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Romantruhe-Western Band 6

Frank Callahan
Romantruhe-Western Band 6
Höllenritt für Benito Juarez

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, September 2016, 72 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Firuz Askin
www.romantruhe.de

Kurzinhalt:
Alfredo Ziccero überfällt mit zwei Freunden die Postkutsche des Steuereintreibers und erbeutet von der Bevölkerung erpresste Steuereinnahmen. Außerdem findet er noch zwei Beutel, die wertvolle Diamanten enthalten. Sie sind für Benito Juarez und seine Anhänger bestimmt, um dringend benötigte Waffen zu kaufen. Nur so kann die Revolution doch noch gelingen. Vor Alfredo liegt ein Höllenritt, der dem tapferen Mann alles abverlangen wird.

Leseprobe:

1

»In wenigen Minuten ist es soweit!« Das stieß Alfredo Ziccero mit nervösem Unterton hervor. Der breitschultrige, ungefähr vierzigjährige und über sechs Fuß große Mexikaner nickte den beiden Gefährten zu, die rechts neben ihm ihre Vierbeiner gezügelt hatten. Pascual Artiques und Maldonado Camorano starrten aus funkelnden Augen auf das schmale Band der alten Poststraße, das sich zwischen den Hügeln hindurchschlängelte und sich in der Ferne verlor.

»Ich kann es kaum erwarten, den verdammten Halunken die Steuergelder abzunehmen, die sie den Peonen, Vaqueros und sonstigen armen Amlgos in Santa Margareta abgepresst haben. Die Soldaten, die unter dem Befehl des fremden Kaisers stehen, sind sehr hart mit der Bevölkerung umgegangen, um ihr den letzten Peso zu stehlen!«, murmelte Pascual Artiques.

Der junge, höchstens erst zwanzig Jahre alte Mexikaner schwang drohend das Gewehr in der rechten Hand. Maldonado Camorano nickte zu den Worten des Freundes. In dem jungenhaften Gesicht zeigte sich die Anspannung der letzten Stunden. Zum ersten Mal nahm er an einem derartigen Unternehmen der Juaristas teil, wie die Anhänger des gestürzten Präsidenten Benito Juarez genannt wurden.

»Ruhe bewahren, Amigos«, warnte Alfredo und lächelte den Freunden beruhigend zu. »Unser Plan ist erstklassig, und ich bin davon überzeugt, dass uns die Bastarde in die Falle gehen werden!«

»Maldonado und Pascual nickten ihrem Anführer zu, der erneut Ausschau nach der Postkutsche hielt, die jeden Augenblick zwischen den Hügeln auftauchen musste. Der flammende Feuerball der Sonne verglühte hinter einem Gipfel der Sierra Madre. Es wurde rasch dunkel, wie es in diesen Breitengraden nun einmal üblich ist. »Lasst uns bis hinter die Wegkrümmung reiten«, sagte Alfredo zu den Gefährten. «Dann sollten wir unsere Positionen einnehmen, damit wir unseren Plan ausführen können.« Alfredo ritt los, ohne eine Antwort abzuwarten.

Die alte Poststraße bog hinter einigen Felsklüften stark nach rechts ab. Wenige Pferdelängen dahinter lag ein gefällter Baum quer über dem staubigen Weg. Die Kutscher der Stage Coach würden das Hindernis erst erkennen, sobald sie durch die Kurve gefahren waren. Ein seitliches Ausweichen war nicht möglich, da die Straßenböschungen zu hoch waren. Die drei Rebellen umritten den Baumstamm und sprangen auf der rechten Seite der Straße hinter einem Dickicht aus den Sätteln. Erste Sterne begannen in kalter Pracht am Firmament zu funkeln. Die silberne Scheibe des Mondes warf milchigen Lichtschein über das öde und unfruchtbare Gelände.

