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Fort Aldamo – Band 29

Frank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 29
Quer durch die Hölle

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 13.12.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Ablösung für Finnewacker als Kommandant von Fort Aldamo! Das jedenfalls befürchtet der Master Sergeant, als er den Befehl erhält, sich bei Jack Hoogan zu melden. Hoogan ist Captain der US Army. Ein netter Kerl. Aber ein Greenhorn, das man vor eine fast unlösbare Aufgabe gestellt hat: den Transport von fünfzig Gatling Guns nach Mexiko. Es geht quer durch die Hölle – endlose Meilen glutheißer, öder Wüste warten auf den Treck. Und gnadenlose Banditenhorden, die mit den Schnellfeuerkanonen ganze Bundesstaaten erobern könnten. Als der Master Sergeant von einem Patrouillenritt zurückkehrt, trifft ihn fast der Schlag: Der Treck ist verschwunden, wie vom Wüstensand verschluckt.

Leseprobe:

»Krankmeldungen?

Freiwillige für das Festungserweiterungskommando – rechts raustreten!

Friedhofskommando – vortreten!

Küchendienst – ab durch die Mitte!

Schreibstube – abrücken!«

So prasselten Master Sergeant Finnewackers Befehle durch die morgendliche Stille, die über der alten, ehemals spanischen Festung lag. Der Appellplatz leerte sich, als die einzelnen Kommandos abrückten.

Die Sonne meinte es schon zu dieser frühen Stunde gut und sengte heiß vom wolkenlosen Himmel, der sich wie ein seidener Baldachin über Fort Aldamo wölbte. Ein leichter Wind ließ Sandfontänen draußen in der Wüste tanzen.

»Kompanie – aufschließen!«

Die verbliebenen Chargierten und Sträflinge rückten nach, richteten sich kurz aus und rührten wieder.

»Ich suche fünf Freiwillige für das Gipfelerstürmungskommando!«, dröhnte Finnewackers Stimme. »Das gilt nur für die Chargierten.« Der Spieß und kommissarische Commander von Fort Aldamo blickte die fünfzehn Soldaten in den blauen Monturen an, die zusammenzuckten.

»Ach, du meine Güte«, murmelte Sergeant Fitzgerald erschrocken. »Geht das schon wieder los! Und ich hatte gedacht, dass Finnewacker diesen Quatsch längst vergessen hat.«

Der kleine Krauskopf und Stellvertreter Finnewackers schwieg, als er den harten Blick des alten Haudegens auf sich gerichtet sah.

»Hast du was zu sagen, Fitzgerald?«

Finnewacker sah den altgedienten Sergeant wütend an, der längst wusste, dass es unmöglich war, seinem

Vorgesetzten etwas auszureden, hatte er es sich erst mal in den Kopf gesetzt. »Ich höre, Kleiner!«

Master Sergeant Finnewacker ließ nicht locker.

Fitzgerald seufzte.

»Ich melde mich freiwillig, Master Sergeant!

»Gut, wer noch?«

Die Sergeanten Wallowa und Gedder sowie die Corporale Boulder und Jefferson traten einen Schritt vor und nahmen Haltung an.

Master Sergeant Finnewackers Blick wurde freundlicher.

»Alle anderen Chargierten und Sträflinge – wegtreten!«

Der Commander von Fort Aldamo nickte den fünf Blauröcken zu, die sich freiwillig für das Gipfelerstürmungskommando gemeldet hatten.

»Ich habe den Eindruck, dass ihr das alles für einen verrückten Einfall von mir haltet«, donnerte Finnewackers raue Stimme. Der Master Sergeant wippte auf den Stiefelsohlen und stemmte beide Hände in die Hüften. So stand er drohend vor den fünf Chargierten.

»Hätten wir uns sonst freiwillig gemeldet?«, fragte Sergeant Fitzgerald und erntete einen unwilligen Blick seines Vorgesetzten, der ungeachtet dieser Worte schnell weitersprach.

»Ich finde, dass es uns allen guttut, wenn wir richtig klettern lernen. Es gab schon öfters Schwierigkeiten, wenn wir mit Apachen, Bandoleros oder auch entflohenen Sträflingen in den Bergen zu tun hatten. Außerdem stählt das Gipfelerstürmungskommando Geist und Körper. – Das ist meine Meinung!«

Die Mienen der fünf Soldaten blieben ausdruckslos. Sie dachten über dieses Kommando ganz anders, hüteten sich aber, ihre Meinung offen auszusprechen. Das hätte nur Arger mit dem Commander gegeben.

