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Die Skalpjäger – Schießproben

Thomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Zweiter Teil
Viertes Kapitel

Schießproben

Ich war zu meiner Decke zurückgekehrt und wollte mich eben darauf ausstrecken, als das Krächzen eines Reihers meine Aufmerksamkeit erregte. Ich blickte auf und sah eines von diesen Tieren dem Lager zufliegen. Es kam durch eine dem Fluss zugewendete Öffnung in den Bäumen. Sein Flug war tief und langsam und es forderte mit seinen breiten Schwingen zu einem Schuss heraus.

Es knallte, einer von den Mexikanern hatte seine Escopette abgefeuert, aber der Vogel flog weiter und strengte seine Schwingen mit größerer Energie an, um außer Schussweite zu kommen.

Die Trapper lachten und eine Stimme rief: »Du verwünschter Narr! Denkst du, dass du mit deiner dickköpfigen Platzbüchse eine ausgebreitete Decke treffen könntest! – Pah!«

Ich wendete mich, um zu sehen, wer diese Worte gesprochen hatte. Zwei Männer wogen ihre Büchsen in der Hand und erhoben sie, um auf den Vogel zu zielen. Der eine war der junge Jäger, welchen ich beschrieben habe, der andere ein Indianer, den ich noch nicht gesehen hatte.

Die Knalle waren gleichzeitig und der Reiher ließ seinen langen Hals sinken und stürzte wirbelnd in die Bäume, wo er, von einem hohen Ast aufgefangen, hängen blieb.

An der Stelle, wo sie sich befanden, hatte keiner von den beiden sehen können, dass der andere feuerte. Zwischen ihnen stand ein Zelt und beide Schüsse waren wie einer erschienen.

Ein Trapper rief: »Gut gemacht, Garey! Der Herr sei dem Gegenstand gnädig, auf den die Mündung des alten Bärentöters gerichtet ist, wenn du durch das Visier schielst.«

In diesem Augenblick schritt der Indianer um das Zelt. Da er diese Worte hörte und wahrnahm, dass der Rauch noch aus der Mündung des Gewebes des jungen Jägers hervorkräuselte, wendete er sich mit der Frage an ihn.

»Haben Sie gefeuert, Sir?«

Dies wurde in einem gut akzentuierten und ganz unindianischen Englisch gesprochen, welches meine Aufmerksamkeit dem Mann zu gelenkt haben würde, wenn sie nicht bereits sein imposantes Äußeres gefesselt hätte.

»Wer ist er?«, fragte ich einen meiner Nachbarn.

»Weiß es nicht – erst angekommen«, war die kurze Antwort.

»Meinen Sie, dass er hier fremd ist?«

»Jawohl, er ist erst vor einer Weile angekommen. Glaube nicht, dass ihn jemand kennt. Ich vermute, dass es der Kapitän tut. Ich habe sie die Hände schütteln sehen.«

Ich blickte mit zunehmendem Interesse auf den Indianer. Er schien ein Mann von etwa dreißig Jahren zu sein und war nicht viel unter sieben Fuß Höhe. Seine Verhältnisse waren die eines Apollo und er schien deshalb kleiner zu sein, als er wirklich war. Er hatte Züge von römischem Typus und seine schöne Stirn, seine Adlernase und seine breiten Kinnbacken gaben ihm das Aussehen eines nicht nur festen und energischen, sondern auch talentvollen Mannes. Er trug ein Jagdhemd, Lederbeinkleider und Mokassins, aber all dies wich von den Kleidungsstücken ab, welche sowohl die Jäger als auch ihre indianischen Verbündeten hatten. Das Hemd selbst war fast bis zur weißen Farbe eines Glacéhandschuhs gebleicht, die Brustseite war geschlossen und schön mit gefärbten Stachelschweinborsten bestickt. Die Ärmel waren ähnlich verziert und die Kapuze und die Säume mit dem weichen schneeweißen Pelz des Hermelins besetzt. Eine Reihe von ganzen Fellen dieser Tiere hing von dem Hemd herab und bildete einen schönen und kostbaren Saum, aber das Eigentümliche an diesem Mann war sein Haar. Es rollte lose über seine Schultern und reichte bis auf den Boden. Es konnte nicht weniger als sieben Fuß lang sein. Es war schwarz glänzend und voll und erinnerte mich an die Schweife der großen flämischen Pferde, die ich vor den Leichenwägen in London gesehen hatte.

