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Leipziger Buchmesse 2017

Leipziger Buchmesse 2017

Eigentlich beginnt die Buchmesse und deren Besuch mit den Vorbereitungen und dem dazugehörigen Plan B für alle Eventualitäten. Etwa, ob man über die A5, A4 und die A9 nach Leipzig fährt, oder doch lieber über Dieburg und Hanau dann auf der A7 um den ständigen LKW-Pfropfen auf der A5 auszuweichen.

Tag 1

Aufstehen, Frühstücken in der Pension und Anfahrt zur Buchmesse ist ja noch gänzlich gewöhnlich, und nicht sonderlich erwähnenswert. Millionen Bundesbürger stehen jeden Morgen auf, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die Ankunft auf dem Messegelände, Beantragen des Parkplatzausweises und die Akkreditierung liefen problemlos. Wie üblich, es wird Punkt 10 Uhr geöffnet, dürfen die Standbetreiber früher durchgehen. Ein paar sogenannte Journalisten, mit Kamera und Hilfsheinz müssen natürlich auffallen, weil sie um 10 Uhr einen Termin haben. Und sie sind ja soooo wichtig. Jeder Standbetreiber weiß, dass erst um 10 Uhr geöffnet wird und wartet gern auf seine Gesprächspartner. Der Sicherheitsdienst an der Tür reagierte gelassen auf die Frage »Sie wissen wohl nicht, wer ich bin?« Ein freundliches »Nein, Sie haben sich nicht vorgestellt.« beendete das Gespräch.

Der Sicherheitsdienst war auf dieser Messe sehr bemüht. Es wurden extra an allen Eingängen Taschenprüfungen durchgeführt. Allerdings etwas halbherzig, denn Damen und Herren mit Mänteln und Schals über dem Arm oder weiten Kleidungsstücken wurden auch nur die Taschen kontrolliert. Aber das sind nur Nebensächlichkeiten. Interessant waren dann diverse Zettelchen an Ständen mit der Aufschrift: #freedeniz. Als ob er der einzige, eingesperrte Journalist wäre.

Oder später am Tag 4 als etwas unter 100 Menschen gegen den Stand des rechten Compact-Verlages demonstrierten. »Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda« war die ausgegebene Parole. Auf die Frage an einen der am lautesten schreienden Menschen, ob er ein direktes Beispiel aus den Publikationen nennen könnte, sorgte für Sprachlosigkeit. »Ich bin für Meinungsfreiheit, auf jeder Seite. Doch wenn man demonstriert, sollte man wissen, gegen wen, und sich vorher informieren, damit man auf mögliche Fragen eine Antwort geben kann. Sonst ist man nur Mitläufer.« So Peter Heller, der  sich den letzten Messetag bis zum Schluss gab.

Doch zurück zum ersten Tag, der bei mir bekanntlich mit Halle 2 beginnt. Das ist die Halle mit dem Schwerpunkt Phantastik. Hier finden sich sehr viele Verlage, die in ihrem Programm Phantastik führen. Dies sind vor allem die Kleinverlage. Bis letztes Jahr war auch WerkZeugs vertreten, die den Autoren aus dem Bereich einen Rückzugspunkt boten und die Fantasie-Leseinsel betreuten. Nebendran noch die Phantastik-Titel der großen Verlage. Auf diese Weise wurde allen gerecht, die sich für die Phantastik interessierten. Leider nimmt die Zahl der Verlage in dieser Halle ab, auch der große Stand von WerkZeugs fehlte. Dass die Halle trotzdem nicht ganz so leer wirkte, lag daran, dass der Monopolist Messebuchhandlung seine Fläche um das Doppelte ausdehnte und die Gänge zwischen den Ständen breiter wurden.

Dennoch war die Leseinsel gut gebucht und gut besucht.

Eine kurze Umfrage bei einigen Verlagen drum herum: »Eine Neuerscheinung bei Euch, Name, Titel!« ergab folgende Antworten:

  • Acabus Verlag: Carl Wilckens – 13
  • Torsten Low Verlag: Kurzgeschichtensammlung – 12 Monate Angst
  • Amrûn Verlag: Gabriele Ketterl – Highlands mit Hindernissen
  • Wölfchen Verlag: Lisa Brenk – Gilbert Faunus – Im Schatten des Zweihorns
  • El Gato Verlag: Brina Stein – 115 Tage am Tisch 10
  • Elysion Verlag: Lilly Grünberg und Jennifer Schreiner – Das Leid mit der Leidenschaft

Natürlich ist dies nur eine kleine Auswahl. Es gäbe noch weit mehr Verlage, die zu befragen günstig und informativ gewesen wäre.

Doch die Halle 2 bot nebenbei noch die Kinder- und Jugendbücher. Gerade von Kosmos, Arena und Beltz & Gelberg etc. wurden hervorragende Bücher vorgestellt. Es war eine Freude, in ihnen zu blättern. Der Nachteil einer großen Messe ist jedoch, man kommt mit den Verantwortlichen nicht wirklich ins Gespräch. Zu viele Besucher, die Fragen stellten, gleichzeitig jedoch das Interesse am Buch in den Vordergrund stellten. Es war eine Begeisterung für Bücher, die man noch freudiger und lebendiger auf kleinen regionalen Buchmessen findet. Halle 2 bot noch mehr, aber ich fragte mich ernsthaft, warum es einen Stand der Bundesregierung gab, einen Stand des Bundestages, einen Stand der deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, aber keinen für politische Bildung. Die Lehrmittelverlage konnten dieses fehlende Engagement natürlich nicht wettmachen.