»Sergeant Fitzgerald!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

»Du triffst alle Vorbereitungen. Du weißt ja inzwischen, was wir alles beim Gipfelerstürmungskommando benötigen. Abmarsch in exakt einer halben Stunde. Gibt es sonst noch Fragen?«

»Nein, Finnewacker«, riefen die fünf Chargierten wie aus einem Mund und standen stramm.

»Alles klar, Fitzgerald?«

»Aye, Master Sergeant!«

»Gut, dann könnt ihr …«

Master Sergeant Finnewacker schwieg, als er das Flattern und Flügelschlagen eines Vogels vernahm, der über seinem Kopf kreiste.

Es war eine Brieftaube. Und sie konnte nur aus Camp Dowell kommen, dem Stützpunkt der US Kavallerie, das fünf Tagesritte entfernt war.

Die Taube drehte noch einige Kreise, ehe sie müde und ermattet auf den Verschlag zuflog, um dort zu landen.

Finnewacker stieß seinen Feldhut in den Hacken, während sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck annahm. Sein Schnurrbart sträubte sich wie eine Bürste. Und das war bei Master Sergeant Finnewacker immer ein Zeichen, dass seine Laune nicht gerade gut war.

»Colonel Brooks aus Camp Dowell schickt eine Botschaft«, rief Sergeant Gedder überflüssigerweise. Finnewacker zog die rechte Augenbraue hoch.

»Kleiner Schnelldenker – was …?«, brummte er.

»Abtreten – Männer. Der Korbmeister soll sofort bei mir antanzen. Du auch, Fitzgerald!«

»Aye, Finnewacker«, antwortete der krausköpfige Sergeant und sauste los, während der Master Sergeant den Appellplatz überquerte und die Kommandantur betrat.

Der Sträfling in der Schreibstube sprang auf und schlug die Hacken zusammen, dass es nur so krachte.

»Keine besonderen Vorkommnisse, Master Sergeant«, brüllte Infanterist Samuel, den sich Finnewacker als Ordonnanz zugeteilt hatte.

»Danke, alter Kanonenklauer. Mach mir ‘ne Tasse Kaffee, aber nicht wieder so ‘ne labbrige Brühe wie gestern!«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

Finnewacker stiefelte in sein Arbeitszimmer und ließ sich aufseufzend in den Sessel hinter dem Schreibtisch fallen. Er angelte sich eine Zigarre aus dem kleinen Kasten, zündete sie an und stieß eine mächtige Bauchwolke aus. Schon bald war der Kopf des Commanders von einer blauen Wolke eingehüllt.

Die Finger seiner rechten Hand trommelten nervös auf die Schreibtischplatte. Finnewacker wartete ungeduldig darauf, dass er die Nachricht erhielt, die per Brieftaube aus Camp Dowell gekommen war.

Es klopfte gegen die Tür. Master Sergeant Finnewacker legte die halb gerauchte Zigarre in den Aschenbecher.

»Herein, wenn’s kein Feind ist«, brüllte er.

Sergeant Fitzgerald marschierte bis vor den Schreibtisch, salutierte nachlässig und übergab seinem Vorgesetzten einen kleinen Zettel.

»Die Meldung aus Camp Dowell, Finnewacker!«

»Danke, Kleiner. Hast du sie schon gelesen?«

»Natürlich nicht«, entrüstete sich der altgediente Sergeant.

»Schon gut, alte Knallerbse.«

Master Sergeant Finnewacker entfaltete das Zettelchen und überflog es. Sein Gesichtsausdruck wurde noch düsterer. Die tiefe Falte auf seiner Stirn verhieß nichts Gutes.

»Was ist los …?«, konnte Fitzgerald seine Neugierde nun nicht mehr länger zügeln. »Ärger …?«

»Weiß ich nicht!«, brummelte Finnewacker. »Auf jeden Fall wird’s nichts aus dem Gipfelerstürmungskommando!«

Sergeant Fitzgerald lächelte verhalten.

