nur mit dem Messer kämpfen.«

Die Feuer wurden zu neuer Glut angefacht. Dann reichte ein Apache dem dicken Jobb das Jagdmesser. Aber der warf es wieder weg.

»Der schnelle Büffel wird mich leicht besiegen«, meinte er jetzt scheinbar ängstlich. »Er ist fast doppelt so groß als ich. Er möge mir erlauben, dass ich eine der Lanzen seiner Krieger als Waffe benutze.«

Der Oberhäuptling nickte nur.

Man brachte eine der gut vier Meter langen Lanzen herbei.

»Ich werde mich dort an die Felswand stellen und mich so verteidigen!«

Er tat dabei so kläglich, dass die Apachen ihn jetzt mit Schmährufen überhäuften.

Und doch war all das nur kluge Berechnung, wie es sich sofort zeigte.

Jobb lief, die Lanze mit beiden Händen dicht unter der Spitze haltend, auf die nördliche Talwand zu. Mit einem Mal aber stemmte er das untere Ende des Lanzenschafts auf die Erde, gab sich einen mächtigen Schwung, benutzte die Lanze als Sprungstock und landete glücklich oben auf einem Vorsprung, der fast zweieinhalb Meter über der Talsohle lag.

Dann ließ er den Speer fallen, griff mit den Händen nach einer Kiefer, die sich noch höher in einer Ritze eingenistet hatte, zog sich empor, kletterte am Stamm hoch und wagte von der Spitze des Baumes den neuen Sprung zu den dicken Ranken einer Hopfenstaude, deren grüner Vorhang hier das kahle Gestein bedeckte.

Jetzt erst begannen die Apachen auf den kleinen Dicken zu schießen. Doch der schwang sich schon mit einer Gewandtheit, die niemand ihm so leicht zugetraut hätte, noch weiter hinauf, erreichte abermals eine kleine Terrasse der Steilwand, fand wieder eine verkrüppelte Kiefer, die ihn ein Stück aufwärts brachte, hörte die Kugeln ringsum gegen das Gestein klatschen, entdeckte ein paar Felszacken, die den Händen und Füßen genügend Halt gaben, kletterte mit verzweifelter Tollkühnheit weiter und gelangte auch unverletzt bis auf die Höhe der Wand, warf sich hier zu Boden, holte ein paarmal tief Luft und kroch der nächsten Schlucht zu, begann zu laufen und setzte seine Flucht etwa eine halbe Stunde fort, bis er die Berge hinter sich hatte und im Bogen zum Big Salt Creek zurückkehren konnte.

Die Wut der Apachen im Tal kannte keine Grenzen.

Der Schnelle Büffel hätte jetzt die drei anderen Gefangenen am liebsten auf der Stelle getötet. Aber die ältesten seiner Krieger hielten ihn zurück, indem sie ihm erklärten, dass die ganze Apachennation das Leben der Gefangenen zu fordern hätte, die schon vorher im Rat der Alten für den Martertod am Grab des Großen Bären bestimmt worden seien.

So kam es denn, dass die mehr als waghalsige Flucht des dicken Jobb, die ja nur infolge der geringen Treffsicherheit der Indianerflinten geglückt war, für seine Gefährten keine nachteiligen Folgen hatte.

Felsenherz, der Schwarze Panther und Robb wurden dann in das Lager hinabgeschafft, wo man sie so raffiniert an drei ihrer Äste beraubte Tannen fesselte, dass eine Befreiung auch infolge der zwölf ständigen Wächter, die im Kreis um die Gefesselten herumhockten, einfach ausgeschlossen schien.

Der Schnelle Büffel hatte inzwischen hundert Krieger ausgeschickt, die den dicken Jobb wieder einfangen sollten. Fünfzig andere Apachen waren vorher zur Verfolgung Lydia Summers aufgebrochen.

Es war jetzt kurz nach Mitternacht. Im Apachenlager herrschte noch reges Leben. Keiner der Krieger dachte daran, sich zum Schlaf niederzulegen. Viele der Apachen hatten die beiden berühmtesten Weltmänner bisher nicht von Angesicht zu Angesicht geschaut und standen nun in Gruppen um die vier Feuer, die mitten im Lager bei den drei Tannen angezündet worden waren.

