Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Marshal Crown – Band 15

mc015-viva-mexikoViva Mexiko

Zuerst war es nur ein dumpfes Grollen, welches durch das fahle Grau der Morgendämmerung drang. Dann tauchte auch schon ein riesiger Reiterpulk am Horizont auf, kaum dass die aufgehende Sonne das Land purpurn färbte.

Der Wind trug den Hufschlag der vielen Pferde wie Donner durch die Luft.

John Kent, der mit zwei Männern, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können, im Glockenturm der Kirche von Zacatecas stand, nahm seinen Feldstecher hoch und richtete ihn auf die Reiter, die in gestrecktem Galopp rasch näher kamen. An der Spitze ritt ein Offizier, gefolgt von einem Fahnenträger.

»General Escobedos mit seinem Regiment«, sagte Kent, nachdem er den Reiter erkannt hatte. »Er hat mindestens zweihundert Mann dabei, wenn nicht sogar mehr.« Nachdenklich drehte er sich zur Seite und übergab den Feldstecher an Juan Jorge, der rechts von ihm stand.

Der kleine, drahtig wirkende Mexikaner mit seiner schäbigen Uniform aus zerschlissenem Drillich und den ausgetretenen Armeestiefeln war das genaue Gegenteil von Pierre Dubois, dem Capitaine der im Ort stationierten kaiserlichen Kürassiere. Mit seinem blauen Rock, der lederfarbenen Hose und dem Zweispitz mit Kokarde war der Franzose äußerlich gesehen eine imposante Erscheinung. Dass er im Gegensatz zu Kent und dem Mexikaner jedoch von Land und Leuten soviel Ahnung hatte wie eine Kuh vom Sonntag, stand auf einem anderen Blatt.

Jorge nahm den Feldstecher des amerikanischen Revolvermannes an sich und richtete ihn auf den heranreitenden Offizier.

»Madre de Dios, Sie haben recht, Señor. Das ist Escobedos, wie er leibt und lebt. Das wird ein harter Kampf.«

Dubois verzog die Lippen zu einem abfälligen Grinsen. »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass diese Bauerntölpel uns gefährlich werden können? Monsieur Jorge, Sie vergessen wohl, dass ich über eine halbe Hundertschaft bestens ausgebildeter französischer Kürassiere verfüge. Wir werden diese Juaristenhorde bereits mit der ersten Attacke von der Landkarte fegen.«

Jorge stieß einen Grunzlaut aus. »Ach ja«, sagte der Mexikaner beinahe belustigt und deutete zuerst nach Westen und dann nach Süden, wo unterdessen weitere Staubwolken den Himmel verdunkelten. »Und was machen Sie mit denen da?«

Der französische Offizier drehte den Kopf und zuckte zusammen. »Merde!«, fluchte Dubois. »Das gefällt mir überhaupt nicht. Ich habe nicht so viele Männer, um den Feind an drei Fronten gleichzeitig aufhalten zu können. Da müsste ich die Linien meiner Soldaten so weit ausdünnen, dass es unmöglich wäre, ernsthaften Widerstand zu leisten.«

»Das verlangt auch niemand von Ihnen, schließlich sind wir auch noch da. Lassen Sie die Juaristen doch erst einmal herankommen, dann sehen wir weiter.«

Der Kürassier zog abfällig die Mundwinkel nach unten. »Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie und Ihre amerikanischen Freunde mehr bewerkstelligen können als die kaiserlichen Kürassiere? «

»Wir nicht«, sagte Kent grimmig und klatschte auf den Kolben seines Revolvers. Er war inzwischen dem arroganten Gehabe des Franzosen überdrüssig. »Aber Mister Samuel Colt und seine Erfindungen allemal.«

»Señores!«, rief Jorge. »Sehen Sie!« Aufgeregt deutete der Mexikaner nach links.

