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Interessante Abenteuer unter den Indianern 45

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Paugus und Chamberlain

In alten Zeiten, wenn je ein Krieg zwischen England und Frankreich in Europa ausbrach, wurden ihre amerikanischen Kolonien jedes Mal in diese Zwistigkeiten mit verwickelt, und das mitunter in einer unvorhergesehenen, schrecklichen Weise. In den hier jedes Mal gleichzeitig ausbrechenden Kriegen fochten zuweilen die Indianer auf der Seite der Engländer gegen die Franzosen und zuweilen mit den Franzosen gegen die Engländer. Einige Häuptlinge waren als treue und beständige Freunde der Weißen bekannt, und andere dagegen als ihre unversöhnlichen Feinde. Eine denkwürdige Schlacht wurde im Monat Mai 1725 zwischen den Engländern unter Capitain Lovewell und den Pequawket, einem Indianerstamm, der damals New Hampshire bewohnte, geschlagen. Unter Lovewells Leuten war ein Rew Hampshire Kolonist namens John Chamberlain. Er war einer jener ungestümen Geister, welche damals die bewohnten Gegenden am Meeresufer verließen und weiter in die Wildnis vordrangen. Auf seinen spionierenden Ausflügen, um die vordersten Ansiedler zu überfallen, schlüpfte der Indianer leise an seiner, zwischen Bäumen und Hügeln verborgenen Hütte vorbei, ohne ihn zu beunruhigen. Um seinen Wohnsitz herum waren die Höhlen der wilden Bestien des Waldes gelegen. Die von Ruß geschwärzten Balken seiner Hütte waren mit Bärenschinken behangen. Er erlegte mit seiner nie fehlenden Büchse viele Bären, die in den hohen, schlanken Fichten ihre Ruhestätte suchten. Rachts schlief er auf dem weichen Fell der Wildkatze.

Er war schlank, schlank wie der stattlichste Indianer gewachsen und so stark, dass er von zwei Rothäuten mit ihren Tomahawks nichts zu fürchten brauchte. Er war so schnellfüßig, dass er ein Elentier in vollem Galopp einzuholen vermochte. Scharfsinnig und mit Falkenaugen begabt, überlistete er den Indianer in seinem Hinterhalt und übertraf ihn in jenem Instinkt, welcher sowohl die Wilden als auch die Tiere durch den pfadlosen Forst leitete.

Der rote Mann ging vorsichtig an dem Haus John Chamberlains vorbei. Wenn sie im Hinterhalt lagen, auf Wild wartend, ließen sie ihn ungestört vorübergehen, sogar wenn ein halbes Dutzend beisammen waren; denn sie fürchteten, dass ihre Büchsenkugeln seinen bezauberten Körper nicht treffen mochten und er sich dann an ihnen rächen würde.

Es befindet sich in New Hampshire ein herrlicher See, der noch jetzt mit dem indianischen Namen Winnipisiogee benannt wird. Er ist 28 Meilen lang und 19 Meilen breit. Die ihn umgebende Gegend ist hügelig und mit dichter Waldung bedeckt. An den Ufern dieses Sees wohnte ein mächtiger Stamm, Pequawket genannt. Paugus war ihr Häuptling. Er war ein Wilder von ungeheurer Statur und Körperkraft; schnell, listig und mit der Büchse wie mit dem Tomahawk ein gefährlicher Feind; grausam und selbst für einen Indianer unerhört rachsüchtig; der Schrecken aller an der Grenze wohnenden Männer, Frauen und Kinder und sogar der Städte, welche eine ziemliche Strecke von dem Schauplatz seiner Gewalttätigkeiten belegen waren. Bewaffnete Abtheilungen drangen bis an die Ufer des Sees vor, den Zufluchtsort dieses schrecklichen Wilden zu entdecken, und, wenn möglich, ihn zum Gefangenen zu machen. Doch er war zu pfiffig und entschlüpfte ihren Nachforschungen. Einmal hatten sie seinen Wigwam angezündet und er lag so nahe dabei, dass er die Hitze des Feuers fühlen und den Rauch über die Spitzen der Bäume, unter welchen er versteckt lag, aufsteigen sehen konnte. In den Gefechten, welche Chamberlain oft mit den Indianern bestand, war er stets bemüht gewesen, auf Paugus zu stoßen, da er ihn als das würdigste Ziel seiner Büchse betrachtete. Paugus war nicht weniger begierig, den weit berühmten Ansiedler zu treffen, jedoch es wollte nie gelingen, bis endlich die Zeit gekommen war, wo einer dieser mächtigen Männer der überlegenen Kraft und List seines Nebenbuhlers weichen musste. Die Kolonisten unter Capitain Lovewell waren mit der Erwartung ausgerückt, Paugus und seiner Bande zu begegnen. Sie waren schon eine beträchtliche Strecke in den Wald gedrungen und kamen auf einem Platz an, wo sie die Indianer zu finden hofften. Früh am Morgen des 7. Mai, während sie ihren Gottesdienst verrichteten, wurden sie durch den Knall einer Flinte aufgeschreckt. Sie bereiteten sich augenblicklich zum Kampf vor, doch kein Feind war zu sehen. Fähnderich Wyman entdeckte einen Jäger, der zwei Enten in der einen und ein Gewehr in der anderen Hand trug. Es ist nicht wahrscheinlich, dass er erwartet hatte, einem Feind zu begegnen. Doch kaum hatte man ihn erblickt, als mehrere Gewehrschüsse auf ihn abgefeuert wurden, welche ihn jedoch verfehlten. Er sah, dass ein unfehlbarer Tod sein Los sein würde, wenn er sich nicht bis aufs Äußerste verteidigen würde. Er legte seine Flinte an, feuerte und Capitain Lovewell stürzte schwer verwundet nieder, während beinahe in demselben Augenblick Wyman, der auf den Indianer gezielt hatte, dem armen Jäger durch das Herz schoss.