Das Zelt des Schnellen Büffels erhob sich dicht an dem hohen, felsigen Ufer des etwa zwölf Meter breiten Big Salt Creek, dessen Wasser hier schäumend und gurgelnd über zahlreiche in seinem Bett liegende Felsblöcke hinwegschoss.

Der Oberhäuptling hatte die erbeuteten Waffen der Gefangenen vorläufig in sein Zelt bringen lassen. Sie sollten erst später verteilt werden.

Er saß jetzt mit den drei ältesten Kriegern an einem kleinen Feuer vor dem Zelteingang und starrte in dumpfer Wut in die Flammen. Sein erstes Auftreten als Oberhäuptling war nicht gerade vom Glück begünstigt gewesen. Abgesehen davon, dass seine Krieger hier zehn Tote und Verwundete zu beklagen hatten, waren auch zwei der Blassgesichter entkommen.

All dies trug mit dazu bei, den Grimm des Schnellen Büffels ins Unermessliche zu steigern. Er sah ein, dass irgendetwas von seiner Seite geschehen müsse, um das durch diese Misserfolge erschütterte Vertrauen seiner Krieger zurückzugewinnen.

Während er hierüber noch nachgrübelte, während kaum vier Meter hinter seinem Zelt und den Uferbüschen der Big Salt Creek rauschte und schäumte, war in dem flachen Wasser des Baches ein harmloser, offenbar losgerissener Strauch stromabwärts gekommen.

Seltsam – dieser Strauch machte plötzlich halt, und zwar gerade vor einem der Felsblöcke, die dem Lager gegenüber aus dem Bachbett emporragten.

Noch seltsamer – unter diesem Strauch kam jetzt eine zu einer unförmigen Masse geschwollene Nase zum Vorschein, über der zwei listige Äuglein funkelten.

Diese Nase konnte nur dem wohlbeleibten Jobb gehören. Und diese Kühnheit, sich so in die nächste Nähe des Lagers zu wagen, sah ja auch dem kleinen Dicken ganz ähnlich.

Nachdem unser Jobb dann vorsichtig Umschau gehalten hatte, verbarg er seinen Kopf wieder in dem Strauch und bewegte sich dem Ufer zu.

Er hatte sehr wohl die drei Apachenwachen bemerkt, die auf der anderen Seite des Baches beständig auf und ab schritten. Doch sie störten ihn nicht. Als er erst im Schutz des hohen Ufers unter dem Wurzelwerk einiger unterspülten Weiden angelangt war, als er hier eine Weile ausgeruht hatte, schob er sich behutsam in dem hier wuchernden Gestrüpp die Böschung hinauf und lag nun dicht hinter dem Zelt des Schnellen Büffels im hohen saftigen Gras.

Wenn er links an dem Spitzzelt vorübersah, konnte er die drei dort an den Bäumen festgebundenen Gefangenen beobachten. Sie standen alle drei mit dem Gesicht zum Häuptlingszelt zu.

Jobb überlegte, wie den Freunden geholfen werden könne. Er hatte erst gehofft, dass es sich vielleicht ermöglichen ließe, sie durch ein paar Messerschnitte zu befreien, nachdem man sich nahe genug herangeschlichen hätte. Diesen Gedanken musste er aufgeben.

Während er so dalag und abermals zu den drei Gefährten hinüberspähte, gewahrte er etwas, das ihn wieder von Neuem hoffen ließ.

Hm – wenn er jetzt nur eine oder zwei Büchsen zur Hand hätte! Vielleicht traf ja zu, was er vermutete und was ihn bewogen hatte, sich gerade an des Schnellen Büffels Zelt heranzupirschen, nämlich dass die erbeuteten Waffen von dem Oberhäuptling vorläufig nach alter Indianersitte in Verwahrung genommen worden waren und hier im Zelt sich befanden.

Der dicke Jobb hatte leider nicht einmal sein Jagdmesser mehr. Er war nur auf seine Hände angewiesen.

Er schob sich noch näher an das Zelt heran, hinter dem es ganz dunkel war. Hier im Zeltschatten begann er den einen Zeltpflock zu lockern. Als er die Lederhäute genügend lüften konnte, kroch er langsam darunter weg, ließ nur die Beine draußen, betastete den Boden und fühlte mit einem Mal das kühle Eisen eines Büchsenlaufes.

Vor dem Zelteingang hingen als Verschluss zwei Felle. Sie standen etwa eine Handbreit auseinander. So konnte Jobb auch die vier Apachen dort dicht vor sich ständig im Auge behalten.

