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Slatermans Westernkurier 05/2017

Auf ein Wort, Stranger, die Quinault sind heute unser Thema.

Noch nie gehört?

Zugegeben, der Name des kleinen Indianerstammes ist hierzulande auch nicht so geläufig wie der ihrer berühmteren Vettern den Apachen, Sioux, Irokesen oder Comanchen, aber dafür hat kein anderer Stamm den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Tradition und Fortschritt so perfekt vollführt, wie dieses kleine, auch heute noch kaum mehr als 2 500 Seelen zählende Völkchen.

Die Quinault leben wie schon ihre Vorfahren und deren Vorfahren an der Nordwestküste, im Westen des heutigen Bundesstaates Washington. Damit gehören sie zu den wenigen Indianern, die, wie sie jedem voller Stolz erzählen, auf denselben Ufern gehen, durch die dieselben Gewässer paddeln und in denselben Jagdgründen jagen können wie ihre Ahnen.

Sie gehören der Salishansprachgruppe an, sind mit den Cehalis, Chinook und Quileute verwandt und ernähren sich hauptsächlich vom Fischfang. Sie leben in traditionellen Langhäusern aus rotem Zedernholz und fischen Lachs und Forellen. Ihre Zedernholzkanus reichten einst vom kleinen Flussboot bis hin zum ozeantauglichen Großkanu.

Die Spanier trafen den Stamm zum ersten Mal am 16. Juni 1775, in der Nähe der heutigen Stadt Moclips. Die Indianer, so behaupteten die Spanier jedenfalls, griffen dabei grundlos eine ihrer Patrouillen an, die ausgeschickt war, um Wasser zu holen. Dabei töteten sie 7 Spanier, was diese wiederum veranlasste, mit Kanonen auf die Indianer zu schießen.

Die Quinault mussten bittere Verluste hinnehmen, die allerdings nichts gegen die vielen Toten waren, die in den kommenden Jahren die von den Weißen eingeschleppten Pocken verursachten. Historiker schätzen, dass damals von den knapp 34 000 im ganzen Territorium lebenden Ureinwohner fast 12 000 dadurch ihr Leben verloren.

Die Quinault sollten sich von diesem Schicksalsschlag nur mühsam erholen.

1888 soll es nur noch 95 von ihnen gegeben haben.

 

***

 

Aber die Quinaults hatten Glück.

Die US-Regierung gründete eine Quinaultreservation, die fast so groß wie das frühere Stammesgebiet der Indianer war. Um 1922, als sich die Indianer so langsam wieder von den furchtbaren Auswirkungen der Pockenepidemie erholt hatten, begannen die Quinault mit der wirtschaftlichen Nutzung der Wälder. Aber Unwissenheit, gierige Spekulanten und verheerende Waldbrände vernichteten den Baumbestand rigoros und sorgten für riesige Flächen von nutzlosem Brachland.

Ein Umdenken fand erst 1974 statt.

Dank der Hilfe der privaten Industrie und wissenschaftlichen Instituten werden die Wälder heute so optimal wie möglich genutzt. Tourismus in geregeltem Maß, ohne Genehmigung und ortskundigem Führer ist es niemand gestattet, das Land zu betreten. Ein Casino und die vollkommen im indianischen Besitz befindliche Firma Quinault Tribal Enterprises, die Fischprodukte aus dem Reservat vertreibt, haben dafür gesorgt, dass es den Indianern heute besser geht als so manchem Weißen in der Region.

Lachs, Austern und Muscheln unter dem Markennamen Quinault Pride werden von den Gourmets im ganzen Land geschätzt.

1989 zählte der Stamm bereits wieder über 2 200 Seelen.

Die Verschmelzung von Wissen, Tradition und überlieferter Kultur mit dem Computerzeitalter ist diesem kleinen Volk perfekt gelungen.

Schade, dass es davon nur so wenige weitere Beispiele gibt.

Euer C. C. Slatermann

Quellenhinweis: