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Der Welt-Detektiv Band 6

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Schwäbische Sagen 43

Schwäbische-Sagen

Zehntes Kapitel
Elemente

Windsbraut
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Wenn auf der Straße ein Wirbelwind entsteht, den man »Windsbraut« nennt, so rührt das von Hexen her. Dann muss man nur ein Messer, das mit drei Kreuzen versehen ist, hineinwerfen, so kann die Windsbraut keinen Schaden anrichten. Sonst hat sie schon ganze Wagen von Heu in die Luft genommen und fortgeführt.

Man nennt die Windsbraut auch wohl ein Hexenwetter oder ein gemachtes Wetter, das bei völliger Windstille entstehen kann. Wirft man dann aber den linken Schuh hinein, so kann man die Hexe erkennen, die darin tanzt und den Wirbel anrichtet.


Wie Wind entsteht
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen, Niedernau und sonst.

Wenn jemand sich erhängt, so bricht alsbald ein heftiger Sturm los, denn die reine Luft empört sich darüber, dass sie durch einen Leichnam verunreinigt wird. Die Erde und das Wasser ertragen eine Leiche schon, aber die Luft will’s nicht leiden. Das ist oftmals beobachtet worden. Als z. B. am 17. Juli 1787 der Hannikel mit drei Diebs- und Mordgenossen bei Sulz aufgehängt wurde, so entstand sofort ein arger Sturm und ein furchtbares Gewitter. Daher sagt man ganz allgemein, wenn’s plötzlich heftig zu winden anfängt: »Es muss sich wieder einer erhängt haben.«


Weihnachtswind
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Wenn um Weihnachten ein tüchtiger Wind geht, dass die Bäume sich bewegen, so sagt man: »Die Bäume rammelet (begatten sich), es gibt wieder Obst.«


Feuer

1.

Ein Feuer, das der Blitz anzündet, ist nicht zu löschen, es sei denn, dass auf den ersten Schlag sogleich ein zweiter »kalter Streich« erfolgt; der löscht alles wieder aus.

2.

»Rotwadele« (Rotschwänzle, Rotkehlchen) ziehen den Blitz herbei, wenn man sie im Haus hält.

3.

Wenn man Feuer im Ofen macht und anbläst und das Feuer dann prasselt oder »hadert«, wie man sagt, so gibt es Streit im Haus. Lädt der Mann alsdann aber seine Frau in einem Atemzug dreimal auf die Kirchweih ein, so schadet es nichts.

4.

Wenn die feurigen Drachen schießen, so gibt’s ein fruchtbares Jahr.


Donner

1.

Im Schwarzwald sagt man beim Donner: »Da hoben kegeln sie.« Man glaubt, dass dies mit Steinen geschehe und dass ein solcher Stein, sobald er an ein Loch komme, herabfalle und auf der Erde irgendwo einschlage. Deshalb fürchtet man nicht sowohl den Blitz, als vielmehr den »Streich«, wie man den Donnerschlag nennt.

2.

In Pfullingen sagen die Kinder, wenn es donnert: »Der Heiland tut schießen« oder »Der Heiland schießt.«

In Owen sagt man: »Der Heiland kommt und ist zornig, hörst, wie er durnet!«

In Wurmlingen: »Das Himmelsvatterle balgt« (d. i. zankt, schilt). Häufig sagt man zu unartigen Kindern: »Hörst du, wie der Herrgott zankt!«

In Oberschwaben, z. B. in Tettnang, Wangen und sonst, sagt man beim Donner: »Petrus kegelt« oder »die Engel kegeln«. Ebenso in Heubach, Bühlertann, Ellwangen und sonst. Doch halten manche Leute solche Redensarten für sündlichen Leichtsinn.

3.
Eine mündliche Überlieferung aus Tübingen und sonst sehr verbreitet

Ein schwäbischer Bauer pflügte einst mit zwei Ochsen, als ein Gewitter kam und der Blitz ihm beide Ochsen erschlug. Der Bauer kaufte sich nun ein Paar andere. Und als er mit diesen im nächsten Jahr wieder pflügte und abermals ein Gewitter aufstieg, rief er, gen Himmel blickend: »So? Schmeckst e Paar Öchsle?« und spannte eiligst die Ochsen aus und trieb sie heim. Daher hat sich dieses Sprichwort erhalten und wird gebraucht in dem Sinne: »Ich merke, du willst etwas von mir; aber ich gebe dir’s nicht.«

Schmecken bedeutet im Schwäbischen riechen.


Wetterglocken

1.

In den meisten katholischen Gemeinden, besonders in Oberschwaben, wird bei einem Gewitter geläutet, um Hagel und Wetterschaden zu vertreiben.

Manche Kirchen haben besondere Glocken dazu, z. B. das Kloster Weingarten bei Altdorf die sogenannte »heilige Blutglocke«, die während eines Gewitters gezogen wird.

In Wurmlingen läutet man mit der Glocke auf dem Remigiusberg, und wenn man das früh genug tut, so trifft die Markung nie ein Wetterschaden.

Indes sind die benachbarten Ortschaften, z. B. Jesingen, oft unzufrieden damit, weil sie glauben, dass mit dem Gewitter zugleich der Regen vertrieben werde.

