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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der Freibeuter – Norcroß’ verwegene Vorschläge

Der-Freibeuter-Dritter-TeilDer Freibeuter
Dritter Teil
Kapitel 17

Der Kanzleirat Bredal wurde in des Kronprinzen Zimmer geführt. Der Kammerherr Gerd von Raben und der Kammerherr von Gabel waren bei dem Königssohn schon zugegen.

»Was habt Ihr mit dem verwegenen Menschen ausgerichtet?«, fragte die Hoffnung Dänemarks.

»Er ist nicht in die Schlinge gegangen, Königliche Hoheit«, versetzte der Kanzleirat mit devotem Bückling und Lächeln. »Zwar traf ich ihn in Helsingoer, allein er versicherte, dass er die Stadt nicht verlassen würde, wenn er nicht das schriftliche Versprechen des Herrn Kammerherrn von Gabel sähe, dass er mit des Königs Majestät würde reden können.«

»Nun, so gib ihm das Versprechen, Gabel, und wenn er kommt, nehmen wir ihn beim Kopf«, sagte der Kronprinz phlegmatisch.

»Dies geht unmöglich, Königliche Hoheit. Ein solches Verfahren würde General Arnold nicht gutheißen und seinen Posten gewiss augenblicklich niederlegen, denn Arnold gab dem Norcroß das Versprechen der Sicherheit und setzte ihm des Königs und seine Ehre ein, und Arnolds Wort muss sogar einem Freibeuter gehalten werden. Solange Norcroß nicht freiwillig ins Gefängnis geht, dürfen wir ihm kein Haar krümmen.«

»Ihr müsst Eure Sache sehr unklug angefangen haben, Bredal!«, ließ der Kronprinz diesen an.

»Ew. Königliche Hoheit halten zu Gnaden, ich tat alles, was in eines Mannes Kräften steht, um ihn zu bewegen, dass er nach Bornholm sich freiwillig in Arrest verfügen möchte. Ihr gab vor, es solle so bloß eine Spiegelfechterei sein, um die Aufmerksamkeit des Königs auf ihn zu ziehen. Er werde dadurch seinen Zweck jedenfalls schneller und sicherer erreichen, als wenn er sich auf das ungewisse Warten lege. Ich zeigte mich ihm als sein innigster und teilnehmendster Freund. Ich gab ihm Geld, zog mit ihm umher, machte ihn auf alle Weise treuherzig. Aber so oft ich mit meinem Antrag herausrückte, wies er denselben entschieden zurück.«

»Auch den Vorschlag, welchen er meinem königlichen Vater tun will, habt Ihr nicht von ihm herausgelockt?«

»Ihr bedaure! Aber Norcroß ist schlau und gibt die Sache für ein Geheimnis aus, das er nur des Königs Majestät entdecken könne. Das Einzige, was ich von ihm erfahren habe, ist, dass er schon einige Male im königlichen Frauenstift beim Fräulein Friederike von Gabel, des Herrn Kammerherrn Schwester, gewesen ist.«

»Hallo!«, platzte jetzt der Kammerherr von Raben heraus. »Lasst den Schurken niederschießen oder ich vergreife mich mit eigener Hand an ihm.«

»General Arnolds Wort muss in allen Fällen heiliggehalten werden«, versetzte Gabel. »Nicht dieses Schuftes wegen, der meine Familie in Schande bringt, sondern des Generals wegen. Wir können nichts tun, als den gefährlichen Freibeuter so schnell wie möglich aus dem Land schaffen.«

»Nicht eher, bis wir wissen, was er dem König sagen will«, bemerkte der Kronprinz.

»Das können wir leicht erfahren«, versicherte Gabel, »ohne des Königs Majestät mit diesem Erzspitzbuben zur Last zu fallen.«

»Wieso?«, fragte der Kronprinz.

»Wir lassen einen von Eurer Hoheit Lakaien die Person des Königs vorstellen. Wenn es etwas Erhebliches ist, so können wir es nachher immer ausführen. Außerdem muss er sogleich das Land räumen.«

»So soll es geschehen!«, fügte der Kronprinz. »Dabei haben wir auch noch ein kleines Vergnügen. Schreibt ihm nach Helsingoer, dass er sich sogleich hierher verfügen soll.«

»Wie Ew. Königliche Hoheit befehlen«, erwiderte der Kammerherr sich verbeugend und ging.

