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Interessante Abenteuer unter den Indianern 52

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Der Büchsenschütze von Chippewa

Die Chippewa sind ein zahlreiches Volk und bewohnen das Land nördlich vom Lake Superior, nicht weit von den Quellen des Mississippi. Sie werden in verschiedene Stämme eingeteilt, und man unterscheidet sie durch die Anzahl blauer oder schwarzer Linien, welche auf ihre Waangen und Stirnen tätowiert sind.

Reisende haben dieselben stets als »die friedlichen Stämme von Indianern beschrieben, welche in Nordamerika bekannt sind.« Sie sind nicht bemerkenswert wegen ihrer Gewandtheit als Iäger, und dies rührt ohne Zweifel daher, weil sie sich sowohl Wild als auch Fische mit der größten Leichtigkeit verschaffen können.

Wenn sie Hirsche verfolgen, so treiben sie dieselben zuweilen in die kleinen Seen und töten sie dann vom Kanu aus mit dem Speer. Zuweilen schießen sie dieselben mit Bogen und Pfeil, nachdem sie diese in Gehege, welche zu diesem Zweck erbaut werden, getrieben haben. Schlingen aus Hirschsehnen gefertigt, werden gleichfalls häusig gebraucht, um sowohl großes als auch kleines Wild zu fangen. Da alle diese Beschäftigungen erfordern bloß die Kraft der alten Männer und Knaben, so nehmen sie an diesen Arbeiten teil, welche bei den meisten Stämmen ausschließlich den Frauen überlassen sind.

Von Person sind die Chippewa nicht merkwürdig, sie sind im Allgemeinen stark, ihre Gesichtsfarbe ist schwarzbraun, ihre Gesichtszüge sind breit, und ihr Haar gerade und schwarz, was bei den meisten indianischen Stämmen der Fall ist. Aber sie besitzen nicht das durchdringende Auge, welches so allgemein die indianischen Gesichtszüge belebt.

Der Anblick der Frauen ist angenehmer als der der Männer. Sie tragen ihr Haar sehr lang und verwenden viel Aufmerksamkeit auf die Frisur desselben, indem sie es mit Bärenöl einreiben und mit vielem Geschmack flechten.

Sie scheinen mehr Aufmerksamkeit auf die Bequemlichkeit des Anzugs zu richten und weniger bekümmert um das äußere Ansehen desselben zu sein, als andere ihrer roten Brüder. Häute von Hirschen und Hirschkälbern, welche so geschickt mit dem Haar gegerbt sind, dass sie vollkommen geschmeidig sind, machen ihr Hemd oder ihren Rock aus, welcher um die Hüften mit einem Gürtel geschnallt ist, und bis zur Hälfte der Schenkel herabgeht.

Ihre Mokassins (Schuhe) und Leggins (Beinkleider) sind gewöhnlich zusammengenäht, und die Letzteren reichen bis an den Gürtel, an welchem sie befestigt sind. Eine Krause oder Binde umgibt den Hals, und die Kopfhaut des Hirsches wird in eine seltsame Art von Mütze verwandelt.

Ein langer Rock, der aus mehreren zusammengenähten Hirschhäuten besteht, wird über das Ganze geworfen. Dieser Anzug wird manchmal einfach getragen, aber im Winter ist er beständig doppelt, und zwar so, dass das Haar sowohl das Unterfutter als auch die Außenseite bildet.

So angekleidet legt sich ein Chippewa auf den Schnee und ruht bequem. Wenn er auf seinen Wanderungen über die zahlreichen Seen, an welchen sein Land Überfluss hat, zu wenig Nahrungsmittel mit sich führen sollte, so braucht er bloß ein Loch in das Eis zu hauen. Es misslingt ihm selten, einen Schwarzfisch oder Barsch herauszuziehen, den er über seinem kleinen Holzfeuer mit ebenso viel Geschicklichkeit röstet wie ein französischer Koch.

Zur Zeit der französischen und indianischen Kriege hatte die amerikanische Armee auf den Ebenen von Chippewa ein Lager bezogen. Oberst St. Clair, der Befehlshaber, war ein tapferer und verdienstvoller Offizier. Aber seine Tapferkeit stieg manchmal bis zur Übereilung, und seine Feinde haben ihn der Unbesonnenheit beschuldigt. Im gegenwartigen Fall mag er vielleicht diese Beschuldigung verdient haben, denn die Ebene, auf welcher er sich gelagert hatte, war von einem dicken Wald begrenzt, von welchem aus die indianischen Krieger seine Schildwachen leicht wegschießen konnten, ohne sich selbst der geringsten Gefahr auszusetzen.

