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Im Gespräch mit Markus Keimel

Ein Kämpfer für die Lyrik

[…] Im Gegensatz zu meinem Vorgängerbuch Wörter haben Seele fällt Eine Art Mosaiksprache um einiges bunter und vielfältiger aus. Eine Art Mosaiksprache, weil so viele unterschiedliche Bausteine verschiedenster Couleur, verschiedener Emotionen und Themen, verschiedener Muster, Gedankengängen und Schreibweisen, ein wunderbares und farbenprächtiges Gesamtbild ergeben. Möge sie auch dir ein wunderschönes Bild malen.

Ich habe dieses Buch nicht nur für mich geschrieben, ich habe es auch für euch erdacht, weil wir alle schließlich Bücher lieben, weil diese Sprache etwas mit uns macht. […]

(Aus dem Vorwort)

Nach Wörter haben Seele ist im November 2016 das zweite Buch des Österreichers Markus Keimel mit lyrischen und philosophischen Texten sowie Aphorismen erschienen. Zu Eine Art Mosaiksprache veröffentlichte ich bereits eine Rezension auf dem Geisterspiegel. Ein würdiger Anlass, um dem Autor ein paar Fragen zu den Prozessen von Kreativität und Produktion zu stellen.

Stefan Bellack: Wieso hast du überwiegend die literarische Gattung der Lyrik als Ausdrucksform deiner Gedanken, deiner Anliegen gewählt?

Markus Keimel: Die Lyrik ist ein Spielplatz für Menschen, die gerne mit Worten jonglieren, für Menschen, denen etwas an der Intensität von Worten liegt. Ein Freiraum. Sie bringt im besten Fall die Ästhetik der Sprache im Generellen zutage. Die deutsche Sprache hat diese ja zweifelsohne. Warum macht man so selten Gebrauch von ihr, muss man sich oft fragen. Die meisten Menschen müssten, nach meinem Urteil, wieder lernen, eine beispiellos umfangreiche Sprache zu sprechen. Lyrik täte allen gut. Die Sprache ist unser wertvollstes Instrument. Zu oft entstehen Konflikte aufgrund mangelnder Präzision hinsichtlich sprachlicher Artikulation. Ich würde mich fast schon als Kämpfer für die Lyrik bezeichnen. Für die Sprache im Allgemeinen. Auch die Dichtkunst liegt mir sehr am Herzen, weil sie generell sensibilisiert und ein wunderbares Instrument ist, um Sprache zu leben, sich mitzuteilen. Sie macht einen auch empfänglicher.

Stefan Bellack: Apropos Dichtkunst. Da diese ja ganz eigenen Gesetzen unterliegt, könnte ich mir vorstellen, dass es ungleich schwerer ist, eine Aussage, eine Kritik in dieser poetischen Form zu formulieren?

Ist es dabei nicht notwendig, sich zu beschränken, zumindest eher, als es bei einem Prosatext der Fall wäre? Welche Vorteile siehst du für dich als Autor in der Poesie im Vergleich zur Prosa?

Markus Keimel: Gedichte schreibt man meistens der Melodie und Ästhetik wegen. Ich zumindest. Ein gelungenes Gedicht singt man fast im Kopf, wenn man es liest. Auch wenn man es schreibt. Eine Art der Erzählkunst, die einen ausschließlich kreativen Zugang hat. Für das Verdeutlichen von Emotionen ist es eine sehr präzise Art und Weise sich auszudrücken.

Ich habe bereits beim Schreibprozess gemerkt, vor allem da ich zeitgleich an meinem Roman geschrieben habe, dass ich aber damit durch bin. Mit Gedichten. Obwohl sie zweifelsohne sehr schön geworden sind. Das, was ich aber sagen möchte, lässt sich nicht mehr limitieren. Die Sätze werden länger, die Reime weniger, das Rundherum aufwendiger, der Inhalt voluminöser. Teilweise ist es mir bereits schwergefallen, Gedichte zu schreiben. Weil ich nicht mehr in Gedichten denke. Ein Prozess, den ich nur bedingt begrüße, weil ich noch nicht damit umgehen kann. Man geht mit Veränderungen aber so und so eher zurückhaltend um. Als Künstler. Zumindest glaube ich das. Im Moment kann ich mir nicht mehr vorstellen, so schnell wieder ein Buch dieser Art zu schreiben. Das ist allerdings eine Momentaufnahme. Ich arbeite, wie erwähnt, ja bereits an meinem ersten Roman und finde es ungleich erfüllender und spannender.

Stefan Bellack: Wie kann man sich bei dir den kreativen Prozess vorstellen, der zur Entstehung deiner Werke führt?

Wartest du auf den berühmten Musenkuss oder setzt du dich ganz gezielt hin und versuchst Ideen, Gedanken zu entwickeln?