»Pfui über die Gabel!«, rief Raben, als der Bruder seiner ehemaligen Braut fort war. »Mich zu verschmähen und sich mit einem Freibeuter, einem Seeräuber abzugeben, mit einem gemeinen, verworfenen Menschen. Pfui! Jetzt rächt sich ihr Stolz fürchterlich an ihr. Einen Seeräuber einem Kammerherrn vorzuziehen! Pfui!«

»Tröste dich, Raben, du hast nicht allein einen Korb von ihr erhalten. Und wenn Norcroß wirklich jener Engländer ist, der sie uns einmal auf so originelle Weise von der Jagd nach Stockholm entführte, fürwahr, so ist ihr Geschmack so übel eben nicht.«

Aber trotz des Kronprinzen Tröstung rief der Kammerherr und Geheimrat: »Pfui!«

Und er ging und traf seine Anstalten, um auf seine eigene Faust eine kleine Privatrache an Norcroß zu nehmen.

Sobald dieser nämlich auf Gabels Einladung nach Kopenhagen gekommen war, in der Hoffnung, den König zu sprechen, ließ ihn Raben mit seinen Kreaturen umgeben und hintertrieb es beim Kronprinzen so lange wie möglich, dass die besprochene Komödie nicht gespielt wurde. In eigener Person verfügte er sich auf das Kasseehaus der Frau Kragenlund, von deren Handel mit Norcroß er gehört hatte. Er ließ sich sogar herab, dieser Frau den Hof zu machen, alles, um sie zu einer Klage gegen Norcroß aufzuhetzen. Nun hatte Frau Kragenlund aber nicht den geringsten Rechtsgrund zu einer solchen Klage, denn die Strafgelder hatte sie vom Fräulein von Gabel zurückerhalten, und wegen eines gebrochenen Eheversprechens konnte sie wiederum nichts anhängig machen, weil sowohl sie als auch er verheiratet waren. Inzwischen brachte Raben mithilfe anderer Schlauköpfe doch etwas heraus. Sie sollte ihn verklagen, dass er ihr einige Pretiosen gestohlen habe. Ehe es aber dazu kam, ging geraume Zeit hin, und Raben versuchte unterdessen andere Wege, Norcroß etwas anzuhängen. Er beauftragte seine Leute, sich auf Gassen und Plätzen, in Wirtshäusern und im Hafen an den Kaperkapitän zu drängen, ihn durch ein gastfreies Benehmen für sich zu gewinnen und ihn zu verleiten, dass er sich irgend heftige Äußerungen über die Könige von Dänemark, Schweden und England erlaube oder sonst eine Unvorsichtigkeit begehe, die ihn den Händen der Polizei überliefere.

Aber obgleich Norcroß wegen Geldmangel die Freigebigkeit seiner Gesellschafter benutzte, so war er doch so schlau, die Schlingen, die ihm gelegt wurden, zu bemerken, und benahm sich so pfiffig, dass er den König lobte und herausstrich, wenn die anderen schimpften, dass er alles entschuldigte, was die anderen tadelten. Kurz, er wusste sich stets so gut zu salvieren und andere Erbärmlichkeiten mit Mut und Unerschrockenheit abzuweisen, dass alle ihn umgebenden Schufte vor seinen Pistolen ebenso großen Respekt bekamen wie vor seiner Schlauheit.

Norcroß hatte endlich dem Kammerherrn von Gabel erklärt, er werde abreisen, wenn sein Gesuch nicht gefördert werde. Da schritt der Kronprinz mit seinem Anhang dazu, den schlauen Kaperkapitän zu betrügen.

Eines Morgens wurde ein Diener des Kronprinzen, welcher in der Gestalt mit dem König einige Ähnlichkeit hatte, herausgeputzt und instruiert, was man um so eher wagen konnte, da man durch den Kanzleirat Bredal herausgebracht hatte, dass Norcroß den König noch nie gesehen hatte. Es versammelte sich eine Anzahl vertrauter Hofleute von des Kronprinzen Anhang, um dem Lustspiel beizuwohnen und zu erfahren, was der weltberühmte Freibeuter Wichtiges zu entdecken habe.

Hierauf schickte Gabel seinen Diener zu Norcroß, um ihn schleunigst holen zu lassen. Dieser war eben im Begriff abzureisen, er wollte noch einmal zu Friederike, den Stern seines Lebens, um aus den Strahlen desselben Stärke zu trinken. Er wollte sie bitten, sich seiner Frau und seines Kindes anzunehmen, welchen er auf Friederikes Begehr nach Frankreich geschrieben hatte, dass sie nach Dänemark kommen sollten, damit, wenn er fort sei, um sich ein Glück zu suchen, die seinen nicht dem Mangel und dem Elend preisgegeben sein möchten. Er wollte ihr seine hilflose Lage offen darlegen, wie man dem Herzensfreund zu tun pflegt, und dann wieder fort nach Frankreich reisen, wo er immer noch seine besten Freunde wusste.