Nach dem ausführlichen Besuch der Halle 2 ging es dann schnell durch die Hallen 4, 5 und 3, um einen Überblick für die nächsten Tage zu erhalten.

Tag 2

begann natürlich wie Tag 1. Da gibt es keinen nennenswerten Unterschied, außer, man konnte und wollte eine oder gar mehrere Veranstaltungen am Vorabend besuchen, die bekanntlich bis tief in die Nacht gehen. Lesungen, Verlagspartys, gemütliches Beisammensein mit Menschen, die man nur einmal im Jahr oder noch seltener sieht.

Auf dem Programm stand Halle 4 mit Belletristik und Sachbuch als Schwerpunkt sowie den Verlagen aus den unterschiedlichsten Ländern. Im Mittelpunkt stand Litauen. Aušrine Žilinskiene, Direktorin des Litauischen Kulturinstituts konnte viele interessierte Leserinnen und Leser an den Ständen begrüßen. Als kleines Land am östlichsten Zipfel der Ostsee ist es in den Augen der Leserschaft nicht sehr präsent, freuten sich jedoch über das rege Interesse an ihrem Land. Dennoch waren gerade die vielen Verlage der unterschiedlichsten Länder von besonderem Interesse. So lernt man als Deutscher die Meinungen der anderen kennen, wie sie die deutschen Bürger, ihr Land und ihr Kultur sehen. Gerade diese Sichtweise regt zum Nachdenken an. Und die größte Frage lautet: »Sind wir wirklich so?«

Neben dem Schwerpunkt Sachbuch und Belletristik finden sich die Abteilung mit Musikverlagen sowie den Vorstellungen der Bücher aus Österreich, Ungarn, Polen, Rumänien und natürlich Litauen.

Tag 3

Im Mittelpunkt heute die Hallen 5 und 3. Abhandeln ließen sie sich relativ schnell, denn die religiösen Verlage, wo Christen, Juden und Muslims friedlich nebeneinander ihre Stände hatten, interessierten mich als Atheisten gar nicht. Auch die Antiquarische Messe fand nicht mein Gefallen. Die Bücher, die dort angeboten werden, sind in der Regel um bis zu 25 Prozent teurer als auf dem freien Markt, was mir bei Büchern, die ich im Besitz habe, zum Teil in besserem Zustand, im Vergleich besonders auffiel. Auf diese Weise schrumpfte die zu besuchende Fläche auf etwa eine Halle zusammen. Wichtig auch hier das Phantastik-Programm der großen Verlage. Wenn man sich auf eine Leserichtung spezialisiert, sollte man dennoch nicht die anderen Verlagsprogramme außer Acht lassen. Gerade wenn man sich in Begleitung einer Krimi- und Thrillerexpertin befindet. Gerade in diesem Bereich verwischen die Grenzen zwischen Thriller und Horror, was der Verlag Festa mit seinem Programm eindrucksvoll beweist.

Preise wurden auch heftig verteilt, man will sich ja präsentieren und ins Gespräch kommen. Allerdings ist es bei den meisten Preisen so, dass dort nichts unabhängig geschieht und vieles auf Seilschaften und Kumpanei hinausläuft. Wie anders ist zu erklären, dass meist Menschen Preise gewinnen, die nur wenigen bekannt sind, aber der Öffentlichkeit als wichtig verkauft werden.

So gab es etwa einen Preis für den Ungewöhnlichsten Buchtitel des Jahres. Gewonnen hat: Hinfallen ist wie Anlehnen, nur später.

Der populistischere Preis ist natürlich der Preis der Leipziger Buchmesse, der seit 2005 vergeben wird und zurzeit mit 60.000 € dotiert ist. Wobei ich bis heute nicht weiß, wie man dort ein Buch vorschlagen kann. Gewonnen haben in der Belletristik Natascha Wodin, von der ich noch nie etwas hörte, für Sachbuch/Essayistik ging der Preis an Barbara Stollberg-Rilinger, was mich nicht interessierte und für Übersetzung an Eva Lüdi Kong der ich ihn für ihre gelungene Arbeit aus dem Chinesischen herzlich gönne.

Mit 285 000 Besuchern, die dieses Jahr gezählt wurden, sind es etwa 25.000 mehr als im Vorjahr. 77 000 davon waren beim Festival Leipzig liest dabei. Da es sich aber um die gleiche Menge an Besuchern der Messe handelt, kann man sie nicht wirklich zählen und so müsste sie eher von der Gesamtsumme abziehen. Zieht man die Besucher der Manga-Comic-Con ab, angeblich 105.000 Besucher, bleiben für die eigentliche Messe 180.000 Besucher. Das erklärt mir, warum ich wieder einmal den Eindruck hatte, dass es weniger Besucher als im Vorjahr waren. Aber egal, ob man neue Besucherrekorde feiert oder zugibt, dass die Zahl der Besucher rückläufig ist: Die Leipziger Buchmesse gab auch im Jahr 2017 wieder wichtige Impulse zur Literaturvermittlung.

Ungewöhnliches ist Standard beim Frühjahrstreffen der Blogger, Verleger, Schulkinder, Autoren, Comic-Helden, Lehrer, Booktuber, Kulturpessimisten, E-Book-Leser, Buchhändler, Künstler, Drucker, Papierbuch-Leser, Start-up-Unternehmer, Selfpublisher, Kulturoptimisten und Sicherheitspersonal

Die nächste Leipziger Buchmesse findet vom 15. bis 18. März 2018 statt.

(esch)