Fünf Nächte waren verstrichen, und jede Racht wurde die Schildwache, die auf dem einsamen Außenposten in der Nähe des Waldes stand, erschossen. Diese wiederholten Unglücksfälle flößten den übrigen Soldaten solchen Schrecken ein, dass keiner sich erbieten wollte, den Posten zu übernehmen. Der Befehlshaber, welcher wusste, dass es bloß das Leben seiner Leute opfern hieß, ließ denselben einige Nächte unbesetzt.

Endlich bot ein Schütze des virginischen Korps seine Dienste zur Ausübung dieser gefährlichen Pflicht freiwillig an. Er lachte über die Befürchtungen seiner Kameraden und sagte ihnen, dass er beabsichtige, unverletzt zurückzukehren und am nächsten Morgen auf die Gesundheit seines Befehlshabers zu trinken. Die Wache marschierte bald danach auf, er schulterte seine Büchse und stellte sich in Reih und Glied. Er kam auf dem Platz an, welcher seinen Kameraden so verderblich gewesen war. Indem er seinen Mitsoldaten Gute Nacht wünschte, trat er die Pflichten seines Postens an. Die Nacht war finster, dicke Wolken hingen über dem Firmament und die Schildwache konnte in ihrem einsamen Gang kaum einen Stern erblicken. Alles war still mit Ausnahme der sich nach und nach zurückziehenden Schritte der Wache. Er marschierte vorwärts, blieb dann stehen und horchte, bis er glaubte, er höre den freudigen Ruf Alles ist richtig! Dann war alles still, und er setzte sich auf einen gefallenen Baum und begann nachzudenken. Plötzlich kam ihm ein leises Rascheln in den Gebüschen zu Ohren. Er blickte scharf nach dem Punkt hin, von welchem dasselbe herzurühren schien, aber er konnte nichts sehen, außer das undurchdringliche Dunkel des Waldes. Der Schall kam näher und ein wohlbekanntes Grunsen benachrichtigte ihn von der Ankunft eines Bären. Das Tier ging langsam an dem Soldaten vorbei und suchte darauf ruhig das Dickicht links. In diesem Augenblick schien der Mond glänzend durch die sich teilenden Wolken und der vorsichtige Soldat erkannte den verzierten Mokkasin eines Wilden an dem Gegenstand, welchen er einen Augenblick vorher für einen Bären hielt. Er hätte denselben im Augenblick erschießen können, aber er wusste nicht, wie viele andere solche Tiere bei der Hand sein mochten. Er schoss deshalb nicht, und da er eine vollständige Kenntnis der indianischen Pfiffigkeit hatte, so nahm er schnell seinen Hut und Rock ab, hing dieselben über einen Zweig des gefallenen Baumes, ergriff seine Büchse und kroch leise gegen das Dickicht. Er hatte dasselbe kaum erreicht, als ein Pfeil, der an seinem Kopf vorbeipfiff, ihm zu wissen gab, welcher Gefahr er so nahe entgangen war.

Er blickte sorgfältig um sich. Auf einem kleinen Fleck geklärten Landes zählte er zwölf Indianer, von welchen einige saßen, und einige der Länge nach auf den dick gestreuten Blättern des Waldes lagen.

In der Meinung, dass sie die Schildwache bereits erschossen hätten, und nicht denkend, dass sich jemand im Gehörkreis befände, waren sie ganz sorglos und unterhielten sich laut über ihre Pläne für den folgenden Tag.

Es schien, dass daselbst eine Beratung von zwölf Häuptlingen gehalten wurde, in welcher sich dieselben ernsthaft über die wirksamsten Mittel, den Feind zu beunruhigen, besprachen. Es wurde entschieden, dass am nächsten Abend vierzig ihrer Krieger zur Stunde, wo die Schildwache von ihren Kameraden verlassen wurde, bereit sein sollten; dass, sobald sich dieselben zurückgezogen hätten, ein Pfeil die Schildwache für immer zum Schweigen bringen sollte, worauf sie sich auf die Wache stürzen und dieselbe massakrieren wollten.

