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Romantruhe-Western Band 16

Glenn Stirling
Romantruhe-Western Band 16
Unerbittliche Jagd 2. Teil

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, Juli 2017, 70 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Romantruhe-Archiv
www.romantruhe.de
Kurzinhalt:
Der von seinem Haziendero geknechtete Indio Pancho, der dann ein Rebell bei einem Bergbanditen wird, findet einen Freund: Jack, den blonden Hünen aus Texas. Sie haben einen gemeinsamen Feind: Don Esteban. Einst war er es, der Panchos Sippe knechtete, der mit dem Gewehr in der Hand zusah, wie ein Stier Panchos Vater tötete, aber nicht schoss, weil ihm der Stier wertvoller war als der Mann.

Pancho sinnt auf Rache. Und er ist nicht allein.

Das Schicksal hat zwei völlig verschiedene Menschen zusammengeführt, die sich aber doch ähneln: durch ihren anständigen Charakter, ihren Sinn für Gerechtigkeit, ihren Kampfgeist. Jack und Pancho machen sich an die unerbittliche Verfolgung des Verbrechers Esteban, auch wenn die Jagd quer durch die Hölle führt …

Und das macht sie zu verschworenen Freunden. Zusammen stehen sie auf gegen jenen Mächtigen, der sie und andere zertrampeln will … Es ist das Hohelied einer tiefen Freundschaft.

Leseprobe

Der Offizier der Rurales, ein gebildeter Mann, wusste, was er seinen Gästen schuldig war. Ein Bursche musste zu Ehren Jacks geschmuggelten Whisky besorgen. Mit übereinandergeschlagenen Beinen saßen die Weißen in dem kühlen Raum. Pancho hatte es bequemer gefunden, sich neben Jack zu hocken, eine Stellung, die er stundenlang aushalten konnte.

Mit den Fingerspitzen zwirbelte der Offizier seinen prächtigen, schwarzen Schnurrbart. Die riesigen talergroßen Sporen klirrten, wenn er mit den Füßen wippte. Ja, dieser Americano war ihm eine große Hilfe gewesen. Aus dem Brief hatte er erfahren, mit wem er es zu tun hatte. Endlich hatte man also einen Punkt, an dem man bei der Suche nach Don Esteban de Masablena alias Valdez ansetzen konnte. Die Waffenschmuggelei war den Rurales hin und wieder aufgefallen, aber sie hatten das Zentrum des Unternehmens nicht ausfindig machen können, weil sie nur immer Schmuggler kleinen Formats erwischt hatten, die selbst ihren Auftraggeber nicht kannten. Das, was ihm dieser blonde Riese da eben erzählt hatte, nötigte dem kleinen Offizier allen Respekt ab. Diese beiden Kerle waren tatsächlich mit elf Banditen fertig geworden. Und dass ein Gringo einen Indio seinen Freund nannte, hatte der Rural noch nie erlebt. Es musste etwas hinter diesem Americano stecken, wenn er es verstanden hatte, sich die Freundschaft dieser verstockten Indios zu erwerben. Caramba, das waren schon Teufelskerle, diese beiden Freunde da.

»Nun, Señor, wir werden noch heute Abend eine Razzia machen!«, erklärte der Offizier. »Ich lade Sie und Ihren Companero ein, daran teilzunehmen. Wir werden die Villa des Don Esteban umstellen. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass irgendeiner da herauskommt!«

 

*

 

Die Organisation der Rurales klappte wie am Schnürchen. Als die Nacht hereinbrach, war die Villa mit dem Türmchen in der Calle de la Libertad umstellt.

Mit dem Offizier und sechs Gendarmen drangen die Freunde in die Villa ein. Die Tür war nicht verschlossen. In sämtlichen, mit schönen Möbeln eingerichteten Räumen suchten die Männer. Aber kein Mensch war zu finden. Als sie in die oberen Gemächer kamen, bemerkten sie eine Unordnung ohnegleichen. Aufgerissene Schubladen an den Schränken und herumliegende Kleidungsstücke zeugten von einer hastigen Flucht. Ein Teil der Polizisten suchte im Keller und im Dachgeschoss weiter, aber der Vogel war ausgeflogen.

Die Männer machten enttäuschte Gesichter. Sie waren zu spät gekommen.

