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Gold Band 2 – Kapitel 04.2

Friedrich Gerstäcker
Gold Band 2
Ein kalifornisches Lebensbild aus dem Jahre 1849
Kapitel 4
Die deutsche Gesellschaft
Teil 2

Der Mann war schon lange im Zelt verschwunden und hatte seine letzten Worte gar nicht mehr gehört.

Das Zelt war übrigens das richtige, denn gleich am Eingang fand der Justizrat diesmal den Schwarzen, der ein paar alte, schon sehr oft geflickte Hosen vor sich auf den Knien liegen hatte, und emsig beschäftigt war, einen neuen Flecken der bunten, ihm vorangehefteten Sammlung beizufügen. Wie das erste Mal stand er auch bei des Fragenden Eintritt nicht auf oder hielt in seiner Beschäftigung inne. Er nickte nur auf den kurzen Gruß des Deutschen einfach mit dem Kopfe und sagte: »Want your washing?«

»Yes!«, erwiderte der Justizrat und machte, sich feiner Schwäche im Englischen bewusst, eine heftige Bewegung mit beiden Händen, als ob er ein Stück Wäsche dazwischen verarbeite. Der Alte sah aber gar nicht von seiner Arbeit auf und deutete nur mit dem Daumen seiner rechten Hand über die Schulter zu der einen Zeltecke, wo der Justizrat allerdings einen ganzen Haufen gewaschener, aber keineswegs gebügelter und zusammengelegter Hemden, wie er das doch immer gewohnt gewesen war, liegen sah. Er versuchte dem Schwarzen jetzt allerdings verständlich zu machen, was er meine. Dieser sah ihn aber nur einen Augenblick verwundert an und nähte dann ruhig weiter, ohne sich mehr um den Fremden zu bekümmern.

Erst als der Justizrat eines der obenauf liegenden Hemden nahm, es ihm vorhielt und dann deutlich die Bewegungen des Plättens machte, lachte der Alte verächtlich und sagte: »Never you mmd; you just put tbem so on.1«

Der Justizrat hatte keine Ahnung, was der Mann meinte, ging aber endlich, als sich dieser gar nicht weiter mit ihm einließ, zu der dort wild aufgetürmten Wäsche, seine eigenen seinen Hemden darunter auszusuchen. Das war übrigens vergeblich. Er fand kein einziges Stück. Tomlins verweigerte ebenfalls jede fernere Unterhandlung in Deutsch, und der Justizrat lief endlich in Verzweiflung auf die Straße hinaus, irgendjemanden aufzusuchen, der ihm dolmetschen könne.

Dort kam gerade Graf Beckdorf die Straße herab, und an diesen wandte er sich denn auch ohne Weiteres, ihm zu helfen.

»Jawohl, lieber Justizrat«, sagte der junge Mann, der schon von den Eigentümlichkeiten des Deutschen gehört. »Mit dem größten Vergnügen. Will der Schwarze Ihre Wäsche nicht herausgeben?«

»Kerl versteht mich nicht«, sagte der Justizrat ärgerlich. »Holzkopf – spreche doch deutsch.«

»Das ist vielleicht die Ursache«, gab der Graf lachend von sich. »Aber kommen Sie nur mit hinein; wir wollen bald sehen, wie die Sache steht.«

Tomlins rührte sich nicht, als auch die beiden das Zelt wieder betraten. Auf Graf Beckdorfs Anfrage, wo die reine Wäsche des Herrn da zu finden sei, deutete er nur einfach wieder nach dem vorhin schon umsonst durchwühlten Haufen, der vielleicht einige dreißig der verschiedenartigen baumwollenen, oft sehr arg zerrissenen Hemden enthalten mochte.

»Aber sie sind nicht dabei«, rief der Deutsche ärgerlich.

»Tomlins, hast du keine andere Wäsche wie die da?«, fragte ihn jetzt der Dolmetscher.

Tomlins schüttelte mit dem Kopf, zeigte aber nichtsdestoweniger auf einen anderen Haufen noch schwarzer Wäsche, der in dem Winkel gegenüberlag.

