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Der Welt-Detektiv Band 6

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Interessante Abenteuer unter den Indianern 41

Interessante-Abenteuer-unter-den-IndianernJohn Frost
Interessante Abenteuer unter den Indianern
Erzählungen der merkwürdigsten Begebenheiten in den ersten indianischen Kriegen sowie auch Ereignisse während der neueren indianischen Feindseligkeiten in Mexiko und Texas

Indianische Etikette

Die Indianer zeichnen sich wegen ihres gefunden Verstandes hinsichtlich Schicklichkeit und Anstand besonders aus. In einer beratenden Versammlung beobachten sie die strengste Etikette. Die Redner sprechen zu der Versammlung in gehöriger Reihefolge nach ihrem Rang. Kein Redner ist je unterbrochen, überschrien oder zur Ordnung gerufen worden, wie es bei zivilisierten Nationen geschieht. Dieser Charakterzug der Indianer ist den Weißen in Unterhandlungen mit ihnen von großem Nutzen gewesen. Unsere Agenten und Abgesandten haben dadurch ein ruhiges, geduldiges Gehör in allen ihren Verhandlungen und Verträgen gefunden, und die Missionen, welche zu ihnen gesandt wurden, erlangten achtungsvolle Aufmerksamkeit. Es zeigt sich das vorstehend Gesagte in folgender Anekdote:

Die Geschichte zeigt uns nur wenige Beispiele von größerer Tapferkeit und Seelengröße, wie sie in dem Charakter von Opechanchanough, einem indianischen Häuptling, enthalten waren. Kühn, listig, einschmeichelnd, in Vorstellungen und Intrige geschickt, hielt er die virginischen Ansiedler mehrere Jahre lang in einem Zustand fortwährender Furcht. Mehr als einmal schüchterte er sie mit Drohungen von Zerstörungen ein. Obwohl vom Alter so niedergebeugt, dass er kaum noch fähig war zu gehen, kommandierte er selbst, und zwar von einer Bahre herab, auf welcher man ihn trug, den Angriff und Rückzug seiner Krieger in jenem fürchterlichen Gemetzel des Jahres 1641, welches beinahe alle Kolonisten tötete. Die ungeheuren Strapazen dieses Feldzuges vollendeten den Ruin seiner Gesundheit. Sein Fleisch schwand dahin, seine Sehnen verloren ihre Elastizität, seine Augenlider hingen so weit über seine Augen, dass sie das Gesicht total verdunkelten. In diesem verlassenen Zustand, von dem Druck der Jahre niedergebeugt und durch die Strapazen des Krieges gänzlich entkräftet, wurde er überrascht und als Gefangener nach Jamestown geführt. Nach einer kurzen Zeit wurde er von dem Soldaten, der ihn bewachte, erschossen. Bis zum letzten Augenblick behielt er seinen unerschütterlichen Mut bei, der ihn stets unterstützte in Widerwärtigkeiten und im Glück, in Krankheit und in seiner Todesstunde aufrecht erhielt. Kurz zuvor, ehe er starb, sagt der Geschichtschreiber, hörte er einen ungewöhnlichen Lärm in seinem Gefängnis. Er ersuchte seinen Wärter, seine Augenlider aufzuheben und er sah sich von einer Anzahl Personen umgeben, welche hergekommen waren, um die letzten Augenblicke dieses Naturmenschen zu beobachten. Dem sterbenden Häuptling gefiel das Eindringen Fremder in sein Gefängnis nicht, und er äußerte sich hierüber in Worten der höchsten Indignation. Es war ein Ausbruch der Leidenschaft. Einen Augenblick schien die Natur die Oberhand über die Gewohnheiten seiner Erziehung erlangen zu wollen, und die Darlegung und Wirkung, man muss es bekennen, stimmen vollkommen zu der Größe des Augenblickes. Ohne die Eindringlinge bemerken zu wollen, erhob er sich von der Erde und mit der Stimme und dem Benehmen eines Kommandanten befahl er, dass der Gouverneur augenblicklich gerufen würde.

Als der Gouverneur in das Gefängnis trat, erzählte Opechanchanough ihm entrüstet, »dass, hätte es sein Glücksstern gewollt, Sir William Berckley gefangen zu nehmen, er würde ihn nicht auf solch eine niederträchtige Weise zur Schau gestellt haben!«

Welche Geistesgröße! Welch unvergleichlicher Heroismus! In einem Alter von 100 Jahren, blind, unfähig, aufrecht zu stehen, verwundet und gefangen blieb sein Mut unbeeinträchtigt. Die Hoffnung auf Macht, und der Reiz, ein glänzendes Beispiel zu geben, sind die gewöhnlichen Quellen, aus welchen heroische Handlungen hervorgehen. Jedoch es ist nur der wirklich großen Seele eigen, dass sie ihre Unerschrockenheit und Ruhe selbst im Dunkel des Kerkers und in der Todesstunde erhält.

Die Taten dieses außergewöhnlichen Mannes, in der Blüte seines Lebens sind uns gänzlich unbekannt. Wir sahen ihn nur für eine kurze Zeit am Rande des Horizonts, jedoch nach den Strahlen zu urteilen, welche noch in jener Zeit seines Ruhmes leuchteten, können wir uns leicht eine Vorstellung von dem machen, was sein Leben in seiner Glanzperiode gewesen sein muss.