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Der bayerische Hiesel – Teil 47

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Urgicht und Urteil des in der hochfürstlichen Residenzstadt Dillingen durch das Rad hingerichteten Mathias Klostermayer oder landesverrufener Erzbösewichts des bayerischen Hiesel
Zum Nutzen des Waisenhauses
Verlegt von Johann Leonhard Brönner, hochfürstlich-bischöflicher akademischer Buchdrucker 1771

Der vor dem peinlichen Halsgericht hier öffentlich vorgestellte Missetäter Mathias Klostermayer oder sogenannte bayerische Hiesel von Kissing aus dem Landgericht Friedberg in Bayern gebürtig, etlich und dreißigjährigen Alters, ledigen Standes, katholischer Religion, ist jener bekannte Erzbösewicht, der sich durch seine so viele als auch ungeheure Laster zum Scheusal des ganzen Landes gemacht hat.

Schon seine erste Jugend zeugte von einer verderbten Neigung zur Wilddieberei, und eine dreivierteljährige Zuchthausstrafe, mit welcher er im Jahr 1765 zu München gebüßt worden, war nicht erkleckend, seine boshafte Leidenschaften zu unterdrücken. Vielmehr fassten dieselben immer stärkere Wurzeln, und besonders seit dem Jahr 1767 war sein ganzer Lebenslauf ein Gemisch von Frevel, Gräuel und Unmenschlichkeit.

Um desto frecher rasen zu können, versammelte er eine Rotte verruchter Bösewichte, welche nicht so fast Gesellen als Knechte seiner Kühnheit waren. Diese bewaffnete er und gab ihnen den Unterricht, wie sie sich den Streifen widersetzen, wie sie rauben und morden sollen. Sie standen unter seinem Gehorsam und mussten ihn als ihren Herrn fürchten und verehren. Mit diesem noch nicht zufrieden, schaffte er sich auch einen ungeheuren Hund an die Seite, der seinen strafbarsten Mutwillen recht pünktlich zu unterstützen wusste.

So viele Streifen, welche auf denselben allenthalben ausgeschickt wurden, hatte fast allemal die Verräterei des gemeinen Volkes, dessen Gemüter er durch verschiedene Blendwerke zu gewinnen wusste, vereitelt. Er stellte den Bauersleuten vor, dass er ihre Gründe von den Beschädigungen des Wildes bewahre. Er erweckte bei ihnen Verwunderung durch Zeigen seiner Geschicklichkeit im Schießen. Er prahlte mit einer Festigkeit und wies ihnen Kugeln vor, die er mit den Händen aufgefangen habe. Was ihm durch heimliche Spione schon verraten war, sagte er aus seinem Hut, in welchen er schaute, ihnen vor. Auf solche betrügerische Art hat er den gemeinen Mann und diejenigen, die auf gleiche Weise denken, sich zugezogen, Unterschleife, Beistand, Schenkungen, Entdeckungen und allen guten Willen erhalten.

Wen er durch seine Betörungen nicht leiten konnte, diesen hat er durch Gewalttätigkeit abzuschrecken gesucht. Gegen Beamte, Jäger, Soldaten und Gerichtsdiener war sein Hass unversöhnlich. Seine Bedrohungen erstreckten sich endlich sogar auf hohen Standespersonen; und all diejenigen, welche nur das Geringste gegen ihn geredet und gehandelt hatten, wurden von ihm auf das Äußerste verfolgt.

In dieser Verfassung durchirrte er die meisten Gegenden Schwabens und ließ überall die traurigsten Merkmale seiner Wut und Rachgier zurück.

Trotz der geschärftesten Mandaten, welche ihn und seine Bande vogelfrei erklärten, fuhr er fort, die schwärzesten Verbrechen anzuhäufen und das ganze Land mit den abscheulichsten Räubereien und Mordtaten in Unruhe zu versetzen, bis er endlich das Maß seiner Sünden erfüllte und durch das hochfürstlich-augsburgische Soldaten- und Jägerkommando nach einer dreistündigen verzweifelten Gegenwehr mit acht seiner Kameraden, wovon 2 auf dem Platz geblieben waren, zu Osterzell den 14. Januar des laufenden Jahres in die Hände der strafenden Gerechtigkeit überliefert worden ist.