Noch eine geschlagene Stunde durchsuchten die Gendarmen das Gebäude, aber umsonst. Don Esteban war auf und davon. Dass er sich hier aufgehalten hatte, fanden die Rurales bestätigt durch Kleidungsstücke, die die Initialen des ehemaligen Grundbesitzers trugen.

Nun verließen die Rurales das Haus. Der Offizier versiegelte die Türen, und damit war das Gebäude vom Staate beschlagnahmt!

»Seien Sie nicht traurig, Señores! Eines Tages wird er gefasst!«, beschwichtigte der Offizier die betrübten Freunde.

Später verabschiedeten sich die Freunde. Sie ritten aus der Stadt hinaus in die freie Savanne. Sie zogen es beide vor, die Nächte lieber im Freien zu verbringen als in der erdrückenden Enge der Stadt. Schließlich waren Jack und vor allem Pancho Kinder der Wildnis.

Später saßen sie an einem kleinen Lagerfeuer und verzehrten ihre Tortillas, die sie in der Stadt erstanden hatten.

Pancho musterte kauend das mürrische Gesicht seines Freundes. »Was werden wir machen, Companero?«, fragte er.

»Hmm?« Jack schien aus seinen Gedanken aufgeschreckt zu sein. »Wir werden den Hund jagen! Don Esteban hat meine Eltern und die Ranch auf dem Gewissen, nicht zu vergessen die tapferen Muchachos, die er kaltblütig umbringen ließ. Ich werde den Schuft bis ans Ende der Welt hetzen!« Die letzten Worte stieß Jack förmlich hervor. Sein Hass auf den ehemaligen Haziendero war grenzenlos.

Pancho schien dagegen gar nicht sehr beeindruckt zu sein. Unablässig mahlten seine Zähne den zähen Maisfladen.

»Bueno«, sagte er ruhig, »dann werden wir also Don Esteban verfolgen! Seguro, es wird eine harte Jagd werden!« Für den Indio war es die natürlichste Sache der Welt, dass man diesen Banditen nicht ungestraft laufen lassen konnte.

»Dieser Abschnitt meines Lebens ist beendet, und es wird Zeit vergehen, bis wir den Burschen zu fassen bekommen, aber eines Tages wird es so weit sein!«

»Naturalmente, Toro!«, erwiderte Pancho schmatzend. »Was dachtest du? So groß ist die Welt gar nicht! Wir haben doch Zeit! Sooo viel Zeit …«

 

*

 

Jack und Pancho standen vor einer schwierigen Aufgabe Sie mussten nach langer Suche feststellen, dass sie zwei Wochen nach der Razzia in Matamoros nicht den Krümel einer Spur entdeckt hatten. Don Esteban de Masablena war und blieb verschwunden Keinerlei Anhaltspunkte konnten die beiden Freunde ausfindig machen.

Es kam der Augenblick, da Jack seinen letzten Centavo ausgab. Und nun mussten sie arbeiten, um wieder Geld zu verdienen. Zwar hatte Jack noch ein Konto in Fresnillo, aber sie waren jetzt bis nach Piedras Negras heraufgekommen. Einer kleinen Stadt, die ebenfalls am Rio Bravo (Rio del Norte) lag, an der Grenze von Mexiko und USA. Von da war es noch weit bis nach Fresnillo.

Die Freunde wollten keine Zeit verlieren. Deshalb beschlossen sie sich auf der anderen Seite des Flusses, in den Staaten, eine Arbeit als Cowboys zu suchen. Zunächst aber verkauften sie die beiden überzähligen Pferde. Mit dem Erlös kamen sie eine Zeit lang aus.

Zwischen Fort Duncan, das auf der amerikanischen Seite lag, und Piedras Negras überquerten die beiden Freunde den Rio Bravo und damit die Grenze. Jack, der diese Gegend kannte, schlug den Weg nach Corrito Springs ein.

Am Nachmittag des nächsten Tages sahen sie die Präriestadt vor sich liegen.

Corrito Springs hatte einen Verladebahnhof für die Viehherden und war Endpunkt der großen Herdentrails. Das war auch der Grund, warum es hier besonders viele Bars, Saloons und Stores gab. Die Viehhändler bezahlten hier das Vieh an die Rancher, und diese wieder zahlten ihre Cowboys aus.