Der übrige Teil des Tages ging ohne weitere Abenteuer vorüber, obwohl die Kolonisten in beständiger Furcht schwebten, in eine Falle zu gehen, welche der arglistige Paugus für sie gestellt hatte. Am Morgen des 8. Mai, als Herr Frye, der Kaplan, die Leute wie gewöhnlich zur Morgenandacht zusammenberufen hatte, bevor sie ihren Marsch weiter fortsetzten, begann er das Gebet mit folgenden Worten: »Wir sind gekommen, dem Feind zu begegnen. Wir haben stets zu Gott gefleht, ihn zu finden. Wir wollten lieber unser Leben der Vorsehung hingeben und für unser Vaterland sterben, als nach Hause zurückzukehren, ohne den Feind gesehen zu haben und für all unsere Mühe als Feiglinge ausgeschrien zu werden.« Der Kaplan hatte nicht vergebens gebetet, denn ungefähr um Mitternacht stießen die Kolonisten auf eine beinahe zahllose Bande Indianer, die aus ihrem Versteck hervorsprangen und sie einschlossen. Sie schienen jedoch nicht zur Schlacht geneigt, da sie glaubten, dass die Kolonisten, durch ihre ungeheure Übermacht eingeschüchtert, sich ohne Kampf ergeben würden. Sie marschierten desshalb mit angelegter Büchse gegen uns, den Weißen die Stricke entgegen haltend, womit sie ihre Gefangenen zu binden pflegen und fragten, ob sie sich ohne Widerstand ergeben wollten.

»Nur mit der Mündung unserer Büchsen«, antworteten die mutigen Kolonisten, indem sie vorrückten und auf die Indianer feuerten, viele töteten und mehrere Ruten zurückdrängten. Doch die Wilden sammelten sich schnell wieder, erwiderten das Feuer und zwangen die Kolonisten, sich mit dem Verlust von verschiedenen Toten und Schwerverwundeten zurückzuziehen. Lovewell, obgleich den vorhergehenden Tag schwer verwundet, hatte seine Leute bis jetzt geführt. Doch er fiel bei diesem Angriff, um sich nicht wieder zu erheben. Das Gefecht währte bis zum Abend, die Indianer heulten und schrien während der ganzen Zeit wie Wölfe, bellten wie die Hunde und machten alle Arten von schaudererregendem Lärm, wie es ihre Gewohnheit mit sich bringt, wenn sie in der Schlacht sind. Doch ehe die Nacht einbrach, waren sie total geschlagen. Der Verlust der Kolonisten war beträchtlich, unter anderen hatten sie auch den Tod ihres würdigen Kaplans Jonathan Frye zu beklagen.

Nachdem der heißeste und verzweifeltste Kampf vorüber war, zog sich Chamberlain, des Kämpfens müde, und von der Hitze ermattet und durstig zum Ufer eines Sees zurück, der seit jeer Zeit unter dem Namen Lovewells Pond bekannt ist, um seinen Durst zu stillen und seine Büchse zu reinigen, welche durch das beständige Schießen so schmutzig geworden war, dass sie zuletzt versagte. Er bahnte sich durch das Dickicht einen Weg zu einem kleinen Gestade am Ufer des Sees. Doch wer beschreibt sein Erstaunen, als eine kurze Strecke von ihm die stattliche Figur des Paugus aus dem Dickicht hervorbrach, mit Blut und Staub bedeckt und sich ebenfalls einen Weg zum Wasser bahnend.