In den mit ihm gepflogenen gütlichen Verhören, in welchen er zwar die meisten Schandtaten mit den niederträchtigsten Ausflüchten zu bekleistern suchte, wurde teils durch seine eigene Bekenntnisse, teils durch eingeholte eidliche Erfahrungen erhoben, dass er

im Jahre 1766

1.) nebst 4 anderen Kameraden den Franz Joseph Baur, Jägers Sohn von Tussenhausen in dem Forst mit den schrecklichsten Drohworten angefallen, und nachdem er ihn teils der Wut seines großen Fanghundes preisgegeben, teils durch Schläge und Rippenstöße mutwillig misshandelt, nicht nur allein seiner Flinte beraubt, sondern auch den Hirschfänger und Waidtasche nebst dem Pulverhorn und Schrotbeutel herzugeben gezwungen.

Im Jahre 1767

hat derselbe

2.) in dem Waldberger Forst auf den zur Streife beorderten Jägers Sohn von Waldberg Johann Georg Geyer, und

3.) in dem waldischen Jagdbezirk auf den Jägerknecht Anton Farison die Flinte losgebrannt, nicht minder

4.) noch selbigen Mittag den Eustach Layd, Messner zu Steinenkirch unter den fürchterlichsten Ausdrücken totzuschießen oder das Haus abzubrennen geschworen, dessen schwangeres Eheweib aber, welcher er das gespannte Gewehr auf die Brust gehalten, und zweimal abgedrückt in den äußersten Schrecken versetzt, die Behausung aber durch Einschlagen aller Fenster beschädigt. Bald darauf und

5.) hat sich derselbe samt seinen Kameraden einer türkheimischen Jäger- und Bauernstreife, welche in dem Dorf Simnach den sogenannten Buben Andreas Mayr aufgehoben, auf die vermessenste Weise entgegengesetzt, da er unter dieselbe zum öfteren Feuer gegeben, den Jäger von Angelberg an dem Kopf und rechten Arm verwundet, die Streife selbst aber bis nach Ettringen verfolgt hat. Ebenso, und

6.) ist derselbe nach den vorhandenen Inzuchten den zwei minsterhausischen Jägern Balthasar Prem und Georg Miller begegnet, da er mit seinen Kameraden dieselbe im Forst umrungen, zu Boden geworfen, mit Schlägen empfindlich gezüchtigt und ihrer Dienstgewehre beraubt hat.

Im Jahre 1768

hat Hiesel

7.) mit noch 3 Kameraden gegen Leonard Schenk Jäger vom Wald die mutwilligsten Exzesse verübt, da er denselben genötigt, in dem Wirtshaus zu Schnerzhofen einzukehren, sodann aber mit einer viehischen Unart angefallen und mit dem Tod oder Abbrennung seiner Hütte bedroht hat. Noch zügelloser wurde Hiesels Bosheit, da er

8.) im Christmonat des nämlichen Jahres mit 14 bewaffneten Kameraden an dem Franz Joseph Laner, Beständner auf dem Hauserhof unweit Minsterhausen die gräulichste Rache verübte. Ein falscher Argwohn, dass dieser Mann einen Wilderer erschossen habe, trieb ihn zu dem abscheulichsten Vorsatz an, seine Wut an selben ganz zu erschöpfen. Er überfiel ihn daher in dem Stadel, wo er eben mit Dreschen beschäftigt war. Er kündigte ihm den Tod an und zerfleischte ihn auf eine so unmenschliche Weise, dass der Misshandelte hierdurch auf immer zum unglücklichsten Krüppel gemacht worden war.

Um die nämliche Zeit, und

9.) hat dieser Erzbösewicht bei den Krauthöfen Gräfl. Fuggerisch-Dietenheimischen Gebiets, da er mit noch 3 Kameraden von der Gräfl. Fuggerisch-Kirchbergischen Streife verfolgt wurde, einen herrschaftlichen Jäger vorsätzlicherweise um das Leben gebracht.

10.) Als er in dem Allgäu der auf ihn andringenden Fürstl. Kemptischen Streife weichen musste, hat er auf die daselbst postierten irrseischen Soldaten und Bauern Feuer gegeben und ihre Wachhütte in Brand gesteckt.