»Das da drüben«, sagte er dabei, »ist die Woche gekommen und wird morgen gewaschen – das da ist alles, was noch von früher da ist.«

»Wann haben Sie Ihre Wäsche hierher gebracht, Herr Justizrat?«

»O, vor drei Wochen.«

»Der Herr hier, Tomlins, hat seine Hemden vor drei Wochen schon an dich abgeliefert.«

Die Antwort war das wiederholte Deuten nach dem reinen Haufen Wäsche, dann aber jagte der Alte: »Segne mich – drei Wochen – ist eine lange Zeit – das aber sind die Hemden, die ich seitdem gewaschen habe. Jeder Gentleman kommt und sucht sich feine Hemden aus. Tomlins kümmert sich nicht weiter darum. Wie viel Stücke waren es?«

»Wie viel Stück hatten Sie, Justizrat?«

»Sieben.«

»Sieben, Tomlins.«

»Gut, soll er sich sieben da aussuchen und zahlt ein drei viertel Dollar. Wer erst kommt, kriegt immer die Besten.«

»Da haben wir die Bescherung«, sprach der Graf und lachte sich eins. »Jetzt kann ich Ihnen die Sache erklären, mein bester Justizrat. Der alte Wollkopf hier betrachtet die verschiedenen Stücken Wäsche als Vierteldollar, von denen einer so gut ist wie der andere. Was er gewaschen hat, wirft er dann auf einen Haufen, und so nur jeder die eingelieferte Stückzahl wieder erhält, glaubt er ihn für vollkommen befriedigt.«

»Aber meine Hemden nicht dabei.«

»Jedensalls waren sie dabei, und ein früher Gekommener hat sie den seinen vorgezogen.«

»Das glaube der Teufel!«, rief der Justizrat ärgerlich. »War feines Leinen – Kerl muss sie bezahlen.«

»Du lieber Gott, bei wem wollen Sie ihn hier verklagen? Wir haben in dem Augenblick nicht einmal einen Alkalden. Wenn Sie meinem Rat folgen, so suchen Sie sich sieben der Besten unter dem Haufen aus …«

»Von den Lumpen?«

»Zu der Arbeit sind sie gut genug – und machen es später wie ich.«

»Wo lassen Sie denn waschen?«

»Ich wasche selber«, sagte der junge Mann.

»Selber?«

»Ja, lieber Gott, hier muss man manches lernen, an das man früher nicht gedacht hat. Aber es wird spät, lieber Justizrat, und ich habe noch zu tun. Guten Morgen – guten Morgen, Tomlins.«

Der Justizrat grüßte höflich, der alte Schwarze nickte nur mit dem Kopf, und der junge Mann überließ es dem Ersteren, sich in der »reinen Wäsche« zurechtzufinden, wie er eben konnte.

Was Lamberg, Binderhof und Hufner betraf, so fanden sie allerdings dort, wo sie ihren zweiten Versuch machten, etwas Gold und deckten dadurch wenigstens die Auslagen, die sie für Lebensmittel hatten. Wo aber blieben da die erhofften, ja erwarteten Schätze? Loch nach Loch wurde niedergegraben, Maschine nach Maschine ausgewaschen, und immer drehte sich das Resultat um wenige Dollar – um einfachen Tagelohn für ihre harte ungewohnte Arbeit.

Herr Hufner besonders war darüber sehr niedergeschlagen und wurde es noch mehr, als er ihr Beispiel keineswegs vereinzelt dastehen sah. Die Preußen mit ihrem bewaffneten Lager hatten schon längst ihre Schildwache eingezogen und mit an die Arbeit genommen, endlich ihren Lagerplatz gewechselt, ohne eine neue Schanze aufzuwerfen, und zuletzt sogar, als sie nicht einmal genug Gold fanden, ihre Unkosten zu bestreiten, sich getrennt. Der Riese wanderte mit zweien seiner Trabanten anderen Minen zu, sein Glück dort noch einmal zu versuchen, und die beiden anderen verkauften ihre Waffen an einige Franzosen, um mit dem Erlös derselben sich wenigstens wieder neuen Kredit zu verschaffen.

Der Komet war schon vor einiger Zeit, nachdem er sämtliche Zelte im Paradies angeborgt, und von keinem auch mehr einen Schluck Branntwein ohne Geld bekommen konnte, eines Morgens spurlos verschwunden. Seinem Kompagnon hatte er allerdings gesagt, er wolle Provisionen auf Spekulation kaufen, und er sprach da keine Lüge – er nahm alle seine Provisionen auf Spekulation – aber im Paradies ließ er sich nicht wieder sehen. Was sollte er auch an einem Orte tun, wo ihn jeder kannte.

