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Die Gefangenen von Altenahr

Vom frischen Quell
Sagen, Legenden undGeschichten aus der Eifel
Jung und Alt in neuer Fassung dargeboten von Rektor Jos. Schiffels
Verlag Georg Fischer. Wittlich. 1912
Erstes Bändchen

Die Gefangenen von Altenahr

Das Schloss Altenahr diente den Kölner Erzbischöfen als Gefängnis. Konrad von Hochstaden, der mit der Kölner Bürgerschaft in Streit geraten war, ließ acht angesehene Bürger verhaften und nach Altenahr bringen. 1261 starb Konrad, und sein Nachfolger wurde der bisherige Propst von St. Gereon, Engelbert II. von Falkenburg (1261 bis 1275). Als er bald nach seiner Wahl nach Altenahr kam, um die Huldigung entgegenzunehmen, glaubte man eine günstige Gelegenheit zu haben, um für die Freilassung der Gefangenen zu bitten. Zu diesem Zweck begaben sich drei vornehme Kölner Bürger nach Altenahr. Es waren die Herren Ruttger Overstolz, Daniel Jude und Kostin von der Aducht. Kaum aber waren sie am Ziel ihrer Reise angekommen, als sie ergriffen und zu den übrigen acht Gefangenen in den Kerker geworfen wurden. Zweieinhalb Jahre waren sie der Freiheit beraubt, bis es ihnen gelang, auf eigentümliche Weise zu entkommen.

Zwar hatten sie die Hoffnung auf Befreiung aufgegeben; es schien, als müssten sie in dem Gefängnis ihr letztes Stündlein erwarten. Niedergeschlagen und der Verzweiflung nahe verlebten sie einen Tag um den anderen. Overstolz hatte noch am meisten Zuversicht und Lebensmut und versuchte nach Kräften seine Leidensgenossen aufzuheitern. Um ihnen etwas Abwechselung und Zeitvertreib zu bieten, hatte er eine Maus gezähmt, und das muntere und zutrauliche Tierchen bereitete ihnen manche Kurzweil und verscheuchte Sorge und Gram vorübergehend aus ihrem Herzen. Eines Tages aber entschlüpfte die Maus in ein Loch. Mit den Händen grub Overstolz nach der Maus. Er hatte nicht lange gearbeitet, als er auf einen Meißel und eine scharfe Feile stieß. Die Gefangenen erblickten darin wertvolle Hilfsmittel, die ihnen Gott zur Rettung durch schleunige Flucht verliehen habe. Während der Nacht feilten sie die Ketten, mit denen sie gefesselt waren, und die Gitterstäbe des Gefängnisses durch. Aus Kleidungsstücken machten sie ein langes Seil, an dem sie unversehrt in die Tiefe hinabglitten. Bald nahm das Dickicht des nahen Waldes sie schützend auf. Um ihre Flucht zu erleichtern, trennten sie sich dort. Sieben von ihnen nahmen den Weg auf Sinzig zu, während die anderen vier die Richtung zur Burg Tomberg einschlugen. Nach mühevoller Wanderung kamen sie ganz entkräftet auf dem Mönchshof bei Adendorf an, wo sie freundliche Aufnahme und Unterkunft fanden. Es war ihnen aber nicht vergönnt, dort länger zu weilen und sich zu erquicken. Man hatte die Spur der Entflohenen verfolgt und sie auf dem Klosterhof vermutet. Als man die Häscher bemerkte, brachte Bruder Hermann die Flüchtlinge unbemerkt und in aller Eile zu einem armen Bauern, wo er sie alle vier in einem Schrank versteckte. Die Verfolger durchsuchten den ganzen Klosterhof und spähten in allen Ecken und Winkeln nach den Entflohenen, ohne sie zu finden. Als sie endlich enttäuscht wieder abziehen mussten, kamen die Kölner aus dem unbequemen Versteck hervor und wandten sich nun Remagen zu. In der Hütte eines Fischers nahmen sie Herberge.

Kaum hatten sie sich etwas gestärkt, als ein Fremder zu ihnen eintrat, der sie kannte und zu ihnen sprach: »An diesem Ort seid ihr nicht sicher. Folgt mir, dann seid ihr gut aufgehoben.« Das sagte er nur, um sie in seine Gewalt zu bringen, denn er wollte sie verraten.

Ahnungslos folgten sie dem Fremden, der sie dem Richter Alef von Remagen überließ. Doch dieser hatte Erbarmen mit den Flüchtlingen, denen er behilflich war, dass sie schließlich wieder nach ihrer Vaterstadt zurückgelangten.