Im Jahre 1769

unterstand sich Hiesel

11.) den hochfürstl. Forstmeister zu Frankenhofen Johann Conrad Hasel und dessen Knecht Johann Unsorg in dem Wald mit gespanntem Gewehr anzuhalten, mit Hieben und Schlägen auf das Äußerste zu martern und, nachdem er selbige über eine Viertelstunde bis auf den Tod gepeinigt hat, endlich ihrer Kugelbüchsen und Seitengewehre zu berauben. Eben auf diese Weise wurde

12.) Anton Mösel, Jäger von Reichartshausen, bei dem Scheppacherhof zugerichtet, indem er nicht nur allein durch des Hiesels boshafte Gesellen zu Boden geworfen und derb abgeprügelt, sondern auch von dem Hiesel selbst bald mit dem gespannten Stutzen, bald mit entblößtem Seitengewehr, unter den fürchterlichsten Ausdrücken in die augenscheinlichste Todesgefahr versetzt worden.

13.) Hat Hiesel nicht nur allein dazu geholfen, wie ein kaiserl. königl. Werbesoldat zu Binswangen von dem bayerischen Hansel durch einen Hieb an dem Kopf verwundet worden war, sondern auch

14.) auf den daselbstigen burgowischen Zöllner unter den schändlichen Schmäh- und Drohworten seinen Stutzen angeschlagen und

15.) eben daselbst auf die gegen ihn ausgeschickte Streife Feuer gegeben. In der nämlichen Gegend hat selber mit seinen Kameraden

16.) den allhiesigen Furierschütz Joh. Michael Brenner auf der öffentlichen Straße umrungen, durch den auf ihn gehetzten Hund zu Boden gerissen und unter Bedrohung, dass sie ihn umbringen oder durch den Hund in Stücke zerreißen lassen wollen, nicht nur allein mit Schlägen und Flintenstößen sehr übel hergenommen, sondern auch durch einen Hieb über den Kopf verwundet und seines mit Silber bordierten Livreehuts beraubte.

17.) Einige Wochen darauf mussten auch Wolfgang Mögele, Jäger zu Schönenberg, in dem Wirtshaus zu Ettenbeuren

18.) und Johann Baptist Mang, Amtsknecht zu Göggingen, auf öffentlicher Straße ein ebenso trauriges Schicksal empfinden, indem beide von dem Hiesel angepackt und teils durch einen großen Fanghund, teils durch Seiten- und Schießgewehre so jämmerlich misshandelt worden, dass Ersteren die davongetragenen vielen und gefährlichen Wunden, Letzteren aber die ausgestandene Todesangst in die gefährlichsten Umstände gestürzt haben.

19.) Hat Hiesel nebst seiner losen Bande zu Deissenhausen nicht nur der gesamten Gemeinde, welche nach vorgegangenem Sturmschlag auf ihn losgegangen, sich auf das Frechste widersetzt und den Ersten, der sich ihm nähern würde, auf die Haut zu legen gedroht, sondern auch

20.) einige Zeit danach das Amtshaus gewaltsam angefallen, mit Steinen und Prügeln die Fenster eingeworfen und den Obervogt selbst in seinem Haus umzubringen geschworen.

Noch grässlicher war der Mutwille dieses Unmenschen, da er

21.) zu Rockenburg, nachdem kurz vorher ein von dort ausgeschicktes Kommando von ihm zerstreut und der Korporal Denklinger an dem Arm verwundet worden war, mit Hindansetzung der obrigkeitlichen Befehle auf die unter dem Tor gestandene Wache angeschlagen und selbst den Herrn Reichsprälaten in seiner Abtei totzuschießen gedroht hat.

Mit dem Jahre 1770

wuchsen auch die Verbrechen dieses Ungeheuers. Gleich die ersten Tage dieses Jahres bezeichnete er mit der boßhaftesten Gewalttat, indem er

22.) zu Buchloe auf erhaltene Nachricht, dass einige Soldaten von der Zuchthauswache gegen ihn ausrücken, sich geflissentlich entgegengesetzt und teils unter die Streife, teils in die umliegende Häuser Feuer gegeben, auch wirklich hierdurch die zwei Gemeine Hollenz und Dormayr todesgefährlich verwundet hat.

