Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Slatermans Westernkurier 04/2017

Auf ein Wort, Stranger, wer den Westernkurier kennt, weiß, dass es nie sein Bestreben war, über Personen oder Ereignisse aus jener Epoche zu berichten, die zuvor schon gefühlt zehntausendmal in Film, Fernsehen, Zeitungen oder Büchern erwähnt wurden.

Heute noch über Wyatt Earp, Billy the Kid, Sitting Bull oder Custers Untergang am Little Bighorn River zu berichten, hieße Eulen nach Athen tragen. Deshalb wird auch in dieser Kolumne weder etwas über Berühmtheiten wie die Generäle Custer, Miles und Crook zu lesen sein, noch über bekannte Bürgerkriegsschlachten wie Gettysburg oder Antietam und auch nicht über Auseinandersetzungen mit den Indianern.

Der informierte Leser ahnt bei der Aufzählung dieser Begriffe wahrscheinlich, dass die US Army diesmal das Thema ist, was auch im weitesten Sinne richtig ist.

Eine Abhandlung über die Army als solches würde allerdings den Rahmen dieser Kolumne sprengen und eine Aufzählung von Berühmtheiten unter den Soldaten wäre müßig.

Also Ehre, wem Ehre gebührt, nämlich dem Gemeinen, dem Private.

Denn sie, die Namenlosen auf der Bühne der Geschichte sind die wahren Helden.

Der Westernkurier möchte dies am Beispiel einfacher Soldaten aufzeigen.

Dazu möchten wir einige Dinge vorausschicken.

Während der Jahrzehnte nach dem Bürgerkrieg und den Auseinandersetzungen mit den Indianern erhielten insgesamt 416 Soldaten die höchste und damals einzige Tapferkeitsauszeichnung der Army – die Medal of Honor.

Bezeichnenderweise befand sich unter diesen Dekorierten kein einziger Offizier über Majorsrang, selbst George Armstrong Custer, zu damaliger Zeit die Lichtgestalt der Heeresleitung in Washington, erhielt diesen Orden nie.

 

***

 

Soldat Jeremiah J. Murphy, 3rd US Cavalry, gehörte einer Truppe an, die 1876 an einem bitterkalten Tag im März das Dorf des gefürchteten Siouxhäuptlings Crazy Horse angriff.

Während der laufenden Kampfhandlungen entdeckte Murphy, der mit fünf weiteren Männern eine Schützenlinie bildete, plötzlich, dass sie von ihrer Abteilung abgeschnitten waren.

Beim Versuch, sich wieder zur Truppe zurückzukämpfen, wurden seine Kameraden einer nach dem anderen niedergeschossen.

Murphy, nunmehr allein, war gerade dabei, ebenfalls vorzustürmen, als einer seiner Kameraden, der schwerverletzt am Boden lag, rief: »Murphy, um Himmels willen, lass mich nicht lebend in die Hände der Wilden fallen!«

Darauf nahm Murphy den Verwundeten auf die Schulter und rannte unter heftigem Beschuss durch die feindlichen Linien.

Dabei traf eine der Kugeln, die auf ihn abgefeuert wurden, zuerst seinen Ladestock und machte seinen Karabiner damit nutzlos, dann eine weitere den Verwundeten. Aber diesmal tödlich. Nur zögernd ließ Murphy den Toten zu Boden gleiten und rannte erst dann weiter, als er sah, dass für seinen Kameraden jede Hilfe zu spät kam.

Die Truppe beobachtete erstaunt, wie der jetzt unbewaffnete Soldat zwischen den Indianern hindurch auf sie zulief. Er erreichte seine Abteilung mit von Kugeln zerfetzten Uniformteilen und es grenzte an ein Wunder, das er bei der ganzen Sache unverletzt blieb.

Ein anderer dieser stillen Helden, von denen heute kaum noch etwas zu erfahren ist, war Lieutenant Frank D. Baldwin von der 5th US Infantry.

Er gibt bis heute nur fünf Soldaten, die in der Geschichte der Army zweimal mit der Medal of Honor ausgezeichnet wurden, er war einer von ihnen.

Einmal im Bürgerkrieg und dann 1874 im Kampf gegen die Indianer, als er trotz einer zahlenmäßig weit unterlegenen Truppe ein Kriegslager der Cheyenne angriff und zwei Mädchen einer Auswandererfamilie befreite, welche die Indianer zuvor verschleppt hatten.

Sergeant Charles Thomas, Angehöriger der 11th Ohio Cavalry und Sergeant Michael McCarthy waren ebenfalls Ordensträger der Medal of Honor.

Allesamt unbekannte Soldaten, ohne die man aber die Chronik so mancher Schlacht hätte umschreiben müssen, wenn nicht sogar die Geschichte als solches.

Deshalb unsere Hommage an diese stillen Helden.

Sie haben es eher verdient, in Erinnerung zu bleiben, als sogenannte Lichtgestalten wie Custer, die von Ehrgeiz zerfressen Dutzende von ehrbaren Männern in den Tod schickten.

In diesem Sinne,

euer Slaterman

Quellennachweis:

  • Die Soldaten von David Nevin aus der Time Life Buchreihe Wilder Westen
  • Archiv des Autors