Sobald dieses beschlossen war, erhoben sie sich. Indem sie die zahlreichen Falten ihrer weiten Gewänder enger um sich schlugen, marschierten sie in indianischen Rotten1 in den dichten Wald, einen entfernteren Platz suchend, wo der Rauch ihres nächtlichen Feuers von den Weißen nicht bemerkt werden würde.

Der Posten erhob sich von seinem Versteck, kehrte auf seinen Platz zurück. Indem er seinen Hut herunternahm, fand er, dass ein Pfeil gänzlich durch denselben gedrungen war. Er hüllte sich dann in seinen Mantel und kehrte unmittelbar ins Lager zurück. Er verlangte den Befehlshaber ohne Aufschub zu sprechen, indem er sagte, dass er ihm etwas Wichtiges mitzuteilen habe.

Er wurde zu diesem gelassen, und als er alles, was er gesehen und gehört, erzählt hatte, verlieh ihm der Oberst das Patent eines Lieutenants im virginischen Korps, welches durch den Tod eines seiner unglücklichen Kameraden vor wenigen Nächten vakant geworden war, und erhielt den Befehl mit einer Piketwache bereit zu sein, eine Stunde früher als gewöhnlich zu dem verderblichen Außenposten zu marschieren, einen Hut und Rock auf die Zweige zu hängen und dann den Vorwitzigen einen Hinterhalt zu legen.

Am folgenden Abend marschierte, dem Befehl des Obersten St. Clair gemäß, eine Abteilung von vierzig Büchsenschützen, befehligt vom Lieutenant Morgan, um halb acht Uhr abends vom Lager zu der bezeichnten Stelle. Nachdem sie den Hut und Rock so befestigt hatten, um ihnen das Ansehen eines auf Wache stehenden Soldaten zu geben, schlichen sie leise weg und versteckten sich in den Gebüschen.

Hier lagen sie beinahe eine Stunde lang, ohne dass Zeichen von der Annäherung von Indianern gehört wurden. Die Nacht war kalt und still, und der aufgehende Mond glänzte in seiner ganzen Schönheit. Die Leute begannen unruhig zu werden über ihre unangenehme Lage. Ihre Kleider waren nicht so passend für ein Schneebett wie die Hirschhautgewänder der rüstigen Chippewa.

»Still«, wisperte Lieutenant Morgan, »ich höre das Rascheln der Blätter.«

Alsbald kam ein Bär von derselben Art wie der in der vorherigen Nacht Gesehene nahe am Hinterhalt vorbei. Er kroch bis an den Rand der Ebene, rekognoszierte, sah die Schildwache auf dem Posten, zog sich ein paar Schritte gegen den Wald zurück. Indem er sich dann plötzlich auf die Beine erhob, ließ er einen Pfeil fliegen, der die falsche Schildwache zu Boden brachte.

So ungeduldig waren die Virginier, den Tod ihrer Kameraden zu rächen, dass sie kaum warten konnten, bis der Lieutenant den Befehl zum Feuern gab – dann erhoben sie sich wie ein Mann, und ehe die Chippewa Zeit hatten, ihre Pfeile zu ziehen oder ihre Tomahawks zu ergreifen, lag mehr als die Hälfte ihrer Anzahl tot auf der Ebene. Die Übrigen flohen in den Wald, aber die Schützen feuerten noch einmal und töteten oder verwundeten mehrere von den Feinden. Hierauf kehrten sie im Triumph zurück, ihre Taten im Lager zu erzählen.

Zehn Häuptlinge fielen in jener Nacht, und ihr Fall war unzweifelhaft eine der Hauptursachen der Kriege der Franzosen und Indianer mit den Engländern.

Lieutenant Morgan stieg bis zum Capitain, kehrte am Schluss des Krieges nach Hause zurück und lebte bis zum Ausbruch des amerikanischen Krieges auf seinem eigenen Landgut. Dann erschien (an der Spitze eines Korps virginischer Büchsenschützen) unser Held, der tapfere und edle Oberst Morgan, besser bekannt als General Morgan, welchen Titel er durch seinen Mut und seine Fähigkeit bald erwarb.

Show 1 footnote

  1. Einer hinter dem anderen, und jeder Mann setzt in Reihenfolge seine Füße genau in die Fußstapfen des Führers, sodass man an ihren Fußstapfen nicht entdecken kann, ob es fünfzig Leute sind oder nur einer.