Auf dem Kopf trug er die Kriegsadlermütze mit ihrer vollen Federkrone – dem schönsten Triumph des Geschmacks eines Wilden. Dieser schöne Kopfputz vermehrte die Majestät seiner Erscheinung noch. Von seinen Schultern hing eine weiße Büffeldecke mit der graziösen Drapiere einer Toga herab, ihr seidenweiches Haar entsprach der Farbe seiner Kleidung und bildete einen auffallenden Kontrast mit seinen eigenen dunklen Locken.

Er trug aber auch noch andere Zierraten an seinem Körper. Seine Waffen und Rüstungsstücke schimmerten in metallischem Glanz, und der Kolben und Schaft seiner Büchse waren reich mit Silber eingelegt.

Ich bin deshalb in meiner Beschreibung so ausführlich gewesen, weil der erste Anblick dieses Mannes mir ein Bild darbot, welches sich nie aus meinem Gedächtnis verwischen kann. Es war das schöne Ideal eines malerischen und romantischen Wilden, und doch hatte er in seiner Sprache und seinem Benehmen nichts Wildes. Im Gegenteil, die Frage, welche er soeben an den Trapper gestellt hatte, wurde auf das Höflichste gesprochen. Die Antwort war nicht so freundlich.

»Ob ich gefeuert habe! Habt Ihr nicht den Krach gehört? Habt Ihr nicht das Ding fallen sehen? Schaut dorthin!«

Garey deutete bei diesen Worten zu dem Vogel hinauf.

»Wir müssen zugleich gefeuert haben.«

Während der Indianer dies sagte, deutete er auf sein Gewehr, welches noch aus der Mündung rauchte.

»Schaut her Indianer, ob wir zugleich gefeuert haben oder nicht zugleich, das kümmert mich weniger, als das Wedeln eines Biberschwanzes, aber ich habe den Vogel aufs Korn genommen, ich habe ihn getroffen und meine Kugel hat ihn herabgebracht.«

»Ich denke, dass ich ihn ebenfalls getroffen haben muss«, erwiderte der Indianer bescheiden.

»Doch nicht etwa mit dem flunkerschen Spielzeug da?«, sagte Garen, indem er geringschätzig auf das Gewehr des anderen und dann stolz auf seine eigene braune, vom Wetter mitgenommene Büchse deutete, die er soeben ausgewischt hatte und wieder laden wollte.

»Spielzeug oder nicht!«, erwiderte der Indianer, »sie sendet eine Kugel gerader und weiter als irgendein Gewehr, welches ich noch getroffen habe. Ich bürge dafür, dass sie die ihre durch den Leib des Reihers gesendet hat.«

»Schaut her, Mister – denn ich vermute, dass wir einen Gentleman, der so hübsch spricht und so hübsch aussieht, Mister nennen müssen, wenn er auch ein Indianer ist – es ist leicht auszumachen, wer den Vogel getroffen hat. Euer Ding schießt etwa fünfzig, Bärentöter aber neunzig aufs Pfund. Es ist nicht schwer zu sehen, welche das Ungeziefer durchbohrt hat. Wir werden es bald sehen.«

Und hiermit trat der Jäger auf den Baum zu, an welchem hoch oben der Reiher hing.

»Wie wollt Ihr ihn herabbringen?«, rief einer von den Männern, welcher vorgetreten war, um das Ende dieses merkwürdigen Streites anzusehen.

Es erfolgte keine Antwort, denn alle sahen, dass Garey seine Büchse zu einem Schuss erhoben hatte. Der Knall folgte und der von seiner Kugel zersplitterte Zweig bog sich unter der Last des Reihers. Der Vogel war aber von einer Doppelgabel aufgefangen worden und stak immer noch fest an dem zerbrochenen Holz.

Dem Schuss folgte ein Beifallsmurmeln. Die Männer waren nicht gewöhnt, über einen geringfügigen Vorfall ein lautes Hurrageschrei zu erheben.

Der Indianer, welcher sein Gewehr wieder geladen hatte, näherte sich jetzt.

Er zielte, traf den Zweig an dem zerschmetterten Punkt und schnitt ihn rein vom Baum ab. Der Vogel stürzte unter lauten Beifallsrufen der Zuschauer, besonders der mexikanischen und indianischen Jäger zu Boden. Er wurde sogleich aufgehoben und untersucht.

Durch seinen Körper waren zwei Kugeln gegangen, eine jede von ihnen würde ihn getötet haben.

Auf dem Gesicht des jungen Jägers wurde ein Schatten eines unangenehmen Gefühls wahrnehmbar. Er war in Gegenwart so vieler Jäger jeder Nation auf diese Weise, im Gebrauch seiner Lieblingswaffe, geschlagen worden, und noch dazu von einem Indianer und noch schlimmer, von einer jener ›Pfefferkuchenflinten‹. Die Gebirgsmänner haben keinen Glauben an einen verzierten Schaft oder ein schweres Kaliber. Eingelegte Büchsen, sagen sie, sind wie eingelegte Rasiermesser, nur dazu bestimmt, um sie an Grünschnäbel zu verkaufen.

