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Fort Aldamo – Band 45

Bill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 45
Der Teufel aus der Wüste

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 25. 07. 2017, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Master Sergeant Finnewacker staunt nicht schlecht, als ein alter Bekannter in Fort Aldamo auftaucht: Asesino! Ausgerechnet dieser eisenharte, abgebrühte Bandit, der Finnewacker mehr als einmal in Teufels Küche brachte, bittet nun um Hilfe. Denn Comancheros machen ihm die Hölle heiß – brutales Gesindel, das nur eine Sprache kennt: rohe Gewalt. Und der Master Sergeant lässt Asesino nicht im Stich. Niemand ist diesen beiden Haudegen gewachsen, wenn sie gemeinsam losschlagen! Das jedenfalls glaubt Finnewacker …

Leseprobe

Der Himmel schien ein einziger greller Fetzen Sonnenlicht zu sein. Brütende Hitze lastete zwischen den steinernen Mauern von Fort Aldamo, der alten spanischen Festung, die seit Kriegsende der Strafkompanie der US Kavallerie als Standort diente.

Die Posten auf dem Turm und den Mauerkronen standen im Schatten der Sonnendächer und schauten in das glühende Geviert zwischen den zehn Meter hohen Mauern hinab.

Krachende Stiefelschritte erfüllten die Luft. Die Kompanie exerzierte!

Hart schlugen die genagelten Sohlen im monotonen Rhythmus auf das Kopfsteinpflaster des Innenhofes.

Die über hundert Männer, Sträflinge in grauem Drillich und Chargierte in der blauen Uniform der Grenzkavalle­rie, marschierten in Viererreihen. Die Sträflinge mit geschultertem Karabi­ner, deren Kammern offenstanden, wie es der Vorschrift entsprach.

Auf und ab marschierte die Kompa­nie. Von der Ostmauer, zum Küchenbau und wieder zurück.

Sergeant Wollcram kommandierte den Exerzierdienst, der nun schon zwei Stunden dauerte. Im gleichen Schritt und Tritt marschierte der kleine, etwas dickliche Sergeant mit und gab zackig und mit markiger Stimme die Befehle.

»Kompaniiie – kehrt marsch!«, bellte er, kurz bevor die Männer des ersten Gliedes die Ostmauer berührten.

Der gepeinigte Haufen stapfte zu­rück, eingehüllt in eine Wolke aus den Gerüchen von Schweiß, Lederzeug und Waffenöl. Nun waren die Letzten die Ersten und umgekehrt.

»Links, links, links, zwo, drei, vier, links!«, tönte Sergeant Wollcrams befehlsgewohnte Stimme, bis er wieder sein »Kompanie – kehrt – marsch« hinausbrüllte, um zu verhindern, dass die Sträflinge im ersten Glied gegen den Küchenbau prallten.

Genau auf dem linken Fuß kam sein Kommando.

Die im monotonen Marschtakt hin und her wogende Phalanx ruckte he­rum und marschierte am Pferdestall, der Latrine und den Unterkünften ent­lang zurück zur Ostmauer.

Bislang hatte nur ein Mann die Glut­hitze und die Strapazen nicht ausgehal­ten und war inmitten der Kompanie zu­sammengebrochen. Die bereitstehenden Sanis hatten ihn sofort weggetragen. Doch nicht ins Lazarett. Wenn er zu sich kam, dieser arme Teufel, würde er feststellen, dass er sich im Arrest­block befand. Und das nur, weil mit ihm sein Karabiner auf das Pflaster geknallt war.

Alle Sträflinge, gleich welchen Rang sie zuvor besessen hatten, waren noch im Gerichtssaal nach der Urteilsver­kündung aus der glorreichen US Ka­vallerie ausgeschlossen und für die Zeit in Fort Aldamo zur Infanterie versetzt und zum gemeinen Infanteristen de­gradiert worden. Und das schlimmste Vergehen, dessen sich ein Infanterist schuldig machen konnte, war, dass er sein Gewehr fallen ließ.