»Nehmt eure Plätze ein, Amigos!«, befahl Alfredo Ziccero. »Maskiert eure Gesichter und denkt daran, dass in der Kutsche vier Soldaten und der Steuereinnehmer sitzen. Die Hombres rechnen zwar so dicht in der Nähe der Ortschaft mit keinem Überfall, doch es ist gut möglich, dass sie sich ihrer Haut wehren werden. Ich bleibe hinter dem Baumstamm. Es läuft alles so, wie wir es geplant haben. Es darf nichts schiefgehen, da wir die Steuergelder brauchen, um sie unseren geknechteten Landsleuten zurückzugeben. Sie verlieren sonst ihre Ranches und Farmen, da sie die Kredite und Zinsen auf der Bank nicht mehr zahlen können.«

Pascual und Maldonado nickten ihrem Anführer zu. »Wir werden wie hungrige Wölfe kämpfen, Alfredo!«, versprach der junge Camorano. »Du kannst dich voll und ganz auf uns verlassen. Das schwören wir dir!«

»Gut, Freunde. Geht auf eure Plätze. Schießt nicht, bevor ich den ersten Schuss abgefeuert habe.«

»Si, si«, antworteten die beiden Rebellen und huschten davon. Sie gingen vor der Kurve rechts und links hinter Büschen in Deckung. Auch Alfredo Ziccero kauerte sich hinter dem quer liegenden Baumstamm nieder und lauschte in die Dunkelheit, nachdem auch er sein Halstuch vor Mund und Nase gebunden hatte. Außer den vertrauten Geräuschen der Natur klangen keine verdächtigen Laute an seine Ohren. Minuten vergingen.

Alfredo wurde immer ungeduldiger. Wo blieb die Postkutsche? Nach seinen Berechnungen müsste sie schon längst hier an Ort und Stelle angekommen sein. Der schwergewichtige Mexikaner wurde von Sekunde zu Sekunde ungeduldiger. Sollten die Gegner von dem Hinterhalt erfahren haben? Gab es einen Verräter in den eigenen Reihen? Diese Fragen bewegten Alfredo Ziccero immer mehr, während er in die nächtliche Stille lauschte. Dann aber vernahm er leisen Hufschlag, der rasch lauter wurde. Es dauerte auch nicht lange, dann hörte er das Ächzen und Quietschen von Radachsen und das Rumpeln und Scheppern der Stage Coach.

»Na endlich«, seufzte Alfredo und zog den Revolver aus dem tief geschnallten Holster. Wie angeschraubt lag der Colt in der sehnigen Hand. »Jetzt brauchen wir nur noch ein Quäntchen Glück, damit das alles ohne Blutvergießen über die Bühne geht! «

Das Hufegetrappel des Sechsergespanns wurde noch lauter. Die Postkutsche musste innerhalb weniger Sekunden hinter den Felsschroffen auftauchen. Hoffentlich kann der Kutscher rechtzeitig anhalten, dachte der Mexikaner, während er langsam den langen Lauf des Sixshooters anhob. Von den beiden Partnern war nichts zu sehen, doch bestimmt fieberten auch sie dem Überfall entgegen. Jetzt bog die Stage Coach um die Kurve. Der Kutscher erkannte das Hindernis und stemmte sich in die Zügel, während er mit der anderen Hand den Bremshebel betätigte. Die Pferde wieherten grell und bäumten sich auf, soweit es das Geschirr zuließ. Eine riesige Staubwolke holte die Postkutsche ein, die alles einnebelte und Alfredo die Sicht für Sekunden nahm. Nur wenige Schritte vor dem gefällten Baum kam die Postkutsche zum Stehen. Vorher schlingerte sie wie ein Schiff in starker Brandung. Der Fahrer und der Begleitmann auf dem Kutschbock fluchten um die Wette. Nur träge zerfaserten die Staubschleier im leichten Wind, der von den fernen Bergen wehte. Die Pferde scheuten noch immer, wieherten grell und wollten sich nicht beruhigen.

»Was ist los, zur Hölle?«, ertönte eine erboste Stimme aus dem Inneren der Stage Coach.

