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Gold Band 2 – Kapitel 02.1

Friedrich Gerstäcker
Gold Band 2
Ein kalifornisches Lebensbild aus dem Jahre 1849
Kapitel 2
Der Alkalde
Teil 1

Der nächste Morgen brach an und zeigte nur die gewöhnliche Tätigkeit, die in diesen kleinen Minenplätzen durch ganz Kalifornien zu solcher Tageszeit herrschte.

Die Goldwäscher standen mit, oft schon vor der Morgendämmerung auf, um bis zum vollen Tag ihr Frühstück verzehrt zu haben und zu ihrer Arbeit gerüstet zu sein. Überall stieg deshalb der helle wirbelnde Rauch in die klare Morgenluft empor, und rüstige, abgehärtete Gestalten waren eine Weile darum beschäftigt, bis sie mit ihrem Handwerkszeug auf den Schultern, die großen Blechpfannen unter dem Arm, nach allen Seiten hin ihren verschiedenen Claims1 zueilten. Die einen suchten dabei das Gold im Flussbett, die anderen an der Uferbank, noch andere im Flat, um dort vielleicht die rechte »Ader« zu treffen und reich zu werden. Niemand aber teilte dem Nachbarn mit, ob er irgendetwas oder was er gefunden hatte. Kein alter Miner fragte auch einen anderen, denn er wusste doch, es war vergeblich. Die Wahrheit erfuhr er nie.

Nur unsere erst eingetroffenen Landsleute waren noch vollkommen unschlüssig, wohin sie sich wenden sollten, hatten übrigens, den Justizrat ausgenommen, beschlossen, ihr Glück erst einmal gemeinschaftlich zu versuchen, und irgend an einer Stelle zusammen zu beginnen.

Der Justizrat selber mochte schon Binderhofs wegen, den er nicht leiden konnte, nicht mit jenen arbeiten. Außerdem schien es, als ob er auch nicht so sehr auf augenblicklichen Verdienst angewiesen wäre wie die Übrigen, denn er hatte nicht allein eine ganz hübsche Summe Bargeld bei sich, das Leben in den Minen auch ohne reichen Fund eine Weile mit anzusehen, sondern besaß auch zu Hause ein nicht unbeträchtliches Vermögen. Die Übrigen zerbrachen sich auch deshalb den Kopf, weshalb er eigentlich nach Kalifornien gegangen wäre, aber auf alle dahin zielende Fragen gab er keine oder doch nur ganz unbestimmte Antworten, und man musste ihn da schon seinen eigenen Weg gehen lassen.

Solcher Art, und mit noch keinem bestimmten Ziel vor sich, waren die vier Deutschen nach Sonnenaufgang an die Zubereitung ihres Frühstücks gegangen. Es mochte neun Uhr morgens sein, ehe sie daran dachten, irgendeine Arbeit zu beginnen.

Die eigentliche goldhaltige Flat lag nun rechts von dem Städtchen, und zwar an beiden Ufern des dort durch den flachen Talgrund fließenden Bergwassers. Links vom Paradies war der Grund auch noch flach, aus roter harter Lehmerde bestehend, zog sich aber hier schon wieder etwas nach den ungefähr fünfhundert Schritt weiter beginnenden Hügeln hinauf.

Dieser letztere Teil schien aber kein Gold zu enthalten, wenigstens arbeitete kein Mensch darauf. Nur hier und da lagen ein paar nicht besonders tief eingegrabene Löcher, als Zeichen, dass Einzelne ihr Glück schon hier versucht, die Arbeit aber ohne ein Resultat wieder aufgegeben hatten.

Nur seit ein paar Tagen waren wieder ein paar Amerikaner daran gegangen, eine neue Grube auszuwerfen, und fanden dies eine entsetzlich schwere Arbeit. Der Boden war nämlich so hart und trocken, dass sie mit den schwersten Spitzhacken nur immer kleine Stücke heraushauen konnten. Sie rückten entsetzlich langsam tiefer, ließen sich aber deshalb ihre Mühe nicht verdrießen und hatten endlich wohl ein sieben Fuß tiefes, ziemlich geräumiges Loch ausgehauen. Andere Arbeiter, die dort vorbei mussten, blieben dann wohl manchmal bei ihnen stehen und sahen ihnen eine Weile zu, gingen aber auch immer kopfschüttelnd wieder fort, und ließen sich nicht verlocken, ebenfalls den Versuch zu machen. Dass er übrigens gemacht würde, war ihnen lieb, denn fanden die Leute dort wirklich etwas, so schlugen sie auch daneben wieder ein. Danach war es noch immer Zeit, ihr Beispiel nachzuahmen und von ihrer Erfahrung, mit sicherer Aussicht auf Erfolg, Nutzen zu ziehen.

Lamberg hatte sich gestern den Platz selber angesehen. Da aber nur die eine Partie dort und in so schwerem Boden arbeitete, bekam er keine Lust, dort zu beginnen, und stand jetzt eben unschlüssig vor seinem Zelt, überlegend, wo wohl der beste und leichteste Anfang zu machen sei. Da sah er plötzlich, dass sich auf dieser Flat erst einzelne und dann immer mehr Leute zusammendrängten, eine Weile die Grube umstanden, in der die Amerikaner arbeiteten, und dann auf einmal überall dort in der Nachbarschaft anfingen, Plätze anzugraben.

