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Fort Aldamo – Band 39

Bill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 39
Zu hoch gepokert, Finnewacker!

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 02.05.2017, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Der verschlagene Outlaw John Barney hat Finnewacker den Tod geschworen! Nicht nur, dass der verdammte Master Sergeant ihm den sicher geglaubten Juwelenschatz wieder entreißen konnte – er hat auch seinen Bruder Joel zur Hohe geschickt. Das soll dieser Blaurock büßen! Es kommt John Barney nur recht, dass seine ehemalige Komplizin Sue eine eigene Meute um sich schart, weil auch sie es auf die Juwelen abgesehen hat. Denn nun beginnt ein höllisches Kesseltreiben auf Finnewacker und Vivienne. Und es sieht ganz so aus, als habe der Master Sergeant diesmal die schlechteren Karten …

Leseprobe

Als Finnewacker erwachte, graute der Morgen. Er hob den Kopf und schaute zu dem schmalen Fenster des kleinen Hotelzimmers. Vivienne, die hübsche Frau aus Camp Lowell, die dort einen Saloon betrieb und die seine Geliebte war, lag in seinem Arm und schlief noch tief und fest. Ihr wunder­bar geformter Busen senkte sich unter den gleichmäßigen Atemzügen sanft auf und ab.

Er wusste, dass er nicht von selbst aufgewacht war. Ein Geräusch musste ihn aus dem Schlaf gerissen haben.

Da war dieses Geräusch wieder!

Draußen vor der Tür regte sich etwas. Finnewacker schloss für einen Moment die Augen, um konzentrierter hören zu können. Er glaubte, leise flüsternde Stimmen zu vernehmen.

Behutsam zog er den rechten Arm unter Viviennes Nacken hervor und glitt aus dem Bett, den Blick auf die Tür gerichtet. Er hatte noch Zeit, wenigs­tens in die Unterhose zu schlüpfen. Der Master Sergeant griff nach seinem auf dem Nachttisch liegenden Revolver und nahm im Vorbeigehen den Karabiner vom Tisch.

Finnewacker trat an die Tür. Die Matte, die draußen gelegen hatte, war nach innen geschoben worden. Ge­räuschlos bewegte sich der Schlüssel und fiel lautlos auf die Matte herab.

Nein – das schafften die Kerle nicht. Sie versuchten, den Schlüssel auf der Matte unter der Tür hindurchzuziehen. Aber das klappte nicht. Die Matte be­wegte sich bis an die Tür, und dort blieb der Schlüssel hängen. Es war ein kaum wahrnehmbares Geräusch, als er aufs Holz fiel und die Matte verschwand.

Einige Sekunden schien draußen Ratlosigkeit zu herrschen. Dann ver­suchte es einer mit dem kleinen Finger.

Finnewacker packte den Karabiner am Lauf, um dem Kerl die stählerne Bo­denplatte auf den Finger zu schmettern, überlegte es sich aber anders.

Revolver und Karabiner im Anschlag und die Abzüge gespannt, trat er zu­rück.

Leise knackte metallisch der Schlüs­sel im Schloss, und die Tür schwang herum.

Finnewacker sah schemenhafte Ge­stalten mit ebenfalls schussbereiten Waffen, die da zu ihm eindringen woll­ten. Er feuerte.

Dröhnend spien die Waffen des gro­ßen Mannes Feuer und Rauch, und das heiße Blei peitschte aus den Rohren.

Aufschreiend stürzten Männer ge­troffen übereinander.

Mit einem Schlag schien die Hölle los zu sein.

Finnewacker duckte sich und feuerte, so schnell er nur konnte. Gestalten zuckten da draußen ins Dunkel zurück Stiefelpoltern entfernte sich.

Finnewacker war mit einem Satz im Flur und schoss auf die Männer, die schon an der Treppe waren und deren Revolver wild blitzten und krachten. Seine Kugeln warfen sie einen nach dem anderen die Treppe hinab.

Plötzlich trat Stille ein.

Finnewacker blickte auf die bei­den Männer, über denen er breitbeinig stand. Sie waren tot.

Jetzt wurde es im Hotel lebendig. Türen klappten, aufgeregte Stimmen und Schritte waren zu vernehmen.

Ihm fiel ein, dass er fast nackt war. Er ging schnell ins Zimmer zurück, schloss ab und wandte sich dem Bett zu.

Wie eine Statue saß Vivienne da, die Decke bis zum Hals hochhaltend und den Blick starr, auf ihn gerichtet. Hatte sie vor Schreck der Schlag getroffen?