Trotz des nun eben nicht sehr günstigen Resultates, das die Goldwäscher in den »reichen Minen« des Teufelswassers gewonnen hatten, strömten noch fortwährend von San Francisco her neue Einwanderer in das Paradies. Schon der Name klang verlockend, und die fabelhaften Berichte der Zeitungen – wenn es auch Lügen gewesen waren – wirkten noch fort und brachten den Händlern wenigstens Gewinn.

Selbst noch drei Wochen nach den vorbeschriebenen Szenen kamen neue Wagen mit Gepäck, Fußwanderer nebenher schlendernd, Kisten und Kästen im Paradies abzuladen. Viele der hier früher angekommenen Miner benutzten aber dann nicht selten solche »Retourgelegenheiten«, ihre paar Habseligkeiten aufzupacken und entweder nach San Francisco zurückzukehren oder auch andere Minen aufzusuchen. Taten sie das Erstere, so verkauften sie gewöhnlich ihr Zelt und ihr Handwerkszeug, das man dann oft zu spottbilligen Preisen erstehen konnte.

Es war eines Abends spät im August, dass unsere vier deutschen Freunde in ziemlich guter Laune bei ihrem Nachtmahl saßen. Der Justizrat besonders war gerade heiter gestimmt, da er heute zum ersten Mal die tollen Berggrabungen aufgegeben und unten im Bach für einige Dollar Gold ausgewaschen hatte.

Auch die drei anderen, trotzdem dass sich Lamberg wie Binderhof, soweit das immer ging, von der Arbeit drückten, »machten erträglich aus«, und der Justizrat glaubte sein erst gefundenes Gold nicht besser anwenden zu können, als ein paar Flaschen Wein dafür zu kaufen, die jetzt eben gemeinschaftlich getrunken wurden.

Vor einer Weile hatten sie wieder eine Karawane – die aber doch jetzt schon seltener wurden – den schmalen Weg heraufkommen sehen, aber nicht weiter darauf geachtet. Jetzt sahen sie unten einen Mann in einer wunderlich geformten Mütze stehen, der sich augenscheinlich nach irgendjemandem zu erkundigen schien, und endlich wurde er von einem Amerikaner dort hinaufgewiesen.

»Donnerwetter«, sagte da Lamberg, plötzlich von seinem Sitz aufspringend. »Der da unten sieht genau so aus, als ob es der Assessor wäre.«

»Ja, der kommt nicht in die Minen«, sprach Binderhof und lächelte, »dem gibt die Frau Siebert keinen Urlaub.«

»Haben wahrhaftig recht«, sagte aber auch in diesem Augenblick der Justizrat. »Ist der Assessor – hm – angenehm. Guter Kerl – kommt gerade recht.«

»Na, da haben wir ein neues Exemplar für die Minen«, erwiderte Binderhof lachend. »Der und Sie, Justizrat, sollten eigentlich Compagnie machen.«

»Wollen wir auch«, sagte der Justizrat bestimmt, der sich schon lange von seinen drei Zeltgefährten, wenigstens von Binderhof getrennt haben würde, hätte er sich nicht so vor dem Kochen gefürchtet. Das alles konnte jetzt der Assessor besorgen, während er ihm seine Erfahrung als vierwöchentlicher Goldwäscher entgegenbrachte. Sein Entschluss war gefasst.

Der Assessor, denn es war in der Tat diese würdige Persönlichkeit, kam indessen langsam den Hügel heraufgestiegen und schien sich unterwegs nur noch einige Male unschlüssig umzusehen, als ein »Hallo Assessor! Hierher!«, das ihm Binderhof entgegenschrie, seine Schritte beschleunigte und direkt dem Zelt zulenkte. Die vier Deutschen, die ihm jetzt ihr Willkommen zujubelten, hatte er auch bald erreicht. Durch das Bergsteigen aber erhitzt, war ihm die Brille angelaufen, und er bedurfte einiger Zeit, diese abzuwischen und seine alten Reisegefährten zu erkennen. Dann zeigte sich seine Freude aber auch um so größer und der gutmütige Mann sogar so gerührt, dass ihm ordentlich die Tränen in die Augen kamen.