Allein Gabels Bote, welcher ihm sagte, des Königs Majestät ließe ihn befehlen, sogleich vor Höchstdenselben zu kommen, indem der König mit ihm sprechen wolle, änderte seinen Vorsatz. Wenn der Mensch an der Ausführung eines notgedrungeuen, entscheidenden Planes steht und eine zufällige Einwirkung von außen, gerade im letzten Augenblick der Wahl, ihm irgendeine günstige Aussicht auf ein besseres Glück gibt, so ist er leicht geneigt, diese Einwirkung für eine göttliche Fügung zu halten, und wähnt darin die Erfüllung aller seiner Wünsche, das Ziel all seines Strebens zu sehen. Er vertraut blindlings auf die Unfehlbarkeit der Bestimmung des Schicksals und gibt sich den süßesten Hoffnungen hin.

So erging es jetzt dem sonst so misstrauischen und vorsichtigen Norcroß. Er träumte plötzlich goldene Tage und schmeichelte sich nicht allein, sein eigenes Glück auf feste Grundlagen zu bringen, sondern auch anderen wieder aufhelfen zu können. Sein dankbares Herz dachte an den alten verlassenen Schiffer Früß in Stockholm. Und augenblicklich schickte er nach einem Schreiber, um eine Bittschrift zu Früßs Gunsten an den König aufsetzen zu lassen. Hiermit verstrich einige Zeit, und die lustige Gesellschaft des Kronprinzen glaubte schon, Norcroß habe etwas von dem Handel gemerkt und werde nicht kommen. Schnell wurde also der Kanzleirat Bredal abgeordnet und erhielt sogar einen Wagen des Kronprinzen, mit dem Befehl, den Kaperkapitän durchaus mitzubringen. Norcroß war eben noch mit dem Schreiber beschäftigt, und staunte nicht wenig, dass man seiner jetzt so pressiert verlange, da er doch früher so lange vergeblich um eine Audienz gebeten habe, und ihm nun sogar noch einen königlichen Wagen schicke. Dieser Umstand machte ihn stutzig, aber er konnte seinen Argwohn unmöglich aussprechen und überhaupt nichts tun, als mitfahren. Der Wagen hielt im königlichen Schloss vor der Wohnung des Kammerherrn von Gabel. Norcroß wurde von Bredal hineingeführt. Eine Anzahl Hofherren war hier versammelt, welche den berühmten Freibeuter mit dreist-neugierigen Blicken betrachteten. Gabel empfing den Kaperkapitän mit gewohnter glatter Freundlichkeit, führte ihn in ein Nebenzimmer und sagte zu ihm: »Kapitän, unser König verlangt mit Euch zu sprechen. Ihr bitte Euch deswegen, dass Ihr die Wahrheit vor Sr. Majestät aussagen wollt. Ihr könnt es ohne Furcht tun, denn er ist sehr gnädig und wird Euch ohne die wichtigsten Ursachen seinen Zorn nicht fühlen lassen.«

»Wenn ich vor gekrönten Häuptern stehe«, versetzte Norcroß, so verbietet mir die Ehrfurcht, etwas anders als die strengste Wahrheit zu sagen. Aber wenn ich mit anderen spreche, so sage ich nicht alles, was ich weiß, sondern nur das, was ich ohne meinen Nachteil entdecken kann. Denn wenn ich Dinge von Wichtigkeit einem offenbaren wollte, der sie zu wissen verlangt, so würde ich unvorsichtig handeln und verdiente all die schlimmen Folgen, die daraus notwendig entstehen müssen. Könige allein haben das Recht, einen Blick in das Innerste meines Herzens zu tun. Jedoch bitte ich Ew. Excellenz, dass Sie zugegen sein wollen, wenn ich mit Sr. Majestät rede, und alles anhören, was ich sagen werde, aber mit dem Beding, dass Sie es keinem einzigen Menschen entdecken.«

»Dessen mögt Ihr versichert sein!«, sagte der Kammerherr.