Finnewacker legte die Waffen auf das Bett. »Nur ruhig, Vivienne!«, sagte er und packte sie an den Schultern.

Da schloss sie die Augen und senkte den Kopf. »Ich habe geglaubt …«

Ihre Lippen zitterten wie im Krampf.

Er fasste ihr unter das Kinn. »Mir ist nichts geschehen, Kleines! Also wozu Tränen?«

Die Sorge, das Entsetzen und die Angst, die sie in den paar Sekunden eben durchlitten hatte, waren in ihren schönen, dunklen Augen sichtbar. Tief­schwarze, lange Wimpern hatte sie, unter denen langsam Tränen hervor­quollen.

Er küsste ihr die feine, gerade Nase. »Komm, zieh dich an! Hier wird gleich eine Menge los sein!«

Sie sah ihn an und wurde sich da­bei der eigenen Nacktheit bewusst. Draußen waren Stimmen zu hören. Da klopfte es schon.

Finnewacker zuckte zurück. »Au­genblick!«, rief er dröhnend und fuhr rasch in die Sachen.

Vivienne sprang aus dem Bett und hüllte sich in den Morgenmantel, den Blick auf die Tür gerichtet, an der es jetzt geradezu donnerte.

»Verdammt noch einmal! Ich habe gesagt, Moment!«, röhrte Finnewacker gereizt.

»Hier ist der Sheriff! Öffnen Sie!«

Finnewacker rammte die Füße in die Stiefel und schritt zur Tür, den Ober­körper noch nackt. Mit einem Griff warf er den Feldrock breit auf das Bett, so­dass seine Mastersergeantwinkel gleich ins Auge stechen mussten.

Er öffnete!

Der Sheriff und zwei Deputies drängten ins Zimmer, die Gewehre schussbereit in den Fäusten.

»Warum bedrohen Sie mich?«, fragte Finnewacker mit Polterstimme und zeigte auf die toten Männer vor der Tür. »Die da wollten mich überfallen.«

»Kennen Sie diese Leute, Master Sergeant?«, fragte der Sheriff und nahm die Winchester in die linke Hand, den Lauf abwärtsgerichtet. Seine Deputies folgten diesem Beispiel.

»Nein! Das ist es ja.«

»Was können die von Ihnen gewollt haben? – Ihre Frau?« Der Sheriff mus­terte Vivienne interessiert.

Finnewacker neigte den Kopf. »Na hören Sie mal! «Er riss den Mund dabei weit auf.

»Ma’am!« Der Sheriff lüftete kurz den Hut und wandte sich wieder Fin­newacker zu. »Das war eigentlich keine Frage, mehr eine Feststellung«, ent­schuldigte sich der Sternträger.

Finnewacker ging zum Bett und holte die blaue Tasche hervor, in der die Kiste lag, die er in Colonel Brooks Auftrag nach Socorro an die Bahnlinie zu bringen hatte.

»Da!«, sagte Finnewacker und stellte dem Sheriff die Tasche vor die Füße. »Ich habe eine Menge Geld bei mir. Und verschiedene Leute wissen das.«

»Darf ich mal sehen?«

»Nein. Ich bin dienstlich unterwegs«, erklärte der Master Sergeant, was ja stimmte. Auch wenn Vivienne bei ihm war. Der Colonel hatte ihm ausdrück­liche freie Hand zugesichert und es ihm überlassen, wie und auf welche Weise er vorging. Hauptsache, die Kiste er­reichte das Ziel.

»Dürfen Sie mir sagen, wie groß die Summe in etwa ist?«, fragte der Sheriff höflich.

Finnewacker wedelte mit der Hand. »Runde hundert.«

»Tausend?«

Finnewacker nickte.

»Wohin sind Sie damit unterwegs?« »Geheime Kommandosache!«, dröhnte Finnewacker.

»Sie sind also hier überfallen wor­den?«

»Wir haben noch geschlafen, als ich die Kerle draußen hörte«, erwiderte Finnewacker und berichtete von der Matte und dem Schlüssel.

»Niemand kann mir übel nehmen, dass ich geschossen habe!«, fügte er zum Schluss hinzu und wies auf die Einschläge in der Wand, vor der er gestanden hatte, als die Tür aufflog. »Schließlich habe ich nicht nur den Kies, sondern auch meine Frau zu schützen.«

Der Sheriff machte sich Notizen.