Nachdem er nun den Markt Buchloe verlassen hatte, überfiel er

23.) auf öffentlicher Straße den Amtsknecht von Blauhofen Georg Deufler und peinigte ihn unter Ausstoßung gotteslästerlicher Reden und Bedrohungen auf eine recht barbarische Weise. Dem Amtsknecht gelang es zwar, den Hiesel selbst zu Boden zu werfen; allein die Hilfe seiner übrigen Kameraden machte ihn alsbald wieder los. Worauf Hiesel demselben erst die derbsten Schläge und selbst so viele und gefährliche Wunden versetzte, dass der Elende ganz gewiss ein Schlachtopfer der Grausamkeit hätte werden müssen, wenn nicht sein alter Vater und einige Waffenknechte mit Hunden zu Hilfe geeilt wären. In dem nämlichen Jahre, und

24.) musste der Markt Buchloe die Ausgelassenheit des Hiesels noch mal erfahren, da er zur Nachtzeit einem auf der Post angekommenen Fremden hart begegnete, die im Amtshaus gestandene Wache unter den schmählichsten Schimpfworten herausgefordert und auf das Amtshaus selbst fünf Gewehre losgebrannt hat. Die entsetzliche Freveltat, worauf sich Hiesel verirrte, führte nun zu ferneren Mordgeschichten, da er nämlich

25.) bei dem Pfarrer Steg einer Reichsstadt augsburgischen Streife mit geflissentlicher Bosheit entgegengegangen und sich des an dem Musketier Leitner verübten Totschlages teilhaftig gemacht und

26.) nicht lange danach zu Kellmünz, nachdem er den ganzen Tag mit den verächtlichsten Bubenstücken zugebracht, die ihm verratene kurbayerische Streife fürsetzlich abgewartet hat. Alle Ermahnungen, dass er derselben entfliehen solle, waren umsonst, denn kaum war die Streife gegen das Wirtshaus angerückt, so gab er auf selbe Feuer und legte einen Gemeinen von dem Freibataillon plötzlich auf die Haut. Mit diesem noch nicht begnügt, frischte er auch seinen Buben zur nämlichen Mordsucht an und machte sich dadurch des zweiten Totschlages und mehrerer schweren Verwundungen schuldig.

27.) Hat derselbe zu Ebenhofen unter einem großen Auflauf im Wirtshaus Tische, Stühle und die Kellertreppe mutwillig zerhauen, dem Wirt, der in den Keller entflohen war, mit gespanntem Gewehr aufgepasst und sowohl demselben als auch dessen geistlichem Bruder mit dem Tod gedroht. Nicht minder ist

28.) auf dessen Geheiß Jakob Schick, Jägerknecht von Berkheim in dem Wirtshaus zu Straßberg seines Dienst- und Seitengewehres beraubt und mit der empfindlichsten Gewalt angefallen worden.

Nachdem er hierauf das untere Schwaben verlassen hatte, füllte er auch die oberen Gegenden mit lauter Freveltaten an, denn er erkühnte sich

29.) den landvogteiischen Reviersäger Eustach Bitsch auf das Grausamste zu misshandeln. Anfänglich wurde dieser Jäger durch seinen großen Hund gepackt und zu Boden gerissen, hierauf aber und nachdem er sich kaum wieder aufgerichtet hatte, mit entblößtem Hirschfänger auf eine so blutdürstige Weise zerschlagen und verwundet, dass er ohne Weiteres in seinem Blut liegen geblieben wäre, wenn nicht seine betrübtesten Umstände den letzten Rest der Menschlichkeit in dem Hiesel selbst erweckten, dass er dem Verwundeten Schießpulver in die Wunden gelegt und solche mit einem Stücke vom Hemd verbunden hätte. Der Jäger musste diesen Dienst mit gewaltsamer Abnahme seiner Kugelbüchse und seines Hirschfängers bezahlen.