Nicht jeder konnte es vertragen, in seinen Taschen Geld klimpern zu hören. Schließlich hatten die Cowboys lange Wochen beim Roundup und dann beim Treiben entbehrungsreich leben müssen, und die härtesten Strapazen mussten überwunden werden. Also nahm man in Corrito Springs den Cent nicht so genau, zur Freude der Händler und Gastwirte.

Als Jack und Pancho hier ankamen, war es sehr ruhig in dem kleinen Ort; denn noch war die große Zeit des Verladens nicht gekommen.

Vor der Schenke »Canters New Saloon« standen nur wenige Pferde.

Jack und Pancho banden ihre struppigen Tiere mit den Zügeln an der Haltestange fest. Steifbeinig stiegen sie dann die Stufen zur Veranda empor. Jack stieß die Pendeltür auf, und die beiden so verschiedenen Männer betraten den Schankraum.

Es war eine Schenke wie tausend andere im Westen. Links befand sich die lange Theke, und rechts im Raum standen einige Tische, an denen nur wenige Gäste in Cowboytracht, saßen. Corrito Springs schien ein friedliches Nest zu sein, denn die Gäste machten auf Jack einen soliden Eindruck. Als die Anwesenden aber den Indio sahen, zogen sie alle die Augenbrauen zusammen. Jack und Pancho ließen sich dadurch nicht beirren, sondern lehnten sich an die Theke.

Der lange dürre Wirt kam eifrig heran und fragte nach den Wünschen seiner Gäste.

»Zwei Whisky, Keeper!«, knurrte Jack. Es waren die letzten Nickelstücke in Jacks Hosentasche, die gerade noch für die zwei Schnäpse reichen würden.

»An den Indian schenken wir in unserer fairen Town keinen Stoff aus, Buddy!«, sagte der Wirt.

»Dann werde ich deinen Stall auseinandermontieren, Korkenzieher!«, erklärte Jack trocken. »Der Indian ist mein Freund! Wenn dir das weiter nichts sagen sollte, dann werdet ihr in eurem Kaff gleich eine Sensation haben.«

Pancho, der kein Englisch verstand, hatte natürlich nichts von der Unterhaltung mitbekommen, aber er merkte, dass irgendetwas nicht »bueno« war.

Der Wirt musterte die imponierende Gestalt Jacks, und dessen Muskelpakete an den Armen verfehlten nicht den Eindruck auf den dürren Mann. »Yeah, will es ausnahmsweise tun, aber es ist verboten, Buddy!«

Einer der Gäste, die das Gespräch mit angehört hatten, erhob sich und schritt auf die Theke zu. Jack hatte ihm den Küken zugewendet. Mit dem Zeigefinger tippte der Mann Jack auf die Schulter.

Langsam drehte sich Jack herum und musterte sein Gegenüber.

Es war ein drahtiger Bursche, der da vor Jack stand. Zwar war er entschieden kleiner als Jack, aber seine Colts hingen tief, und die Griffe waren abgewetzt. Die von Wind und Wetter gezeichneten Lederchaps des Mannes ließen den Rindermann erkennen. Das Gesicht war nicht gerade unsympathisch, wenn es auch nicht hübsch zu nennen war. Grüne Augen leuchteten unter einer braunen Haarsträhne hervor, die in die Stirn hing. Der Sombrero war weit zurückgeschoben.

Eine Weile starrten sich die Männer an.

»Wenn du hergelaufener Satteltramp glaubst, hier neue Moden zu diktieren, dann will ich dir mitteilen, dass ich nicht dafür bin, savy«, sagte der Cowboy gelassen.

»Ich bin nicht in dieses Schwarzendorf gekommen, um mich mit den Eingeborenen zu ärgern«, stellte Jack fest, »aber wenn das hier so üblich ist, dass es erst mal richtig rappeln muss, dann will ich gleich mit dir anfangen, du halbe Portion!« Und dann schoss die eisenharte Rechte Jacks vor.

Der Cowboy schien den Angriff doch nicht so schnell erwartet zu haben, denn Jacks Schlag wurde ein Volltreffer. Langsam ging der Mann in die Knie.

Das war für die anderen Männer im Raum das Signal, aufzuspringen und sich auf Jack zu stürzen.

