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Romantruhe-Western Band 3

Glenn Stirling
Romantruhe-Western Band 3
Der wilde Ruf des Blutes

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, Juni 2016, 72 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Firuz Askin
www.romantruhe.de

Kurzinhalt:
Richter Standford hat Angst. Vor einem Mann namens Suwak, der ihm blutige Rache geschworen hat und seinen Tod will. Texas Ranger Tom Caldburn soll ihn beschützen und verhindern, dass er aus dem Hinterhalt erschossen wird.

Aber das Schicksal hat eine andere Entscheidung für Stanford getroffen. Das weiß aber Tom Cadburn nicht, denn er hat zwischenzeitlich Suwak entdeckt und herausgefunden, dass dieser seinerzeit unschuldig war. Nun will er ihm zu einem fairen Prozess verhelfen, gerät dabei aber selbst in Lebensgefahr und wird schwer verletzt. Und er wird von seinem Wolfshund Sam getrennt. Ob sie sich jemals wiedersehen werden …?

Leseprobe

Tom Cadburn schob den Perlenvorhang beiseite, trat in die gleißende Heilig­keit hinaus. Er blinzelte hinauf zum Berg, wo oben, einer Burg gleich, jenes weißgekalkte Haus stand, das er suchte.

»Da oben, das ist es, da hat er sich verkrochen«, sagte die brüchige Stimme des Wirtes hinter Tom.

Tom wandte sich halb um, sah in das faltige, hagere Gesicht des Mannes und fragte:

»Seit wann ist er da?«

»Seit einer Woche, seit er weiß, dass ihn Suwak erschießen will. Was sage ich? Erschießen? Vielleicht will er ihn aufhängen! Oder abstechen wie ein Schwein! Haha!« Der Wirt lachte. Offenbar bereitete ihm die Vorstellung, dass Richter Stanford wie ein Schwein abgestochen würde, großes Vergnü­gen.

Tom Cadburn musterte ihn misstrauisch. »Ist das so erheiternd?«, fragte er missbilligend. »Schließlich geht es um ein Menschenleben!«

Der Wirt zuckte die Schultern. »Wissen Sie, Ranger, ich weiß nicht, wie viel Menschen von Stanford zum Tode verurteilt wurden. Und Suwak war auch einer davon. Dass er ausgebrochen ist, hat ihn doch nur vor dem Strick be­wahrt. Und wir alle hier sind nicht ganz ohne Schadenfreude. Er hat doch immer den Herrn gespielt da oben. Sie haben ja keine Ahnung, wie er sich manchmal aufgeführt hat, wenn er hier gewesen ist. Ja, Amy, die könnte Ih­nen ein Lied davon singen!«

Der Wirt wandte sich um, schob mit der Hand die Perlen des Vorhangs bei­seite und brüllte in den Saloon hinein:

»Amy, komm doch mal raus! Erzähl doch mal dem Ranger, wie es Stanford vor dir getrieben hat. Erzähl ihm mal, was er von dir gewollt hatte, als er mal hier war.«

Tom hörte die Schritte, leichtfüßige Schritte, als das Mädchen aus dem Raum zu ihnen trat. Er wandte sich um und blickte sie an. Sie war schlank und hatte langes, dunkles Haar. Aber hier draußen in der gnadenlosen Sonne half auch kein Puder mehr. Amy war nicht mehr achtzehn. Was vielleicht abends beim Kerzenlicht oder im Schein der Kerosinlampen im Saloon nicht auffiel, hier draußen und jetzt bei Tage war es zu erkennen. Sie blieb den­noch nicht ohne Wirkung auf Tom, weil sie ein Weib war, durch und durch.

Sie musterte Cadburn, wie sie es schon gestern Abend getan hatte. Es war ein Abschätzen und Taxieren.

»Ja«, sagte sie, lächelte und blickte zu Cadburn auf. Der Blick allein war ei­ne einzige Herausforderung. Ein Lockruf.

»Er hat viel gewollt, der dicke Richter. Hier in diesem kleinen Ort ist er ein Gott. Nicht nur für mich, für alle hier. Aber oft war er ein böser Gott. Scha­det ihm gar nichts, dass er jetzt etwas zittert, dass er um sein Leben bangt. Wissen Sie, Ranger, ich sage es nicht gern, aber denken tun es hier alle. Der Richter mag zwar in Austin gute Freunde haben, hier im Ort hat er keine. Für uns ist er ein macht­süchtiges, tyrannisches, ekelhaftes fettes Schwein.«

Tom war so verblüfft, dass er sie überrascht ansah, als könnte er es nicht fassen, dass solche Worte aus ihrem Munde gekommen waren. Aber bevor er etwas antworten konnte, meinte der Wirt:

»Mit dem Pferd können Sie die Stufen nicht hinauf!« Er lachte. »Ich habe sie mal gezählt. Dreihundertfünfzig Stufen sind es. Ich selbst habe dabei ge­holfen, sie in den Felsen zu hauen. Und damals, wenn ich daran denke, da waren wir alle richtig stolz, einen so wichtigen, einen so mächtigen Mann in unserem Ort zu haben, hier in diesem kleinen Bergnest, einen richtigen Rich­ter! Aber jetzt, pfui Teufel! Jetzt wollte ich, wir hätten diesen Mann nie ge­sehen.«

Tom Cadburn maß ihn durchdringend.