»Links, links, links, zwei, drei, vier, links!«, schnarrte Wollcram wieder, als er sah, dass einen Mann im dritten Zug die Kräfte verlassen wollten. Der Kerl riss sich aber noch einmal zusammen. Doch nach zehn Schritten taumelte er, geriet ins Stolpern und krachte zu Boden. Die nachfolgenden Strafsolda­ten stiegen über ihn hinweg, und die Phalanx geriet für Augenblicke aus der monotonen Gleichmäßigkeit.

»Links, links, links zwo, drei, vier, links!«, röhrte der Sergeant. »Vorder­mann und Seitenrichtung! Die Köpfe hoch, Kinn an die Brust und die Backen zusammengekniffen!«

Im gleichen Schritt und Tritt und wieder schnurgerade ausgerichtet, straff wie Zinnsoldaten, wenn auch ausgelaugt und am Ende der Kräfte, marschierte die Kompanie weiter.

Endlich hob Sergeant Wollcram die Hand. Die beiden Sanis spritzten mit der Trage aus dem Schatten des Tor­bogens heran und hoben den Mann und seinen Karabiner auf, der laut scheppernd über das Kopfsteinpflaster geschlittert war. Sofort stürmten sie mit dem Bewusstlosen in Richtung Arrestblock davon, denn die Kompanie hatte schon kehrtgemacht und kam zurückgestapft.

An der Kommandantur wurde die Tür geöffnet. Master Sergeant Fin­newacker, der Spieß der Strafkom­panie, deren kommissarischer Chef und obendrein auch kommissarischer Commander von Fort Aldamo, trat auf die Schwelle.

Die Männer rissen sich noch einmal zusammen. Sergeant Wollcram unter­stützte sie lautstark, möbelte sie noch einmal auf.

»Links, links, Seitenrichtung, Vor­dermann!«, rief er zackig. »Finger lang und den Blick geradeaus! Links, links …«

Einfragender Blick von ihm, und Finnewacker nickte.

Wollcram, der sich am Ende der Kompanie befunden hatte, wetzte nach vorn und baute sich dort auf.

»Kompaniiie – halt!«

Ein letzter Schlag und die Marsch­kolonne stand wie ein Mann.

»Links um!«, tönte Wollcram schnei­dig. »Karabiner – ab! Richt euch!« Hastiges Stiefelscharren war zu ver­nehmen. Die Sträflinge rückten auf Tuchfühlung auf.

Die Fäuste eingestemmt, stapfte Wollcram nach vorn, um die Richtung zu kontrollieren. »Zack zack, und ste­hen!«, bellte er ungeduldig, weil ihm das zu lange dauerte.

Der Master Sergeant zog die Tür hinter sich zu und begab sich auf den Turm. Er wollte nach den Männern Ausschau halten, die er ausgesandt hatte, um eine Bande von Comancheros zu suchen, die nun schon seit Wochen die Gegend um Fort Aldamo unsicher machte.

Den Dienstplan hatte er wegen dieser Hombres umschmeißen müssen! Nicht einmal das Festungserweiterungskom­mando konnte mehr ausrücken. Dieser verdammte Exerzierdienst ging auch ihm auf den Wecker, denn er machte seine Leute stur und mürrisch. Was die Sträflinge brauchten, war sinnvolle Be­schäftigung. Aus diesem Grund hatte er das Festungserweiterungskommando ins Leben gerufen.

»Infanterist Seyer auf Turmwache!«, meldete der Posten schneidig. »Auf Posten nichts Neues!«

Finnewacker musterte den Mann, einen angewiderten Zug um die Mund­winkel. »Wie hängst du denn in der Wäsche?«, fragte er ungehalten, setzte ihm die Mütze gerade und zog ihm da­nach das Koppelschloss in die Mitte. »Wir sind hier nicht in einem Mädchen­pensionat. Dort können die Girls die Haarschleifen mal vorn und mal hinten und von mir aus auch am Hintern tra­gen. In Fort Aldamo läuft der Betrieb streng nach der Dienstvorschrift der Armee, du Nulpe! Mütze gerade auf dem Kopf, und das Koppelschloss hat exakt in der Mitte zu sitzen!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«, rief der Sträfling schneidig und mit krächzender Stimme, weil er Angst hatte, von dem Master Sergeant ins Festungserweite­rungskommando gesteckt zu werden.