Aber darauf hatten die Freunde gewartet. Die ganze Wut über die Fehlschläge der letzten Zeit entlud sich in ihren Hieben, die sie austeilten. Zwar waren auch die Cowboys nicht von gestern, aber Jack wog fünf von ihnen auf.

Jack war ganz groß in Form. Und wenn auch die Gegner wie Trauben an ihm hingen, so konnte er dennoch mehrere von ihnen schlafen schicken.

Pancho stand auf der Theke und wirbelte einen Stuhl um die Köpfe der Angreifer.

Mit der Zeit verloren die Cowboys die Lust, sich die Köpfe einschlagen zu lassen. Ohne irgendeine Aufforderung ließen die Kämpfer voneinander ab. Alle waren mehr oder weniger angeschlagen. Auch Jack und Pancho hatten einen guten Teil abbekommen, das war ja verständlich bei dieser Übermacht. Allerdings hatten sich die Angreifer gegenseitig behindert.

Schnaufend wischten sich die Männer den Schweiß von den Gesichtern.

Am meisten hatte die Einrichtung der Kneipe gelitten. Es sah aus wie auf einem Schlachtfeld. Der Wirt stand zähneknirschend hinter der Theke. Er hatte nicht gewagt, einzugreifen.

Jack lächelte Pancho an. »Das ist ja ein sonderbarer Empfang, den sie uns in den Staaten bereiten wie?«, meinte er auf Spanisch.

»Die Muchachos sind zu hitzig!«, erklärte Pancho.

Der Cowboy, der vorhin den Anlass zur Schlägerei gegeben hatte, war schon lange wiederaufgetaucht und hatte sich noch zum Schluss mit einigen harten Schlägen bei Jack revanchieren können. Jetzt trat der Mann auf Jack zu und streckte ihm die Hand hin. »Wusste gleich, Buddy, dass du eine harte Nuss bist, aber der Indian ist auch okay. Haben festgestellt, dass er zu dir hält!« Jack nahm die Hand und schüttelte sie. »Yeah, Boy, diese Freundschaft ist aus anderem Stoff geschweißt, als die meisten Bekanntschaften. Wenn du mir die Hand gibst, Sunny, dann musst du sie auch meinem Partner geben, sonst zieh sie lieber gleich zurück!«, forderte Jack.

»Nenn mich Ken, Großer! Ich habe kein Vorurteil gegen die Rothaut, nur dein großes Maul hatte mich vorhin gestört. Aber der Wirt hatte recht, denn es ist in Texas verboten, an die Indians Alkohol auszuschenken.«

»Okay, ich bin Jack, und das ist mein Freund Pancho!«

Auch die anderen Männer hatten sich ausgetobt. Sie traten zu Jack und Pancho, und bald war eine herrliche Versöhnungsfeier im Gange. Der Wirt wurde beruhigt, die Boys wollten ihm die Möbel in Ordnung bringen lassen.

So rau die Sitten der Cowboys auch sein mochten, diese Männer waren nicht nachtragend.

»Was wollt ihr denn hier unternehmen? Sucht ihr ‘ne Stellung?«, erkundigte sich Ken.

»Uns sind die Kohlen ausgegangen«, erklärte Jack ehrlich. »Wir haben noch jemanden im Auge, der etwas bei uns im Salz liegen hat, aber nun müssen wir uns erst mal ‘nen Job suchen.« »Kannst du zureiten?«, wollte nun Ken wissen. »Beim Onway suchen sie einen Zureiter für die Bronchos!«

»Ich kann es wohl, aber ich will mich nicht von meinem Partner trennen; außerdem kann Pancho kein Englisch sprechen.«

»Was? Das spielt keine Rolle! Reite zu der Ranch, Jack, die nehmen euch mit Kusshand!«, behauptete Ken. »Der Capataz ist ja auch ein Greaser und die Frau des Alten eine Kreolin, Mann! Nur hin, die nehmen dich sofort! Der Alte ist noch vorgestern bei uns am Camp vorbeigekommen und hat gefragt, ob nicht einer Lust hätte, für ihn zu reiten.«

Jack übersetzte Pancho den Vorschlag des Cowboys.

Der Indio stimmte sofort zu.

Dann ließ sich Jack den Weg erklären, und nach vielem Händeschütteln verließen die beiden Freunde die Schenke.

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung des Verlages