»Mensch, grins nicht so blöd«, fauchte Finnewacker wütend. »Da, lies den Wisch – verdammt noch mal!«

Der kleine Krauskopf las laut vor. »Finnewacker und zwei Leute in Adonde melden. Dort beim Captain Hoogan nähere Auskünfte. Dringend. Ankunft spätestens am fünfzehnten Juli. Gezeichnet, Colonel Brooks.«

Master Sergeant Finnewacker setzte sich hinter seinen Schreibtisch und starrte düster auf die Zigarre, die inzwischen erloschen war.

»Soll ich den Befehl bestätigen, Finnewacker?«

»Was denn sonst …?«, maulte der Master Sergeant. »Glaubst du, ich fliege nach Camp Dowell? Schick eine Brieftaube!«

»Aye, Master Sergeant!«

»Bleib hier, zum Geier! Das kannst du auch in ein paar Minuten erledigen. Was hältst du denn von diesem Kommando?«

»Die Nachricht ist sehr dürftig, Finnewacker«, antwortete der krausköpfige Sergeant vorsichtig. »Um was es sich handelt, wird uns ja nicht mitgeteilt. Anscheinend ist das wieder mal eine Geheimsache. Falls der Zettel in fremde Hände gefallen wäre, könnte niemand etwas damit anfangen.«

»Ich auch nicht«, polterte Master Sergeant Finnewacker. »Adonde! Mensch, Kleiner, das sind ungefähr hundert Meilen durch die Wüste.«

Sergeant Fitzgerald nickte zustimmend.

»Stimmt, mein Alter. Das kleine Kaff liegt an der Bahnlinie der Southern Pacific zwischen Yuma City und Mohawk. Sieht ganz so aus, als sollten wir diesen Captain dort abholen.«

Finnewacker fuhr wie ein Springteufel hinter seinem Schreibtisch in die Höhe. Er starrte den Krauskopf erschrocken an.

»Abholen?«, brüllte er. »Du glaubst, dass dieser Hoogan der Nachfolger von Captain Sayers werden soll? Du nimmst an, dass ich hier das Kommando entzogen bekomme?«

»Mann, o Mann, mach doch mal ‘nen Funkt, Finnewacker. Ich glaube gar nichts. Ist nur eine Vermutung. Warum sollten wir denn sonst nach Adonde reiten? Nur um einem Captain die Hände zu schütteln? Nein – der Bursche hat Muffe, allein durch die Wüste zu trailen. Vielleicht stammt sein Marschbefehl aus einem anderen Fort, und er kennt die Gegend nicht.«

Master Sergeant Finnewacker funkelte den altgedienten Sergeant böse an. Dabei gestikulierte er mit beiden Händen.

»So – du glaubst nicht an meine Ablösung! Warum – zum Henker weißt du denn dann so gut Bescheid? Verschweigst du mir was …?«

»Natürlich nicht, Finnewacker. Reg dich wieder ab. Der fünfzehnte Juli ist in drei Tagen. Wir müssen noch heute aufbrechen. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Ich melde mich freiwillig, um mit dir zu reiten. Wer soll uns begleiten?«

Finnewacker nagte an seiner Unterlippe.

»Gedder«, knurrte er. »Blas das Gipfelerstürmungskommando ab. Außerdem bestätigst du Colonel Brooks, dass uns sein Befehl erreicht hat. Ab mit dir durch die Mitte. Wir reiten in zwei Stunden los. Bereite alles vor.«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

»Dass mir das auch alles klappt!«, rief Master Sergeant Finnewacker seinem Stellvertreter hinterher, als dieser lossauste.

Sergeant Fitzgerald blieb stehen.

»Was ist denn nur los mit dir? Warum bist du so nervös wie eine Jungfrau vor dem … äh … ersten Tanz? So kenne ich dich gar nicht, Finnewacker. Ich glaube nicht, dass dir das Kommando entzogen wird. Dazu hast du in den letzten Monaten zu gute Arbeit geleistet.«

»Dein Wort ins Brooks Ohr!«, dröhnte Finnewacker. »Natürlich entzieht mir hier niemand das Kommando. Ich möchte aber auch nicht, dass ich wieder so einen Versager wie Sayers vor die Nase gesetzt bekomme.«

»Wird schon schiefgehen«, tröstete ihn Fitzgerald und stiefelte los, um die Befehle auszuführen.

Quelle:

  • Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 29. Bastei Verlag. Köln. 13.12.2016