Mit unendlicher Vorsicht und Geduld schaffte er zunächst zwei Büchsen und zwei Pulverhörner rückwärts ins Gebüsch.

Dann kehrte er wieder in das Zelt zurück. Der Schnelle Büffel und die drei alten Krieger hockten noch genauso stumpfsinnig da wie vorhin.

Und abermals verschwanden zwei Büchsen und zwei Pulverhörner.

Beim dritten Mal suchte Jobb mit zunehmender Keckheit den ganzen Rest der Waffenbeute zusammen und verbarg alles in den Sträuchern dicht am Ufer. Nun hatte er wieder sein Jagdmesser, hatte seinen Tomahawk, seine Büchse und die doppelläufige Pistole, die jeder der beiden Trumms außer den gewöhnlichen Trapperwaffen mit sich führte. Nun war er erst wieder richtig der dicke, freche Jobb.

Er grinste wohlgefällig, ließ die Büchse und die Pistole zurück und durchquerte den Bach, wobei er wieder den oft erprobten Trick anwandte, den Kopf unter einem Strauch zu verstecken.

Die drei Wachen am anderen Ufer waren soeben abgelöst worden, was Jobb genau beobachtet hatte. Diese drei Posten zeigten sich nicht gerade allzu aufmerksam, denn sie wussten ja, dass hundert Meter weiter zur offenen Prärie zu die Mustangs von zehn anderen Kriegern bewacht wurden.

Unser Jobb musste nun diese drei unbedingt aus dem Weg räumen, wenn er seinen Plan vollständig zu Ende führen wollte.

Für einen so alten Westläufer, wie er es war, bot die Beseitigung von drei Rothäuten in einem so gras- und buschreichen Gelände nicht viel Schwierigkeiten, zumal es noch von Vorteil war, dass die Wächter mehr Interesse für die Vorgänge im Lager drüben als für ihre nächste Umgebung hatten.

Sie schlenderten stets auf derselben Linie auf und ab. Wenn sie sich trafen, blieben sie stehen und wechselten ein paar Worte.

Jobb machte sich zuerst an den am weitesten nach Norden Postierten heran. Als dieser den äußersten Punkt seines Abschnittes erreicht hatte und hier von den beiden anderen nicht gesehen werden konnte, schlug der kleine Trapper ihn mit dem Tomahawk von hinten nieder.

Der Apache stieß zwar noch einen leisen Schrei aus, aber das Gurgeln und Brausen des Baches übertönte diesen letzten Ruf des Wächters vollkommen.

Fünf Minuten später entführte der Bach drei Leichen. Nun war für Jobb der Weg über das schmale Gewässer frei. Nun konnte er in aller Ruhe sämtliche Waffen nach Südost zu in einigen felsigen Hügeln verbergen, die sich hier wie eine Abzweigung der Big Salt Mountain in die Prärie hinausschoben.

Als er dies glücklich erledigt hatte, wandte er sich nach links dem flachen Tal zu, wo außer den Apachenmustangs auch die vier Reittiere des blonden Trappers und seiner Gefährten weideten. Felsenherz’ Brauner und Chokarigas prachtvoller Rappe, ebenso die beiden Maulesel der Trumms, die auf die Namen Minni und Finni hörten, hatten sich jedoch von den Mustangs abgesondert, da die Indianergäule kein fremdes Tier unter sich dulden. Mit gefesselten Vorderbeinen benagten sie ein paar Sträucher. Sie waren noch gesattelt und gezäumt, denn der Schnelle Büffel hatte ja ursprünglich beabsichtigt, sofort zur Llano und dem Grab des Großen Bären aufzubrechen.

Die zehn Pferdewächter kümmerten sich kaum um die Tiere. Das Tal war mit kleinen Büschen bestanden, die die Übersicht erschwerten.

Jobb hatte sehr schnell die Fesseln der Vorderbeine der vier Tiere durchschnitten, nahm den Rappen und den Braunen am Zügel, rief den Mauleseln nur einen leisen Befehl zu und machte sich wieder davon. Minni und Finni liefen von selbst hinterher. Kaum hatte er die Tiere dann in derselben kleinen Schlucht der felsigen Hügel untergebracht, wo sich auch die Waffen befanden, als er eilends mit seiner Büchse und der des blonden Trappers zum Creek zurückkehrte.

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  1. Schimpfname für die Apachen