Es war jedoch offenbar, dass die Büchse des fremden Indianers auch zum Schießen gemacht war.

Es bedurfte der ganzen Selbstbeherrschung des Trappers, um seinen Ärger zu verhehlen. Er begann, ohne ein Wort zu sagen, seine Büchse mit der Männern seines Berufs eigentümlichen stoischen Ruhe auszuwischen. Ich bemerkte, dass er mit größerer Sorgfalt als gewöhnlich lud, offenbar wollte er sich mit der bereits gemachten Probe nicht begnügen, sondern entweder den Indianer besiegen oder selbst besiegt werden, wenigstens murmelte er dies seinen Kameraden zu.

Sein Gewehr war bald geladen. Er nahm es in den Arm und wendete sich zur Menge, die sich jetzt aus allen Teilen des Lagers herbeigefunden hatte.

»Es gibt eine Art zu schießen«, sagte er, »die ebenso leicht ist wie das Fällen von einem Baum. Ein jeder, der geradeaus durch ein Visier blicken kann, vermag es zu tun. Aber es gibt eine andere Art, die nicht so leicht ist und die des Mutes bedarf.«

Hier blieb der Trapper stehen und blickte auf den Indianer, welcher ebenfalls wieder lud.

»Schaut her, Fremder«, fuhr er, zu dem Letzteren gewendet fort, »habt Ihr in der Nähe einen Kameraden, der Euren Schuss kennt?«

Der Indianer antwortete nach kurzem Besinnen: »Ja.«

»Kann sich Euer Kamerad auf Euren Schuss verlassen?«

»O, ich glaube es. Warum wünschen Sie das zu wissen?«

»Warum? Ich will Euch einen Schuss zeigen, den wir mitunter in Bents Fort tun, um die Grünschnäbel zu kitzeln. Es ist kein besonders großer Schuss, aber er setzt die Nerven ein wenig auf die Probe. He Rube!«

»Geh zum Teufel! Was willst du von mir?«

Dies wurde von einer energischen, zornigen Stimme gesprochen, welche aller Augen zu der Seite, von welcher sie kam, lenkte.

Auf den ersten Blick schien in dieser Gegend sich niemand zu befinden. Wenn man aber sorgfältiger unter die Baumstümpfe und Stämme schaute, so entdeckte man ein Individuum, welches an einem von den Feuern saß.

Es hätte sich schwer behaupten lassen, dass es ein menschlicher Körper sei, wenn nicht die Arme in diesem Augenblick in Bewegung gewesen wären. Der Rücken war der Menge zugewendet und der Kopf war vorwärts über das Feuer gebückt, und auf diese Weise sichtbar geworden. Der Gegenstand sah von da, wo wir standen, eher wie der Stumpf eines Cottonbaums in einer schmutzfarbigen Hirschhaut, als wie der Körper eines menschlichen Wesens aus. Wenn man näher kam und ihn von vorn ansah, unterschied man aber, dass es ein Mann war – wenn auch ein sehr sonderbarer – welcher ein langes Rippenstück aus Hirschfleisch in beiden Händen hielt und es mit seinen schlechten Zähnen benagte.

Die ganze Erscheinung dieses Individuums war eigentümlich und auffällig. Seine Kleidung – wenn man es Kleidung nennen konnte – war eben so einfach wie wild. Sie bestand aus einem Ding, welches einst vielleicht ein Jagdhemd gewesen war, aber jetzt eher aussah, wie ein lederner Sack mit aufgeschlitztem Boden und an die Seite genähten Ärmeln. Es war aus schmutzig brauner Farbe, an der Armhöhlung verschrumpelt, in dieser Gegend geflickt und über und über fettig. Der Schmutz saß in einer dicken Rinde darauf. Einst hatte sich eine Kapuze daran befunden, diese war aber offenbar von Zeit zu Zeit zum Flicken und zu anderen Zwecken verwendet worden, sodass man kaum noch eine Spur davon erblickte. Die Beinkleider und Mokassins waren von gleicher Art wie das Hemd und schienen aus derselben Haut gemacht zu sein. Auch sie waren schwarzbraun, geflickt, verschrumpelt und fettig. Sie trafen nicht zusammen, sondern ließen ein Stück des Knöchels nackt, und dieser war ebenfalls schmutzig braun wie die Hirschhaut. Es war weder ein Unterhemd noch eine Weste oder ein anderes Kleidungsstück zu sehen, mit Ausnahme einer eng anschließenden Mütze, die einst Katzenfell gewesen war. Aber die Haare waren völlig abgetragen und hatten nur eine fettige lederartige Oberfläche zurückgelassen, die den übrigen Teilen der Kleidung vollkommen entsprach.