Jetzt musste er erzählen, wie es ihm gegangen war, und was die Frau Siebert mache. So bereit er indessen schien, dem Ersteren zu willfahren, so zurückhaltend blieb er mit allem, was Frau Siebert betraf, und berichtete von ihr nur, dass sie sich so weit wohl befinde und sehr hübsches Geld durch Waschen und Ausbessern verdiene.

»Und wie sind Sie hier heraufgekommen, Herr Assessor? Wie haben Sie uns eigentlich hier aufgefunden?«, fragte da Herr Hufner.

»Oh«, sagte der Assessor, »ich hatte schon lange von Ihren reichen Minen hier gehört, und den großen Stücken, die hier gefunden werden.«

»Ja«, brustete Binderhof los, »furchtbar Große.«

»Nun? Ist das nicht der Fall?«, fragte der Assessor rasch.

»Fahren Sie nur fort«, sagte aber Lamberg. »Wie es hier steht, werden Sie in den ersten Tagen selbst herausbekommen. Mit wem sind Sie hergefahren? Denn allein hätten Sie den Weg im Leben nicht gefunden.«

»Mit alten Reisegefährten und Schiffskameraden von uns«, erzählte der Assessor weiter, »die ich – Herr, du meine Güte, da hätte ich ja beinahe etwas vergessen. Ich habe einen Brief für Sie, Herr Hufner.«

»Für mich?«, rief der junge Mann erstaunt. »Von San Francisco?«

»Ja«, sagte der Assessor, indem er seine große Brieftasche aus der Brusttasche herausarbeitete und dicht darübergebeugt in deren zahlreichen Fächern zwischen den Papieren suchte. »Eine … junge … Dame … ist dort … ist dort … angekommen.«

»Eine junge Dame?«, schrie Herr Hufner, während er totenbleich wurde und erschreckt in die Höhe sprang.

»Aber die Freude«, bemerkte Binderhof lachend. »Jetzt haben wir die Beschwerung; nun ist die Braut eingetroffen. Ja, die müssen Sie nun schon mit in die Minen heraufholen.«

»Aber das ist ja gar nicht möglich!«, rief Hufner.

»Hier ist er … Gott sei Dank …«, sagte der Assessor, »ich fürchtete schon, ich hätte ihn verloren.«

»Aber sie sollte ja erst drei Monate später …«

»Lesen Sie nur die Epistel«, ermahnte Binderhof, der selber gespannt darauf war, »da haben Sie denn nachher alles schwarz auf weiß. Alle Wetter, jetzt wird die Geschichte interessant.«

Hufner riss mit zitternden Händen das Siegel auf, aber er ging mit dem Brief ein Stück von dem Zelt fort, um ihn ungestört lesen zu können, während der Assessor in seinem Reisebericht fortfahren musste.

»Also mit alten Schiffskameraden traf ich zusammen, wie ich schon vorhin erwähnte … ja, Herr Justizrat … anständige, liebe Leute … der Amerikaner Mister Hetson.«

»Der Verrückte?«, sagte Binderhof.

»Bitte um Verzeihung – er war allerdings eine kurze Zeit sehr unwohl, wurde aber durch Herrn Doktor Rascher wieder vollständig hergestellt, und gedachte sogar mit uns in die Minen zu fahren. Da ihm jedoch die Vorbereitungen wahrscheinlich zu lange dauerten, ist er schon ein paar Tage früher aufgebrochen und hat nur versprochen, hier in diesem Städtchen wieder mit uns zusammenzutreffen.«

»Der alte Doktor will auch Gold waschen?«, scherzte Lamberg.

»Bitte um Verzeihung«, sagte der Assessor, »er geht nur botanisieren und hat sich ein eigenes Maultier gekauft, seine anzulegende Sammlung darauf zu transportieren. Nachdem, was ich auch bis jetzt von den Bergen und Tälern gesehen habe, muss er eine ganz wunderbare und reichhaltige Flora finden.«

»Und sonst war niemand weiter von unserem Schiff dabei?«

»Von unserem Schiff? Nein – doch ja, allerdings, der Koch und der Zweite Steuermann, die zusammen weggelaufen waren, und außerdem nur noch einige Fremde«, fuhr der Assessor fort. »Besonders ein Spanier mit einer sehr liebenswürdigen jungen Dame, seiner Tochter, die, wenn ich nicht irre, der alte Herr Doktor Rascher der Frau Hetson zur Begleitung empfohlen hatte. Wir waren eine sehr hübsche Karawane, das muss ich sagen, und ich habe mich wirklich vortrefflich unterwegs amüsiert.«