Alfredo grinste verhalten, denn er konnte sich gut vorstellen, dass die Fahrgäste in der Kutsche mächtig durchgeschüttelt worden waren. Zwei Köpfe reckten sich aus den Seitenfenstern, die aber sofort wieder verschwanden, als die Männer den quer liegenden Baumstamm vor der Postkutsche erkannten. Auch den Kutschern schien es langsam zu dämmern, dass das Hindernis wohl kaum von selbst auf die Poststraße gestürzt war. Sie griffen nach den Gewehren, die zu ihren Füßen lagen. Alfredo Zicceros bulliger Körper straffte sich. »Die Kutsche ist umstellt!«, schrie er. »Gegenwehr ist sinnlos. Werft die Waffen weg und verlasst Coach und Kutschbock mit erhobenen Händen. Wenn Ihr die Befehle nicht befolgt, gibt es ein prächtiges Preisschießen!«

Die Worte verhallten. Die beiden Kutscher rissen die Gewehre in die Höhe und schossen in die Richtung aus der die Stimme des Gegners erklungen war. Grell zuckten die Feuerlanzen durch die Nacht, und die Schussexplosionen brüllten auf. Die Geschosse sirrten harmlos an Alfredo vorbei, der zweimal den Zeigefinger krümmte. Seine Kugeln trafen! Die beiden Fahrer bäumten sich auf, ließen die Gewehre fallen und stürzten aufschreiend vom Kutschbock. Es dröhnte dumpf, als die Männer schwer auf der hart gebackenen Erde aufschlugen. Auch Pascual Artiques und Maldonado Camorano feuerten ebenfalls. Ihre Geschosse fetzten in den Dachaufbau der Stage Coach und rissen ellenlange Späne ab, die durch die Luft segelten. Die Schüsse verhallten.

»Will noch jemand den Helden spielen?«, rief Alfredo. »Vorwärts, Leute, raus mit euch, sonst durchlöchern wir die Kutsche und machen einen Sieb aus ihr. Ich gebe euch zehn Sekunden, um euch zu entscheiden!«

Die Männer im Inneren der Postkutsche rührten sich nicht. Alfredo spürte es heiß in sich aufsteigen. Das Herz hämmerte plötzlich schneller in der Brust.

»Die Frist ist gleich um!«, schrie er. »Ich kann euch auch eine Dynamitpatrone in die Kutsche werfen. Dann bleibt nicht mal so viel übrig, um euch alle in einem Kindersarg zu beerdigen!«

Das genügte! »Wir geben auf«, rief einer der Insassen mit gepresst klingender Stimme. »Wir werfen jetzt unsere Gewehre und Revolver heraus. Dann klettern wir ins Freie. Ihr solltet nicht schießen!«

»Mein Wort darauf. Keine Tricks, sonst halte ich mich nicht daran. Vorwärts, raus mit euch!«

Die Waffen flogen durch die Fenster. Dann wurde eine Tür geöffnet. Sie wich knarrend und ächzend zurück. Nacheinander kletterten vier Soldaten und ein kleinwüchsiger Mann ins Freie und blieben mit erhobenen Händen neben der Postkutsche stehen.

»Legt euch auf den Bauch und verschränkt die Hände im Nacken!«, befahl Alfredo. Die Soldaten gehorchten, nur der kleinwüchsige Steuereinnehmer zögerte einige Sekunden lang. Sein buschiger Schnurrbart stand wie eine Bürste ab, und in den dunklen, weitaufgerissenen Augen leuchtete ein leicht irrer Ausdruck, als sich Mondlicht in ihnen brach. Dann legte er sich aber neben die Soldaten. Pascual Artiques huschte heran, spähte erst in die Kutsche hinein, ehe er in ihr verschwand. Maldonado Camorano schlich ebenfalls näher und richtete den Lauf der Winchester auf die fünf Gefangenen.

»Alles in Ordnung«, rief Pascual, nachdem er die Stage Coach wieder verlassen hatte. Er hielt einen prallen Lederbeutel in der Hand. Darin befanden sich die Steuereinnahmen, die von dem zwergenhaften Mann von den Einwohnern Santa Margarets erpresst worden waren. Alfredo nickte Maldonado zu, der zu den Gefangenen trat und dann immer wieder mit dem Revolverlauf zuschlug. Die fünf Männer träumten schon kurze Zeit später von einem auskeilenden Mustang. Und Alfredo Ziccero sagte sich, dass diese Männer nicht so glimpflich mit ihm und seinen Leuten umgesprungen wären, hätten sie das raue Spiel gewonnen.