»Soll ich etwa annehmen, dass Suwak hier im Ort Unterstützung findet?« »0 nein! So ist das auch nicht zu verstehen. Für uns ist Suwak ein Bandit. Wir würden ihm nie helfen! Keiner hier würde ihm helfen. Nicht freiwillig. Auf der anderen Seite sind wir schadenfroh. Wissen Sie, was sich Stanford hier erlaubt hat, das geht auch weit über die Hutschnur. Er hat sich hier die Mädchen genommen, er hat sie betrunken gemacht und dann hat er mit ihnen geschlafen. Junge Mädchen, die seine Töchter sein konnten. Und er hat hier viele unter Druck gesetzt, weil er der große Richter ist, der große, mächtige Mann. Vor ihm haben sie gezittert. Viele von unseren Männern hier haben für ihn gearbeitet, für sein Haus, haben daran mitgebaut, aber es sind einige dabei, die haben ihr Geld bis heute nicht. Sie trauen sich gar nicht, ihn nach dem Geld zu fragen. Auf dem Ohr hört er schlecht. Und dann wird er noch frech. Sie haben Angst vor ihm. Er war auch schon bei mir hier. Wollte Amy mit hinaufnehmen, wollte Getränke haben, alles umsonst, weil er der große Richter ist. Es sei eine Ehre, sagte er, wenn er seinen Fuß über meine drecki­ge, mit Kuhmist beschissene Schwelle setzen würde.«

»Also gut«, meinte Tom Cadburn, »wenn ich das Pferd hierlassen kann, ge­he ich jetzt hinauf.«

Er warf einen Blick auf jenen schattigen Winkel auf der anderen Straßen­seite. Genau vor jenem dornenumrankten Stall, dort lag Sam im Schatten. Seine grünen Augen leuchteten im Halbdunkel.

Der Wirt blickte in dieselbe Richtung und meinte:

»Ihren Wolf können Sie auch ruhig unten lassen. Für den ist es eine Vieche­rei, die Treppe hinauf bis zum Haus zu gehen. Glauben Sie mir, dort oben flimmert die Luft in der Hitze. Und staubig ist es auch. Ha, ich hätte nie ein Haus dort oben hingesetzt, aber er, er wollte hier der König sein. Diese Burschen wollen immer der König sein. In seinem Gericht, da sitzt er obendrauf, hier wollte er auch obendrauf sitzen. Jetzt, jetzt macht er sich bald in die Ho­sen vor Angst. Jetzt möchte er sich verkriechen. Ich will Ihnen was sagen: Wissen Sie, was seine Haushälterin erzählt hat? Die Alte, die ihm alles macht, die er prügelt, mit der er umgeht wie mit dem letzten Dreck und die trotzdem für ihn arbeitet, was keiner hier versteht. Sie sagte uns, dass ihm der Gouverneur eine ganze Schwadron Texas Ranger schicken will. Sind Sie davon die Vorhut?« Er grinste Tom Cadburn an.

Tom Cadburn lächelte.

»O nein! Ich bin diese Schwadron!«, meinte er. Und er sagte es so, als sei keine Sekunde daran zu zweifeln, dass er diese Worte ernst meinte.

»Sie sind sehr von sich überzeugt, Mister!«, meinte der Wirt. Und Amy Hampton, das Mädchen, lachte leise und sagte:

»Er ist auch ein schöner Mann. Bisher hat er wohl viel Glück gehabt. Aber ich weiß nicht, ob er Suwak kennt.«

Tom zuckte herum.

»Kennen Sie ihn, Amy?«

»Ja, ich kenne ihn! Und er ist kein halber Mann!«

»Wenn Sie das sagen, muss es wohl stimmen«, sagte Tom. Er wandte sich um, hob die Hand und drüben im Schatten richtete sich Sam, der schwarze Halbwolf, auf und trabte herüber. Seine Zunge hing heraus, er hechelte. Die­se Gluthitze hier oben machte ihm zu schaffen.

Amy sah ihn an und meinte:

»Ein herrliches Tier! Aber Sie haben mir ja gestern Abend erzählt, wie Sie ihn gefunden und aufgezogen haben. Ein halber Wolf, ein halber Hund. Mein Gott, ist der groß!«

Sam legte seinen Kopf in Tom Cadburns Hand, und als Tom ihn streichelte, da rekelte er sich, knurrte wie ein schnurrender Kater und Tom sagte: »Also dann, besuchen wir mal unseren Schützling!« Er sah hinauf zu diesem weißen Hausklotz oben am Berghang, zu dem, wie der Wirt gesagt hat­te, dreihundertfünfzig Stufen führten.

Und er war gespannt, den Mann kennenzulernen, der dort oben um sein Le­ben bangte und den die Menschen hier im Ort so fürchteten und verachteten zugleich. Und dem der zum Tode verurteilte Sträfling Suwak nach dem Ur­teilsspruch Rache, tödliche Rache angekündigt hatte, die er jetzt nach seiner Flucht aus dem Gefängnis Leavenworth in die Tat umsetzen wollte. Suwak, wegen Überfall auf eine Kutsche und wegen angeblichen Mordes auf einen Begleitfahrer zum Tode verurteilt, verurteilt von Richter Stanford, jenem Mann, der jetzt da oben um sein Leben zitterte.

Der Gouverneur hatte Captain McNelly, den Chef der Texas Ranger, gebe­ten, dem Richter ausreichend Schutz zu bieten.

Captain McNelly hatte mit dieser Aufgabe Tom Cadburn beauftragt, einen der besten Leute, die die Truppe der Texas Ranger hatte.

Veröffentlichung der Leseprobe mit freundlicher Genehmigung der Romantruhe