Kies, wie Finnewacker behauptet, war das nicht. Auch die Summe von hunderttausend war geschwindelt.

In dieser Kiste, die er da in Vivien­nes blauer Reisetasche transportierte, befand sich ein Vermögen im Wert von zwanzig Millionen Dollar.

Nicht in Gold, sondern in Juwelen und Dokumenten.

Pioniere hatten vor Tagen beim Brü­ckenbau diese Kiste in einem See ge­funden.

Es handelte sich um Dokumente der ehemaligen Regierung der Südstaaten von historischem Wert und um Juwelen aus deren Kriegskasse.

Hohe Beamte der Konföderierten Regierung mussten bei Kriegsende oder danach die Kiste in diesem See versenkt haben, damit Dokumente und Juwelen nicht in die Hand des Feindes fielen. Vermutlich waren sie hinterher ums Leben gekommen. Der Krieg zwischen den Nord- und den Südstaaten war seit über einem Jahrzehnt zu Ende und so­lange hatte die Kiste auf dem Grund des Sees gelegen.

Der Sheriff steckte den Notizblock in die Tasche. »Ma’am! Master Sergeant!« Er schritt zur Tür, den Blick auf die blaue Tasche gerichtet. »Sie können selbstverständlich weiterreisen.«

Er ging hinaus, und die Deputies folgten ihm. Finnewacker schloss die Tür.

»Du kennst die Männer nicht, die uns ermorden wollten?«, fragte Vivienne betroffen. »Ich dachte, es sind die Ban­diten gewesen, die uns in Safford über­fielen!«

Bei diesem Überfall in Safford war Finnewacker die Tasche losgeworden. Über ein Dutzend Banditen hatten ihn und Vivienne umzingelt, sodass er keine Chance gehabt hatte. Doch der Master Sergeant war losgeritten und hatte die Tasche zurückerkämpft. Einige dieser Hundesöhne waren ihm entkommen. Darunter auch der Anführer, der ihm die Juwelen abgenommen hatte. Doch nur dessen Gesicht hatte er sich ein­geprägt.

»Ich habe Nein gesagt«, versetzte Finnewacker. »Aber genau genom­men kann ich das nicht behaupten. Ich kann mich an die Gesichter nicht erinnern. Lange genug, um mir so eine Visage einzuprägen, habe ich die Kerle ja nie zu Gesicht gekriegt. – Aber nun Schwamm drüber. Zieh dich an! Wir müssen weiter.«

Sie befanden sich in Duncan. Nur vierzig Meilen von Safford entfernt. Bis Socorro, wo Finnewacker die Kiste an eine Gruppe Eisenbahndetektive übergeben sollte, waren es noch gute zweihundert Meilen.

Hinter den Juwelen waren aber nicht nur die Banditen her, die ihn in Safford überfielen.

Finnewacker hatte Camp Lowell mit der Kiste nachts verlassen. Still und heimlich. Am Tag darauf war ein Transport mit einer leeren Kiste auf­gebrochen, eskortiert von einer ganzen Schwadron. Und alle Ganoven und Banditen, die von den Juwelen erfah­ren hatten und deshalb nach Camp Lowell gekommen waren, hatten sich dem »blinden Transport« auf die Fersen geheftet.

Doch sobald die Banditen den faulen Braten rochen, musste Finnewacker damit rechnen, dass sie sich wie Aas­geier auf ihn stürzten.

Er rasierte sich, als er sah, dass Vi­vienne Schwierigkeiten mit dem Mieder hatte. Er ging zu ihr und schloss die lange Reihe der Haken.

»Warum hast du mich dem Sheriff gegenüber als deine Frau vorgestellt?«, fragte sie. »Das stimmt doch gar nicht.«

»So ein Sheriff ist ein Mann, der alles essen und trinken kann, aber doch nicht unbedingt auch alles wissen muss, oder?«, brummte er.

Sie lachte.

Finnewacker war froh, dass sie ihr Gleichgewicht wieder hatte. Immer­hin! Wer war es schon gewohnt, auf diese Weise aus dem Schlaf gerissen zu werden?

Er küsste ihren Nacken, wischte den Seifenschaum weg, den er darauf hin­terließ, und kehrte zum Spiegel zurück.

Während er sich rasierte, summte er leise vor sich hin, dachte dabei aber angestrengt darüber nach, ob es noch klug war, mit Viviennes Kutschwagen weiterzureisen.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 39. Bastei Verlag. Köln. 02.05.2017