»Ferner habe ich noch zu erinnern, dass, wofern Se. Majestät meinen Anschlag verwerfen sollte, alles für tot und nichtig angesehen werden muss, und gleichsam als wäre niemals davon die Rede gewesen. Wenn hingegen mein Vorschlag gutgeheißen und für nützlich und tunlich angenommen wird, und ich in die Lage gesetzt werde, denselben auszuführen, so gelobe ich Ew. Excellenz, dass meine Erkenntlichkeit gegen Sie jederzeit Ihrer mir geleisteten Gefälligkeit angemessen sein wird.«

»Es ist schon gut, Kapitän«, versetzte der Kammerherr lächelnd, »wir wissen, dass Ihr ein ehrlicher Mann seid.«

Hierauf wurde Norcroß von einigen der anwesenden Herren im Schloss weiter zu den angeblich königlichen Zimmern geführt. Gabel ging voraus, die andern folgten. Man machte ihm endlich weiß, er befinde sich im Antichambre des Königs. Es war aber das des Kronprinzen. Gabel ging in das innere Gemach. Nach einigen Minuten wurde Norcroß hineingeführt. Die hinteren Thüren standen auf und dorthin hatte sich der Kronprinz mit seiner Gesellschaft versteckt. Der Diener, welcher den König spielte, war gut angeputzt, aber der Mensch erschrak vor des Kaperkapitäns unerschrockenem Ansehen, vor dem kühnen Blick des feurigen Auges, welches den Kampf der Elemente auf dem empörten Meer und das Feuer der Seeschlacht mit Ruhe zu überschauen gewohnt war. Der schlechte Schauspieler hatte, von seiner eigenen Nichtigkeit, einem solchen Mann gegenüber, plötzlich erfasst, eine Anwandlung von Scheu. Norcroß schien ihn auch gar nicht zu beachten, sondern ging gerade auf den Kammerherrn von Gabel los.

»Dies ist Se. Majestät der König!«, sagte dieser auf den erschrockenen Diener deutend und diesen mit einem Blick befehlend, dass er besser in seiner Rolle ausharre. Norcroß betrachtete den vermeintlichen König verwundert und zweifelhaft. Der Gedanke an Betrug fuhr ihm durch die Seele.

Auf einen zweiten gebieterischen Blick des Kammerherrn begann der Pseudokönig mit unsicherer Stimme: »Ihr habt Unseren Pardon und königliche Gnade.«

»Ich erkenne Ew. Majestät Großmut in tiefster Ehrfurcht an«, versetzte Norcroß, über diese Anrede verdutzt. »Was in dem letzten Krieg zwischen Ew. Majestät und des höchstseligen Königs von Schweden Majestät, dessen verpflichteter Diener ich war und welchem ich in allen, den Krieg angehenden Befehlen, unbedingt Folge zu leisten hatte, von mir geschehen ist, kann nicht auf meine Rechnung geschrieben werden, denn ich habe für den König gehandelt, welchem ich meine Dienste verkauft und Treue geschworen hatte. Ich würde für Ew. Majestät, wäre ich in Höchstdero Diensten gestanden, ebenso getan haben. Ich muss bemerken, dass ich im Krieg und unter den Waffen erzogen bin, und dadd das Waffenhandwerk meine einzige Kunst ist. Doch aber glaube ich in keinerlei Hinsicht etwas versehen zu haben. Denn wenn mich mein hitziges Blut auch zuweilen zu kühnen Taten getrieben hat, so geschah es doch nur darum, weil meine eigene Ehre es mir vorschrieb und das Kriegsgesetz es mir         erlaubte. Wohl sind     mir von meinen Herren und Vorgesetzten viele wichtige Anschläge und Pläne anvertraut worden, doch habe ich sie stets als heilige Gehkimnisse bewahrt und niemandem offenbart. Wohl weiß ich aber, wieviele Feinde ich habe, sowohl in Schweden als auch in England, Frankreich und auch in Ew. Majestät Staaten, von welchen einige so sehr auf mich erbittert sind, dass sie mir nach Ehre und Leben trachten und keine Gelegenheit ungenutzt vorüberlassen, um ihren verruchten Anschlag gegen mich ins Werk zu setzen.«

»Lebt deshalb in gänzlicher Sicherheit«, entgegnete der Königsfigurant, welcher während der langen Rede, womit Norcroß seine Verlegenheit zu bemänteln suchte, Mut bekommen hatte. »Niemand soll die Macht haben, Euch in Unseren Staaten etwas Arges zuzufügen. Was auch geschehen sein mag, es sei Euch verziehen. Nun sagt Uns, welchen wichtigen Vorschlag Ihr Uns zu machen habt. Wir werden Euch ein geneigtes Ohr schenken und nach Befinden der Umstände, Euch Unsere königliche Entschließung wissen lassen.«