Mütze, Hemd, Beinkleider und Mokassins sahen aus, als ob sie seit dem Tag, wo er sie zum ersten Mal anprobiert hatte – und das mochte manches Jahr her sein – nie ausgezogen worden wären. Das Hemd war offen und ließ die nackte Brust und Kehle sehen – und diese waren ebenso wie das Gesicht. Die Hände und Knöchel waren von der Sonne gegerbt und vom Feuer zur Farbe des angelaufenen Kupfers geräuchert worden. Der ganze Mann – Kleider und alles – sah aus, als wäre er geräuchert.

Sein Gesicht verkündete einen Sechziger. Die Züge waren scharf und etwas adlerartig, und das kleine Auge dunkel, schnell beweglich und durchdringend. Sein Haar war schwarz und kurz geschnitten. Sein Teint war ursprünglich brünett gewesen, wenn er auch nichts von dem Franzosen oder Spanier in seiner Physiognomie hatte. Er gehörte wahrscheinlich der schwarzen sächsischen Rasse an.

Als ich auf diesen Mann blickte, denn ich war, von einem Instinkt der Neugier bewogen, auf ihn zu geschritten, kam mir der Gedanke, dass er, von der Sonderbarkeit seiner Kleidung unabhängig, etwas Seltsames an sich habe. Es schien etwas Eigentümliches an seinem Kopf zu sein, etwas zu fehlen. Was war es?

Meine Vermutungen dauerten nicht lange. Als ich gerade vor ihn gelangt war, sah ich, was ihm fehlte – es waren seine Ohren!

Diese Entdeckung flößte mir ein dem Grausen verwandtes Gefühl ein. Es ist etwas Schauriges, einen Mann ohne Ohren zu sehen. Es lässt auf ein entsetzliches Drama, eine entsetzliche Szene grausamer Rache schließen. Es bringt einen auf die Idee eines begangenen Verbrechens und einer auferlegten Strafe.

Diese Gedanken drängten sich durch meinen Geist, als ich mich plötzlich an eine Bemerkung erinnerte, die Seguin am vorigen Abend gemacht hatte. Dies ist also die Person, von welcher er sprach, dachte ich, und mein Geist war zufriedengestellt.

Nachdem der alte Bursche seine Antwort gegeben hatte, blieb er eine Zeitlang, mit dem Kopf zwischen den Knien kauernd, murmelnd und knurrend wie ein magerer Wolf, der über eine Störung in seiner Mahlzeit erzürnt ist, sitzen.

»Komm her, Rube, ich brauche dich«, fuhr Garey in halb bittendem Ton fort.

»Und wenn du mich auch brauchst, so wird dieses Kind sich doch um keinen Pflock verrücken, bis er diese Rippe hier abgeputzt hat – das tut er gewiss nicht?«

»Geh zum Teufel, Mann, und beeile dich!« Der ungeduldige Jäger ließ den Kolben seiner Büchse auf den Boden fallen und erwartete ihn mit mürrischem Schweigen.

Nachdem der alte Rube noch einige Minuten gekaut, gemurmelt und geknurrt hatte, richtete er langsam seinen magern Leichnam auf und schritt zu der Menge heran.

»Was willst du, Billy?«, fragte er den Trapper.

»Ich möchte, dass du dies hältst«, antwortete Garey, indem er ihm eine runde weiße Muschel, etwa von der Größe einer Taschenuhr hinreichte, von welcher Art viele auf dem Boden verstreut waren.

»Ist es eine Wette, Junge?«

»Nein, das ist es nicht!«

»Verschwendest du nicht dein Pulver?«

»Ich bin von jenem Indianer im Schießen besiegt worden«, erwiderte der Trapper leise.

Der Alte blickte zu der Seite, wo der Indianer aufrecht und majestätisch im vollen Glanz seiner Federn stand. Man nahm keine Spur von Triumph oder Renommisterei an ihm wahr, während er in einer ziemlich ruhigen und würdevollen Haltung auf seiner Büchse lehnte.

An der Art, wie ihn der alte Rube beschaute, konnte man erkennen, dass er ihn schon früher gesehen hatte, wenn auch nicht in diesem Lager. Nachdem er ihn vom Kopf bis zum Fuß betrachtet und eine Zeitlang seine Blicke auf ihm hatte ruhen lassen, entfloh seinen Lippen ein leises Murmeln, welches plötzlich mit dem Wort Coco endete.