Dort hatten inzwischen die ersten Juaristen mit ihren Pferden jene Sandhügel überquert, die sie bisher noch von der kleinen Bezirkshauptstadt Zacatecas und ihren Verteidigern trennten.

Als die Reiter bis auf Sichtweite heran waren, schwenkte General Escobedos seinen Feldhut und schrie: »Vamos Companeros, Viva, Viva Mexiko!«

Seine Soldaten stießen schrille Kriegsschreie aus. Gewehre krachten, Revolverfeuer blitzte auf. Kugeln pfiffen durch die Luft und trafen mehrere der Verteidiger, die sich hinter den Stadtmauern duckten.

»Wir müssen sie aufhalten!«, kreischte Dubois, als er unmittelbar unter sich zwei weitere Männer sterben sah. »Mein Gott, Kent, tun Sie doch was!«

Der Amerikaner beugte sich über die Brüstung des Kirchturms zu den Männern hinab, die auf den Dächern der umliegenden Häuser in Deckung lagen.

»Macht euch bereit! Wir feuern aber erst auf mein Zeichen hin, verstanden?«

Ein Grinsen überzog das Gesicht des Amerikaners, als von unten jemand hoch rief: »Darauf kannst du einen lassen!«

Es folgte eine kurze Pause.

Das Trommeln des Hufschlags auf dem harten Boden wurde immer lauter.

Kent wartete, bis er die olivbraunen, verzerrten Gesichter der Angreifer deutlich erkennen konnte, erst dann gab er den Befehl: »Feuer!«

Sekunden später krachten Dutzende von Gewehren und spuckten Feuer und Rauch.

Kugel um Kugel klatschte in die Reihen der Juaristen. Pferde brachen zusammen, Soldaten wurden aus den Sätteln geschleudert und prallten zu Boden. Die vorderste Angriffsreihe der Juaristen brach völlig zusammen.

Zehn oder zwölf Pferde und ihre Reiter lagen nach der ersten Salve am Boden. Der Rest der angreifenden Soldaten brüllte aus Leibeskräften und der Hornist der Juaristen blies erneut zur Attacke.

Aber Kent hatte seine Männer gut aufgestellt.

Die Amerikaner bildeten zwei Gruppen. Während die eine feuerte, lud die andere ihre Waffen nach, sodass die Mexikaner einem ununterbrochenen Kugelhagel ausgesetzt waren.

Das Krachen der Schüsse schien nicht enden zu wollen. Die Angreifer attackierten die Verteidiger trotz deren schweren Gewehrfeuers. Pulverdampf trieb in dichten Schwaden durch die Stadt.

Wieder und wieder krachten die Waffen der Verteidiger von Zacatecas. Immer mehr reiterlose Pferde irrten durch Staub und Pulverrauch, bis der Hornist schließlich zum Rückzug blies.

Als dann auch noch ihr Fahnenträger die Arme hochriss und die Stange mit Escobedos Regimentsbanner fallen ließ, gerieten die Juaristen endgültig in Panik und galoppierten in ungeordneten Reihen zurück hinter die Sandhügel.

Jorge nahm seinen Sombrero vom Kopf und hieb ihn sich auf den Oberschenkel, dass es nur so klatschte.

»Mon dieu!«, brüllte der Franzose neben ihm. »Wir haben es tatsächlich geschafft! Die Juaristenschweine ziehen sich zurück!«

»Noch ist nichts entschieden«, gab Kent zu bedenken.

»Sie irren sich«, erwiderte Dubois entschieden. »Haben Sie nicht gesehen, wie sie gerannt sind? Wie die Hasen! Ihre Idee mit den Scharfschützen auf den Dächern war einfach magnifique. Wenn wir das hier überleben, Monsieur Kent, werde ich persönlich dafür Sorge tragen, dass Sie den Guadelupeorden erhalten.«


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB und MOBI zur Verfügung.

Bisherige Downloads: 713
Bisherige Downloads: 702
Bisherige Downloads: 556

3 Antworten auf Marshal Crown – Band 15