Finnewacker war diese Angst ver­traut. »Ich lasse noch einmal Gnade vor Recht ergehen«, brummte er. »Aber treffe ich dich noch einmal als Schlafwandler an, gibt es Saures! Kaporus?«

»Aye, Master Sergeant!«

Er trat an die Brustwehr und kniff die Lider zusammen. Der Posten folgte ihm und hielt den Feldstecher bereit.

»Von der Patrouille nichts zu sehen«, fragte Finnewacker den Sträfling, als er das Glas vor die Augen nahm.

»Nein! Nichts, Master Sergeant«, rief der Mann und knallte die Absätze zu­sammen.

Lange und gründlich suchte der Mas­ter Sergeant das Terrain ab. Seit genau vierundzwanzig Stunden war die Pa­trouille überfällig. Sechs Chargierte – Männer des Stammpersonals hatte er mit Sergeant Fitzgerald, seinem Stell­vertreter, hinausgeschickt, denn mehr als sechs Pferde hatten sie in Fort Aldamo zurzeit nicht zur Verfügung. Da standen nur noch zwei Karrengäule im Stall.

Sergeant Wollcram kam auf den Turm. Er hatte die Kompanie in die Unterkünfte wegtreten lassen.

»Von der Patrouille nichts zu sehen«, war auch seine erste Frage.

Finnewacker schenkte sich die Ant­wort.

»Ich habe die Kompanie wegtreten lassen und Putz- und Flickstunde an­gesetzt«, berichtete Wollcram. »Hältst du den Appell selbst ab?«

»Verdammt!« Finnewacker ließ das Glas sinken. »Kein Staubschleier, nicht einmal eine Brieftaube von denen, und du quatschst mir von Antreten- und Wegtretenlassen und vom Appell die Ohren voll!«

»Ich wollte dir nicht auf die Nerven fallen, Finnewacker«, erwiderte Woll­cram beleidigt. »Aber schließlich muss der Laden ja weiterlaufen. Also halte ich den Appell ab. Wie geht es nach dem Mittagessen weiter?«

»Lassen wir die Zügel mal hängen«, brummte Finnewacker, hob den Feld­stecher wieder und spähte angestrengt nach Süden. »Man kann den Bogen auch überspannen. Dienstfrei für alle, bis die größte Tageshitze vorüber ist. Dann schiebe eine Singstunde ein. Das kann niemals schaden.«

»Das Lied von der frommen Helene können die Neuen noch nicht«, sagte Wollcram.

»Meinetwegen! Aber einer von euch soll den Männern mal wieder ein ver­nünftiges Soldatenlied beibringen! Kommt mal ein hohes Tier zur Ins­pektion, können wir dem Burschen nicht das Lied von der frommen Helene schmettern. Der setzt sich ja glatt auf seine vier Buchstaben.«

»Das Lied von der frommen Helene, das von der blonden Trine und der schi­cken Biene kennen die hohen Herren auch. Wetten?«

»Kein General gibt zu, dass er als Rekrut oder im Krieg solche schwei­nischen Lieder geschmettert hat, und das auch noch mit heller Begeisterung«, griente Finnewacker. »Nee! Es zieht in langen Reihen George Washingtons Regiment, taritara taritarei … und so weiter. Kaporus?«

»George Washingtons Regiment, taritara taritarei?«, fragte Wollcram entgeistert. »Habe ich noch nie gehört!«

»’Schön«, tönte Finnewacker. »Die letzte Stunde ist die gesamte Kompa­nie im Speiseraum versammelt! Dann werde ich euch mal das Lied vom alten George Washington eintrichtern.« Der Master Sergeant reichte dem Posten den Feldstecher. »Holzauge! Kapo­rus? Sobald du die Patrouille sichtest – Alarmschuss!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«, rief der Sträfling in strammer Haltung. Kerzengerade saßen Mütze und Koppel.

:»Reiß dich bloß am Riemen, du Elch!«, knirschte Finnewacker, streifte ihn mit düsterem Blick und verließ mit Wollcram den Turm.

»Aye! Zu Befehl, Master Sergeant«, rief ihm der Posten nach.

Finnewacker und Wollcram stiegen die Holzstufen hinab, dass es in dem engen Treppenschacht dröhnte.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Maser Sergeant Finnewacker. Band 45. Bastei Verlag. Köln. 25. 07. 2017