Beide Krieger erkannten sich beim ersten Augenblick. Chamberlains Waffe war nutzlos. Er beabsichtigte daher sich mit seinem Beil auf Paugus zu stürzen, ehe der seine Büchse anlegen konnte. Doch des Indianers Büchse war in denselbem Zustand wie die seine, und er war mit derselben Absicht zum See gekommen, um seinen Durst zu löschen und sein Gewehr zu putzen. Der Zunstand ihrer Büchsen wurde sofort von beiden bemerkt, und sie kamen überein, einen Waffenstillstand zu halten, bis sie ihre Waffen gereinigt hatten. Langsam und mit mäßiger Bewegung reinigten sie ihre Gewehre und nahmen ihre Stellungen am Ufer ein.

»Jetzt Paugus wirst du mir nicht entgehen«, rief Chamberlain und lud seine Büchse mit der Geschwindigkeit eines alten Jägers.

»Nein, nein, ich werde dich kriegen«, erwiderte Paugus. Er behandelte seine Waffe mit einer Geschicklichkeit, die das kühne Herz des Weißen schneller schlagen machte, während er unwillkürlich einen Blick nach oben warf, um der Sonne Lebewohl zu sagen.

Sie stampften die Kugeln fest und beide warfen den Ladestock in demselben Augenblick in den Sand.

»Ich habe dich jetzt«, schrie Chamberlain wieder und er fühlte sich versucht, sich auf seinen Gegner zu werfen, besorgt, dass ihn des Indianers Kugel erreichen würde, ehe er laden könne.

Paugus zitterte, als er Pulver auf die Pfanne schüttete.

Chamberlains geübtes Ohr hörte, wie die Körner auf die trockenen Blätter zu den Füßen des Wilden fielen. Chamberlain stieß den Kolben seiner Büchse heftig auf den Boden, die Büchse hatte selbst Pulver auf die Pfanne geschüttet. Er zielte und die Kugel durchbohrte Paugus’ Herz. Er fiel, im Fallen entlud sich seine Büchse und die Kugel pfiff durch Chamberlains Haar und begrub sich in einem nahestehenden Baum, ohne den Tod ihres Herrn zu rächen.

Der Jäger, nachdem er sich von der Aufregung dieses schrecklichen Zweikampfes erholt hatte, warf einen Blick auf den gefallenen Wilden. Todesblässe lag auf seiner kupferfarbenen Stirn. Chamberlain nahm des Indianers Büchse, Kugelsack und Pulverhorn, ließ ihn auf dem Sand liegen und suchte die gelichteten Reihen der Weißen auf, welche, obgleich ermattet, sich noch tapfer gegen ihre Feinde verteidigten. Schon von Weitem kündigte er ihnen Paugus’ Fall an. Die Indianer blickten um sich. Die hohe Gestalt ihres Häuptlings war nirgends zu sehen. Von Trauer und Verzweiflung ergriffen, stellten sie ihr Feuern ein und zogen sich in den Wald zurück, Wyman, Chamberlain und den geringen Rest der Weißen zurücklassend, und ihre Schritte in die ferne Heimat lenkend.

Die Stelle, wo sich dieses Gefecht ereignete, ist 59 Meilen von irgendeiner weißen Niederlassung entfernt und es ist beinahe ein Wunder, dass auch nur einer aus den Händen Paugus’ und seiner mutigen Krieger entschlüpfte. Diejenigen, welche die Schlacht überlebten, verließen das Schlachtfeld erst um Mitternacht, und nur 14 der Ausgezogenen kehrten zu ihren Freunden zurück. Einer der Kolonisten, namens Salomon Keyes hatte drei Wunden erhalten und verbarg sich, um an einem geheimen Platz sterben zu können, wo die Indianer ihn nicht finden und skalpieren würden. Als er an dem Seeufer entlangkroch, fand er in einiger Entfernung von dem Kriegsschauplatz ein Kanu. Er rollte sich in dasselbe und wurde vom Wind fortgetrieben. In seiner größten Freude und seinem größten Erstaunen fand er sich in nur geringer Entfernung vom Fort ans Ufer getrieben, wo Wymans Leute bald danach anlangten. Er erlangte allmählich seine Kräfte wieder und war bald fähig, nach Hause zurückzukehren.

Fünfzig Leute von New Hampshire wurden sofort beordert, zu dem Schlachtfeld zu marschieren, um die Toten zu begraben. Sie fanden nur drei Indianer, die übrigen waren wahrscheinlich schon von ihren Kameraden weggeschleppt worden.

So endete die Expedition gegen die Pequawket, und obwohl die Weißen kaum einen Sieg beanspruchen konnten, so hatten die nördlichen Indianer doch einen Schlag erhalten, von dem sie sich kaum wieder erholten. Verschiedene Gesänge wurden bei dieser Gelegenheit gedichtet, jedoch muss man bekennen, dass dieselben mehr lokal als poetisch waren, und man kann kaum erwarten, dass ein gebildeter Leser hinreichend Interesse an solchen Produktionen nimmt, um auch nur eine Probe dieser Poesie zu verlangen.