Noch grausamer wurde

30.) Johann Hildebrand Zollner zu Unterkirchberg behandelt. Hiesel drang in Begleitschaft bewaffneter Kerle mit Gewalt in dessen Behausung ein, riss ihn heraus, ließ ihn durch seinen Hund zu Boden werfen und jämmerlich zerfetzen. Nachdem er ihn durch Hiebe und Flintenstöße fast bis auf den Tod gemartert hatte, schleppte er ihn bis auf die Illerbrücke hinaus, und würde ihn ohne Zweifel in das Wasser geworfen haben, wenn nicht ein anderer von der Bande es noch vermittelt hätte.

Auf die nämliche Weise begegnete er

31.) dem landvogteiischen Streifer Bernhard Merk bei dem sogenannten Spitalschneider zu Leitkirch, und

32.) dem Joseph Gallosch Bauer zu Rieden, Gräfl. Zeil-wurzachischer Herrschaft, deren Ersteren er ebenfalls mit landesfriedbrüchiger Misshandlung in die traurigsten Umstände versetzte, Letzterem aber in das Haus einfiel, und, als er ihn zum Glück nicht angetroffen, alle Fenster und Hausgerätschaft zerhaute und zerschlug, dessen Eheweib und alten Vater aber mit den ausgelassensten Schreckworten ängstigte. In der nämlichen Gegend wurde

33.) Anton Werz, Reichsgräfl. wurzachischer Jäger im St. Johann, von dem Hiesel und seiner Bande im Haus überfallen und ihm ein Kugelstutzen, eine Flinte, Hirschfängerkuppel, ein paar Handschuh, ein Schrotbeutel, samt einem Schweißhund gewalttätig abgenommen.

Hiesel musste zwar hierauf den ihn aufsuchenden Streifen entweichen. Er setzte aber andere Gegenden in neuerliche Unruhe. Dann

34.) hat er nicht nur allein den Mathias Geyer, Jägers Sohn von Waldberg, sondern auch

35.) den Zenon Berger, Jägersjunge von Wildenroth, in dem Forst angefallen, sehr hart gepeinigt und ihrer Schieß- und Seitengewehre beraubt.

Gleich darauf, und

36.) ließ Hiesel durch 3 seiner Kameraden den Überreuter zu Wildenroth gewaltsam ausrauben, wodurch desselben Mutter in Todesängsten versetzt worden ist.

37.) Mussten auch 3 Soldaten des hiesig hochfürstl. Kontingents die Grausamkeit dieses Erzbösewichts empfinden. Sie wurden nämlich eben zur Zeit, wo sie in der Feldarbeit begriffen, folglich mit keinem Gewehr versehen waren, auf dem offenen Feld bei Untermeitingen überfallen und teils von dem Hiesel und seiner Bande selbst misshandelt, teils aber durch den großen Hund so erbärmlich zugerichtet, dass einem davon durch die vielen Bisse mehr, dann 8 gefährliche Wunden zugefügt worden sind. Fast gleiche Grausamkeit verübte selber

38.) an einem fremden Krämer zu Ingenried im Wirtshaus, welchem nebenbei etliche paar Schuhschnallen diebischerweise entfremdet worden, und

39.) an einem kaiserl. Werbesoldaten bei dem unteren Wirt auf dem Lechfeld; nicht weniger

40.) an 2 Reichsgotthaus irrseeischen Soldaten in dem Wirtshaus zu Ketterschwang. Wie er dann auch

41.)zwei Schreibern des Pflegeamts Buchloe namens Joseph Egger und Anton Spiri die Flinten samt Hirschfängern und Kuppeln auf öffentlicher Straße gewaltsam abnehmen ließ.

Seine ausgelassenste Bosheit erstieg endlich die äußersten Stufen, indem er sogar die Obrigkeiten und andere herrschaftlichen Diener mit der gewaltsamsten Raub- und Mordsucht anzufallen sich nicht gescheut hat.