»Na, Hufner, wie ist es?«, rief diesem jetzt Lamberg entgegen, als er wieder zu ihrem Essplatz kam. »Richtig angekommen?«

»Herr, du mein Gott, Herr Lamberg«, rief aber der junge Mann, » geben Sie mir nur einen guten Rat, was ich tun soll. Sie ist wirklich in San Francisco eingetroffen.«

»Ihre Braut?«

»Ja – mit ihrer Mutter.«

»Heiland der Welt, die Schwiegermutter ist auch da!«, rief Binderhof lachend, »na, da gratuliere ich von ganzem Herzen.«

»Ja, aber was soll ich tun?«, klagte der arme Teufel. »Sie wissen alle miteinander, wie ich gearbeitet habe, und wie fleißig ich gewesen bin. Aber mit den paar Dollars, die ich bis jetzt imstande war, zu ersparen, kann ich ja doch wahrhaftig noch nicht heiraten – hier in Kalifornien heiraten.«

»Aber ich glaubte, sie sollte erst drei Monate nach Ihrer Abreise segeln?«, sagte Lamberg.

»Allerdings, aber vier Wochen früher ging eine mit ihr sehr befreundete Familie nach Valparaiso oder Chile, und da hielt sie die Gelegenheit für passender. Außerdem hat das Schiff eine so außerordentlich unglück…, eine so außerordentlich rasche, glückliche Reise gehabt und nur 95 Tage bis San Francisco gebraucht.«

»Das ist Pech«, sagte Binderhof.

»Raten Sie mir nur um Gotteswillen, was ich tun soll.«

»Da ist auch groß zu raten«, sagte da Lamberg. »Was Sie tun sollen, kommt hier gar nicht infrage, nur was Sie tun können, und das ist sehr einfach. Sie schreiben Ihrer Braut ganz aufrichtig, wie die Sache hier steht, dass Sie bis jetzt noch kein Gold gefunden haben, aber scharf dahinter her sind. Sie möchte sich deshalb nur noch etwas gedulden und ein klein wenig warten.«

»Aber was soll sie indessen in San Francisco beginnen?«

»Das ist ihre und der Schwiegermutter Sache. Weshalb fährt sie vier Wochen zu früh von Deutschland fort.«

»Wovon leben?«

»Versteht sie denn nichts zu arbeiten?«

»Sie hat die Putzmacherei gelernt.«

»Na, was brauchen Sie denn da große Sorge zu haben?«, rief Lamberg, »dann wird sie sich in San Francisco schon durchbringen, und vielleicht mehr Geld dort verdienen als Sie hier in den Minen.«

»Aber es sind ja gar keine Frauen in San Francisco.«

»Oh doch«, versicherte der Assessor, »ich habe verschiedene gesehen, und mit den letzten Schiffen ist eine große Anzahl eingetroffen.«

»Nun sehen Sie – da machen Sie sich also keine Sorgen. Wo Frauen sind, haben auch Putzmacherinnen Arbeit. Schreiben Sie Ihrer Braut also – oder soll ich ihr schreiben?«

»Nein, um des Himmels willen, das geht nicht. Ich muss jedenfalls selber schreiben …«

»Nun gut, dann schreiben Sie Ihrer Braut, was ich Ihnen gesagt habe, und wenn sie halbwegs ver­nünftig ist, wird sie einsehen, dass Sie recht haben. Morgen früh geht der gewöhnliche monatliche Postbote nach San Francisco, da haben Sie die schönste Gelegenheit, den Brief gleich fortzuschicken.«

»Und grüßen Sie Ihre Braut recht schön von uns«, sagte Binderhof.

»Ja, Sie können noch spotten«, meinte Herr Hufner, entsetzlich niedergeschlagen. »Mir ist jetzt aber gerade so zumute, als ob ich mir einen Zahn ausnehmen lassen sollte.«

Lamberg und Binderhof lachten, Hufner aber ging in das Zelt, sein Schreibzeug hervorzuholen, während der Justizrat, der dem Assessor erst sein Glas vollgeschenkt hatte, diesen jetzt an einem Knopf nahm und beiseite führte, und sich dann lange und angelegentlich mit ihm unterhielt.

Show 1 footnote

  1. »Das schadet nichts; zieht Ihr sie nur so an.«