»Ich habe ein Jahr lang in russischen Diensten gestanden«, begann Norcroß mit gedämpfter Stimme, »und als Kapitän eines Schiffes oft und viel Gelegenheit gehabt, um die Person des jetzigen Kaisers zu sein und dessen Lebensgewohnheiten täglich und stündlich zu beobachten. Auch ist mir jede Bucht im Finnischen Meerbusen bekannt und mit der Gegend um St. Petersburg bin ich so vertraut, als wäre es meine Vaterstadt. So weiß ich nun, dass der Zar Peter jeden Morgen noch in der nebligen Frühe auf den Schiffszimmerplatz am Meer zu gehen, und ehe noch die Arbeitsleute kommen, alles in Augenschein zu nehmen pflegt. Der Zar hat alsdann niemals mehr als zwei Personen bei sich und ist in schlichten Kleidern, sodass, wer ihn nur in seiner kaiserlichen Pracht gesehen hat, ihn hier schwerlich wiedererkennen würde. Wenn mir nun Ew. Majestät eine gedoppelte dänische Schaluppe, mit sechszehn bewaffneten Leuten besetzt, anvertrauen wollten, so würde ich, mit Ew. Masestät höchster Genehmigung, von der Zollbude gerade nach St. Petersburg übergehen, mich nachts auf dem Zimmerplatz geschickt verstecken und früh die Gelegenheit ersehen, den Zaren in die Schaluppe zu locken, mich seiner dort bemächtigen und herüber nach Kopenhagen als Gefangenen bringen. Damit wäre aller Krieg zu Ende und ganz Dänemark geholfen.«

Als der Königsspieler auf diesen sonderbaren Antrag nichts antwortete und auch nichts zu antworten wusste, fuhr Norcroß noch verlegener fort: »Sollte übrigens Ew. Majestät an diesem Vorschlag kein Wohlgefallen finden, so erlaube ich mir, Höchstdenenselben noch ein zweites Projekt vorzulegen. Die russische Flotte wird unter des Zars eigener Leitung täglich größer und bedeutender, und wenn Ew. Majestät dieser so emsig betriebenen Vergrößerung ruhig zusieht, so wird Dänemark in wenigen Jahren mit Schrecken gewahren, worauf das alles hinausläuft, auf nichts Geringeres nämlich, als auf die Eroberung aller nordischen Reiche. Ich habe es oft aus Peters eigenem Mund gehört, dass er sich schmeichelt, bald in allen schwedischen, dänischen, englischen und deutschen Häfen zu befehlen. Bei seinen Mitteln und seinem Unternehmungsgeist ist ihm dies so unmöglich eben nicht, wie es auch für den ersten Blick unbegreiflich scheinen möchte. Es ist daher zur Sicherheit Dänemarks höchst notwendig, dass die wachsende Übermacht der russischen Flotte in ihrem Keim zerstört werde. Niemand in Ew. Majestät Staaten kann dies besser bewerkstelligen als ich, niemand hat das Einsehen, niemand den Mut dazu. Auf Ew. Majestät Befehl stecke ich die ganze russische Flotte in Brand, dass auch kein Segel davon übrig bleiben soll, und Dänemark und alle anderen nordischen Reiche sind gerettet. Belohnt will ich nicht eher sein, als bis ich das Werk getan habe. Dann aber bitte ich um eine feste Anstellung beim Seewesen.«

Der Pseudokönig, froh, dass seine ängstliche Rolle zu Ende ging, sagte: »Wir werden Uns die Sache überlegen und Euch dann Unseren Willen wissen lassen.« Er winkte mit der Hand und Norcroß wurde hinausgeführt.

Der Kronprinz trat hervor und sagte, mehr erschrocken als spaßhaft: »Dieser Norcroß ist der verwegenste Mensch, der mir jemals zu Gesicht gekommen ist. Erst hat er Eure Schwester gestohlen, Gabel, dann hat er mich stehlen wollen und nun will er gar den russischen Peter stehlen. Ihr bitte Euch, schafft, dass dieser gefährliche Kerl aus dem Land kommt. Solange ich ihn in Dänemark weiß, habe ich keine frohe Stunde mehr, weil ich immer fürchten muss, er stiehlt mich oder den König, oder wohl gar uns beide und fährt uns nach Petersburg hinüber. Mir graust vor ihm. Gebt ihm Reisegeld. Ich will’s aus meiner Schatulle bezahlen, und lasst ihm dafür ein Dokument unterschreiben, dass er bei Gefängnisstrafe sich niemals mehr auf dänischem Grund und Boden betreten lasse.«