Der traurige Zufall, welcher dem Hospital-augsburgischen Obervogt Joh. Bapt. Heß zu Täfertingen begegnet ist, war hiervon eine leidige Probe. Eientemal er daselbst

42.) mit zwölf bewaffneten Kameraden das Amtshaus überwältigt und den bekannten großen Raub unternommen hat. Fünf verschmitzte Gesellen seiner Verwegenheit unter Anführung des Sattler drangen in das Haus. Hiesel aber besetzte solches von außen mit seinen übrigen Leuten. Sie gingen hierauf gerade auf die Amtstube zu, fielen den Obervogt und seine Ehefrau ganz rasend an, forderten Geld und drohten beiden den Tod, wenn sie den geringsten Widerstand tun wollten. Sie nahmen sohin alles, was sie an Geld, Silbergeschmeide, Gewehr, Uhren etc. fanden, mit Gewalt hinweg. Als es die Obervogtin wagen wollte, einem davon eine Schüssel mit Geld aus der Hand zu reißen, setzten sie ihr das gespannte Gewehr auf die Brust und den blanken Säbel an den Hals und ängstigten selbige schier bis auf den Tod.

Nach dieser vollbrachten Gewalttat nahmen sie zwar den Rückweg in den Hof, kamen aber bald wiederum zurück, verlangten noch mehr Geld und ließen sich nicht eher abfertigen, bis sie fast das ganze Haus rein ausgeplündert und dem Obervogt dadurch einen Schaden von 2102 fl. zugefügt hatten. Gleich drei Tage hernach und

43.) ließ er dem Franz Schleißheimer, Amtsknecht von Agawang, mit einer unerhörten Mordsucht begegnen. Von Unternefsried, wo selber aus dem Wirtshaus mit Gewalt herausgenommen wurde, bis an das Dorf Agawang war fast jeder Schritt eine neue Misshandlung. Flintenstöße und todesgefährliche Hiebe folgten immer einer auf den anderen. Obschon der Amtsknecht unter dem Last der Wunden ganz fühllos dahingesunken war, wurde die Wut dieser Mörder doch nicht genug abgekühlt. Vielmehr stürmten sie mit doppelter Grausamkeit auf ihn zu und stießen ihm den Hirschfänger durch den Leib.

Acht Wunden auf dem Kopf, worunter drei todesgefährliche, mehrere Hiebe an der linken Hand, wodurch 2 Finger fast gänzlich abgehauen und die 8 übrigen stark verletzt waren, ein Stich durch den Ballen der Hand, mehrere derlei durch beide Füße, und endlich eine tödliche Wunde an der linken Seite des Leibes, würden noch nicht erkleckt haben, wenn nicht ein in dem Dorf entstandener Auflauf den elend Verwundeten der Raserei dieser Bösewichte entrissen hätte. Hierdurch wurde aber Hiesel gegen das Volk und besonders gegen den Pfarrherrn des Orts heftig, und solchergestalt aufgebracht, dass er

unter Ersteres losgefeuert, den Pfarrhof aber mit seinen Leuten gänzlich überzogen, hineingeschossen, Fenster und Kreuzstöcke eingeschlagen, den Pfarrherrn selbst aber beschimpft und gelästert hat.

44.) Gegen den Freiherrn von Racknitz stieß Hiesel die verwegensten Bedrohungen aus, und desselben verordneten Stabsamtmann zu Haunsheim misshandelte er in dem Dominikanerkloster zu Obermedlingen mit der größten Ausgelassenheit. Dann erfrechte er sich mit gewehrter Hand und seinem großen Hund das Klosterkonvent zu betreten, den besagten Amtmann mit dem frechsten Stolz zu besprechen und so lange zu beängstigen, bis sich endlich selber mit Geld entledigt hat.

Eben daselbst hat Hiesel

45.) in dem unteren Wirtshaus den Bauer Johann Ortlieb von Haunsheim durch seine Kameraden zu Boden werfen und mit den Hirschfängern gefährlich verwunden lassen. Ja, als der Verwundete seine letzte Kräfte zusammengesammelt, um diesen Wüterichen zu entkommen, hat Hiesel den bekannten großen Hund an ihn gehetzt und mit seinem Schlagring ihm die Augen dermaßen zerschlagen, dass Blut und Wasser herausgeflossen sind.

Auf diese Weise wurde besagter Bauer zum dritten Male angepackt. Und a er sich endlich in einen Stall flüchten wollte, noch mit einem Schuss verfolgt.

46.) Zu Oberelchingen wurde Hiesel mit 11 seiner Kameraden in dem Wirtshaus zur Krone von einer Reichsstadt Ulmischen Militärstreife zu Nacht unversehens überfallen, und von einigen eindringenden Soldaten angerufen. Einer von diesen erhielt aber augenblicklich einen Schuss, der ihn tot zur Erde streckte. Noch 4 andere wurden tödlich blessiert, wovon in weniger Zeit 3 gestorben sind.