»Hallo, Jungens«, rief er da seine Leute zusammen, »da unten geht’s los. Ich wette, die in dem Loch drinnen haben den Nagel auf den Kopf getroffen, und nun will jeder der Erste in der Nachbarschaft sein. Das ist ein gutes Zeichen! Wollen wir ebenfalls dort einschlagen?«

»Meinetwegen«, sagte Binderhof gleichgültig, »mir ist es sehr einerlei, wo wir zu kratzen anfangen. Jedenfalls liegt der Platz bequem zu unserem Zelt, das wir von da aus immer im Auge behalten können.«

»Los also!«, rief Lamberg, »denn Zeit dürfen wir nicht versäumen, wenn wir noch einen guten Platz bekommen wollen. Nun Justizrat, gehen Sie mit?«

»Habe noch Zeit«, brummte aber dieser. »Können immer anfangen … werde woanders versuchen.«

»Auch gut«, sagte Lamberg, die Blechpfanne als den leichtesten Gegenstand aufgreifend. »Binderhof, seien Sie so gut und nehmen Sie einmal die beiden Schaufeln, und Sie Hufner die beiden Spitzhacken. Und nun: vorwärts marsch!«

Ohne weiter eine Zustimmung seiner Kollegen abzuwarten, schritt er rasch den Hügel hinunter, der nicht so fernen Stelle zu.

Dort waren die Leute allerdings schon emsig beschäftigt, vorerst noch mit ihren Spitzhacken viereckige Claims, etwa fünf Schritt lang und vier Schritt breit, abzumarken. Dann schlugen sie ihre Spitzhacken oder irgendein anderes Werkzeug in die Mitte hinein, und das galt nun als ein Zeichen, dass diese Stelle von irgendjemand beansprucht war, und von niemand anderem bearbeitet werden durfte.

Lamberg, der sich, ohne weiter viel zu fragen, die Leitung ihrer Kompagnie vorbehielt, hatte denn auch bald einen ihm passend scheinenden Platz gefunden, ließ dort ihr Handwerkszeug niederwerfen, schritt den Raum ab, und ersuchte Herrn Hufner, den so angegebenen und mit Beschlag belegten Platz gerade so mit der Spitzhacke ringsumher einzureißen, wie er das von seinen Nachbarn sah. Er selber ging dann mit Binderhof der Grube zu, in der die Amerikaner arbeiteten, und um welche noch einige dreißig Neugierige herumstanden. Jedenfalls war dort etwas Näheres zu erfragen oder gar etwas Besonderes zu sehen. Davon wollten sie sich erst einmal überzeugen.

Sowohl Lamberg als auch Binderhof sprachen nun allerdings beide kein Englisch, fanden aber hier glücklicherweise einen alten Bekannten, den Aktuar Korbel, der sie kaum erblickte, als er Lamberg auch schon beim Arme packte und rief: »Schnell, holen Sie sich Ihr Handwerkszeug und fangen Sie hier an. Sie sind zum günstigen Moment ins Paradies gekommen. Ich habe mir auch schon einen Platz angezeichnet.«

»Ja, wir auch«, gab Lamberg lachend preis, »aber was ist denn vorgefallen? Weshalb sind denn die Leute hier so erpicht auf den harten Lehm, und gestern wollte noch kein Mensch anbeißen?«

»Ich denke, sie haben auch Ursache«, sagte aber Korbel, »wissen Sie, dass die Amerikaner da drinnen in dem Loch ein Stück Gold von über zwei Pfund Gewicht gefunden haben? Ein solides massives Stück Gold, sage ich Ihnen, ohne die Spur von Quarz darin. Ich habe es selber gesehen.«

»Zwei Pfund Gold?«, sagte Lamberg erstaunt, »in einem Stück? Das sind vierhundert Dollar.«

»Und wo das liegt, liegt auch mehr«, rief aber Korbel, ganz Feuer und Flamme für die neue Entdeckung. »Kommen Sie, Sie sollen es auch betrachten. Was die Augen sehen, glaubt das Herz. Ich kenne die Leute, es sind arme Teufel, die schon lange hier gearbeitet und bis jetzt nur wenig oder gar nichts gesunden haben. Heute Abend sind sie vielleicht steinreich.«

Er drängte sich dabei zwischen den der Grube zunächst Stehenden durch, und bald standen sie an dem etwa sieben oder acht Fuß tiefen Loch, das in dem harten Boden wie aus Felsen gehauen schien. Nach dem Goldklumpen brauchten sie sich aber nicht lange umzusehen, denn ein mit ihnen oben Stehender hielt ihn gerade in der Hand, und andere drängten sich um ihn her, das prächtige Stück ebenfalls zu betrachten. Kordel, der ziemlich gut Englisch sprach, bat ihn sich bald darauf aus, und die Deutschen wurden hier dem ersten Exemplar frisch dem Boden entnommenen Metalls vorgestellt, auf das ihr Blick mit einer Art von Ehrfurcht fiel.

Es war ein länglich rundes Stück, mit Erhöhungen, wie eine Niere fast, außerordentlich schwer und vollkommen rein und glänzend. Nur hier und da in den Vertiefungen steckten noch kleine Krumen der roten Erde, der es erst diesen Morgen entnommen war. Wie viele Tausend Jahre hatte es vielleicht hier in dem Boden gelegen?

Show 1 footnote

  1. Claim wird ein von einem Einzelnen oder einer ganzen Gesellschaft beanspruchter Platz genannt, der nach Verabredung in den verschiedenen Minenplätzen eine bestimmte Länge den Bergbach auf- oder abwärts einnimmt.