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Hansjörg Schneider – Das Paar im Kahn

das-paar-im-kahnHansjörg Schneider – Das Paar im Kahn

Kommissar Hunkeler vom Kriminalkommissariat Basel war Familienvater und ist nun geschieden. Er hat eine Freundin namens Hedwig und ein Büro im Lohnhof in Basel, wo sein Kommissariat untergebracht ist. Teile seiner Freizeit verbringt er – oft zusammen mit Hedwig – in seinem Haus im Elsass und auch in verschiedenen Lokalen und Kneipen, wo er viele Leute kennt, zum Beispiel diverse Kleinkriminelle.

Am 8. November des Jahres wird Hunkeler ins St. Johann-Quartier an die Murbacher Straße gerufen. In einer dortigen Zweizimmer-Altbauwohnung liegt eine Frauenleiche, deren Gesicht so übel zugerichtet wurde, dass es nicht mehr erkennbar ist. Der Wohnungsnachbar, der Türke Fazil Sengün, hat die Polizei gerufen. In seiner Wohnung befindet sich auch der Ehemann der Ermordeten, um deren Hals an einer Schnur ein Amulett hing, welches ein Paar in einem Kahn zeigt und aus einer fremden Kultur stammt.

Ali Aydin, der Mann der Toten, sitzt in Sengüns Küche am Tisch und ist völlig daneben. Sengün beteuert immer wieder, sein Nachbar sei ein sehr guter Mensch und habe seine Frau heiß geliebt. Hunkeler versucht, mit Aydin zu sprechen, bekommt aber kein Wort aus ihm heraus. Nur als der Kommissar fragt, ob die tote Aische Aydin keine gute Frau gewesen sei, schaut ihm der Türke direkt in die Augen und äußert sich beinahe dazu. Er hat also den Polizisten ganz genau verstanden.

Hunkeler verlässt die Wohnung. Als er wieder im Lohnhof vorbeischaut, ist dort die ganze Gruppe der Ermittler versammelt, Haller, der Pfeifenraucher, Korporal Lüdi, Detektivwachtmeister Madörin sowie Staatsanwalt Suter. Da er abkommandiert ist, um ein Gutachten über die grenzüberschreitende Jugendkriminalität in der Region Basel auszuarbeiten, hat der Kommissar den Fall der Aische Aydin Madörin übertragen, der ihn nun daran erinnert, als er Details wissen will.

Schließlich teilt Haller Hunkeler mit, dass Staatsanwalt Suter den Fall für abgeschlossen hält. Madörin hat herausgefunden, dass Aische Aydin in fremden Haushalten geputzt hat – Schwarzarbeit – und dass sie Männerbesuch empfing, von verschiedenen Männern jeweils eine Stunde lang. Madörin vermutet also, dass Ali Aydin seine Frau aus Eifersucht im Affekt totgeschlagen hat.

Hunkeler glaubt dies nicht, und auch Haller pflichtet ihm bei. Madörin allerdings denkt, der Ehemann habe seine Frau mit einem Freier in der gemeinsamen Wohnung erwischt und dann getötet. Schließlich kommt Staatsanwalt Suter erneut dazu, der für kurze Zeit den Raum verlassen hatte und berichtet, dass Ali Aydin sich in seiner Zelle das Leben genommen hat. Dies wertet er als klares Schuldanerkenntnis und betrachtet deshalb den Fall als abgeschlossen.

Für Hunkeler sollte hier zwar nach dem Willen Suters der Fall ebenfalls abgeschlossen sein, aber für den erfahrenen Kommissar beginnen an dieser Stelle erst die Ermittlungen, denn er glaubt nicht, dass Ali Aydin der Mörder ist.

Der Autor liefert mit Das Paar im Kahn nicht nur einen spannenden Kriminalroman ab, sondern auch und gerade ein literarisch sehr interessantes Buch. Die Charaktere seiner Geschichte sind nicht allein zum großen Teil sehr ungewöhnliche Menschen, sondern zudem auch sehr treffend und glaubwürdig beschrieben. Hansjörg Schneider zeigt, dass er psychologisch sehr bewandert ist und alle Gemütslagen kennt, in denen Menschen sich befinden können. Schon die Vertreter der schweizerischen Polizei sind sehr gut und manches Mal auch nicht ohne ein Augenzwinkern betrachtet, zum Beispiel auch der Hauptcharakter Peter Hunkeler. Darüber hinaus werden auch die Besucher der Kneipen (schweizerisch Beizen) in Basel, wo der Kommissar gerne ermittelt und schließlich auch die Lösung des Falles findet, in aller Originalität und sehr spritzig geschildert.

Aber nicht nur literarisch und psychologisch bietet Hansjörg Schneiders Krimi dem Leser sehr viel, auch was die Spannung und Dramatik angeht, zieht der Autor einige Register. So durchlebt der Kommissar physische und verbale Angriffe auf seine Person und tappt auch lange im Dunkeln, und erst ganz zum Schluss kann er diesen verzwickten Fall aufklären.

Die Atmosphäre der Geschichte ist ziemlich düster, was der geschilderten Jahreszeit entspricht und offensichtlich auch an den Schauplätzen des Geschehens öfter der Fall ist. Nicht zuletzt dürften jedoch auch die handelnden Personen und deren Eigenschaften beim Leser ein Gefühl der Düsternis erzeugen, wenn auch nicht alle, denn die beschriebenen Ereignisse sind weiß Gott keine Komödie.

Fazit:
Hansjörg Schneider bietet dem Leser mit Das Paar im Kahn literarisch ansprechende, psychologisch ausgefeilte und spannende Krimikost, die den gehobenen Anspruch sehr gut befriedigen kann.

Die Story ist allerdings nicht so witzig, wie es der heutige Mainstream vorgibt, sondern eine schwere, manchmal sogar ein wenig schwermütig anmutende Geschichte, die an manchen Stellen eher zum Weinen als zum Lachen animiert.

Ich möchte diesen Roman dem anspruchsvollen Leser empfehlen, der gern über differenzierte Charaktere liest und über das Leben nachdenkt, ohne dazu viele lustige Dinge zu brauchen, die ihm eine Geschichte schmackhaft machen.

hansjoerg-schneiderDer Autor:

Hansjörg Schneider wurde im März 1938 in Aarau geboren, studierte in Basel Germanistik, Geschichte und Psychologie und erwarb den Doktortitel. Anschließend arbeitete er als Lehrer, Journalist und Regieassistent und Darsteller am Theater.

Seine Theaterstücke gehören zu den meistaufgeführten deutschsprachigen Dramen. Seine Hunkeler-Krimis finden sich regelmäßig in der Schweizer Bestsellerliste und weisen autobiografische Züge auf.

Er gewann diverse Literaturpreise. So bekam er zum Beispiel 2005 den Friedrich-Glauser-Preis. Als freier Schriftsteller lebt er heute in Basel und im Schwarzwald. Seit 1997 ist er verwitwet.

Quellen:

  • Hansjörg Schneider, Das Paar im Kahn, Diogenes Taschenbuch, Zürich, 2011.
  • de.wikipedia.org
  • www.krimi-couch.de
  • www.diogenes.ch

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Diogenes-Verlags.
  • Foto des Autors. Copyright: Bastian Schweitzer. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Diogenes-Verlags

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