Hiedurch bekam er Gelegenheit zu entweichen, und langte folgenden Tag zu Holzschwang an, wo er

47.) mit 10 seiner Leute den daselbstigen Jäger Joh. Stephan Reuter unter Ausübung großer Gewalttätigkeit und öfterer Todesbedrohung ausgeraubt und in einen Schaden von 155 fl. 39 kr. versenkt hat. Gleichergestalt wurde von dem Hiesel

48.) die Behausung des Jakob Vonison, Jäger zu Geilertshausen, landfriedensbrüchig überfallen, und daselbst an Geld, Silber, Gewehren und anderem Gerät ein Raub von 316 fl. 42 kr. ausgeübt.

Nichtminder, und

49.) ließ Hiesel den Andreas Schlang, Jäger zu Frankenried, in seinem Hause durch 5 Kameraden überfallen und berauben, welche demselben vieles Gewehr, Kleider und andere Sachen abgenommen, Fenster, Türen und Kästen eingesprengt, Schlösser, Uhren, Häfen und Schüsseln zerschlagen, die Tochter mit Totschießen bedroht und sodann die geraubten Sachen dem Hiesel in das Wirtshaus zugebracht haben, welcher auf Anhalten des Pfarrherrn gleichwohl drei alte ausgemusterte Gewehr mit dem Vorbehalt zurückgelassen, dass er hierfür die Zeche bezahlen solle.

Endlich, und

50.) hat Hiesel im Wirtshaus zu Osterzell seine Lasterbahn vollendet und seiner auf das Äußerste gebrachte Vermessenheit das Siegel aufgedrückt, da er sich nicht nur in die hartnäckigste Gegenwehr gesetzt, sondern auch einen Jäger und zwei Soldaten plötzlich erschossen hat. Ohne einer Menge anderer höchst sträflicher Verbrechen zu erwähnen, hat also gegenwärtiger Missetäter, nur in so weit, als man nach bester hartnäckiger Bekenntnis und den vorhandenen Kundschaften rechtlich ermessen konnte, zwölf der gewaltsamsten Räubereien, acht besondere Landfriedensbrüche und neun Totschläge, folglich in allem der abscheulichsten Lastertaten wider sich, welche die Hochfürstl. Augsburgische weltliche Regierung bewogen haben, folgendes peinliche Endurteil wider denselben zu fällen:

Urteil

In peinlichen Verhörsachen entgegen, und wider den Mathias Klostermayer sogenannten bayerischen Hiesel von Kissing des Landgerichts Friedberg in Bayern gebürtig, wird auf desselben gerichtlich- und gütliche Bekenntnis und hierüber eingekommenen eidliche Erfahrungen nach gepflogenem genauen Rechtsbedacht und der Sachen reiferwogenen Umständen vor der Hochfürstl. augsburgischen weltlichen Regierung allhier mit Urteil zu Recht erkannt, dass dieser Erzbösewicht wegen seiner vielfältigen Wilddiebereien, öffentlichen Gewalttaten, Landfriedensbrüchen, Räubereien und fürsetzlichen Totschlägen, den göttlichen, natürlichen und menschlichen Gesetzen, auf die vermessenste und ärgerlichste Weise zuwidergehandelt, und dahero das Leben verwirkt habe; weswegen derselbe zu seiner wohlverdienten Strafe, anderen aber zum abscheuenden Beispiel dem Scharfrichter zu Händen und Banden übergeben, zur Richtstatt geschleift, daselbst mit dem Rad, durch Zerstoßen seiner Glieder von oben herab, vom Leben zum Tode gerichtet, alsdann der Kopf von dem Körper abgesondert, dieser aber in vier Stücke zerhauen und auf den Landstraßen aufgehangen, der Kopf hingegen auf den Galgen gesteckt werden solle.

Von Rechtswegen
Also geurteilt und vollzogen
in der Hochfürstl. Residenzstadt
Dillingen den 6. Herbstmonat 1771

Eine Antwort auf Der bayerische Hiesel – Teil 47