Markus Keimel: Ich glaube, wenn man Kunst erschafft, wenn man Kunst erzeugen möchte, muss man fähig sein, einen Moment zu leben, ihn in einer Art und Weise auskosten zu können, wie das nur wenige Menschen können. Komplett. Es bedarf dabei einer sehr intensiven Wahrnehmung. Dann muss man in der Lage sein, diesen auch aufzuzeichnen. Ihn zu konservieren. Von einer Muse geküsst zu werden, ist ziemlich einfach. Andere daran teilhaben zu lassen, erfordert einen Seelenstriptease und viel an Arbeit. Und viel Talent.

Aber vor allem Arbeit an sich selbst. Das ist jetzt mein zweites Buch. Zusammengerechnet habe ich vermutlich an die zweihundert Texte veröffentlicht. Die Besten, das kann ich jetzt sagen, entstehen aus einem Nichts heraus. So nenne ich das zumindest. Ein schwebender Zustand, der ein Mitteilungsbedürfnis erfordert. Ein schwebender Zustand, der natürlich einen Grundgeber hat. Was auch immer das sein möge. Für mich sind das Erinnerungen, plötzliche Erfahrungen, Vertrautes und Neues. Sehnsucht und Wehmut. Zufriedenheit und Spaß sind keine Nährböden für tief greifende Kunst. Nie gewesen.

Ein Etwas, das dich momentan fordert. Es kann aber auch gegenteilig laufen. Einer meiner, zumindest meiner Ansicht nach, schönsten Texte, nämlich Novemberlied, habe ich quasi auf Befehl geschrieben. Da habe ich mich hingesetzt, eine Flasche Wein aufgemacht, diese getrunken und den Text wie aus Geisterhand abgetippt. Das funktioniert aber nur, wenn man sich vollends hingeben kann und das Talent zu einem Instrument gemacht hat, denke ich.

Stefan Bellack: Wie und wann entscheidest du, ob du genügend Texte für ein neues Buch zusammen hast? Legst du von vornherein zum Beispiel fest, wie viele einzelne Texte der Band beinhalten soll oder aber wie viele Seiten der Umfang mindestens betragen sollte?

Markus Keimel: Diese Frage finde ich besonders gut, da ich mich das selbst schon gefragt habe. Für mich war es die Seitenanzahl. Es hat sich irgendwann so angefühlt, als wäre es genug. Ich sammle Texte ja, wenn ich ein Buch schreibe. Irgendwann checke ich die Seitenanzahl und bringe das Ganze in Ordnung. Über hundert Texte auf siebzig Seiten. Da dachte ich mir, jetzt ist’ s okay!

Stefan Bellack: Die Illustrationen, Grafiken sind ein markanter Bestandteil deines Buches. Entstehen diese nach einem bereits geschriebenen Text oder kann es genauso sein, dass zuerst das Bild existiert und du danach das Dargestellte in Worte fasst?

Markus Keimel: Die Grafiken im Buch entstanden wie schon bei meinem Erstlingswerk Wörter haben Seele meist improvisatorisch. Die inhaltliche Linie unterstreichend, versuche ich ein Gleichgewicht zu schaffen. Der Text ist also definitiv als Erstes vorhanden. Dann kommt das Bild. In Eine Art Mosaiksprache sind die Bilder aber tatsächlich etwas mehr in Erscheinung getreten, intensiver geworden, als ich es ursprünglich angedacht hatte. Qualitativ auch hochwertiger. Ein schöner Nebeneffekt, der das Buch optisch angenehm abrundet.

Stefan Bellack: Du bringst dein Buch im Eigenverlag als Self-Publisher heraus und zwar nicht nur als E-Book, sondern auch in einer Printversion. Letztere als Book-on-Demand?

Markus Keimel: Es gibt zum Glück eine Menge Leute, die mein Buch interessiert, und ich bin daher nicht auf solch abstruse Dinge wie Book-On-Demand angewiesen. Es gibt eine fixe Auflage. Das funktioniert sehr gut. Die Entscheidung des Eigenverlags habe ich auch deshalb getroffen. Wie schon bei Wörter haben Seele hätte es einige Angebote von diversen deutschsprachigen Verlegern gegeben. Zum Teil sogar sehr namhafte. Es entsprach aber keines der Angebote meinen Vorstellungen. Mit dem Roman wird sich das aber ändern.

Stefan Bellack: Welche Bedeutung hat der Prozess des Schreibens für dich?

Markus Keimel: Nichts ist erfüllender und schöner als der Akt des Schaffens. Er ist die Seelennahrung für einen kreativen Geist wie mich. Die Essenz meines Lebens. Der Schreibprozess ist das Um und Auf. Da stellst du schließlich die Weichen. Ein Kampf mit dir selbst und allem, was du thematisierst. Eine beinharte gedankliche Auseinandersetzung. Dieser Kampf kann noch so hart, zermürbend und mühsam sein, am Ende bedeutet er nahezu ohne Ausnahme Erleichterung, Befreiung und Entfesselung. Ich habe von Anfang an versucht, den Schreibprozess so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Das kann sich meiner Meinung nach nur positiv auf das Endresultat auswirken. Gewisse Texte habe ich betrunken geschrieben, die meisten aber nüchtern.