»Eine Coco, meinst du?«, fragte jener mit sichtbarem Interesse.

»Bist du blind, Bill, siehst du seine Mokassins nicht?«

»Ja, du hast recht, aber ich bin zwei Jahre in dem Stamm gewesen und habe keinen solchen Mann dort gesehen.«

»Er war nicht da.«

»Wo denn?«

»Wo es nicht viele Rothäute gibt. Er kann vielleicht gut schießen. Er hat es einst getan – den Nagel aus dem Schwarzen.«

»Du hast ihn also gekannt?«

»Jawohl, einst – eine hübsche Squaw, – ein hübsches Mädchen! – Wohin soll ich gehen?«

Ich dachte, dass Garey geneigt schien, das Gespräch fortzusetzen. Sein Benehmen zeigte ein offenbares Interesse, als der andere das Wort Squaw nannte. Vielleicht hatte er eine zärtliche Erinnerung. Da er aber den anderen sich zum Fortgehen anschicken sah, deutete er nach einer sich östlich hinstreckenden Lichtung und antwortete einfach:

»Sechzig!«

»Nimm meine Klauen in acht, hörst du? Die Indianer haben sie rar gemacht. Dieses Kind kann keine weiter entbehren.«

Der alte Trapper sagte dies mit einer Schwenkung seiner rechten Hand. Ich bemerkte, dass der kleine Finger abgeschnitten war.

»Fürchte nichts, Old Nag!«, war die Antwort, und hierauf entfernte sich der verräucherte Alte mit langsamem und regelmäßigem Schritt, welcher bewies, dass er die Entfernung maß.

Als er den sechzigsten Schritt getan hatte, wendete er sich um und stellte sich mit den Hacken zusammen aufrecht hin. Hierauf streckte er seinen rechten Arm aus, erhob ihn, bis seine Hand sich auf gleicher Höhe mit seiner Schulter befand, hielt die Muschel mit der flachen Seite nach vorn zwischen seinen Fingern und schrie zurück.

»Nun Bill, schieße und sei verdammt!«

Die Muschel war etwas konkav und mit der Höhlung nach vorn gewendet. Der Daumen und Zeigefinger reichten halb um dieselbe, sodass ein Teil des Randes verborgen war, und die dem Schützen zu gewendete Oberfläche hatte keinen größeren Umfang, als das Zifferblatt einer gewöhnlichen Uhr.

Dies war ein furchtbarer Anblick. Er ist unter den Gebirgsmännern nicht so häufig, wie die Reisenden erzählen. Der Schuss beweist die Geschicklichkeit des Schützen, erstens, wenn er glücklich ist, indem er die Kraft und Festigkeit seiner Nerven beweist, zweitens durch das Vertrauen, welches der andere darein setzt und auf diese Weise durch ein stärkeres Zeugnis als einen Eid bestätigt. Auf alle Fälle ist das Halten des Zielers wenigstens ebenso wichtig wie das Treffen desselben.

Es gibt viele Jäger, die den Schuss tun wollen, aber nur wenige, welche zu bewegen sind, die Muschel zu halten.

Es war ein furchtbarer Anblick und meine Nerven bebten, während ich darauf hinsah. Viele andere fühlten das Gleiche, niemand mischte sich ein. Es waren nur wenige zugegen, die es gewagt haben würden, selbst wenn diese beiden Männer Vorbereitungen getroffen hätten, um aufeinander zu feuern. Beide waren unter ihren Kameraden angesehene Männer – Trapper der ersten Klasse.

Garey atmete tief, stellte sich fest mit der Ferse seines linken Fußes einige Zoll vor der Höhlung seines rechten auf, sodann erhob er seine Büchse, warf den Lauf über seine linke Hand und rief seinem Kameraden zu: »Fest! Alter Haut- und Knochenmann, hier kommt er!«

Die Worte waren kaum heraus, als die Büchse angelegt wurde.

Auf einen Augenblick herrschte eine Totenstille und aller Augen waren auf das Ziel gewendet. Dann kam der Krach, und man sah die Muschel, in fünfzig Trümmer zersplittert hinwegfliegen.

Die Menge erhob ein Beifallsgeschrei. Der alte Rube bückte sich, um eines von den Stücken aufzuheben und schrie, nachdem er es einen Augenblick betrachtete, mit lauter Stimme: »Gerade in die Mitte! – Bei Gott!«

Der junge Trapper hatte tatsächlich das Ziel ins Zentrum getroffen, wie es der blaue Fleck der Kugel bezeugte.