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Aëlita – Teil 16

Alexej-Tolstoi-AelitaAlexej Tolstoi
Aëlita
Ein utopischer Roman

Im himmelblauen Hain

Soazera versank weit hinter den Hügeln. Das Luftschiff flog über einer Ebene. Hier und dort waren die eintönigen Konturen von Gebäuden sichtbar, Masten und Drähte von Schwebebahnen, Schachtöffnungen, beladene, fahrende Barken auf den schmalen Kanälen.

Doch jetzt erhoben sich zwischen dem Laub der Wälder immer häufiger felsige Grate. Das Schiff senkte sich, überflog eine Schlucht und landete auf einer Wiese, die schräg gegen ein dunkles üppiges Dickicht abfiel.

Losj und Gussew nahmen ihre Säcke und begaben sich mit ihrem kahlköpfigen Reisegefährten über die Wiese hinunter zu dem Hain. Unter einem Baum hervorschießendes fein zerstäubtes Wasser schillerte in allen Regenbogenfarben über dem von der Feuchtigkeit glitzernden krausen Gras. Eine Herde kurzbeiniger Tiere mit langhaarigem Fell, weiße und schwarze, weidete auf dem Abhang. Alles war friedlich. Das Wasser rauschte leise. Ein leichter Wind wehte.

Die Tiere mit dem langhaarigen Fell erhoben sich träge, um den Menschen den Weg freizugeben, und gingen watschelnd auf ihren Bärenpfoten beiseite, dabei ihre flachen sanften Schnauzen nach ihnen umwendend. Gelbe Vögel ließen sich auf der Wiese nieder, sträubten ihr Gefieder und schüttelten sich unter der regenbogenfarbenen Wasserfontäne.

Sie kamen zu dem Hain. Die üppigen Bäume mit den hängenden Zweigen waren von durchsichtig hellem Blau. Ihre harzigen Blätter raschelten trocken. Durch die gefleckten Stämme sichtbar, kräuselte sich in der Ferne das leuchtende Wasser eines Sees. Die würzig-süße Hitze in diesem himmelblauen Dickicht verursachte ein Schwindelgefühl.

Den Hain durchschnitten viele Pfade, die mit orangefarbenem Sand bestreut waren. Da, wo sie sich kreuzten, standen auf kleinen runden Lichtungen alte, zum Teil zerbrochene, mit Flechten bewachsene große Statuen aus Sandstein. Über das Dickicht erhoben sich geborstene Säulen und die Überreste einer zyklopischen Mauer.

Der Pfad bog zum See ab. Dem Blick öffnete sich die tiefblaue Fläche, in der sich der umgekehrte Gipfel eines fernen felsigen Berges spiegelte. Im Wasser bewegte sich kaum merklich die Spiegelung hängender Baumzweige. Die Sonne strahlte in voller Pracht. An einer Uferkrümmung ragten an den Seiten einer moosbewachsenen Treppe zwei riesige sitzende Statuen auf, zum Teil geborsten und von Schlingpflanzen überwuchert.

Auf den Stufen der Treppe zeigte sich jetzt eine junge Frau. Auf dem Kopf trug sie ein gelbes, spitz zulaufendes Käppchen. Neben den plumpen Konturen des ewig im Schlaf lächelnden, mit Moos bewachsenen sitzenden Magazitl erschien sie knabenhaft schlank mit ihrer bläulichweißen Gestalt. Sie glitt aus, hielt sich an einem Steinvorsprung fest und hob den Kopf.

»Aëlita«, flüsterte der Marsianer, verdeckte die Augen mit dem Ärmel und zog Losj und Gussew vom Weg fort ins Dickicht.

Bald kamen sie auf eine große Lichtung. In ihrem Hintergrund stand im dichten Gras ein finsteres graues Haus mit schrägen Wänden. Von einem sternförmigen, mit Sand bestreuten Vorplatz an seiner Stirnseite aus führten gerade Wege über die Wiese hinunter zum Hain, wo zwischen den Bäumen niedrige Gebäude aus Stein hervorlugten.

Der kahlköpfige Marsianer pfiff. Von der Rückseite des Hauses her erschien ein kleiner dicker Marsianer in einem weiten gestreiften Kittel. Sein purpurrotes Gesicht sah aus, als wäre es mit roter Beete eingerieben. Das Gesicht vor der Sonne verziehend, kam er näher. Als er jedoch hörte, wer die Ankömmlinge waren, versuchte er sofort wieder hinter die Ecke zu entschlüpfen. Der Kahlköpfige sprach aber in befehlendem Ton zu ihm, und der Dicke führte die Gäste unter Bücklingen ins Haus, wobei er sich immerfort umdrehte und dabei einen gelben Zahnstummel in seinem zahnlosen Mund sehen ließ.