Die Mönche in der Rohrhalde wollten für diese Glocke zwei Reihen Krontaler geben, die von der Wurmlinger Kapelle bis in die Rohrhalde bei Kiebingen Stück an Stück hingelegt werden sollten. Allein die Gemeinde willigte nicht ein.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Frickenhausen

Die Kirche zu Frickenhausen besitzt eine Glocke, die jedes Gewitter vertreiben kann und deshalb auch die »Wetterglocke« genannt wird. Es stehen daran die Worte:

Anna Susanna,
Mußt ewig da hängen,
Mußt ewig da bleiben,
Mußt Wetter vertreiben.

Derselbe Spruch steht an der Glocke im benachbarten Beuren.


Schnee

1.

In Derendingen erzählt man sich, der Schnee werde während des Sommers im Himmel so klein gehackt. Wenn nun recht große Flocken kommen, sagt man: »Das kommt durch den groben Beutel« (wie das Mehl in der Mühle). Schneit es aber fein, so heißt es: »Das kommt durch den feinen Beutel. Die müssen viel Zeit gehabt haben, die das gehackt haben.« Man sagt auch wohl beim Schneien: »Es fliegen Bettelleut« oder »Es kommen Bettelbuben« (Derendingen, Heubach), »Es kommen Schmiedknechte herunter« (Herrenberg), »Es schlagen sich Bäcker und Müller«.

Wenn der Schnee recht dick fällt, sagt man im Schwarzwald: »Es schneit Bettzüge.«

Im vorderen Schwarzwald, in der Gegend von Kalw heißt es: »Die Waldweiber (das sind die Schwarzwälderinnen) leeren ihre Betten.«

In Pfullingen sagt man: »Es kommen Pudelkappen.«

In Owen: »Es fliegen Heumucken.«

In der Gegend von Wiesensteig: »Es kommen Schneegäns.«

In Mittelstadt: »Es schneit Schneidergais.«


Hungerbrunnen

In Württemberg gibt es viele sogenannte Hungerbrunnen, die nur zu gewissen Zeiten fließen und dann ein unfruchtbares Jahr anzeigen. Sie finden sich besonders häufig auf der Alb, aber auch sonst. Dahin gehört z. B. der merkwürdige »Bröller« bei Hausen an der Lauchert. Im Inneren einer Höhle befindet sich hier ein Wasserkessel, der zuweilen mit furchtbarem Getöse ausbricht und das Tal überschwemmt, was dann immer ein Hungerjahr andeutet.

Bei Altheim (nördlich von Ulm) ist ein Hungerbrunnen, der nur fließt, wenn Teuerung und Krieg ins Land kommen werden.

Andere Hungerbrunnen besuchen sich in Schwenningen, wo der Neckar entspringt, in Friedingen a. d. D., in Heldenfingen (O.A. Heidenheim), in Lonsingen (O.A. Urach). Ferner in Derendingen und Entringen. Der in dem letzteren Dorf lief im Jahre 1845 so stark, dass er fast ein Mühlrad hätte antreiben können. Weiter ist einer in Grantschen bei Weinsberg. Dieser liegt im Tal, unmittelbar an einem Berg und ist in der Regel ganz trocken. Allein im Jahre 1816 und 1845 lief er stark. Die Stelle, wo das Wasser dann hervorquillt, heißt »die Sandäcker«.

Übrigens gibt es auch Brunnen, die, wenn sie ganz voll sind, ein fruchtbares Jahr anzeigen, z. B. ein Brunnen in Hohenberg bei Ellwangen.


Kinderbrunnen

Eine halbe Viertelstunde vor Böhmenkirchen auf der Alb liegt ein tiefer Brunnen, den noch die »Heiden« gegraben haben sollen. Man nennt ihn »Höllbrunnen«. Auch sagt man den Kindern, wenn sie wissen wollen, woher die kleinen Brüderchen und Schwesterchen kommen, dass sie aus diesem Höllbrunnen geholt werden und sich tief unten in einem »Siedel« oder in einer länglichen Kiste befinden.

Auch sonst hat fast jeder Ort einen bestimmten Brunnen, aus dem man die kleinen Kinder holt, z. B. in Ulm aus dem Butzenbrunnen, in Tübingen aus dem Schlossbrunnen, in Derendingen aus dem Brunnen des Pfarrers. Diese Kindlesbrunnen sind immer tief und das Wasser wird heraufgezogen (Ziehbrunnen, »Gallbrunnen«). Nur in Heubach sagt man, dass die Hebamme die kleinen Kinder aus einer Höhle des Rosensteins hole. Dort sei eine weiße Frau, die sie der Hebamme hinreiche.


Schäfchen am Himmel

Wenn man die kleinen weißen Wolken am Himmel sieht, so sagt man in der Gegend von Unterkochen und sonst: »Unser Herrgott hütet die Schafe.«

In der Umgegend von Tübingen, z. B. in Derendingen, sagt man, wenn solche Wölkchen sich zeigen: »Der Himmel blüht.«


Nebel

1.

Wenn nach einem Regen die Nebel aus den Tälern aufsteigen, so gebraucht man die Redensart: »Die Hasen backen Küchlein, es regnet noch mehr.«

Geschieht es aber bei gutem Wetter, so schließt man auf Veränderung des Wetters.

Anstatt der Hasen nennt man auch wohl die Füchse.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Graubünden

In Graubünden haben die Kinder ein Spiel, das nennen sie »den Nebel kastrieren« Sie nehmen nämlich bei einem Nebel zwei Stöcke und reiben diese an einer Heuscheuer kreuzweise solange übereinander, bis sie rauchen. Das soll den Nebel vertreiben.