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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 1

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


I. Abteilung: Wie Bergwerke gefunden wurden

1. Entdeckung des Rammelsberges

Kaiser Otto der Große war einmal auf der Harzburg bei Goslar. Da ritt einer seiner Jäger, Ramm hieß er, aus auf die Jagd. Auf diesem Ritt kam er an den Berg, der später den Namen Rammelsberg erhielt und noch heute führt. Das Dickicht war so stark, dass er mit dem Pferd nicht durchkonnte. Er band es daher an einen Baum, um die Jagd besser fortsetzen zu können, und ging zu Fuß vorwärts. Dem Pferd mochte sein Herr aber zu lange ausbleiben, daher es vor Ungeduld stampfte und die Erde wegscharrte. Als nun Ramm nach einigen Stunden zurückkam, erstaunte er, als er unter seines Gauls Hufen die reichsten Erzstufen hervorblinken sah, die er durch sein Scharren und Kratzen von dem sie bedeckenden Rasen entblößt hatte.

Er teilte seinem Herrn, dem Kaiser, die gemachte Entdeckung mit, worauf dieser aus dem Frankenland Bergleute kommen ließ, die den Bergbau hier einrichten mussten. Zur Erhaltung des Andenkens an Ramm erhielt der Berg den Namen Rammelsberg.

Der Frau jenes Jägers, Gose genannt, hat man die Ehre angetan und nach ihrem Namen die Stadt Goslar und das dahinfließende Wasser Gose geheißen. Man hat auch den Jäger und seine Frau nach ihrem Tod nicht allein zu Goslar in der St. Augustins-Kapelle, die auf dem Frankenbergischen Kirchhof steht, begraben, sondern auch ihnen zu Ehren einen großen Stein auf ihr Grab setzen lassen, darauf sie beide in Lebensgröße gehauen sind. Der Jäger hält in seiner rechten Hand ein Schwert über sich, seine Frau trägt eine Krone auf ihrem Haupt.

Dieser Stein ist später, als man einen Bürgermeister in dieser Kapelle begraben wollte und dazu das Grab machte, fast drei Fuß tief in der Erde gefunden worden, worauf ihn der Rat wieder vor der Kapelle hat aufrichten lassen.

Zum Gedächtnis der Frau des Jägers wird heute noch das aus dem Wasser des Flüsschens Gose gebraute Bier ebenfalls Gose genannt.