Was für mich auch wichtig war, die Umgebung, in der ich schreibe, stetig auszutauschen. Deine Umgebung beeinflusst deine Wahrnehmung, diese wiederum den Zugang zum Wesentlichen. Vieles habe ich an einem für mich recht spirituellen Ort geschrieben. Eine Waldlichtung, nicht weit weg von mir zuhause. Mitten in der Natur verspüre ich generell eine Schärfung der Sinne, eine Inspiration, die einzigartig ist. Man spürt in der Natur das Echte und Ursprüngliche. Der Fokus auf das, was und wie man es sagen beziehungsweise schreiben möchte, lässt sich dort nicht nur leichter finden, sondern viel länger aufrechterhalten.

Stefan Bellack: Welche Art von Literatur liest du selbst am liebsten? Welche sind deine favorisierten Autoren?

Markus Keimel: Ich habe für meine Verhältnisse schon lange kein Buch mehr gelesen, da ich permanent am Schreiben bin. Und wenn ich nicht schreibe, dann möchte ich den Kopf in der Hinsicht eher ein bisschen frei bekommen. Ich habe mich in den letzten Jahren ein wenig zum Cineasten entwickelt und schaue eigentlich gerne Filme. Da heutzutage allerdings meiner Meinung nach fast nur kurzlebiger Schrott ohne jegliche Tiefe produziert wird, sind es überwiegend Filme aus den Siebzigern und Achtzigern, teilweise auch aus den Neunzigern. Ich habe da eine Reihe an Lieblingsfilmen, die ich nahezu studiere. Ab und an versuche ich mich, was das Lesen betrifft, in philosophischen Werken wie Arthur Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung, Nietzsche und Kant. Die Nibelungen habe ich mir vorgenommen, wieder mal zu lesen. Für griechische und römische Mythologie interessiere ich mich auch besonders. Werke der Weltliteratur haben mich meist gelangweilt. Da gibt es nur sehr wenige Autoren beziehungsweise Bücher, die ich wirklich klasse fand. Der Steppenwolf von Hermann Hesse, Das Parfüm von Patrick Süskind fand ich zum Beispiel sehr gut. Krimis und Thriller, von denen es mittlerweile ja Milliarden geben muss, erzeugen leichten bis schweren Brechreiz bei mir. Damit kann ich nichts anfangen. Das ergreifendste Buch, welches ich jemals gelesen habe, war mit Sicherheit So weit die Füße tragen von Josef Martin Bauer. Muss man gelesen haben. Einen Lieblingsautor habe ich also eher nicht. Wenn ich aber einen nennen müsste, dann wäre es J. R. R Tolkien. Nicht aufgrund literarischer, sondern aufgrund fantastischer und imaginärer Qualitäten. Ich glaube nicht, dass jemals ein Mensch eine derart originelle, ausgeklügelte und detailreiche Welt erschaffen hat wie Tolkien. Ein Vorzeigeträumer.

Stefan Bellack: Bei der Gelegenheit sei noch die Frage erlaubt, ob es bei deinen musikalischen Projekten ebenfalls in absehbarer Zukunft neues Material geben wird?

Markus Keimel: Schön, dass du fragst, Stefan. Im April werde ich die Vorproduktion für ein Metal-Album beginnen. Das wird wirklich irre geil. Die Songwriting-Phase nähert sich bereits dem Ende. Die Songs klingen allesamt total euphorisch und sehr massiv. Da freue ich mich schon darauf. Ich gehe schwer davon aus, dass es ein Lydia’s Gemstone-Revival geben wird. Ich kann dazu aber noch nichts Genaues sagen. Stilistisch gesehen wird es sicherlich das Härteste und zugleich qualitativ Hochwertigste, was ich bisher gemacht habe, das dann schlussendlich auch veröffentlicht wird. Als Sumostar werde ich noch vor Sommer drei Singles fertig produzieren, zu denen dann im Sommer und Herbst Videoclips gedreht werden. Zwei davon werden auf jeden Fall noch 2017 veröffentlicht. Da wird es hingegen etwas ruhiger zur Sache gehen. Grob gesagt, eine melancholische Mischung aus elektronischer Musik, Soul und Pop. Verträumte Musik mit experimentellen Anleihen.

Stefan Bellack: Wie bei jedem Interview gehören die letzten Worte dem Autor. Hier kannst du loswerden, was dir ganz persönlich am Herzen liegt.

Markus Keimel: Ich bedanke mich herzlichst für dieses tolle Interview, lieber Stefan! Allen Lesern einen lieben Gruß, besucht mich auf Facebook, schreibt mir, lest meine Bücher, genießt eure Zeit, und falls ihr es nicht ohnehin tut, blickt über den Tellerrand hinaus. Da warten nämlich spannende Dinge auf euch. Euer Markus Keimel

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