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Marshal Crown – Band 18

Keine Schafe für Rath City

Der scharfe Nordwind heulte wie ein hungriger Wolf über das Land am Red River. Er stieß und zerrte an den blattlosen Dickichten der Bruchkirschensträucher, die das nördliche Flussufer säumten, raschelte in den Baumwipfeln junger Pinien und trieb fast mannshohe Tumbleweedkugeln1 wie Spielzeugbälle vor sich her.

Kurz vor Mitternacht, als der Sturm allmählich nachließ, tanzten die ersten Schneeflocken in der eiskalten Luft. Doch auch sie konnten den durchdringenden Geruch nicht vertreiben, der seit Tagen über dem Nordufer des Flusses lag.

Der beißende Gestank der Schafe hatte sich förmlich in das Land hineingebrannt.

Unweit jener Stelle, wo der Sweetwater Creek in den Red River mündete, lagen Hunderte dieser Tiere dicht zusammengedrängt auf dem hartgefrorenen Boden, um sich gemeinsam durch ihre Nähe und mit ihrem dichten Fell gegen die Kälte und den eisigen Wind zu schützen.

Etwa einen Steinwurf von der Herde entfernt loderten gelbrote Flammenzungen in den Nachthimmel. Fünf Männer, Navajo Indianer, hatten sich um das Lagerfeuer ihres Camps geschart. Sie hatten sich ihre bunt gewebten Decken um die Schultern gelegt, hockten vor dem Feuer, genossen die Wärme, unterhielten sich und rauchten ihre Pfeifen.

Haskeh, der Anführer der Gruppe, wollte sich gerade etwas von dem Kaffee nachschenken, der vor ihm in einer Kanne am Feuer leise vor sich hinblubberte, als der große Hund zu seinen Füßen unvermittelt zu knurren begann.

Das Tier begleitete den Indianer fast schon ein halbes Jahrzehnt bei seinen Wanderungen mit den Schafen, deshalb wusste der Navajo sofort, dass etwas nicht in Ordnung war.

»Wer hat Wache?«

Die Unterhaltungen der Männer verstummten augenblicklich.

»Juan«, sagte einer von ihnen. »Warum fragst du?«

In diesem Moment stand der Hund auf. Die Muskeln an seinen Hinterläufen und am Hals spannten sich. Das Tier legte den Kopf schief und schien irgendwelchen Geräuschen zu lauschen, die selbst Haskehs scharfen Ohren verborgen blieben.

Das Knurren aus seiner Kehle wurde immer lauter.

Dann peitschte ein Schuss durch die Nacht.

Die Männer schälten sich blitzartig aus ihren Decken und nahmen ihre Gewehre hoch, indes der Hund wie von einem Katapult abgeschossen losrannte. Kaum war er in der Dunkelheit verschwunden, hallte sein wütendes Bellen durch die Nacht.

Wieder krachte ein Schuss.

Die Schafe begannen unruhig zu werden.

Jedem der Navajos war klar, warum die Schüsse gefallen waren.

Wieder einmal wurden sie gejagt. Gejagt von den Männern der Rinderzüchter, die sie hassten wie die Pest und gnadenlos verfolgten, wo immer sie auf sie trafen.

Inzwischen krachten pausenlos Schüsse.

So schnell sie konnten, rannten Haskeh und die anderen Schäfer mit weit ausgreifenden Schritten auf ihre Herde zu. Sie wussten, dass jeder Schuss ein totes Tier bedeutete.

Als sie die Bodensenke erreichten, in der die Herde sich niedergelassen hatte, brachen fünf Gestalten aus den umliegenden Büschen hervor.

Haskeh stieß einen Schrei aus und warf sich zur Seite.

Fast gleichzeitig krachten mehrere Gewehre. Wut erfüllte den Navajo, als er sah, wie die Kugeln den Boden dort durchpflügten, wo er noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte.

»Mörder!«, durchzuckte es ihn.

Mit einer einzigen fließenden Bewegung riss er sein Gewehr an die Wange, zielte und schoss. Der vorderste der Angreifer wurde von der Kugel in den Leib getroffen. Der Aufprall des großkalibrigen Geschosses wirbelte ihn einmal um die Achse. Er torkelte noch einen Schritt zur Seite, blieb für die Länge eines Herzschlags zusammengekrümmt stehen und fiel dann wie vom Blitz getroffen zu Boden.

»Eh-ho-jay2, lasst uns die weißen Hunde töten!«, sagte Nesjaja, der Mann, der neben Haskeh hinter einem Busch lag. Was er noch sagte, ging im Donnern der Schüsse unter, die die Unbekannten jetzt auf ihre Deckung abfeuerten. Die Navajos pressten ihre Gesichter auf den hartgefrorenen Boden, während das Gewehrfeuer der dunklen Gestalten wirkungslos über sie hinwegging. Als die Angreifer ihre Waffen nachladen mussten, erwiderten sie ihrerseits das Feuer. Gleich mit einer von ihren ersten Kugeln erwischten sie einen der Angreifer in der Schulter und dann eines ihrer Pferde.

Im selben Moment verstummten die Schüsse.

Sekundenlang herrschte eine bedrückende Stille. Dann war der Hufschlag eines Reitertrupps zu hören, der sich rasch entfernte. Was zurückblieb, waren über zwei Dutzend tote Tiere und Juan, der Wachposten, der mit einer hühnereigroßen Beule am Kopf unweit der Herde am Boden lag.


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  1. Verdorrte Dornenbüsche, die sich zu mannshohen, großen Kugeln verfilzt hatten. Ein Phänomen, das gerade in diesem Teil von Texas und auch in der Brasada häufig auftritt.
  2. Navajo-Dialekt, bedeutet frei übersetzt: Los geht’s

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